Wann entfällt der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB?
Rechtstipp Ausgleichsanspruch, HandelsvertreterrechtDer Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. In bestimmten Fällen entfällt der Ausgleichsanspruch jedoch vollständig. Wann entfällt der Ausgleichsanspruch? Dies kann aufgrund gesetzlicher Regelungen, vertraglicher Umstände oder Verhaltensweisen des Handelsvertreters geschehen.
Die wichtigsten Ausschlussgründe lassen sich in gesetzliche Ausschlussgründe (Abs. 3), vertragliche Ausschlussgründe und individuelle Umstände unterteilen.
Gesetzliche Ausschlussgründe nach § 89b Abs. 3 HGB
Nach § 89b Abs. 3 HGB ist ein Ausgleichsanspruch ausgeschlossen, wenn einer der folgenden Fälle vorliegt:
Kündigung durch den Handelsvertreter ohne wichtigen Grund
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- Falls der Handelsvertreter selbst kündigt, entfällt der Anspruch, es sei denn, es liegt ein wichtiger Grund vor, der die Fortsetzung der Tätigkeit unzumutbar macht. Nach § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB bleibt der Anspruch bestehen, wenn die Kündigung wegen schwerer Krankheit oder hohen Alters erfolgt.
- Ein solcher wichtiger Grund kann z. B. eine massive Vertragsverletzung des Unternehmers sein (z. B. ausbleibende Provisionszahlungen, unzumutbare Arbeitsbedingungen).
- Kündigt der Handelsvertreter jedoch aus persönlichen Gründen (z. B. Umorientierung, Ruhestand), entfällt der Anspruch.
Kündigung durch den Unternehmer aus wichtigem Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters
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- Kündigt der Unternehmer außerordentlich aus wichtigem Grund, weil der Handelsvertreter eine schwere Pflichtverletzung begangen hat, entfällt der Anspruch.
- Beispiele für wichtige Gründe:
- Schwere Vertragsverstöße, z. B. Veruntreuung von Firmengeldern, betrügerisches Verhalten, grobe Verstöße gegen Weisungen.
- Schädigendes Verhalten, z. B. Abwerbung von Kunden zu einem Konkurrenten während der Vertragslaufzeit.
- Vorsätzliche Rufschädigung des Unternehmers.
- Entscheidend ist, dass der Handelsvertreter den wichtigen Grund schuldhaft verursacht hat.
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Vertragliche Ausschlussgründe
Vertraglich wirksamer Verzicht auf den Ausgleichsanspruch
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- Nach der gesetzlichen Regelung des § 89b Abs. 4 HGB ist ein vorzeitiger Ausschluss des Ausgleichsanspruchs in einem laufenden Handelsvertretervertrag unzulässig, schon eine Beschränkung ist unwirksam.
- Allerdings kann der Handelsvertreter nach Vertragsbeendigung auf seinen Anspruch verzichten, wenn dies ausdrücklich und freiwillig geschieht.
- In der Praxis versuchen Unternehmer gelegentlich, den Handelsvertreter nach Vertragsende zum Verzicht zu bewegen.
Vertragliche Vereinbarung eines alternativen Vergütungsmodells
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- Falls der Handelsvertreter während des Vertragsverhältnisses eine feste Vergütung, Einmalprovisionen oder andere Abfindungen erhält, kann dies den Ausgleichsanspruch entfallen lassen, sofern diese Zahlungen eine angemessene Kompensation für den Verlust des Kundenstamms darstellen.
Individuelle Umstände, die den Anspruch entfallen lassen können
Der Handelsvertreter hat keine Neukunden geworben oder bestehende Kunden intensiviert
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- Wenn sich aus der Tätigkeit des Handelsvertreters kein messbarer unternehmerischer Vorteil ergeben hat, entfällt der Ausgleichsanspruch.
- Beispiel: Ein Handelsvertreter betreut ausschließlich Bestandskunden ohne nennenswerte Umsatzsteigerung.
Nachvertraglicher Wettbewerb des Handelsvertreters
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- Falls der Handelsvertreter nach Vertragsende gezielt Kunden des alten Unternehmens abwirbt, kann dies als treuwidrig gewertet werden und zum Verlust des Ausgleichsanspruchs führen.
Fazit: Prüfung des Anspruchsausschlusses immer im Einzelfall erforderlich
Ein vollständiger Ausschluss des Ausgleichsanspruchs ist nur in klar definierten Fällen möglich.
Der Ausgleichsanspruch entfällt, wenn:
- Der Handelsvertreter selbst kündigt, ohne dass ein Grund nach § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB vorliegt.
- Der Unternehmer außerordentlich aus wichtigem Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters kündigt.
Der Ausgleichsanspruch kann entfallen, wenn:
- Der Handelsvertreter nach Vertragsende weiterhin von Geschäfte mit den Kunden profitiert.
- Der Handelsvertreter durch sein Verhalten den Vertragszweck oder die Kundenbindung gefährdet.
- Kein messbarer Unternehmervorteil durch die Tätigkeit des Handelsvertreters entstanden ist.
Da vertragliche und gesetzliche Regelungen eine große Rolle spielen, sollte eine individuelle rechtliche Prüfung erfolgen, wenn der Anspruch in Frage gestellt wird.