Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat der Gesetzgeber § 89 b Abs. 1 HGB geändert.

Handelsvertreterrecht

Auf einen Vorlagebeschluss des Landgerichts Hamburg hat der EuGH entschieden, dass Artikel 17 Abs. 2 lit. a der Europäischen Richtlinie zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter dahingehend auszulegen sei, dass der Ausgleichsanspruch nicht von vorn herein durch die Provisionen begrenzt ist, die der Handelsvertreter infolge der Beendigung des Vertragsverhältnisses verliert, auch wenn die dem Unternehmer verbleibenden Vorteile höher zu bewerten sind. Der Gesetzgeber hat diese Entscheidung zum Anlass genommen, mit Wirkung vom 05.08.2009 den Wortlaut des § 89 b Abs. 1 HGB an Artikel 17 Abs. 2 lit. a der Richtlinie anzupassen, in dem er aus den bisher drei Anspruchsvoraussetzungen zwei gemacht hat. Nach der Neufassung steht einem Handelsvertreter ein Ausgleich zu, wenn und soweit
– der Unternehmer aus Geschäftsverbindungen mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und
– die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.

Soweit der Handelsvertreter nach Vertragsende Provisionen aus bereits abgeschlossenen oder zukünftig zustande kommenden Geschäften mit von ihm geworbenen Neukunden verliert, wird sich an der Berechnung des Rohausgleichs gemäß § 89 b Abs. 1 HGB wohl nichts ändern. Wie jedoch die Fälle zukünftig zu beurteilen sind, in denen der Handelsvertreter für seine Vermittlungstätigkeit eine Einmalprovision bekommt (z.B. Vertrieb von Zeitschriftenabonnements, Energielieferungsverträgen, Versicherungs- und Bausparverträge etc.), wird in der bisher zu dieser Gesetzesänderung veröffentlichten Literatur sehr unterschiedlich bewertet. Dies gilt auch für Handelsvertreter, die im Rotationsvertrieb arbeiten, d.h. laufend neue Arbeitsbereiche zugeteilt bekommen. Bisher kam es für sie nach der Rechtsprechung des BGH allein auf die Provisionsverluste des letzten Vertragsjahres an. Die Rechtsprechung, nach der der Ausgleich die Höhe der Provisionsverluste nicht übersteigen konnte, ist durch die Gesetzesänderung „Schnee von gestern“. Wenn es nach dem Willen einiger Kommentatoren geht, wird die Zukunft teilweise zu völlig neuen, handelsvertreterfreundlichen Ergebnissen bei der Berechnung des Ausgleichs führen, und zwar sowohl für den Warenhandelsvertreter als auch für den Versicherungsvertreter.