Ausgleichsanspruch eines Versicherungsvertreters; „Grundsätze Leben“ gelten auch für dynamische Rentenversicherungen; Auskunftsanspruch nach § 242 BGB zur Darlegung der Voraussetzung der „Grundsätze“; kein Ausgleichsanspruch für von unechten Untervertretern vermittelte Verträge nach den „Grundsätzen Leben“

Versicherungsvertreterrecht

Das OLG München hat entschieden, der Versicherungsvertreter könne zur Darlegung der Voraussetzungen der vertraglich vereinbarten „Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs“ eine Auskunft nach § 242 BGB vom Versicherungsunternehmen verlangen, wenn er in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang seines Rechts im Ungewissen sei und das Versicherungsunternehmen die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderlichen Auskünfte unschwer geben könne. Dies sei der Fall, wenn der Versicherungsvertreter seine Verpflichtungen aus dem Vertrag erfüllt und sämtliche Unterlagen, insbesondere die zu den von ihm vermittelten Versicherungsverträgen angelegten Akten vollständig herausgegeben habe und nur anhand der ihm verbliebenen Provisionsabrechnungen weder die Lebensversicherungssummen, noch die Erhöhung der Lebensversicherungen darlegen könne.

Der Auskunftsanspruch bestehe aber nicht hinsichtlich der dynamischen Lebens- und Rentenversicherungsverträge, die von den unechten Untervertretern vermittelt worden seien, die dem Vertreter nur organisatorisch unterstellt waren und für deren Vermittlungserfolge er eine Differenzprovision erhalten habe. Die vom Vertreter vorgetragene Rechtsansicht, dass ein Versicherungsvertreter nicht persönlich die Kunden geworben haben müsse, träfe zwar allgemein zu, sie finde aber auf den vorliegenden Fall keine Anwendung, da hier der Ausgleichsanspruch nach den „Grundsätzen Leben“ berechnet werde und dort eine anders lautende Regelung getroffen worden sei. Der Vertreter habe nicht dargelegt, dass im Anwendungsbereich dieser „Grundsätze“ die von der Rechtsprechung vorgenommene Ausdehnung des Erfordernisses der eigenen Vermittlungstätigkeit auf mitursächliches Verhalten des Versicherungsvertreters am Zustandekommen des Versicherungsvertrages Anwendung finde. Nach dem Wortlaut der „Grundsätze“ sei dafür gerade kein Raum.

Die Verjährung des Auskunftsanspruchs beginne mit dem Zeitpunkt seiner Durchsetzbarkeit. Dieser Zeitpunkt sei die Fälligkeit des Handelsvertreterausgleichsanspruchs, die mit Ende des Vertriebsvertrages eintrete. Die Verjährung beginne für den Ausgleichsanspruch gemäß § 199 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entsteht und der Versicherungsvertreter von der Entstehung des Anspruchs erfahre.

Die Geltendmachung der Ausgleichsforderung nach § 89 b HGB sei an keine bestimmte Form gebunden. Der Ausgleich müsse aber hinreichend deutlich angefordert werden, ohne dass die Vorschrift des § 89 b HGB genannt zu werden brauche. Auch muss die Ausgleichsforderung nicht beziffert werden.

Entgegen der Auffassung des Versicherungsunternehmens entfalle der Ausgleichsanspruch nicht wegen der Bezahlung einer erhöhten Erstprovision, zumindest dann nicht, wenn sich aus den vertraglichen Regelungen nicht ergebe, dass mit der erhöhten Erstprovision der in künftigen Erhöhungen fortwirkende Vermittlungserfolg bereits voll abgegolten sein sollte. Dies ist wiederum nicht der Fall, wenn der Vertreter während der Laufzeit des Vertrages ständig Provisionen für die Erhöhung der dynamischen Lebens- und Rentenversicherungen erhalten habe.

Allein der Umstand, dass ein Dritter versucht habe, den Vertreter während der Vertragslaufzeit für ein Konkurrenzunternehmen abzuwerben, beweise noch nicht, dass der Vertreter tatsächlich für das Wettbewerbsunternehmen tätig geworden sei.

Außerdem habe sich das Versicherungsunternehmen schon deshalb nicht auf eine Kündigung wegen des Tätigwerdens des Vertreters für ein Konkurrenzunternehmen wirksam berufen können, weil es den Vertreter schon vor Vertragsende von sämtlichen Datenverarbeitungssystemen abgeschnitten und ihn damit treu- und vertragswidrig in seiner Tätigkeit benachteiligt und behindert habe.

Dynamische Rentenversicherungen seien vom Geltungsbereich der „Grundsätze Leben“ mit umfasst, auch wenn sie wörtlich in den Grundsätzen nicht genannt würden. Dynamische Lebensversicherungen im Sinne der „Grundsätze“ seien Lebensversicherungen, deren Versicherungsbedingungen ein Anwachsen von Beitrag und Leistung in regelmäßigen Zeitabständen von Anbeginn oder aufgrund einer späteren, vom Vertreter bewirkten Vereinbarung vorsähen. Eine Auslegung des Wortlauts der „Grundsätze“ führe zu deren Anwendbarkeit auch auf dynamische Rentenversicherungen. Des Weiteren spreche für die Annahme, dass auch dynamische Rentenversicherungen in die „Grundsätze Leben“ einbezogen werden müssen, die Vergleichbarkeit beider Versicherungsarten: Wie bei der Lebensversicherung würden Kunden bei der Rentenversicherung über einen festgelegten Zeitraum das Kapital in Raten ansparen. Am Ende der Laufzeit hätten Rentenversicherte in der Regel die Wahl zwischen der Auszahlung einer Leibrente oder der sofortigen Kapitalabfindung. Der Unterschied zu einer Lebensversicherung bestehe ausschließlich darin, dass die Rentenpolice keinen Todesfallschutz beinhalte. Darüber hinaus sei bei beiden Versicherungsvarianten keinerlei Unterschied in der Sachbehandlung erkennbar, welcher eine unterschiedliche Handhabung des Ausgleichsanspruchs rechtfertigen würde.