Nachvertragliche Wettbewerbsabrede gemäß § 90 a HGB, Karenzentschädigung

Handelsvertreterrecht

Die Klausel in einem Handelsvertretervertrag:

„Der Vertriebspartner verpflichtet sich, innerhalb von zwei Jahren nach Beendigung des Vertragsverhältnisses die Abwerbung und Ausspannung von Kunden/ Bestände der Gesellschaft und ihrer Partnerunternehmen zu unterlassen“

zielt darauf ab, den Handelsvertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit zu beschränken und stellt daher eine nachvertragliche Wettbewerbsabrede im Sinne von § 90 a HGB dar. Diese Klausel ist auch nicht deshalb gemäß § 90 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 4 HGB nichtig, weil sie dem betroffenen Kundenkreis weder örtlich, noch spartenbezogen eingrenzt. Nach Ansicht des Senats geht die Wettbewerbsabrede nicht über den dem Handelsvertreter nach dem Vertrag zugewiesenen Bezirk oder Kundenkreis hinaus. Er sollte seine Tätigkeit schwerpunktmäßig in einem bestimmten räumlichen Gebiet ausüben, ein bestimmter Bezirk wurde ihm aber nicht zugewiesen. Er war auch auf kein bestimmtes Kundenpotential festgelegt.

Selbst wenn man unterstellen würde, dass durch die vertraglich vorgesehene schwerpunktmäßige Konzentration des Handelsvertreters auf das zugewiesene Gebiet eine örtliche Beschränkung im Sinne von § 90 a Abs. 1 Satz 2 HGB erfolgt wäre, hätte dieser Einwand den Unternehmen nicht zum Erfolg verhelfen können, weil es sich als Verwenderin nicht auf die Unwirksamkeit der formularmäßig ausgestalteten Wettbewerbsabrede berufen kann. Die §§ 305 ff. BGB erfassen nur vorformulierte Vertragsbedingungen, die von der anderen Partei bei Vertragsabschluss gestellt wurden. Die speziell für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Vorschriften schützen den Klauselverwender nicht vor den von ihm selbst eingeführten Formularbestimmungen.

Die einvernehmliche Aufhebung des Handelsvertretervertrages erfasst nicht automatisch die in ihm vereinbarte nachvertragliche Wettbewerbsabrede, die nach seiner Beendigung zur Anwendung gelangen soll. Das Unternehmen kann sich auch nicht darauf berufen, dass durch die Einstellung seiner Vertriebstätigkeit die Geschäftsgrundlage für die Wettbewerbsabrede entfallen wäre, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot entfällt grundsätzlich nicht, wenn der Unternehmer nachträglich seinen Betrieb einstellt oder das Vertriebsprogramm umstellt.

Die Höhe schätzt der Senat nach § 287 ZPO auf 30 % der durchschnittlichen Provisionseinnahmen des Handelsvertreters aus den letzten 3,5 Jahren vor Beendigung des Vertragsverhältnisses. Einzubeziehen seien in die Berechnung auch Bonifikationszahlungen, weil sie ein Teil der vom Handelsvertreter erwirtschafteten Vergütung für seine Vermittlungstätigkeit darstellt, die durch die Wettbewerbsabrede eingeschränkt wird.

Eine Anrechnung der vom Handelsvertreter im Karenzzeitraum erzielten Einkünfte findet nicht statt. § 74 c HGB findet auf den Handelsvertreter keine – auch nicht entsprechende – Anwendung. Der anderweitige Verdienst des Handelsvertreters im Karenzzeitraum könne lediglich ein Faktor bei der Ermittlung der Höhe der angemessenen Entschädigung sein. Die Entschädigung muss der Höhe nach eine angemessene und billige Gegenleistung für das Wettbewerbsverbot bilden. Dabei sind bei der Bemessung der Entschädigung des Handelsvertreters die ihm durch den Wettbewerbsverzicht erwachsenen Nachteile und die dem Unternehmer dadurch zukommenden Vorteile zu berücksichtigen. Maßgeblich sind insoweit regelmäßig die Umstände bei Vertragsende. In der Literatur wird eine Karenzentschädigung von 75 % der Durchschnittsprovision der letzten drei bis fünf Jahre als in den meisten Fällen angemessen angesehen. In dem vorliegenden Fall sei aber zu berücksichtigen, dass dem Handelsvertreter nach der streitgegenständlichen Klausel lediglich das Abwerben bzw. Ausspannen von Kunden der Beklagten und ihrer Partnerunternehmen verboten war, er aber ansonsten im selben Vertriebssegment wie die Beklagte und ihre Partnergesellschaften nach Beendigung des Vertriebspartnervertrages vermittelnd tätig werden konnte. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot sei daher gegenüber den Beschränkungen, die während der Vertragslaufzeit galten, wesentlich eingeschränkt.