Schadensersatz bei unterbliebener Zielvereinbarung

Arbeitsrecht im Außendienst

Das BAG setzt sich in einer Entscheidung vom 03.07.2024  noch einmal grundlegend mit dem Schadensersatz bei unterbliebener Zielvereinbarung auseinander und befasst sich mit Ersatzansprüchen im Fall einer nicht zustande gekommenen Zielvereinbarung . Dabei hält es zunächst fest, dass dann, wenn der Arbeitsvertrag vorsieht, dass Ziele vorrangig durch eine Vereinbarung festzulegen sind, dies nicht durch eine nachfolgende Klausel unterlaufen werden kann, die ohne weitere Voraussetzungen zu einer einseitigen Zielvorgabe durch den Arbeitgeber berechtigen soll. Diese Klausel sei dann unangemessen benachteiligend und eine darauf gestützte Zielvorgabe unwirksam.

Da eine Zielvereinbarung dementsprechend nicht zustande gekommen war, war zu entscheiden, ob der Arbeitnehmer deswegen einen Schadensersatzanspruch geltend machen kann. Das wurde vom BAG bejaht: Hat ein Arbeitnehmer nach dem Arbeitsvertrag Anspruch auf einen variablen Gehaltsbestandteil gemäß einer Zielvereinbarung, verpflichtet dies den Arbeitgeber, mit dem Arbeitnehmer Verhandlungen über den Abschluss einer Zielvereinbarung zu führen und ihm realistische Ziele für die jeweilige Zielperiode anzubieten. Der Arbeitgeber erfüllt diese Vertragspflicht regelmäßig nur dann, wenn er es dem Arbeitnehmer ermöglicht, auf die Festlegung der Ziele Einfluss zu nehmen und bereit ist, diese auszuhandeln. Das setzt zumindest voraus, dass sich der Arbeitgeber deutlich und ernsthaft zu Änderungen eines ggf. von ihm unterbreiteten Vorschlags bereit erklärt, was der Arbeitgeber konkret darlegen und ggf. nachweisen muss. Das war im Streitfall nicht geschehen.

Bei der Ermittlung des Schadens ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass Bonuszahlungen ihren Motivations- und Leistungssteigerungszweck verfehlen und ihrer Anreizfunktion nicht gerecht werden, wenn die festgelegten Ziele vom Arbeitnehmer von vornherein nicht erreicht werden können. Es ist deshalb grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Arbeitnehmer vereinbarte Ziele erreicht hätte, wenn nicht besondere Umstände diese Annahme ausschließen. Solche besonderen Umstände hatte der Arbeitgeber nicht dargelegt, so dass die Vermutung der Zielerreichung eingriff und die variable Vergütung geschuldet war. Insbesondere konnten eine Freistellung des Arbeitnehmers sowie eine Erkrankung im Einzelfall nicht zu einer Reduzierung des Schadensersatzanspruchs führen.

Im Übrigen streicht das BAG noch einmal klar heraus, dass ein Anspruch auf eine variable Vergütung aus einer Zielvereinbarung nicht wirksam unter einen vorformulierten Freiwilligkeitsvorbehalt, eine Stichtagsregelung oder gar eine Rückzahlungsklausel gestellt werden kann. Solche Regelungen sind unangemessen benachteiligend, weil sie es dem Arbeitgeber ermöglichen sollen, dem Arbeitnehmer bereits erarbeitetes Entgelt zu entziehen und sich von seinen vertraglichen Verpflichtungen zu lösen.

Die vom BAG nicht nur in dieser Entscheidung entwickelten Grundsätze zu Schadensersatzpflichten bei unterbliebener Zielvereinbarung oder -vorgabe dürften auch im Handelsvertreterrecht entsprechend gelten. Sie fußen nicht auf spezifischen Besonderheiten des Arbeitsrechts.

Rechtsprechung zur Besprechung
10 AZR 171/23 – Schadensersatz bei unterbliebener Zielvereinbarung
Schlagwörter
Zielvereinbarung (4) unterbliebene Zielvereinbarung (2) Schadensersatz (31)