Das OLG Oldenburg hatte in einem Urteil vom 30.01.2025 über die Billigkeitsprüfung des Handelsvertreterausgleichs eines Tankstellenunternehmers (TStH) nach § 89b HGB zu entscheiden.
Der TStH hatte den Handelsvertretervertrag aus Altersgründen nach einer Vertragsdauer von 17 Jahren gekündigt.
Das OLG hat nochmals klargestellt, dass die im Rahmen der Prognose gemäß § 89b Abs. 1 HGB erforderliche Billigkeitsprüfung nicht schematisch erfolgen dürfe. Es seien stets sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und abzuwägen. Die relevanten Billigkeitsaspekte dürften dabei nicht ausschließlich zu einer Anpassung des Ausgleichs „nach unten“ führen. Sie könnten auch anspruchserhöhend berücksichtigt werden. Allerdings könne der Ausgleichsanspruch nicht allein auf Billigkeitserwägungen gestützt werden.
In dem konkreten Fall hat das OLG eine Erhöhung des anhand der voraussichtlichen Provisionsverluste ermittelten Ausgleichsanspruchs wegen einer vom Nachfolger des TStH an den Unternehmer geleisteten Einstandszahlung abgelehnt. Ebenso wie die an einen Nachfolger zu zahlende Provision nicht zu einer Anspruchsminderung führe, sei es grundsätzlich nicht geboten, den von einem Nachfolger gezahlten Einstand anspruchserhöhend zu berücksichtigen, selbst wenn dieser für die Überlassung des Kundenstammes gezahlt wurde.
Den umgekehrt vom Unternehmer geforderten Billigkeitsabzug von 75,3 % wegen der Sogwirkung der Marke hat das OLG ebenfalls abgelehnt. Stattdessen hat es – der Vorinstanz folgend – lediglich eine Reduzierung des Anspruchs um 10 % gebilligt. Das vom LG eingeholte, aus Sicht des Senats aber nicht erforderliche und inhaltlich nicht ergiebige Marktforschungsgutachten und die darin aufgeführten Umfrageergebnisse zur Kaufmotivation der Kunden rechtfertigten keinen höheren Billigkeitsabschlag. Neben der Ursächlichkeit von werbender Tätigkeit des TStH einerseits und der „Sogwirkung“ der dem Unternehmer zuzurechnenden Faktoren (z.B. Lage, Marke, Preis etc.) andererseits seien nämlich als Abwägungskriterien die gesamten persönlichen und sachlichen Besonderheiten des Einzelfalls in die Billigkeitsprüfung einzubeziehen. Dies schließe die persönlichen Verhältnisse des TSH wie z.B. Alter, Gesundheitszustand, Erwerbsfähigkeit etc. mit ein. In der Gesamtschau ergebe sich danach kein Abwägungsergebnis, bei dem die Interessen des Unternehmers so sehr überwiegen, dass sie eine Reduzierung des rechnerisch ermittelten Ausgleichsanspruchs um mehr als 10% erfordern würden.