Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers gemäß § 89 b HGB analog nach Kündigung durch den Unternehmer und Ablehnung eines neuen Vertragsangebots durch den Vertragshändler</st

Vertragshändlerrecht

Die Klägerin war Vertragshändlerin des beklagten Automobilherstellers. Die Beklagte hatte sämtliche Vertragshändlerverträge unter Hinweis darauf gekündigt, dass sie ihr Vertriebsnetz aufgrund wirtschaftlicher und rechtlicher Notwendigkeiten (Anpassung der Verträge an die neue europäische Kfz-GVO Nr. 1400/2002) restrukturieren müsse. Anschließend bot sie der Klägerin einen neuen Vertrag an, den diese aber ablehnte und daraufhin einen Ausgleich § 89 b HGB analog forderte. Die Beklagte hat den Ausgleichsanspruch mit der Behauptung zurückgewiesen, die Ablehnung ihres Angebotes zur Fortsetzung des Vertragsverhältnisses durch die Klägerin sei einer Kündigung gleichzusetzen, so dass der Ausgleichsanspruch in entsprechender Anwendung des § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB nicht bestehe. Das Landgericht Frankfurt und das Oberlandesgericht Frankfurt sind dieser Auffassung nicht gefolgt. Der Bundesgerichtshof hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten mit folgender Begründung zurückgewiesen:

Die Auswirkungen einer Kündigung des Unternehmers auf den Ausgleichsanspruch sind abschließend in § 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB geregelt. Kündigt der Unternehmer den Vertrag, so besteht ein Ausgleichsanspruch nur dann nicht, wenn diese Maßnahme auf einem wichtigen Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters (oder Vertragshändlers) beruht. Eine solche Fallge­staltung hat jedoch nach eigenem Vorbringen der Beklagten nicht vorgelegen.

§ 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB betrifft dagegen den – hier nicht vorliegenden Fall – der Kündigung durch den Handelsvertreter (oder Vertragshändler). Einer solchen Kündigung steht es nicht gleich, wenn der Handelsvertreter (oder Vertragshändler) bei einer vom Unternehmer ausgesprochenen Kündigung das Angebot des Unternehmers zur Fortsetzung des Vertrages (zu geänderten Bedingungen) ablehnt. Auf die Gründe, die den Unternehmer zur Änderungskündigung veranlasst haben, kommt es hierbei ebenso wenig an wie auf die Frage, ob die angebotene Vertragsänderung für den Handelsvertreter (oder Vertragshändler) zumutbar war. Diese Gesichtspunkte können nur im Rahmen der allgemeinen Billigkeitsprüfung nach § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB (a.F., vgl. Änderung des § 89 b Abs. 1 HGB) Berücksichtigung finden.

Der BGH hat damit die Rechtsprechung des OLG Köln (Urteil vom 31.03.2006 – 19 U 139/05) und des OLG Frankfurt/M. (Urteil vom 17.01.2006 – 11 U 33/05, Kart) bestätigt.

Rechtsprechung zur Besprechung
VIII ZR 30/06 – Händlervertrag für Vertrieb und Service; Änderungskündigung des Handelsvertreters/ Vertragshändlers; Restrukturierung des Vertriebsnetzes; allgemene Billigkeitsprüfung