Abgrenzung Handelsvertreter (§§ 84 ff. HGB) – Dienstverpflichteter (§§ 611 ff. BGB)

15 O 70/01 Urteil verkündet am 22. Dezember 2005 LG Darmstadt Handelsvertretervertrag, Provisionsabrechnung, Buchauszug und Bucheinsicht

Landgericht Darmstadt
Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit
[…]
hat das Landgericht Darmstadt – 2. Kammer für Handelssachen mit Sitz in Offenbach am Main – durch […] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. November 2005 für Recht erkannt:

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 413.698,29 nebst 5 % Zinsen aus € 9.612,29 seit dem 01.01.1997, aus € 25.076,38 seit dem 01.01.1998, aus € 76.154,74 und aus € 302.854,88 seit dem 21.09.2001 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 58 % und die Beklagte 42 % zu tragen.

Das Urteil ist für die Parteien gegen Sicherheitsleistung in der Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht der K. S. Handelsvertretungen Gesellschaft mit beschränkter Haftung Display Consulting – vormals firmierend unter K. S. Handelsvertretung- GmbH – (im folgenden Zedentin) Ansprüche gegen die Beklagte auf Zahlung von Provisionen und Handelsvertreterausgleich sowie die Erteilung von Buchauszügen geltend.

Die Beklagte entwickelt und stellt Geschäftseinrichtungen, insbesondere Ausstellungs- und Verkaufsstände (Displays) für kosmetische Waren her.

Ab dem Jahr 1982 war der Geschäftsführer der später gegründeten Zedentin, der Zeuge S., unter der Firma der Klägerin, der Ehefrau des Geschäftsführers der Zedentin für die Beklagte tätig. Im Jahr 1990 trat die Zedentin für die Klägerin in das Vertragsverhältnis mit der Beklagten ein. Zwischen den Vertragsparteien wurde kein schriftlicher Vertrag abgeschlossen. Ab 1990 war der Zeuge S. ausschließlich für die Beklagte tätig.

Der Zeuge S. und der Geschäftsführer der Beklagten waren befreundet.

Ab etwa 1990 fertigte die Beklagte sogenannte Shoptheken, größere Verkaufsstände, zur Aufnahme kosmetischer Artikel zur Präsentation im Einzelhandel für Kosmetikhersteller an deren Einzelpreis bei mindestens ca. 1.000,00 DM lag.

Die Beklagte zahlte im Fall des Zustandekommens von Lieferverträgen über Displays und Shoptheken mit Kunden der Beklagten an die Zedentin nach Rechnungsstellung an die Kunden und Eingang der Kundenzahlung eine Provision.

Der durchschnittliche Provisionssatz und die Berechnungsgrundlage für die Provision bezogen auf die jeweilige Kundenrechnung sanken über die Jahre von 1990 bis 2000.

Im Mai 2000 sandte die Zedentin an die Beklagte einen schriftlichen Entwurf eines Handelsvertretervertrages. Auf mehrfache Aufforderung und Fristsetzung der Zedentin unterzeichnete die Beklagt den Vertragsentwurf nicht und äußerte sich hierzu auch nicht. Mit Schreiben vom 14.09.2000 erklärte die Zendentin die fristlose Kündigung des Handelsvertretervertrags.

Die Klägerin behauptet, Aufgabe der Zedentin sei es gewesen, bestehende und neue Geschäftsbeziehungen der Beklagten zu Kunden der Kosmetikbranche anzubahnen, zu vermitteln und zu pflegen. Der Zeuge S. habe selbst die Kundengespräche geführt, die die Kunden zur Auftragserteilung an die Beklagte veranlasst hätten. Es handele sich rechtlich um ein Handelsvertreterverhältnis.

Die Kunden C. (vormals M. A.), zu der auch die Firmen Ch., R. – London, Co. und L. Paris gehören, J. Frankfurt (heute L.), L. (Düsseldorf und Paris), W. AG Darmstadt, R. G. und W. Pharma Groß Gerau habe die Zedentin als Neukunden zur Beklagten mitgebracht, die Geschäftsbeziehungen der Beklagten zu den Kunden R. Deutschland und R. London, Dr. S. Esslingen, N. – Helsinki und die Marke L., ausgebaut. Nach dem Verkauf dieser Unternehmen zwischen 1992 und 1994 an Kosmetikkonzerne, die die Marken weiterführen, habe die Zedentin neue Geschäfte mit diesen ausländischen Kunden vermittelt.

Das Ansteigen des Umsatzvolumens der Beklagten sei in erster Linie auf die Tätigkeit des Geschäftsführers der Zedentin zurückzuführen.

Im Jahr 1990 hätten die Zedentin und die Beklagte eine Provision von 10 % auf die jeweilige Rechnungssumme vereinbart.
Im Jahr 1994 hätten die Geschäftsführer der Zedentin und der Beklagten eine Provision in der Höhe von 8 % vereinbart. Als Begründung habe der Geschäftsführer der Beklagten angegeben, dssß die Beklagte für die bei Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses mit der Zedentin fällig werdende Ausgleichszahlung in Höhe einer Jahresprovision Rücklagen bilden müsse.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe in den folgenden Jahren die von ihr tatsächlich gezahlten Provisionssätze willkürlich festgesetzt. Diese hätten sich von durchschnittlich 11,3 % im Jahr 1990 auf 3,1 im Jahr 2000 verringert. Die Zedentin habe dieser Handhabung nie zugestimmt.

Die Verringerung der Berechnungsgrundlage für die Provisionen sei dadurch zustande gekommen, dass die Beklagte über vereinbarte einzelne Abzugsposten wie Spesen, Verpackungen, Transport-, Werkzeug und Versicherungskosten hinaus einseitig weitere Abzüge von den Rechnungsbeträgen vorgenommen habe. Die Zedentin sei auch nur dann mit dem Abzug der vereinbarten Positionen einverstanden gewesen, wenn diese in den Kundenrechnungen ausgewiesen worden seien. Dies sei auch über 10 Jahre so gehandhabt worden.

Ihr Verlangen nach einer schriftlichen vertraglichen Regelung des bestehenden Handelsvertreterverhältnisses und der Provisionssätze sei im Zuge des Tagesgeschäfts und wegen des ansonsten guten persönlichen Verhältnisses zwischen den Geschäftsführern immer wieder hinausgeschoben worden.

Der Zeuge S. sei nicht mehr bereit gewesen, die zunehmend willkürliche Abrechnungsweise der Provisionen und die Verminderung des Provisionseinkommens hinzunehmen.

Der Geschäftsführer der Beklagten habe im Juni 2000 telefonisch bestätigt, dass der vorgelegte Vertragstext der tatsächlichen Geschäftsbeziehung zwischen der Zedentin und der Beklagten entspreche. Lediglich die angegebenen Provisionssätze müssten noch geprüft werden.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten für das Geschäftsjahr 1996 die Zahlung einer weiteren Provision von DM 18.800,00. Die Klägerin trägt vor, der Berechnung der Provision seien nicht nur provisionspflichtige Geschäfte im Gesamtbetrag von DM 7.713.843,00 zugrunde zu legen sondern im Gesamtbetrag von DM 8.060.060,00. Bei dem von der Beklagten angenommenen Provisionssatz von 5,43 % ergebe sich eine Differenz von DM 18.800,00 zu ihren Gunsten.

Für das Jahr 1997 errechne sich auf der Basis provisionspflichtiger Umsätze von DM 11.306.119,00 eine Differenz von DM 49.045,14 und für die Monate Januar bis März 1998 auf einer Basis von DM 7.168.516,00 eine Differenz von DM 86.408,49 für die Monate April bis Dezember 1998 eine solche von DM 328.153,97. Aus dem Jahr 1999 stünden DM 148.945,73 und aus dem Jahr 2000 DM 337.447,47 offen.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten außerdem die Zahlung eines Handelsvertreterausgleichs in der Höhe von € 320.273,30 auf der Basis von der Beklagten in dem Zeitraum vom 15.09.1999 bis zum 15.09.2000 nach Auffassung der Klägerin geschuldeten Gesamtprovision von DM 919.069,66.

Die Klägerin behauptet, die Zedentin habe im letzten Vertragsjahr Provisionen in der Gesamthöhe von DM 919.069,66 erzielt aus Geschäften der Beklagten mit von der Zedentin geworbenen Neukunden oder Kunden, deren Geschäfte die Zedentin mit der Beklagten erheblich ausgeweitet habe.

Wegen des übrigen Vortrags der Klägerin wird auf die Klageschrift, Bl. 1 – 7 d.A. und die Schriftsätze vom 15.05.2001, Bl. 63 – 70 d. A.,

15.06.2001, Bl. 88 – 93 d.A., 16.08.2001, Bl. 183 – 190 d.A.,
22.02.2002, Bl. 299 – 307 d.A., 20.03.2002, Bl. 311 – 313 d.A.,
24.05.2002, Bl. 322 – 327 d.A., 17.06.2002, Bl. 328 – 337 d.A.,
09.09.2002, Bl. 381 – 388 d.A., 31.10.2002, Bl. 468 – 472 d.A.,
15.11.2002, Bl. 477 – 480 d.A., 18.06.2003, Bl. 572 – 579 d.A.,
07.07.2003, Bl. 585 – 588 d.A., 30.12.2002, Bl. 589 – 596 d.A.,
17.03.2003, Bl. 640 – 666 d.A., 30.06.2003, Bl. 674 – 679 d.A.,
09.09.2003, Bl. 705 – 708 d.A., 21.11.2003, Bl. 751 – 763 d.A.,
10.09.2004, Bl. 939 – 941 d.A., 14.10.2004, Bl. 967 – 970 d.A.,
24.11.2004, Bl. 977, 978 d.A., 10.02.2005, Bl. 983 d.A., 06.05.2005, Bl. 1058 – 1064 d.A., nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie € 495.339,99 nebst 5 % Zinsen seit dem 01.01.1997 aus € 9.612,29, seit dem 01.01.1998 aus € 25.076,38, seit dem 01.05.1998 aus € 44.179,96, seit dem 01.02.1999 aus € 167.782,46, seit dem 01.02.2000 aus € 76.154,74 seit dem 01.02.2001 aus € 172.534,15 zu zahlen;

die Beklagte zu verurteilen,

ihr einen Buchauszug über alle von der Beklagten abgeschlossenen Geschäfte, die die S. Handelsvertretungen GmbH Display – Consulting vermittelt hat, und aus denen die Beklagte im Zeitraum vom 01.01.1996 bis zum 15.09.2000 gegenüber der S. GmbH Provisionen abgerechnet hat, zu erteilen;

die Beklagte zu verurteilen,

an sie € 469.912,85 nebst 5 % Zinsen aus € 368.784,09 seit dem 21.09.2001 und aus € 101.128,76 seit dem 21.09.2004 zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer auf € 469.912,85 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der Ehemann der Zedentin, der Zeuge S., bzw. die Zedentin seien bis zum Ausscheiden im Jahr 2000 als externer technischer Berater im Zusammenhang mit der Entwicklung und dem Design von Kosmetik – Displays tätig gewesen. Der Zeuge S. sei – abgesehen davon, dass er Arbeitszeit und -ort überwiegend habe selbst bestimmen können – in ihre Entwicklungs- und Vertriebsabteilung integriert gewesen und habe dort auch Kundenreklamationen bearbeitet.

Die Beklagte behauptet, im Zuge des Ausbaus ihres Unternehmens sei die Zedentin in immer stärkerem Maße in ihre Entwicklungs- und Vertriebsabteilung der Beklagten integriert worden und habe dort im Team mit anderen Mitarbeitern der Beklagten an der Entwicklung und Umsetzung von Kundenaufträgen, der Kundenpflege sowie der Bearbeitung von Reklamationen gearbeitet. Die S. GmbH habe die Kundenwünsche entgegengenommen, die dann von ihren – der Beklagten – Mitarbeitern technisch und gestalterisch umgesetzt worden seien. Für die Unternehmen R., J. und L. habe die S. GmbH lediglich an Auftragsvorbereitungsbearbeitungen mitgewirkt.

Der Zeuge S. habe weder Verträge für sie vermittelt, noch sei er an der Vermittlung von Verträgen beteiligt gewesen.
Die S. GmbH sei kein Handelsvertreter gewesen.

Die S. GmbH habe Provisionen aus zustande gekommenen. Geschäften erhalten, an denen sie mitgewirkt habe.
Der Zeuge S. habe abhängig von seiner Mitarbeit an den der Beklagten erteilten Aufträgen eine Provision erhalten. Der Provisionssatz sei jeweils gesondert vereinbart worden. Von dem dem Kunden Rechnung gestellten Preis seien bestimmte Positionen, mit denen sie keinen Eigenumsatz erzielt habe wie Skonti, Boni, Verpackung, Transport und Zukaufteile u. a. gemäß jeweiliger Vereinbarung mit dem Zeugen S. ohne Ausweis auf der Kundenrechnung abgesetzt und nicht verprovisioniert worden.
Als Berechnungsgrundlage für die Provision sei zwischen der Beklagten und dem Zeugen S. der Netto – Auftragswert vereinbart worden. Dieser sei einvernehmlich unter Abzug aller Preisbestandteile (Schriftsatz vom 26.03.2001, Bl. 46 d.A.), mit denen die Beklagte keine Eigenumsätze getätigt habe (durchlaufende Posten) ermittelt worden und zwar auch dann, wenn abgezogene Preisbestandteile nicht in der Kundenrechnung ausgewiesen worden seien. Wegen der bestehenden vertrauensvolle fast freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Geschäftsführern sei es nicht für notwendig erachtet worden, die mündlich getroffene und über viele Jahre hinweg anstands- und widerspruchslos gehandhabte Vereinbarung schriftlich niederzulegen.
Der Provisionssatz sei für jedes einzelne Geschäft betreffend die Shop-Theken zunächst mit dem Zeugen R., später mit dem Geschäftsführer der Beklagten verhandelt worden.

Die S. GmbH habe keine Neukunden geworben und keine Geschäftsbeziehungen auf- oder ausgebaut.

Die Beklagte trägt vor, ihr seien durch die Beendigung der Beratungstätigkeit der S. GmbH weder Vorteile erwachsen, noch der S. GmbH Nachteile. Die S. GmbH habe die Unternehmen, auf die sie ihren Ausgleichsanspruch stütze nicht geworben und auch den Umsatz der Beklagten mit diesen Unternehmen nicht nennenswert ausgeweitet.

Der S. GmbH habe ein Ausgleichsanspruch auch deshalb nicht zugestanden, weil sie selbst das Vertragsverhältnis ohne Kündigungsgrund gekündigt habe.

Die Beklagte erhebt gegenüber dem Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges für das Jahr 1996 und den Provisionsansprüchen für die Jahre 1996 bis 1998 die Einrede der Verjährung.

Wegen des übrigen Vortrags der Beklagten wird auf die Schriftsätze vom 26.03.2001, Bl. 44 – 50 d.A., 25.05.2001, Bl. 83 – 87 d.A., 31.07.2001, Bl. 119 – 135 d.A., 31.11.2001, Bl. 260 – 292 d.A., 20.03.2002, Bl. 314 – 319 d.A., 31.10.2002, Bl. 410 – 416 d.A., 20.12.2002, Bl. 508 – 511 d.A., 17.06.2003, Bl. 564 – 568 d.A., 23.09.2003, Bl. 715 – 720 d.A., 31.10.2003, Bl. 743 – 745 d.A., 15.10.2004, Bl. 953 – 962 d.A., 23.11.2004, Bl. 971- 974 d.A., 01.03.2005, Bl. 1020 – 1023 d.A., 12.07.2005, Bl. 1065 – 1067 d.A. nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat gemäß Beschlüssen vom 28.06.2002, Bl. 357, 358 d.A., 28.11.2002, Bl. 486 – 488 dA. Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen R., S., K., G., H., R., Sch., Ke., B., M., D. und O.

Wegen des Inhalts der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 12.09.2002, Bl. 389 – 397 d.A., 23.05.2003, Bl. 544 – 551 d.A., 02.10.2003, Bl. 726 – 731 d.A., 05.12.2003, Bl. 860 – 868 d.A., und die schriftlichen Erklärungen der Zeugen Bl. 512, 520, 521, 525, 526 d.A. verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zum Teil begründet.

Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin € 413.698,29 zu zahlen. Im übrigen ist die Klage unbegründet.

Der Klägerin steht aus abgetretenem Recht der S. GmbH gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung weiterer Provisionen in der Gesamthöhe von € 110.843,41 und eines Handelsvertreterausgleichs in der Höhe von € 302.854,88 zu.

Zwischen der S. GmbH und der Beklagten hat ein Vertragsverhältnis bestanden.

Bei diesem Vertragsverhältnis handelte es sich um ein Handelsvertreterverhältnis im Sinne der §§ 84 ff. HGB. Die S. GmbH war ständig damit betraut, für die Beklagte Geschäfte zu vermitteln. Diese vermittelten Geschäfte bestanden in den von der Beklagten mit Kunden abgeschlossenen Verträge auf Herstellung und Lieferung von insbesondere Shoptheken und Displays für die Präsentation von Kosmetikartikeln gegenüber dem potentiellen Endkunden.

Gemäß § 84 Abs. 1 HGB ist Handelsvertreter, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen.

Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Es steht außer Zweifel, dass es sich bei der Zedentin um eine selbständig Gewerbetreibende handelt. Für die Beantwortung der Frage, ob die Beklagte die Zedentin damit betraut hat, für sie Geschäfte zu vermitteln, ist der Inhalt der zwischen der Beklagten und der Zedentin getroffenen Vereinbarung maßgebend. Da die Beklagte und die Zedentin ihre Vereinbarungen nicht schriftlich niedergelegt haben, eine ausdrückliche mündliche Vereinbarung auch nicht vorgetragen ist, kommt es vor allem auf den Charakter der von der Zedentin im Einvernehmen mit der Beklagten ausgeübten Tätigkeit und die Art der von der Beklagten hierfür erbrachten Gegenleistung an.

Für die Betrauung der Zedentin mit der Vermittlung von Geschäften und nicht nur mit der Teilnahme an der technischen Entwicklung und Ausführung des von dem Kunden gewünschten Produkts, spricht zunächst als starkes Indiz der Umstand, dass die vereinbarungsgemäße Vergütung der Zedentin durch die Beklagte in der Zahlung eine Provision bestand. Die Entstehung eines Provisionsanspruchs ist – begriffstypisch – von dem Eintritt eines Erfolges, hier dem Vertragsabschluss mit dem Kunden abhängig. So war es auch vorliegend. Unstreitig hat die Zedentin eine Vergütung für ihre Tätigkeit nur auftragsbezogen und erfolgsabhängig von der Beklagten erhalten, wobei der Erfolg als Voraussetzung des Entstehens des Vergütungsanspruchs in dem Zustandekommen des Geschäfts zwischen der Beklagten und ihrem Kunden bestand. Auch auf Nachfrage des Gerichts hat die Beklagte hierzu nichts anderes vorgetragen.

Dies wiederum stellt ein deutliches Indiz dafür dar, dass der Zeuge S. an der für die Entstehung eines Provisionsanspruchs notwendigen Herbeiführung eines Erfolges zumindest beteiligt war. Die Beklagte hat darüber hinaus keine weitergehende sachliche Begründung für die Vereinbarung einer Erfolgsprovision zwischen ihr und der Zedentin vorgetragen, insbesondere eine sachliche Begründung dafür, warum sich die Zedentin auf eine erfolgsabhängige Vergütung ihrer Tätigkeit für die Beklagte eingelassen haben soll, ohne an der Erarbeitung und Erzielung des Erfolges des jeweiligen Geschäftsabschlusses im Außenverhältnis beteiligt zu sein.

Es kann dahinstehen, ob in Anbetracht der zugunsten der Klägerin wirkenden Vermutungen des feststehenden Sachverhalts die Klägerin gleichwohl noch den Beweis zu führen hatte, dass die Zedentin für die Beklagte in deren Einvernehmen als Handelsvertreterin tätig war, oder ob die Beklagte im Wege der Beweisführung die bestehenden Vermutungen zu widerlegen hatte.

Die Beweisaufnahme hat zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass die Beklagte der Zedentin die Vermittlung von Geschäften übertragen hatte.

Die Tätigkeit des Zeugen S. bestand nicht, wie dies die Beklagte behauptet, lediglich darin, im Team mit anderen Mitarbeitern der Beklagten an der Entwicklung und Umsetzung von Kundenaufträgen, der Kundenpflege sowie der Bearbeitung von Reklamationen zu arbeiten und für die Unternehmen R., J. und L. an Auftragsvorbereitungen mitzuwirken.

Auch steht die umfängliche Einbindung der Zedentin durch ihren Geschäftsführer, den Zeugen S., in die geschäftliche und betriebliche Tätigkeit der Beklagten dem Ergebnis, dass die Zedentin als Handelsvertreterin für die Beklagte tätig war, nicht entgegen.

Der Zeuge S. hat selbst wie auch der Zeuge R. geschildert, dass er vor allem und umfänglich von der Bekanntgabe des Wunschs des Kunden über die Auftragserteilung in die – nach seiner Darstellung eher technische, nach anderer Schilderung eher gestalterische – Entwicklung und Ausführung des Produkts bis zur Produktionsreife eingebunden war, ebenso anschließend während der Produktionsphase war der Zeuge S. involviert, wenn es Probleme bei der Umsetzung des Modells oder der Idee in das Produkt gab.

Die Einbindung des Zeugen S. in die technische und gestalterische Entwicklung des von dem Kunden gewünschten Produkts – hier vor allem der Shop – Theken – und deren Umsetzung sowohl im Kontakt zu dem Kunden, der schließt ich zu der Erteilung eines Auftrags an die Beklagte bewogen werden sollte, als auch intern im Betrieb der Beklagten, diente gerade dazu, durch die Erarbeitung des von dem Kunden gewünschten und vorgestellten Produkts auf diesen entsprechend einzuwirken.

Aus dem Umstand, dass der Zeuge S. seine Fähigkeiten über die reine Werbung gegenüber dem Kunden sowohl in die Beziehungen zu und in die Verhandlungen mit den Kunden als auch in den internen Betriebsbereich der Beklagten eingebracht hat, steht der Gesamtwertung des Vertragsverhältnisses der Zedentin und der Beklagten als Handelsvertreterverhältnis nicht entgegen. Aus den aus den feststehenden Umständen und der Beweisaufnahme zu entnehmenden Feststellungen ergibt sich kein Gesamtbild, dass das Rechtsverhältnis zwischen der Zedentin und der Beklagten trotz der Vereinbarung einer erfolgsabhängigen Vergütung als Dienstvertrag erscheinen lässt.

Ein Handelsvertretervertrag im Sinne des § 84 HGB liegt nicht nur dann vor, wenn sich die Tätigkeit des Handelsvertreters auf die – in diesem Sinne klassische – Tätigkeit der Kundenwerbung beschränkt. Eine darüber hinausgehende, ergänzende Befähigung und Tätigkeit des Handelsvertreters in Bezug auf und in Abhängigkeit von dem zu vertreibenden Produkt ist geeignet, den Absatz der Ware zu erleichtern und für den Unternehmer von Vorteil. Aus dem Umstand, dass die Zedentin die Mitarbeit des Zeugen S. bei der Entwicklung und Produktion des Produktes eingesetzt hat, folgt nicht, auch nicht als Vermutung; dass die Zedentin gegenüber der Beklagten nur Dienstleistungen zu erbringen hatte. Wie vor altem der Aussage des Zeugen R. zu entnehmen war, erfolgte die bindende Erteilung eines Auftrag zur Herstellung und Lieferung einer neuen Shop-Theke in der Regel erst, wenn nach etwa einem Jahr der Entwicklung die technische und gestalterische Form des Produkts zum abnahmefähigen Musterstück gediehen war und die Preisverhandlungen, in die der Zeuge S. ebenfalls eingebunden war, abgeschlossen waren. Dies bedeutet, dass die gesamte Tätigkeit des Zeugen S. bis zum Vertragsschluss zwischen dem Kunden und der Beklagten, auch soweit es sich nicht um typische werbliche Bemühungen eines Handelsvertreters gehandelt haben mag, der Gewinnung des Kunden dienten.

Die Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen hat auch ergeben, dass es die Aufgabe der Zedentin war, den Abschluss von Geschäften zwischen potentiellen Kunden und der Beklagten zu vermitteln, und dass eine mindestens mitursächliche Tätigkeit des Zeugen S. für das Zustandekommen der Geschäfte, für die die Zedentin von der Beklagten Provisionen erhalten hat, vorgelegen hat.

Dies haben vor allem die Zeugen G., B., K., R. D., O. und Sch. ergeben. Die Bekundungen dieser Zeugen ergeben im, Gesamtbild, dass die Aufgabe und Tätigkeit des Zeugen S. über die eines geradezu untergeordneten technischen und gestalterischen Beraters in der Produktentwicklung weit hinausging und er, soweit er mit dem Vorhaben befasst war, auch die „Hereinholung des Auftrags für G.“ als Ziel hatte, um zugunsten der Beklagten „den Sack zuzumachen.“

Der von der Beklagten vorgetragenen Behauptung, die Zedentin sei in den Jahren 1996 bis 2000 überwiegend beratend auf dem Gebiet der Konstruktion, des Musterbaus, dem Design und der Produktion für die Beklagte tätig gewesen und damit ihre Hauptaufgabe die Produktentwicklung sowie deren Umsetzung in der Produktion betroffen habe, demgegenüber eine etwaige Mitwirkung an dem Zustandekommen von Aufträgen mit Kunden zu vernachlässigen sei, war nicht durch die Vernehmung der hierzu benannten Zeugen nachzugehen.

Abgesehen davon, dass diese Behauptung an sich unsubstantiiert ist, sind der Umfang und die Art der Tätigkeit des Zeugen S., soweit es nicht um die Veranlassung des Kunden zum Vertragsschluss geht, im wesentlichen unstreitig. Ob demgegenüber eine etwaige Mitwirkung des Zeugen S. an dem Zustandekommen von Aufträgen mit Kunden zu vernachlässigen ist, ist eine Frage der Bewertung und nicht der Beweisaufnahme durch die Vernehmung von Zeugen zugänglich.

Die Tatsache, dass die Zedentin nicht befugt war, für die Beklagte die Verträge mit den Kunden auch abzuschließen, ist irrelevant, Handelsvertreter gemäß § 84 Abs. 1 HGB ist, wer von dem Unternehmer damit betraut ist, für ihn Geschäfte zu vermitteln oder in seinem Namen abzuschließen. Der Vermittlungsvertreter ist Handelsvertreter.

Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin weitere € 110.843,41 als Provisionen zu zahlen.

Der Klägerin stehen für das Jahr 1996 Zahlungsansprüche in der Höhe von € 9.612,29, für das Jahr 1997 in der Höhe von € 25.076.38 und für das Jahr 1999 in der Höhe von € 76.154,74 zu.

Die Beweisaufnahme hat zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass die Parteien im Jahr 1997 eine Vereinbarung getroffen haben, wonach die Beklagte zu einer Kürzung der Bemessungsgrundlage für die jeweilige Provision in Verbindung mit dem in Ansatz zu bringenden Provisionssatz nur berechtigt sein soll, soweit die Jahresprovision der Klägerin den Betrag von DM 500.000,00 bis DM 600.000,00, im Mittel DM 550.000,00 nicht unterschreitet.

Diese Vereinbarung ist der Aussage des Zeugen S. zu entnehmen. Das Gericht hat auf der Grundlage der feststehenden Umstände und der Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen, dass die Parteien diese Vereinbarung getroffen haben.

Die Parteien haben unstreitig die von der Beklagten an die Zedentin aus vermittelten Geschäften zu zahlenden Provisionen nicht schriftlich festgelegt, sondern das über nahezu zwei Jahrzehnte währende Vertragsverhältnis auf der Grundlage mündlicher Vereinbarungen geführt.

Die Parteien haben – dies ergibt sich aus den vorgelegten Berechnungen und Abrechnungen, insbesondere der von der Klägerin vorgelegten und von der Beklagten nicht substantiiert bestrittenen Anlage K 13 – die Berechnung der an die Zedentin zu zahlenden Provisionen jedenfalls bis zum Jahr 1993 einschließlich einvernehmlich dergestalt geregelt, dass es über die von der Beklagten an die Zedentin gezahlten Provisionen keine Differenzen gab.

Aus dieser Aufstellung ist auch zu entnehmen, dass die Provisionen aus dem jedenfalls einvernehmlich zugrunde gelegten Rechnungsbetrag entnommen worden sind, während der Provisionssatz vom Jahr 1990 ausgehend bis zum Jahr 1993 von durchschnittlich 11 % auf durchschnittlich 7,57 % sank. Erstmals im Jahr 1994 ergab sich eine die Provision vermindernde Herabsetzung der Berechnungsgrundlage dergestalt, dass der von der Beklagten zugrunde gelegte Umsatz, wenn auch relativ geringfügig, hinter dem von der Beklagten erzielten Umsatz zurückblieb. Dies bedeutet, dass beginnend mit dem Jahr 1994 sowohl die Bemessungsgrundlage als auch die absoluten Provisionssätze, bezogen auf die reduzierte Bemessungsgrundlage merklich sanken. Hinzu kommt, so haben es auch die Zeugen R. und S. geschildert, dass ab dem Jahr 1996 oder 1997 in den Kundenrechnungen die einzelnen Positionen, die auch bei der Berechnungsgrundlage für die Provision mindernd berücksichtigt werden sollten, nicht mehr ausgewiesen waren, die Vertragsparteien also nicht mehr nach Maßgabe des § 87 b Abs. 2 HGB verfahren sind.

Betrachtet man nur die in den jeweiligen Geschäftsjahren summierten Rechnungsbeträge und die Summe der gekürzten Rechnungsbeträge, so verblieben von den ungekürzten, d. h. auf der Basis des Vortrags der Klägerin insoweit einvernehmlichen Rechnungsbeträgen im Jahr 1993 100 % im Jahr 1994 99,1 % im Jahr 1995 98 %, im Jahr 1996 95,7 %, im Jahr 1997 90,2 im Jahr 1998 63,3 im Jahr 1999 63,8 % und im Jahr 2000 57,8 %.

Nimmt man den von der Beklagten an die Zedentin im Jahr 1993 gezahlten durchschnittlichen Provisionssatz von 7,57 % Ausgangspunkt, so blieb hiervon – bezogen auf die reduzierten Rechnungsbeträge – im Jahr 1994 90,62 %, im Jahr 1994 94,2 %, im Jahr 1996 71,75 % im Jahr 1997 54 %, im Jahr 1998 42,2 %, im Jahr 1999 44 % und im Jahr 2000 43,4 %.

Dem gegenüber stieg der Umsatz der Beklagten nur bezogen auf die zugunsten der Zedentin provisionspflichtigen Geschäfte im Geschäftsjahr 1997 gegenüber 1996 um ca. 40 % und im Geschäftsjahr 1998 gegenüber dem Geschäftsjahr 1997 um 184 %. Das heißt, dass zu den seit dem Jahr 1996 deutlich sinkenden Provisionssätzen ab dem Jahr 1997 auch eine erhebliche Absenkung der Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Provision hinzutrat mit dem Ergebnis, dass in den Jahren 1997 und 1998 eine Verringerung des Provisionssatzes um knapp 60 % und der Berechnungsgrundlage von ca. 36 % eintrat.

Etwa ab 1996, auch hier stimmen die Angaben der Zeugen S. und R. im wesentlichen überein, kam es dann auf Veranlassung der Beklagten jedenfalls bei den Shoptheken zu weiteren, anderen Abzügen, die dann auch nicht – mehr – in den Kundenrechnungen ausgewiesen wurden, wobei es dahingestellt bleiben kann, ob der Nichtausweis bestimmter kalkulatorischer Anteile auf Seiten der Beklagten auf Veranlassung der Kunden geschah, aus der Rechnung die Art und die Höhe des jeweiligen Abzugs jedenfalls nicht mehr zu ersehen war.

Es liegt in der Tat nahe, dass angesichts dieser Entwicklung bei dem Zeugen S. auch ohne vorheriges Eingehen auf das einzelne konkrete Geschäft und die jeweilige Abrechnung ein Gesprächsbedarf entstand mit dem Ziel einer einvernehmlichen und – wieder – eindeutigen Regelung der von der Beklagten zu leistenden Provisionen.

Auch bedurfte sowohl eine Änderung des Provisionssatzes als auch eine Änderung der Berechnungsgrundlage für die Provision gegenüber der bis zum Jahr 1993 geübten Praxis, jedenfalls im wesentlichen den Netto – Rechnungsbetrag als Provisionsgrundlage zu nehmen, wie dies auch § 87 b Abs. 2 HGB vorsieht, der Vereinbarung der Parteien.

Die Beweisaufnahme hat nicht zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass sich der Zeuge S. jeweils mit den von der Beklagten abgerechneten und gezahlten Provisionen für die einzelnen Geschäfte, insbesondere diejenigen betreffend die Shop-Theken, einverstanden erklärt hat.

Die Behauptung der Beklagten indes, die Berechnungsbasis für die Provision aus jedem Auftrag – wirtschaftlich relevant sind hier in erster Linie die Shoptheken – sei mit dem Zeugen S. verhandelt und vereinbart worden, hat der Zeuge R. nicht bestätigt.

Unter dem Begriff „Verhandlung“ wird allgemein ein Erörtern gegensätzlicher oder voneinander abweichender Positionen mit dem Ziel des Erreichens einer Vereinbarung verstanden.

Geschildert hat der Zeuge R., dass er sich mit dem Zeugen S. zusammengesetzt und ein Gespräch geführt habe, ihm die Kalkulation der Beklagten erläutert, ihm die einzelnen Punkte dargelegt und abgehandelt und sich mit dem Zeugen S. auf die Provisionsbasis geeinigt habe. Um eine Verhandlung dergestalt, dass auch die Vorstellungen des Zeugen S. Eingang in die Erläuterung gefunden haben, handelte es sich danach nicht.

Der Zeuge R. konnte allerdings auch die Form und den Inhalt einer Erklärung des Zeugen S., aus der sich dessen Zustimmung entnehmen ließe, nicht wiedergeben, obwohl es sich nach der Darstellung der Beklagten um relevante Verhandlungen gehandelt hat. Der Zeuge R. hat konkret vielmehr wiedergegeben, dass der Zeuge S. zwar nicht erfreut gewesen sei über die gewünschten Abzüge, jedoch ein Einvernehmen erzielt worden sei. Dieses „Einvernehmen“ hat der Zeuge R. jedoch möglicherweise nur aus einem Unterbleiben weiteren Widerspruchs oder einem Hinnehmen des Zeugen S. entnommen.

Wesentlich ist indes, dass schon der von dem Zeugen R. geschilderte Inhalt und der Ablauf der Gespräche mit dem Zeugen S. erhebliche Zweifel bestehen lassen, ob der Zeuge S. gegenüber dem Zeugen R. überhaupt Erklärungen mit Rechtsbindungswillen abgeben wollte und ob die Beklagte davon ausgehen durfte, dass der Zeuge S. solche Erklärungen abgegeben hat. Es kann sich nämlich – die Aussage des Zeugen R. insgesamt unterstellt – auch um Vorverhandlungen ohne Herbeiführung eines die Vertragsparteien, insbesondere die Beklagte bindenden Ergebnisses gehandelt haben.

Eine bindende Einigung zunächst nur über die Berechnungsgrundlage nach Maßgabe der Vorstellungen der Beklagten hätte auf der Grundlage der Behauptung der Beklagten, dass auch der Provisionssatz für jedes einzelne Geschäft vereinbart worden sei, dieser aber nicht mit dem Zeugen R. vereinbart worden ist, bedeutet, dass sich die Zedentin hiernach den Wünschen der Beklagten hinsichtlich der Berechnungsgrundlage für die Provision gebunden hätte, sie aber gleichwohl nicht gewusst hätte, welche Provision sie in der konkreten Höhe zu erwarten hatte.

Die letzte und damit verbindliche Entscheidung – Berechnungsgrundlage und Provisionssatz – war folglich erst noch zu treffen und ist demzufolge auch zwischen den Geschäftsführern der Zedentin und der Beklagten gefallen, bei denen es sich schließlich – dies betrifft in erster Linie die Beklagte – um die gesetzlichen Vertreter der Vertragsparteien handelt. Es bleiben deshalb erhebliche Zweifel an der Abgabe einer rechtsverbindlichen Erklärung, auch einer konkludenten, durch den Zeugen S. gegenüber dem Zeugen R.

Der Zeuge S. hat indes in seiner Vernehmung angegeben, dass er mit dem man kann es so nennen Vorhalt des Geschäftsführers der Beklagten, dass er mit einem Jahreseinkommen von 500.000,00 DM bis 600.000,00 DM einverstanden sein könne, zugestimmt habe.

Eine solche Vereinbarung zwischen den Geschäftsführern der Vertragsparteien entspricht den rechtlichen Gegebenheiten.
Die Geschäftsführer waren bis zum Ausscheiden der Zedentin – dies hat auch die Beklagte nicht bestritten, auch freundschaftlich verbunden. Aus der Aussage des Zeugen S. ist auch zu entnehmen, dass über die Jahre der Zusammenarbeit er und der Geschäftsführer der Beklagten einen regen Austausch über die geschäftlichen Belange der Beklagten – jedenfalls soweit die Zedentin involviert war – geführt haben und der Geschäftsführer der Beklagten erster Ansprechpartner und Entscheidungsträger gegenüber dem und für den Zeugen S. war.

Es ist naheliegend, dass die wirtschaftlich relevanten Vereinbarungen mit Bindungswirkung, die das Vertragsverhältnis betrafen, zwischen diesen beiden Personen getroffen worden sind.

Jede der Parteien befand sich in einer klar definierten Interessentage, die für die jeweils andere Vertragspartei erkennbar war. Die Beklagte wollte offensichtlich eine Steigerung der absolut an die Zedentin zu zahlenden Provisionen verhindern oder vermindern. Die Schilderung des Zeugen S., dass der Geschäftsführer der Beklagten sein Interesse daran, die an die Beklagte zu zahlenden Provisionen der Höhe nach zu begrenzen, mit für den späteren Ausgleich zu bildenden Rücklagen begründet hat ist nachvollziehbar, da die Höhe des Ausgleich unmittelbar an die Höhe der Provisionen geknüpft ist und mit steigenden Provisionen nicht nur diese selbst, sondern voraussichtlich auch der Ausgleichsbetrag steigt.

Es ist ebenso verständlich und nachvollziehbar, dass vor allem die Zedentin angesichts der insgesamt sinkenden Verprovisionierungen auf der Ebene der geschäftsführenden und persönlich verbundenen Personen eine Klärung herbeiführen wollte.

Der Zeuge S. wollte für die Zedentin verständlicherweise erreichen, dass mit dem steigenden Umsatz der Beklagten durch die Vermittlungstätigkeit der Zedentin entsprechend ihre Provisionen steigen, jedenfalls aber nicht sinken. Diese Erklärung des Zeugen S., damit einverstanden sein zu wollen, wenn die Provisionen jährlich insgesamt DM 500.000,00 bis 600.000,00 betrage, erklärt auch, warum der Zeuge S. nicht den einzelnen Abrechnungen widersprochen hat. Die widerspruchslose Hinnahme der einzelnen Provisionsabrechnungen – das Unterbleiben eines Widerspruchs durch die Zedentin unterstellt – beinhaltet im übrigen kein Anerkenntnis der Richtigkeit des Inhalts der Abrechnungen (BGH NJW 96, 588).

Aus der Aussage des Zeugen S. ergibt sich vielmehr, wie bereits ausgeführt, dass er durchaus mit dem Geschäftsführer der Beklagten Gespräche über die zu zahlenden Provisionen geführt hat. Hier haben die Parteien einen Kompromiss gefunden.

An diese Vereinbarung ist allerdings auch die Beklagte gebunden. Wie sich aus den Äußerungen des Zeugen S. in der Beweisaufnahme auch ergeben hat, hat er dies durchaus auch so gesehen, wirft als Geschäftsführer der Zedentin jedoch vor, sich an diese Vereinbarung nicht gehalten zu haben. Rechtlich gelöst hat sich die Beklagte hiervon jedoch nicht.

Es handelt sich bei dieser Vereinbarung nicht um die Vereinbarung einer Mindestvergütung unabhängig von dem Erfolg der Vermittlungstätigkeit der Zedentin, sondern um die einvernehmliche Beantwortung der Frage zwischen den Parteien, welche Vergütung der Zedentin aus einer erfolgreichen Vermittlungstätigkeit zustehen sollte.

Da das Ergebnis der Beweisaufnahme auch die Vereinbarung der Parteien über den unteren Betrag von DM 500.000,00 bis DM 600.000,00 ist, den die Gesamtprovisionen trotz Kürzung von Berechnungsgrundlage und Minderung des Provisionssatzes nicht unterschreiten sollte, kommt es letztlich nicht darauf an, ob die Parteien sich jeweils auf den zu berücksichtigenden Rechnungsbetrag geeinigt haben.

Die von der Beklagten im Jahr 1996 an die Zedentin gezahlte Provision betrug durchschnittlich 7 %. Auch die von der Beklagten vorgelegten Abrechnungen weichen insoweit von den von der Klägerin vorgelegten Zahlen nicht erheblich ab. Legt man diesen Provisionssatz auch in den Folgejahren auf den von der Beklagten in Ansatz gebrachten Umsatz um, erreicht die von der Zedentin verdiente Gesamtprovision in den folgenden Geschäftsjahren auch auf der Basis der von der Beklagten berücksichtigten Rechnungsbeträge mindestens den Betrag von je DM 550.000,00 ohne dass es auf eine Vereinbarung der Parteien, dass dieser Provisionssatz in den folgenden Jahren darunter liegen sollte, ankommt. Ihre Behauptung, die Zedentin und die Beklagte hätten sich auch auf die von ihr behaupteten niedrigeren Provisionssätze geeinigt, hat die Beklagte nicht bewiesen.

Die der Klägerin noch zustehenden und zuerkannten Ansprüche auf Zahlung von Provisionen für die Jahre 1996, 1997 und 1999 sind nicht verjährt, da die Klägerin jeweils vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist des § 88 HGB a.F. Klage und Klageerweiterungen erhoben hat und diese rechtzeitig zugestellt worden sind.

Die die Provisionsansprüche des Jahres 1996 betreffende Klageschrift ist am 28. Dezember 2000 bei Gericht eingegangen, die die Provisionsansprüche des Jahres 1997 betreffende Klageschrift am 31. Dezember 2000 und die die Provisionsansprüche des Jahres 1999 und des Jahres 2000 betreffende Klageschrift am 26.11.2003, wobei die Zustellungen jeweils demnächst erfolgt sind.
Auf der Grundlage des zwischen den Parteien vereinbarten unteren Grenzbeträge von DM 500.000,– sehen der Klägerin für das Jahr 1996 € 9.612,29, für das Jahr 1997 € 25.076,38 und für das Jahr 1999 € 76.154,74 zu.

Im Jahr 1998 hat die Zedentin Provisionen in der Gesamthöhe von DM 649.420,00 erzielt, im Jahr 2000 im Zeitraum vom 01.01.2000 bis zum 15.09.2000 DM 423.711,–. Provisionen, die die Zedentin in der Zeit vom 16.09.2000 bis zum 31.12.2000 hätte erzielen können, sind bei der Entscheidung über den Ausgleichsanspruch zu berücksichtigen.

Da die von der Beklagten an die Klägerin zu zahlenden Provisionen der Höhe nach endgültig feststehen, hat die Klägerin an der Erteilung von Buchauszügen kein Rechtsschutzinteresse mehr.

Da die Zedentin Handelsvertreterin der Beklagten war, steht ihr auch ein Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte gemäß § 89 b Abs. HGB zu. Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin € 302.854,88 zu zählen.

Die Klägerin stützt ihren Ausgleichsanspruch auf die im letzten Vertragsjahr zustande gekommenen Geschäfte zwischen der Beklagten und Kunden, die die Beklagte auch verprovisioniert hat, wobei auch hier die berechtigte Höhe der jeweiligen Provision zwischen den Parteien streitig ist, aber nicht die Geschäftsvorfälle als solche und die Verprovisionierung durch die Beklagte in der Höhe der tatsächlich geflossenen Beträge.

Einen Ausgleichsanspruch kann der Handelsvertreter nur auf Provisionen aus Geschäften des Unternehmers stützen, die dieser im letzten Vertragsjahr des Handelsvertretervertrages mit Neukunden abgeschlossen hat. Neukunden sind solche Kunden, die der Handelsvertreter für den Unternehmer geworben hat oder deren Geschäfte der Unternehmer durch mindestens mitursächliche Vermittlungstätigkeit des Handelsvertreters erheblich ausgeweitet hat.

Die Klägerin hat vorgetragen, dass die Zedentin diejenigen Kunden, auf deren Geschäfte sie den Ausgleichsanspruch stützt, geworben hat. Die Beklagte hat diesen Vortrag der Klägerin bestritten, jedoch nicht in hinreichend substantiierter Weise.

Es ist unstreitig, dass der von der Beklagten erzielte Geschäftsumsatz während des Bestehens des Vertragsverhältnisses zwischen der Zedentin und der Beklagten erheblich gestiegen ist, von ca. 2 Millionen DM im Jahr 1990 bis auf ca. 32 Millionen DM im Jahr 1998. Es ist auch unstreitig, dass dieser Umsatzanstieg im wesentlichen durch die Produktion und den Vertrieb der Shop-Theken veranlasst worden ist deren Vertrieb der Zeuge S. ausweislich der Aussage des Zeugen R. im wesentlichen eingebunden war. Es handelt sich auch sämtlichst um Geschäfte, aus denen die Beklagte an die Zedentin Provisionen gezahlt hat.

Der unstreitige Sachverhalt geht deshalb schon über die grundsätzliche Vermutung hinaus, dass der Handelsvertreter die Kunden, mit denen er Geschäfte des Unternehmers vermittelt auch geworben hat. Die Klägerin hat auch vorgetragen, wie sich die Provisionen des letzten Vertragsjahres zusammensetzen, auf die sie den Ausgleichsanspruch stützt.

Das Vorbringen der Beklagten zu den bereits vor Aufnahme der Tätigkeit des Zeugen S., sei es nun vor seiner Tätigkeit für die Handelsvertretung der Klägerin, sei es später für die Zedentin mit diesen Kunden getätigten Umsätzen ist demgegenüber unsubstantiiert. Der relevante Sachverhalt besteht in der Art und dem Umfang der Geschäfte, die der Unternehmer vor der Aufnahme der Tätigkeit des Handelsvertreters abgeschlossen und ausgeführt hat. Diese Sachverhalte gehören allein in die Sphäre des Unternehmers, da der Handelsvertreter in der Regel hierüber keine oder keine erheblichen Kenntnisse besitzt. Aus diesen vorgenannten Gründen hat deshalb der Unternehmer vorzutragen, mit welchem betroffenen Kunden er vor Inkrafttreten des Vertragsverhältnisses mit dem Handelsvertreter welche Umsätze getätigt hat. Aus dem Vorbringen des Unternehmers muss sich zumindest entnehmen lassen, in welcher Art und und welchem Umfang Geschäfte mit diesen Kunden vor Beginn des Handelsvertretervertrages oder vor der von dem Handelsvertreter vorgetragenen Erweiterung des von dem Handelsvertreter vorgetragenen Erweiterung des Umsatzes getätigt worden sind.

Die Beklagte hätte jedenfalls mit der Darlegung von Größenordnungen und der Beschreibung der Art der verkauften Produkte für ihre Kunden darlegen können und müssen, ob und in weichem Umfang sie bei Aufnahme der Tätigkeit des Zeugen S. mit diesen Kunden Geschäfte getätigt hat. Dies hat sie nicht getan. Die von der Beklagten vorgelegten einzelnen Rechnungen enthalten nur relativ geringfügige Beträge und betreffen zu einem nicht unerheblichen Teil auch andere Kunden.
Es ist deshalb davon auszugehen, dass es sich bei den Kunden, auf die sich die Klägerin zur Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs bezieht, um Neukunden handelt.

Die Klägerin hat aus der Vermittlungstätigkeit der Zedentin nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses auch Vorteile gezogen. In welchem Umfang der Unternehmer voraussichtlich nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses Vorteile ziehen wird, ist im Wege der Prognose zum Zeitpunkt des Vertragsendes zu beantworten, in die der vorangegangene Geschäfts- und Umsatzverlauf einzubeziehen ist. Dieser zeigt nicht nur unstreitig, dass die Beklagte die Geschäftsbeziehung zu den geworbenen Kunden tatsächlich über mehrere Jahre hat halten können, auch war im Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsverhältnis kein Grund ersichtlich, was einer fortdauernden Nutzung der Geschäftsbeziehungen mit den Kunden durch die Beklagten entgegenstehen sollte. Die von ihr vorgetragene Tatsache, dass diese Geschäftsbeziehung nach dem Ausscheiden der Zedentin durch eigene Mitarbeiter betreut und gewahrt wird, bedeutet gerade nicht, dass die Beklagte aus der Handelsvertretertätigkeit der Zedentin keine Vorteile zieht, im Gegenteil war die (mitursächliche) Vermittlungstätigkeit der Zedentin die Voraussetzung dafür, dass die Beklagte die Geschäftsbeziehungen – mit Hilfe ihrer Mitarbeiter fortsetzen konnte.

Die Zahlung eines Ausgleichs durch die Beklagte ist auch nicht deshalb unangemessen, weil die Zedentin nunmehr für Wettbewerber der Beklagten tätig ist. Das Vorbringen der Beklagten ist unsubstantiiert.

Ein Versagungsgrund liegt nicht schon darin, dass der Handelsvertreter nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses in derselben Branche tätig bleibt.

Die Klägerin stützt den Ausgleichsanspruch auf die Geschäfte, die sie zwischen der Beklagten und bestimmten Kunden vermittelt hat. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass die Zedentin – der Zeuge S. – in irgendeiner Weise versucht hat, diese Kunden unmittelbar oder mittelbar für ein Konkurrenzunternehmen der Beklagten abzuwerben oder die Tätigkeit des Zeugen S. nach dem Ende der vertraglichen Beziehung der Parteien überhaupt konkret ihre Geschäftstätigkeit berührt.

Dem Ausgleichsanspruch steht nicht entgegen, dass die Zedentin selbst das Handelsvertreterverhältnis gekündigt hat.

Gemäß § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB besteht der Ausgleichsanspruch u. a. dann nicht, wenn der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt hat, es sei denn, dass ein Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlass gegeben hat.

Die Beklagte hat der Zedentin zur Kündigung des Vertragsverhältnisses einen begründeten Anlass gegeben.

Gemäß § 85 HGB kann jeder Vertragsteil verlangen, dass der Inhalt des Handelsvertretervertrages in eine von dem anderen Teil unterzeichnete Urkunde aufgenommen wird.

Die Zedentin hat der Beklagten eine das bestehende Vertragsverhältnis betreffende Vertragsurkunde vorgelegt. Die Beklagte hat sich bis zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung durch die Zedentin trotz mehrfacher Aufforderung zu dieser Urkunde nicht erklärt.

Es kann dahinstehen, ob diese Vertragsurkunde die zwischen den Vertragsparteien vereinbarten Vertragsbedingungen richtig wiedergibt, oder ob die Vertragsurkunde von diesen – wie die Beklagte behauptet – Vereinbarungen abweicht. War letzteres der Fall, so wäre es die Pflicht der Beklagten gewesen, sich hierzu gegenüber der Zedentin zu erklären und sich zu dem ihrer Auffassung nach zutreffenden Vertragsinhalt zu äußern. Die Beklagte bestreitet darüber hinaus jedoch nicht nur den von der Zedentin niedergelegten Inhalt einzelner Vertragsbedingungen, sondern bestreitet das Zustandekommen und die Führung eines Handelsvertreterverhältnisses mit der Zedentin überhaupt. So hat die Beklagte auch vorgetragen, dass sie in den mit dem Bevollmächtigten der Klägerin geführten Gesprächen schon kein Einvernehmen darüber erzielt habe, dass überhaupt ein Handelsvertreterverhältnis bestand.

Die Berechnung des Ausgleichsanspruchs hat die im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung zu stellende Prognose bezüglich des voraussichtlichen weiteren Geschäftsverlaufs zu berücksichtigen. Die Beklagte hatte zwar möglicherweise keinen erheblichen Verlust von Kunden zu gewärtigen, die die Zedentin geworben hatte, jedoch ist zu erkennen, dass nach dem sprunghaften Anstieg des Umsatzes im Jahr 1998 auf ca. 32 Millionen DM im Jahr 1999 eine deutliche Umsatzverringerung auf ca. 12 Millionen DM folgte, der im Jahr 2000 trotz eines erneuten Anstiegs auf ca. 22 Millionen DM (wohl im September) voraussichtlich nicht auszugleichen war.

Das Gericht ist deshalb prognostizierend bei einem zu berücksichtigenden Zeitraum von vier Jahren von einem jährlichen Umsatz – und damit auch Provisionsverlust von 20 % ausgegangen.

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