Grundlagen des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB
Rechtstipp Ausgleichsanspruch, HandelsvertreterrechtDer Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB ist eine der zentralen Regelungen im Handelsvertreterrecht und schützt Handelsvertreter vor finanziellen Nachteilen nach Beendigung des Vertragsverhältnisses. Er soll sicherstellen, dass der Handelsvertreter für den wirtschaftlichen Vorteil, den er dem Unternehmer durch die Vermittlung neuer Kunden geschaffen hat, entschädigt wird.
Obwohl der Ausgleichsanspruch vielen Handelsvertretern bekannt ist, gibt es häufig Unklarheiten über die Voraussetzungen, die Berechnung und die möglichen Ausschlussgründe. In diesem Beitrag werden die Grundlagen des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB umfassend erläutert.
Was ist der Ausgleichsanspruch?
Der Ausgleichsanspruch ist eine gesetzliche Entschädigung, die dem Handelsvertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses unter bestimmten Voraussetzungen zusteht. Er dient dazu, den Handelsvertreter für die Kunden zu entschädigen, die er während der Vertragslaufzeit für den Unternehmer gewonnen hat und von denen dieser auch nach der Vertragsbeendigung weiterhin profitiert.
Hintergrund des Anspruchs ist die Überlegung, dass der Handelsvertreter im Rahmen seiner Tätigkeit eine Stammkundschaft für den Unternehmer aufbaut und dieser nach Vertragsende weiterhin Umsätze mit diesen Kunden erzielt – ohne dass der Handelsvertreter hierfür noch eine Provision erhält.
Warum gibt es den Ausgleichsanspruch?
Der Ausgleichsanspruch wurde in das Handelsvertreterrecht aufgenommen, um eine gewisse wirtschaftliche Gerechtigkeit herzustellen. Ohne diese Regelung wäre der Handelsvertreter nach Vertragsende oft benachteiligt:
- Er hat über Jahre hinweg Neukunden für den Unternehmer gewonnen.
- Der Unternehmer kann diese Kunden weiter bedienen und profitiert wirtschaftlich davon.
- Der Handelsvertreter erhält jedoch keine Provision mehr, obwohl die Kundenbeziehungen auf seiner Arbeit beruhen.
Die Regelung des § 89b HGB wurde maßgeblich durch das europäische Handelsvertreterrecht beeinflusst. Die Richtlinie 86/653/EWG der Europäischen Gemeinschaft fordert eine angemessene Entschädigung für Handelsvertreter, was in Deutschland durch den Ausgleichsanspruch umgesetzt wurde.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Damit ein Handelsvertreter Anspruch auf einen Ausgleich nach § 89b HGB hat, müssen mehrere gesetzliche Voraussetzungen erfüllt sein:
1. Neukundengewinnung durch den Handelsvertreter
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- Der Handelsvertreter muss neue Kunden für den Unternehmer gewonnen haben.
- Alternativ reicht es aus, wenn er bestehende Geschäftsbeziehungen erheblich ausgebaut hat.
2. Erhebliche Vorteile für den Unternehmer
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- Der Unternehmer muss nach Vertragsende weiterhin von den vom Handelsvertreter geworbenen Kunden profitieren.
- Maßgeblich ist, dass die Kunden auch nach dem Ausscheiden des Handelsvertreters weiter beim Unternehmer einkaufen oder Verträge abschließen.
3. Billigkeitserwägungen
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- Die Zahlung des Ausgleichsanspruchs muss der Billigkeit entsprechen.
- Das bedeutet, dass die Zahlung unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen sein muss.
4. Beendigung des Vertragsverhältnisses
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- Der Vertrag muss beendet sein.
- Wird das Vertragsverhältnis einvernehmlich beendet, kann der Anspruch weiterhin bestehen.
Nicht jeder Handelsvertreter, dessen Vertrag endet, hat automatisch einen Anspruch. Beispielsweise kann der Anspruch entfallen, wenn der Handelsvertreter selbst kündigt.