Sinn und Zweck sowie Voraussetzungen einer Delkredere- Vereinbarung gem. § 86 b HGB

Rechtstipp Handelsvertretervertrag

Es kommt in der Praxis immer wieder vor, dass ein Unternehmer und ein Handelsvertreter unterschiedlicher Auffassung darüber sind, ob man einen Kunden, der seine Rechnungen nur schleppend und nur unter Androhung von Zwangsmaßnahmen bezahlt, weiter beliefern soll. Der Unternehmer lehnt dies entweder ab, weil er das Risiko scheut, seinen Kaufpreisanspruch nicht durchsetzen zu können, oder er macht die weitere Belieferung solcher Kunden davon abhängig, dass der Handelsvertreter dafür die Delkredere-Haftung übernimmt, d.h., dem Unternehmer für die Zahlung des Kunden einsteht. Ist der Handelsvertreter zur Übernahme der Delkredere-Haftung bereit, weil er nach wie vor Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit des Kunden hat, gilt es, bei der Regelung der Delkredere-Übernahme die gesetzlichen Bestimmungen zu beachten.

Nach § 86 b Abs. 1 HGB kann sich die Verpflichtung eines Handelsvertreters, für die Erfüllung der Verbindlichkeiten eines Kunden aus einem Geschäft dem Unternehmer einzustehen, nur auf ein bestimmtes Geschäft oder solche Geschäfte mit bestimmten Kunden erstrecken. Deshalb müssen in einer Delkredere-Vereinbarung das bestimmte Geschäft oder der Kunde und dann auch der Zeitpunkt, ab dem der Handelsvertreter für die Zahlung des Kunden einstehen soll, konkret genannt sein.

Weitere Voraussetzung für eine wirksame Delkredere-Vereinbarung ist dieSchriftform, d.h., dem Unternehmer muss die Vereinbarung im Original unterschrieben vom Handelsvertreter vorliegen. Eine Faxkopie oder ein Telegramm reichen ebenso wenig aus wie eine E-mail.

Da auf die Delkredere-Haftung die Vorschriften über das Bürgschaftsrecht entsprechend Anwendung finden, wird allerdings eine ursprünglich formunwirksame Delkredere-Vereinbarung geheilt, wenn der Vertreter seine Verbindlichkeit gegenüber dem Unternehmer erfüllt hat (§ 766 Satz 3 BGB).

Gemäß § 86 b Abs. 1 HGB kann ein Handelsvertreter für die von ihm übernommene Delkredere- Haftung eine besondere Vergütung (Delkredere-Provision) beanspruchen. Dieser Anspruch darf im Voraus nicht ausgeschlossen werden, der Handelsvertreter kann aber mit bzw. nach Abschluss des betreffenden Geschäfts gegenüber dem Unternehmer darauf verzichten.

Der Anspruch auf Delkredere-Provision entsteht mit Abschluss des betreffenden Geschäfts. Ist vertraglich nichts Abweichendes geregelt, wird der Anspruch zugleich mit seiner Entstehung zur Zahlung fällig (§ 271 BGB). Die §§ 87 Abs. 4, 87 c Abs. 1 HGB finden auf die Delkredere-Provision keine Anwendung, weil diese Bestimmungen nur auf laufende Provisionen zugeschnitten sind.

Ist in der Delkredere-Vereinbarung die Höhe der Delkredere-Provision nicht bestimmt, gilt nach § 87 b Abs. 1 HGB der übliche Satz als vereinbart. Ist ein üblicher Satz nicht feststellbar, steht dem Handelsvertreter gem. § 316 BGB das Recht zu, die Höhe der Delkredere-Provision zu bestimmen. Diese Bestimmung hat gemäß § 315 BGB nach billigem Ermessen zu erfolgen. Ist der Unternehmer der Auffassung, dass eine vom Vertreter bestimmte Höhe der Delklredere-Provision nicht der Billigkeit entspricht, hat er die Möglichkeit, die Sache gerichtlich überprüfen und vom Gericht die Delkredere-Provision festlegen zu lassen, die der Billigkeit entspricht.

In der Delkredere-Vereinbarung kann der Zeitpunkt des Eintritts des Haftungsfalles von den Parteien frei vereinbart werden. Für den Unternehmer, der einen Kunden mangels Bonität nicht beliefern will, geht es darum, den Zeitpunkt des Eintritts des Haftungsfalles so früh wie möglich zu wählen, um sich unnötigen Aufwand im Zusammenhang mit der Beitreibung seiner Kaufpreisforderung zu ersparen. Der Zeitpunkt, in dem sich Aufwand und Kosten noch in Grenzen halten, wäre z.B. die Nichtzahlung des Kunden nach Ablauf der Frist, die ihm in einer zweiten Zahlungsaufforderung vom Unternehmer gesetzt worden ist. Treffen die Parteien insoweit keine Vereinbarung, könnte der Vertreter unter Umständen vom Unternehmer verlangen, dass dieser zunächst den Kunden verklagt.

In den Fällen, in denen ein Handelsvertreter vor dem Hintergrund einer rechtswirksamen Delkredere-Vereinbarung den Unternehmer als „Bürge“ befriedigt, geht nach § 774 BGB die Kaufpreisforderung des Unternehmers gegenüber dem Kunden auf den Handelsvertreter mit der Folge über, dass dieser sich nunmehr darum kümmern muss, die Kaufpreisforderung bei dem Kunden einzutreiben, will er nicht darauf sitzen bleiben.

RA v. Manteuffel