OLG Naumburg: Folgeprovisionen und Buchauszug trotz Abstimmungen und vertraglichen Regelungen
5 U 66/24 (Hs) Urteil verkündet am 20. November 2024 OLG Naumburg HandelsvertreterrechtOberlandesgericht Naumburg
Im Namen des Volkes
Urteil
5 U 66/24 (Hs)
Tenor
hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg auf die mündliche Verhandlung vom 30. Oktober 2024 durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Ewald, den Richter am Oberlandesgericht Moser und den Richter am Landgericht Dr. Müller
für Recht erkannt:
Die Berufungen der Beklagten gegen das am 8. Mai 2024 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das erstinstanzliche Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.500 EUR vorläufig vollstreckbar ist.
Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das am 8. Mai 2024 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wie folgt ergänzt:
III.a) Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, Folgeprovisionen nicht nur für jedes vollendete Lieferjahr abzurechnen, sondern zeitanteilig auch im Falle einer unterjährigen Beendigung der Lieferbeziehung.
IV.a) Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 2. verpflichtet ist, Folgeprovisionen nicht nur für jedes vollendete Lieferjahr abzurechnen, sondern zeitanteilig auch im Falle einer unterjährigen Beendigung der Lieferbeziehung.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
und beschlossen:
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf x.xxx.xxx,xx EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Klägerin macht als Handelsvertreterin Schadensersatzansprüche, Ansprüche auf Erteilung von Buchauskunft und Ansprüche auf Feststellung der Verpflichtung zur Abrechnung von Folgeprovisionen aus den mit den Beklagten geschlossenen Vertriebspartnerverträgen geltend.
Wegen des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszug einschließlich der dort ergangenen Entscheidung wird auf das angefochtene Urteil (Leseabschrift Bl. 98 bis 114 Bd. II d. A.), sowie den Berichtigungsbeschluss (Bl. 122 Bd. III d. A.) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Dagegen wenden sich die Beklagten mit ihren Berufungen, mit der sie ihren Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgen. Die Klägerin habe schon deshalb keinen Anspruch auf Erteilung eines neuen Buchauszuges, weil sie bereits Buchauszüge erhalten habe, die von ihr nicht gerügt, sondern sogar aufwändig mir ihr abgestimmt worden seien. Deswegen würden die Buchauszüge nach § 6 Ziff. 2 f. der geschlossenen Verträge als genehmigt gelten. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei diese Vereinbarung auch nicht wegen Verstoßes nach § 87c Abs. 5 HGB unwirksam. Denn es gehe nicht um eine Beschränkung der Rechte der Klägerin, sondern um die Einführung einer Prüfungsobliegenheit, die für eine sachgerechte Abwicklung notwendig sei. Hierauf sei das Landgericht nicht eingegangen.
Letztlich komme es aber auf § 6 Ziff. 2 f) der Verträge auch nicht an. Selbst wenn diese Regelung nichtig sei, wäre es der Klägerin untersagt, nach einem aufwändigen Abstimmungsverfahren und einer jahrelang akzeptierten Abwicklungspraxis nach Jahren Buchauszüge zu verlangen, offensichtlich mit dem alleinigen Ziel, Verhandlungsdruck zu erzeugen. Es sei mit § 242 BGB nicht vereinbar, dass die Klägerin über Jahre hinweg Woche für Woche aktiv an einem von ihr mitgeprägten Abstimmungsprozess teilgenommen habe und dann erst nach Vertragsbeendigung das gesamte Verfahren auf einmal als unzureichend rüge. Der Anspruch auf Buchauszug gelte als erfüllt, wenn sich der Handelsvertreter und der Unternehmer über die Provision bzw. ihre Abrechnung einigen. Diese Voraussetzungen seien hier erfüllt. Denn die Klägerin habe sich während der Vermittlungstätigkeit nicht nur darauf beschränkt, auf die Abrechnungen nicht zu reagieren. Sie habe vielmehr aktiv auf die Abrechnungen reagiert und Prüfungsergebnisse und Änderungswünsche mitgeteilt. Es habe also ein aufwändiger Abstimmungsprozess stattgefunden, der dazu gedient habe, die Abrechnung der Provisionen transparent und interessengerecht abzuschließen. Dadurch habe die Klägerin auch einen Vertrauenstatbestand begründet, dass sie die abgestimmten Ergebnisse auch zukünftig akzeptiert, zumindest wenn es keinen Anlass für irgendwelche Fehler gab. Dass die Klägerin nun gleichwohl aus prozesstaktischen Gründen erneut einen umfassenden Buchauszug verlange, als ob es eine Abstimmung nie gegeben hätte, stelle ein mit § 242 BGB unvereinbares „venire contra factum proprium“ dar.
Ohnehin habe die Klägerin keinen Anspruch auf Erstellung eines weiteren Buchauszugs, da dieser Anspruch längst erfüllt sei. Es sei unstreitig, dass die Beklagte der Klägerin monatlich Buchauszüge geschickt habe, die alle relevanten Informationen enthielten, um die Provisionsberechnungen überprüfen zu können (vgl. die Anlagen B 1 bis 3). Zudem sei der Klägerin auch mitgeteilt worden, in welchen Fällen keine Provisionen angefallen sind. Deswegen sei es der Klägerin möglich gewesen, die Provisionsberechnungen der Beklagten regelmäßig zu überprüfen. Dass dies auch tatsächlich der Fall gewesen sei, ergebe sich aus den wöchentlichen Nachfragen der Klägerin. Es habe ein dauerhafter Abstimmungsprozess stattgefunden, der auch so von der Klägerin akzeptiert wurde, da sie ansonsten kaum mehrere Folgeverträge abgeschlossen hätte. Entgegen der Auffassung der Klägerin fehlten keine wesentlichen Angaben: Der Liefertermin sei nur für die Ermittlung der Folgeprovision relevant. Bei den Buchauszügen zu den Folgeprovisionen werde der Lieferbeginn aber angegeben (vgl. Anlage B 3). Die Klägerin verkenne, dass die Verträge gar keine Mindestvertragslaufzeit haben, sondern nur eine Laufzeit von zwei Jahren mit einer einjährigen Verlängerungsoption. Selbst wenn die Verträge eine Mindestvertragslaufzeit von drei Jahren hätten, hätten sie in den übersandten Buchauszügen zur Vertragssituation nach drei Jahren noch gar keine Angaben machen können. Die Klägerin begründe nicht, warum sie die Angaben zu den Zahlungsausfällen und Kündigungen benötige. Zahlungsausfälle spielten nur insofern eine Rolle, dass sie zu einem Rückzahlungsanspruch der Beklagten führen können (§ 87 a Abs. 2 HGB). Für die Klägerin bringe diese Angabe zunächst keinen Vorteil. Unklar sei auch, welche Angaben sie zur Berechnungsgrundlage vermisse. Die gesetzlichen Umlagen und Steuern seien ihr bekannt, die Beschaffungskosten könnten gar nicht exakt einem Kunden zugeordnet werden. Gerade zu diesem Zweck seien ja die Staffeln vereinbart worden.
Betrachte man die erstellten Buchauszüge, werde erkennbar, dass der Antrag zu III. der Klägerin gänzlich unbegründet sei:
– Name und Anschrift des Kunden seien unstreitig in den übersandten Buchauszügen enthalten. Insoweit ist Erfüllung eingetreten.
– Kunden bzw. Vertragsnummer: Diese Informationen benötige die Klägerin nicht zur Berechnung der Provisionsansprüche. Datenschutzrechtlich dürfen diese Informationen auch nicht ohne Zustimmung der Kunden übergeben werden. Zudem habe die Klägerin erstinstanzlich nicht dargelegt, warum die Kunden- und Vertragsnummern für eine Kontrolle der Abrechnung notwendig sein sollte. Trotzdem habe das Landgericht rechtsfehlerhaft eine Notwendigkeit der Kunden- und Vertragsnummern zur Identifizierung unterstellt.
– Der Gegenstand des Tarifs sei unstreitig in den übersandten Buchauszügen enthalten gewesen.
– Das Datum des Auftrags sei für die Berechnung des Provisionsanspruchs irrelevant, wenn es zum Vertragsschluss kommt.
– Das Datum des Vertragsschlusses sei bei der ersten Berechnung der Provisionen und bei der Berechnung der Zusatzprovisionen mitgeteilt worden.
– Das Datum der Lieferungen sei gleich zwei Mal mitgeteilt worden.
– Hinsichtlich der Angaben zu Stornierungen und Vertragsbeendigungen sei Erfüllung eingetreten. Wenn die Klägerin bestimmte Kunden vermisste, habe sie nach deren Verbleib gefragt. Dann seien die Stornogründe ausführlich benannt worden, wie aus der beispielhaft übersandten E-Mail vom 27. April 2023 (Seite 13 der Klageerwiderung) erkennbar. Ohnehin sei die Information über nachträgliche Stornierungen frühestens dann sinnvoll, wenn sich aus diesen nachträglichen Stornierungen für die Klägerin Folgen ergeben. Dass und bei welchen Kunden das der Fall war und in welchen Fällen die Klägerin vom Verbleib einzelner Kunden nichts erfahren hat, werde von der Klägerin nicht einmal beispielhaft dargelegt.
– Das Datum des Endes der Mindestvertragslaufzeit ergebe sich aus dem Datum des Vertragsschlusses, da die Mindestvertragslaufzeit zwei Jahre betrage. Insoweit sei Erfüllung eingetreten. Das Landgericht habe diese Informationen auch nicht vermisst.
– Die Angaben zur Fortführung der Vertragsverhältnisse über die Mindestvertragslaufzeit hinaus/gegebenenfalls Ende des über die Mindestlaufzeit hinaus verlängerten Vertragsverhältnisses würden der Klägerin mit den Abrechnungen der Folgeprovisionen mitgeteilt. Davor könne diese Information noch gar nicht erteilt werden. Das Landgericht hat diese Informationen auch nicht vermisst.
– Die Klägerin habe die Widerrufe benannt, die Widerrufsschreiben übersandt und auch den Eingang der Widerrufsschreiben angegeben. Der diesbezügliche Vortrag, etwa im Schriftsatz vom 13. September 2023, Seite 35, sei unstreitig geblieben. Insofern sei Erfüllung eingetreten.
– Die Menge der Lieferungen (Jahresverbräuche) werde durch die Klägerin nicht benötigt, da die Provisionen auf der Grundlage der Daten des Vorvertrags berechnet werden. Die Klägerin habe erstinstanzlich eingeräumt, dass Informationen über die Höhe der Zahlungen der Kunden nicht geschuldet seien, da diese aufgrund der getroffenen Staffelvereinbarungen nicht zur Provisionsberechnung notwendig sei. Damit verweise die Klägerin ausdrücklich auf die Staffelvereinbarung, die eine vorrangige Regelung zur Bestimmung der Höhe der Provisionen sein sollte. Und das sei auch tatsächlich der Fall gewesen.
– Die Information zum Nettoumsatz des jeweiligen Geschäfts sei nicht geschuldet, da sie nicht für die Berechnung der Provision notwendig sei.
– Die Kosten aller gesetzlichen Umlagen und Steuern/Netzentgelte seien der Klägerin unstreitig auch gut bekannt. Sie gehörten auch nicht in einen Buchauszug, da Staffeln vereinbart wurden.
– Die Kosten für die Beschaffung seien nicht konkret benennbar. Deswegen seien Staffeln vereinbart worden.
Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass ein Buchauszug – wie hier – in verschiedenen Dokumenten übersandt werden kann. Das sei sogar zwingend notwendig, wenn es wie im vorliegenden Fall um verschiedenartige Provisionsansprüche gehe, die erst zu unterschiedlichen Zeitpunkten entstehen und berechnet werden können. Das Landgericht gehe zu Recht davon aus, dass periodische Provisionsabrechnungen gleichzeitig als Buchauszug zu werten seien, wenn der Unternehmer mit der Überlassung dem Handelsvertreter zusätzlich alle Angaben macht, die für einen ordnungsgemäßen Buchauszug erforderlich sind. Diese Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt. Sie hätten periodisch abgerechnet und in diesem Zusammenhang, spätestens auf Nachfrage der Klägerin, alle Angaben gemacht, die zur Kontrolle ihrer Abrechnungen notwendig sind. Fehlerhaft gehe das Landgericht davon aus, dass einige relevante Informationen gefehlt hätten. Entweder seien diese Informationen nicht geschuldet gewesen oder aber sie seien längst erbracht worden. Selbst wenn einzelne notwendige Informationen in den übersandten Buchauszügen fehlen würden (etwa die Angabe der Vertragsart), hätte die Klägerin nicht einen Anspruch auf Erteilung eines vollkommen umfassenden neuen Buchauszugs mit allen Informationen. Es gebe keinen Anspruch, dass die Klägerin so lange Buchauszüge erhält, bis alle Informationen in einem Buchauszug enthalten sind. Vielmehr hätte sie dann nur einen Anspruch auf eine geordnete Auflistung der fehlenden Informationen, damit sie den bisherigen Buchauszug ergänzen kann.
Die Klage sei zudem auch deswegen unzulässig, weil der Klageantrag (und damit auch der Tenor) unbestimmt seien. Aus Ziff. II. 1 ergebe sich nicht, welche Informationen nach Auffassung des Landgerichts für einen Buchauszug geschuldet sind. Die im Tenor genannten Punkte seien nur Beispiele von Informationen, die nach Auffassung des Landgerichts in einem Buchauszug enthalten sein müssten. Das ergebe sich aus dem Tenorteil „Der Buchauszug hat insbesondere die folgenden Angaben zu enthalten:“. Diese Formulierung „insbesondere“ zeige aber anschaulich, dass die Aufzählung nicht abschließend ist und abschließend sein soll. Es bleibe vollkommen unklar, welche Informationen noch außer den genannten Informationen geschuldet sein sollen. Der Antrag zu I. 2 sei unbegründet, weil der Buchauszugsanspruch nicht bestehe. Deswegen sei es auch nicht möglich, einen davon abhängigen Leistungsantrag zu stellen. Der Antrag sei auch unbegründet, da sie alle angefallenen Provisionen gezahlt hätten bzw. (sofern diese zukünftig fällig werden) bezahlen werden. Dies gelte auch für die Anträge zu II. 1. und II. 2.
Für die Feststellungsanträge zu III. und IV. fehle bereits das Feststellungsinteresse. Sie würden, wie auch vorprozessual mitgeteilt, der Klägerin die vertragsgemäß geschuldeten Folgeprovisionen bezahlen. Es gebe kein berechtigtes Interesse der Klägerin, insofern einen Feststellungsantrag zu stellen, sodass die Klage bereits nach § 256 ZPO unzulässig sei. Es sei falsch, wenn die Klägerin meine, dass sie bei einem Vertrag, der nur eine zweijährige Laufzeit hat und sich bei ausbleibender Kündigung einmal um ein Jahr verlängert, Folgeprovisionen über viele weitere Jahren beanspruchen könne. Dass beide Parteien von einer nur maximal dreijährigen Vertragsdauer ausgingen, ergebe sich aus dem Vertrag und der eindeutigen Formulierung in Anlage 2. Sofern das Landgericht meine, es seien nur Mindestanforderungen festgelegt worden, überzeuge dies nicht. Denn es würde überhaupt keinen Sinn machen, eine „einmalige Verlängerung um ein Jahr“ als Mindestvoraussetzung zu bestimmen, wenn die Klägerin auch bei kürzeren Verträgen (z.B. wenn diese nach der Mindestvertragslaufzeit nicht verlängert wurden) eine Provision beanspruchen könne. Deswegen ergebe eine verständige Auslegung dieser Bestimmung, dass dadurch eine maximale Laufzeit des Vertrags (und damit auch der Provisionszahlungen) vereinbart werden sollte.
Falsch sei auch die Annahme des Landgerichts, dass eine Begrenzung der Provisionen auf drei Jahre deswegen „unplausibel“ sei, weil eine neue Vermittlungsmöglichkeit der Klägerin nach den drei Jahren ausscheide, was gerade über die Folgeprovisionen ausgeglichen werden müsse. Es wäre ohnehin unzulässig und grob wettbewerbswidrig, wenn die Klägerin zunächst Provisionen für die Vermittlung von Kunden reklamiert, und dann die Kunden anschließend unter Ausnutzung des Sonderwissens aus der bezahlten Vermittlung abzuwerben versucht hätte. Ein derartiges Verhalten wäre auch grob datenschutzwidrig. Wenn die Klägerin aufgrund der Vermittlung Kenntnis von Kundendaten erhält, dann dürfe sie die Kundendaten nicht zu einem anderen Zweck als für die Kundenvermittlung verwenden, da sie dafür keine Zustimmung des Kunden habe (Art. 6 DS-GVO).
Schließlich sei der Tenor auch aus einer Vielzahl von Gründen unbestimmt und verfehlt. Bei Kunden, bei denen bereits Folgeprovisionen bezahlt worden seien, müsste nicht noch einmal für bereits abgelaufene und bereits bezahlte Jahre ein zweites Mal Folgeprovisionen gezahlt werden. Insofern sei der Tenor zu weitgehend und damit unbegründet, und zu unbestimmt, da unklar sei, welche Kunden gemeint sind. Des Weiteren sei der Tenor zu unbestimmt. Es sei zwischen den Parteien sehr umstritten, wie die Provisionen berechnet werden müssen, wie also die „Hälfte der Marge“ zu berechnen sei.
Die Beklagten beantragen,
das am 8. Mai 2024 verkündete Teil-Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau insofern abzuändern, soweit zu Lasten der Beklagten entschieden wurde (Tenor I. bis IV.) und die auf eine Verurteilung gerichtete Klage abzuweisen;
hilfsweise:
das Urteil insofern aufzuheben und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Darüber hinaus beantragt die Klägerin im Wege der Anschlussberufung, das am 8. Mai 2024 verkündete Teil-Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau teilweise abzuändern und die Beklagten zu 1. und zu 2. jeweils zu verurteilen, an die Klägerin einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, den Betrag von EUR 20.000,00 jedoch nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Klageerweiternd beantragt die Klägerin:
festzustellen, dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, Folgeprovisionen nicht nur für jedes vollendete Lieferjahr abzurechnen, sondern zeitanteilig auch im Falle einer unterjährigen Beendigung der Lieferbeziehung und
festzustellen, dass die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, Folgeprovisionen nicht nur für jedes vollendete Lieferjahr abzurechnen, sondern zeitanteilig auch im Falle einer unterjährigen Beendigung der Lieferbeziehung.
Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung. Das Landgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass ihr gegen die Beklagten jeweils ein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges gem. § 87 c Abs. 2 HGB zustehe. Ein solcher sei insbesondere nicht durch die regelmäßig übersandten Provisionsabrechnungen erfüllt. Denn diese Provisionsabrechnungen hätten den Buchauszug nur dann ersetzen können, wenn sie alle für einen Buchauszug relevanten Informationen enthalten hätten. Dies sei aber nicht der Fall gewesen, da sie zahlreiche prüfungsrelevanten Informationen nicht ausgewiesen hätten. Überdies habe das Landgericht zutreffend festgestellt, dass die Beklagten für die gesamte Dauer des mit dem jeweiligen Endkunden bestehenden Vertragsverhältnisses zur Leistung von Folgeprovisionen an die Klägerin verpflichtet seien. Dies begründete das Landgericht rechtsfehlerfrei damit, dass sich aus den vertraglichen Regelungen in Anlage 3 Ziff. 2a sowie in § 6 Ziff. 2 b des jeweiligen Vertriebspartnervertrages ergebe, dass die Folgeprovisionen von der tatsächlichen Lieferzeit der Beklagten abhängig sein sollen. Zudem scheide bei länger laufenden Verträgen eine neue Vermittlungsmöglichkeit für die Klägerin aus, was gerade durch die Folgeprovisionen ausgeglichen werden sollte. Die Berufungsbegründung wiederhole lediglich den erstinstanzlichen Vortrag.
Fehlerhaft habe das Landgericht die Schadensersatzansprüche versagt. Sie habe einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 280, 241 Abs. 2, 249, 252 BGB gegen die Beklagten, weil diese die Vertriebspartnerverträge unberechtigt zum 4. Juli 2022 beendet hätten und ihr daher Gewinn entgangen sei. Das Landgericht habe verkannt, dass die Vertriebspartnerver-träge nicht automatisch durch Erreichen des Jahresziels von 1.000 vermittelten Verträgen endeten. Die in dem zuletzt abgeschlossenen Vertriebspartnervertrag enthaltene auflösende Bedingung sei gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 89 HGB unwirksam. Die Vereinbarung der auflösenden Bedingung enthalte überhaupt keine Übergangsfrist und sei daher nichtig. Zudem habe das Landgericht verkannt, dass auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Kettenverträgen zu einer Unwirksamkeit der Klausel gemäß § 134 BGB führt. Der Anspruch sei auch der Höhe nach gerechtfertigt. Sie habe durchschnittlich xxx Verträge im Monat für die Beklagten vermittelt und hierfür durchschnittlich Provisionen in Höhe von xxx,xx EUR brutto/Vertrag (xxx,xx EUR netto/Vertrag) erhalten (K 16). Bei einer restlichen Laufzeit von sechs Monaten bis zum 31. Dezember 2022 seien mithin Schadensersatzansprüche in Höhe von ca. EUR xxx.xxx,xx netto begründet.
II.
Beide Rechtsmittel sind gemäß §§ 511, 513, 517, 519 und 520, 524 ZPO zulässig. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Die Anschlussberufung der Klägerin ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Klageabweisung der Schadensersatzansprüche richtet. Die Klageerweiterung in der Anschlussberufung ist zulässig und begründet.
1.
Die Klägerin hat gegenüber den Beklagten einen Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges gemäß §§ 92 Abs. 2, 87 c Abs. 2 HGB.
a)
Die vom Kläger gestellten Anträge auf Erteilung eines Buchauszuges zu den Ziff. III. und IV. sind hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Ein Klageantrag ist dann hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeiten auf den Beklagten abwälzt, für diesen erkennbar macht, um was es geht, und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt (Anders, in: Anders/Gehle, ZPO, 82. Auflage 2024, § 253 Rn. 34; Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 253 Rn. 13 jeweils mit weiteren Nachweisen).
Bezüglich der inhaltlichen Bestimmtheit einer Klage auf Buchauszug gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist zwischen seinem Gegenstand (Art der Geschäfte bzw. Geschäftsbereiche, Zeitraum) einerseits und dem Inhalt des verlangten Buchauszugs andererseits zu unterscheiden. Was den Bezugspunkt („Gegenstand“) des Buchauszugsanspruchs angeht, so muss der Handelsvertreter angeben, für welchen Geschäftsbereich und für welchen Zeitraum er die Informationen verlangt. Was den Inhalt des Buchauszugsanspruchs angeht, so kann sich der Handelsvertreter sogar darauf beschränken, einen Buchauszug zu verlangen, ohne die in dessen Rahmen erforderlichen Daten überhaupt im Einzelnen zu bezeichnen, denn der notwendige Inhalt eines Buchauszugs ergibt sich bereits aus dem Gesetz bzw. dem richterrechtlich bestimmten Gehalt dieses Begriffs (OLG Hamm, Urteil vom 14. Mai 2018 – I-18 U 85/17, Rn. 114, juris, Emde in: Staub Handelsgesetzbuch Großkommentar, 6. Auflage 2021, § 87c HGB, Rn. 290).
Diesen Anforderungen werden die Anträge der Klägerin gerecht. Sie umschreiben die konkreten Provisionstatbestände, bestimmen den relevanten Zeitraum und benennen abstrakt den Gegenstand der Einsichtnahme. Zudem wird der Umfang der begehrten Auskunft in genügender Form beschrieben.
b) Entgegen dem Vorbringen der Berufung sind die Ansprüche nicht durch Erfüllung erloschen. Der Handelsvertreter kann gemäß § 87c Abs. 2 HGB bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 HGB Provision gebührt. Der Anspruch auf Erteilung des Buchauszugs geht nach § 362 Abs. 1 BGB durch Erfüllung unter, wenn der Unternehmer gegenüber dem Handelsvertreter die Aufstellung der provisionspflichtigen Geschäfte mit den erforderlichen Angaben vorgenommen hat. Dabei können die periodischen Provisionsabrechnungen gleichzeitig als Buchauszug im Sinne des § 87c Abs. 2 HGB zu werten sein, wenn der Unternehmer mit ihrer Überlassung dem Handelsvertreter zusätzlich alle Angaben macht, die für einen ordnungsgemäßen Buchauszug erforderlich sind. Die Beweislast für den Einwand, der Anspruch auf Erstellung eines Buchauszugs sei erfüllt, trägt nach allgemeinen Regeln der Unternehmer (Ströbl, in: Münchener Kommentar zum HGB, 5. Auflage 2021, § 87c Rn. 54 f.).
Zwar tragen die Beklagten vor, sie hätten sich mit der Klägerin über die Provision bzw. ihre Abrechnung geeinigt. Es sei ein System vereinbart worden, wonach die Provisionsabrechnungen der Beklagten von der Klägerin als genehmigt gelten, wenn und soweit die Klägerin keine Nachfragen zu den Provisionsabrechnungen stellt. Allerdings haben die Beklagten bereits nicht vorgetragen, woraus sich diese Vereinbarung ergibt. In den Vertriebspartnerverträgen ist eine derartige Vereinbarung nicht enthalten. Zwar haben die Beklagten E-Mails vorgelegt, aus denen sich Nachfragen der Klägerin zu den gelegten Provisionsabrechnungen ergeben, die die Beklagten auch beantwortet haben.
Aus dem Umstand, dass die Klägerin einzelne Provisionsabrechnungen bzw. Bestandteile der Provisionsabrechnung der Beklagten nicht beanstandet hat, lässt sich indes nicht ableiten, dass sie diese anerkannt bzw. genehmigt und mithin auf ihre Kontrollrechte verzichtet hätte. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Handelsvertreter zwar den Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs aus § 87c Abs. 2 HGB als Grundlage für weitere Provisionsansprüche nicht mehr geltend machen, wenn er sich mit dem Unternehmer über die Abrechnung der Provisionen geeinigt hat. Ein Einverständnis mit den Provisionsabrechnungen und damit das Anerkenntnis, keine weiteren Ansprüche zu haben, kann jedoch im Allgemeinen nicht aus einem untätigen Verhalten des Handelsvertreters gefolgert werden; für eine Einigung über die Abrechnung zwischen Unternehmer und Handelsvertreter bedarf es vielmehr in der Regel einer eindeutigen Willenserklärung des Handelsvertreters. An die Annahme eines kon-kludent erklärten Verzichts sind grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen sind. Deswegen ist allein in dem Umstand, dass der Kläger über mehrere Jahre hinweg die Abrechnungen der Beklagten widerspruchslos hingenommen hat, weder ein stillschweigend erklärtes Einverständnis mit den Abrechnungen noch ein Verzicht auf weitere Provision für nicht durchgeführte Geschäfte zu sehen (BGH, Urteil vom 20. September 2006 – VIII ZR 100/05, Rn. 22, juris).
Gleichwohl haben die Beklagten nicht alle relevanten Informationen übermittelt, sodass insoweit keine Erfüllung eingetreten ist.
(1) Die Angaben zu den Kunden- und Vertrags- bzw. Auftragsnummern sind in der als Anlage B 2 vorgelegten Aufstellung nicht enthalten. Es ist es allgemein anerkannt, dass zu den erforderlichen Angaben im Buchauszug auch die Kunden- und Vertrags- bzw. Auftragsnummern zählen (vgl. (Ebenroth/Boujong/Semmler, 5. Aufl. 2024, HGB § 87c Rn. 78). Diese Angaben sind, worauf die Kläger zu Recht erweist, aber zur Identifizierung des Geschäfts erforderlich. Die mit der Erteilung des Buchauszugs verbundene Übermittlung von Daten an den Handelsvertreter ist auch nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DS-GVO zulässig. Danach ist die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Erteilung des Buchauszugs nach § 87 c Abs. 2 HGB ist zur Verwirklichung des Provisionsanspruchs des Versicherungs-bzw. Handelsvertreters und damit zur Realisierung dessen Vergütungsinteresses auch erforderlich, da erst durch die Erteilung des Buchauszugs der Vertreter in die Lage versetzt wird zu überprüfen, ob die ihm vom Prinzipal erteilten Abrechnungen richtig und vollständig sind oder ob ihm noch ein darüber hinaus gehender Provisionsanspruch nach § 87 a HGB zusteht. Denn nur so kann der Vertreter Kenntnis von provisionsrelevanten Vorgängen erhalten, die sich im Verhältnis des Kunden zum Prinzipal zugetragen haben. Der Senat geht davon aus, dass bei der Übermittlung eines Buchauszugs nach § 87 c Abs. 2 HGB das Vergütungsinteresse des Vertreters ein gegenläufiges Interesse des Kunden des Prinzipals im Rahmen der Interessenabwägung überwiegt. Zwar können die mit dem Buchauszug dem Vertreter vom Prinzipal übermittelten Daten der betroffenen Personen höchst sensibel sein. Jedoch dient der Buchauszug der Verfolgung des Provisionsanspruchs des Vertreters aus § 87 a Abs. 1 HGB, dessen Realisierung ohne den Buchauszug zumindest erheblich erschwert, wenn nicht gar verunmöglicht würde, sodass der Vertreter als Dritter ein sehr hohes, wenn nicht sogar wirtschaftlich existentielles Interesse an der Datenübermittlung hat (vgl. dazu: OLG München, Urteil vom 31.07.2019 – 7 U 4012/17, Rn. 69 ff., juris).
(2) Das Auftragsdatum ist ein notwendiger Inhalt des Buchauszuges (vgl. OLG München, Urteil vom 21. April 2010 – 7 U 5369/09; Hopt, in: Hopt, Handelsgesetzbuch 43. Auflage 2024, § 87c Rn. 15). Auch nach dem Vortrag der Beklagten ist das Datum des Auftrags nicht in den Provisionsabrechnungen enthalten gewesen, da es für die Berechnung des Provisionsanspruchs irrelevant, sei, wenn es zum Vertragsschluss kommt.
(3) Das Datum des Beginns der Belieferung ist auch nach dem Vortrag der Beklagten jedenfalls für die Folgeprovision relevant, weil es insoweit auf die Dauer der Belieferung ankommt. Zwar ist diese Angabe in den Provisionsabrechnungen für die Folgeprovision enthalten (vgl. Anlage B 3). Allerdings ist dies nur der Fall, wenn die Beklagten eine Folgeprovision über das jeweilige Geschäft abgerechnet haben. Haben sie darüber nicht abgerechnet, wurde der Klägerin der Liefertermin nicht mitgeteilt. Zudem haben die Beklagten eingeräumt, dass die Liefertermine (Beginn der Lieferung) nicht stets in allen Provisionsabrechnungen auch und gerade für die zwischenzeitlich stornierten Fälle – genannt wurden.
(4) Der Umfang der Lieferungen ist zur Prüfung der Provisionsabrechnungen erforderlich. Nach Ziff. 1 lit. a) der Anlage 3 in Verbindung mit Anlage 6 des jeweiligen Vertriebspartnerver-trages hängt die Provisionshöhe nach den Staffelungen von den Jahresverbräuchen ab. Um die Abrechnungen der Beklagten zu überprüfen, ist die Angabe des Umfangs der Lieferungen relevant. Die Beklagten behaupten schließlich selbst nicht, dass sie die entsprechenden Angaben in den Provisionsabrechnungen gemacht hätten.
(5) Die Angaben zu Stornierungen und Vertragsbeendigungen sind für die Klägerin relevant. Nach den vertraglichen Regelungen kommt es für die Grund- und Zusatzprovision – für die Klägerin in Abweichung zu § 87a Abs. 3 HGB günstig – nicht auf die Ausführung des Geschäfts an (siehe § 6 Ziff. 2 lit. c) der Vertriebspartnerverträge). Nach § 6 Ziff. 2 lit. a), c) und e) der Vertriebspartnerverträge, ist ein Provisionsanspruch jedoch nicht gegeben, wenn der Kunde innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsunterzeichnung widerruft. Zu Widerrufsfällen liegen keine Angaben der Beklagten vor. Eine Folgeprovision ist gemäß § 6 Ziffer 2 lit. b) i.V.m. Ziff. 2 der Anlage 3 der Vertriebspartnerverträge für jedes tatsächliche Lieferjahr des Kunden geschuldet. Daher sind Stornierungen und deren Gründe für das Bestehen bzw. den Entfall des Provisionsanspruchs relevant. Die Beklagten tragen hierzu selbst vor, dass entsprechende Angaben auf Nachfrage erteilt wurden. Damit haben sie bereits nach eigenem Vortrag nicht die Anforderungen an einen Buchauszug erfüllt. Insbesondere Angaben zu nach Vertragsabschluss stornierten Verträgen, wurden in den Provisionsabrechnungen sowohl zu den Grund-und Zusatzprovisionen als auch zu den Folgeprovisionen nicht erteilt.
(6) Die Beklagten haben der Klägerin auch das Datum des Zugangs des jeweiligen Widerruf-schreibens sowie die Form des Widerrufs mitzuteilen. Dies ist erforderlich, damit die Klägerin prüfen kann, ob die Beklagten Aufträge storniert haben, weil Kunden diese fristgerecht widerrufen haben, oder ob die Beklagten Kulanzentscheidungen zugunsten der Kunden getroffen haben, wenn die Kunden verfristet widerrufen haben. In diesen Fällen kommt ein Provisionsanspruch gleichwohl in Betracht, weil die Nichtausführung des Geschäfts auf Gründen beruht, die die Beklagten zu vertreten haben, § 87a Abs. 3 HGB.
(7) Auch nach dem Vortrag der Beklagten enthalten die Provisionsabrechnungen keine Angaben zu den Netzentgelten, Steuern, Umlagen und Beschaffungskosten der Beklagten. Die Klägerin war und ist also anhand der Provisionsabrechnungen nicht in der Lage zu prüfen, ob die Beklagten ihr tatsächlich – wie vereinbart – die Hälfte der Marge (Zusatz- und Folgeprovision) gewährt haben bzw. gewähren.
(8) Nach dem Vortrag der Beklagten wurden keine Informationen zum Nettoumsatz des jeweiligen Geschäfts gegeben, da dies nicht für die Berechnung der Provision notwendig sei. Allerdings hängt – wie bereits ausgeführt – die Provisionshöhe nach den Staffelungen von den Jahresverbräuchen ab.
c)
Die Klägerin macht die Ansprüche entgegen der Ansicht der Berufung auch nicht rechtsmissbräuchlich geltend. Der Handelsvertreter, der von seinem Recht in vollem Umfang Gebrauch macht, handelt nicht missbräuchlich, auch nicht, wenn er die Abrechnungen früher nie beanstandet hat. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten kommt daher nur ausnahmsweise in Betracht, regelmäßig nicht aber dann, wenn der Handelsvertreter den Buchauszug zur Prüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Provisionsabrechnungen begehrt und noch offene Provisionsansprüche im Raum stehen (Hopt, in: Hopt, Handelsgesetzbuch, 43. Auflage 2024, § 87c Rn. 13). Die Kontrollrechte des § 87c HGB dienen dem Schutz des Handelsvertreters. Allein die Tatsache, dass die Klägerin das Begehren auf Erteilung von Buchauszügen erst im Rahmen einer umfangreichen außergerichtlichen Korrespondenz erhoben und im Wege der Stufenklage eingeklagt hat, lässt die Berechtigung zur Forderung von Buchauszügen nicht entfallen. Die Klägerin macht vorliegend geltend, dass sie die Erteilung des Buchauszugs zur Prüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Provisionsabrechnungen benötigt. Dabei hat die Klägerin – wie auch von den Beklagten durch Vorlage der E-Mails vorgetragen – dass sie Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Provisionsabrechnungen hat.
2.
Zu Recht hat das Landgericht den Feststellungsanträgen zu V. und VI. stattgegeben.
a)
Die Feststellungsanträge sind gemäß § 256 ZPO zulässig. Insbesondere hat die Klägerin ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung der Verpflichtung der Beklagten.
Ein Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn der Beklagte ein Recht des Klägers oder dessen rechtliche Lage verletzt hat oder das Vorliegen der Rechtsposition ernstlich bestreitet und dadurch eine gegenwärtige Gefahr oder Unsicherheit für die Rechtsposition droht, die durch das erstrebte Urteil beseitigt werden kann (Anders, in: Anders/Gehle, ZPO, 82. Auflage 2024, § 256 Rn. 30). Dies ist vorliegend der Fall. Selbst in der Berufungsbegründung stellen sich die Beklagten auf den Standpunkt, dass die Verträge mit den Endkunden nur Laufzeiten von zwei Jahren aufweisen und darüber hinaus maximal einmalig für ein Jahr verlängerbar seien, Folgeprovisionen mithin für maximal drei Jahre zu leisten sind. Damit schulden die Beklagten nach ihrem Vortrag spätestens ab dem vierten Jahr der Belieferung keine Provisionen mehr.
b)
Die Feststellungsanträge sind auch begründet.
Gemäß Anlage 3 Ziff. 2 lit a) der Vertriebspartnerverträge schulden die Beklagten Folgeprovisionen für jedes tatsächliche Lieferjahr des Kunden. Maßgeblich ist demnach, wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat, nicht die vereinbarte Vertragslaufzeit zwischen den Beklagten und den Endkunden, sondern die tatsächliche Belieferungszeit. Eine andere Vereinbarung haben die Beklagten nicht substantiiert dargelegt und nachgewiesen. Dies entspricht auch dem Zweck, dass die Beklagten in diesen Fällen über Jahre von den einmal von der Klägerin geworbenen Kunden partizipieren. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten beansprucht die Klägerin auch keine Provisionen, die den mehrjährigen Umsatz der Beklagten übersteigen. Denn die Beklagten schulden Folgeprovisionen nur dann, wenn und soweit sie in einer fortlaufenden Vertragsbeziehung mit den Kunden stehen. Hierzu wurde vertraglich bestimmt, dass sich die Folgeprovision aus der Hälfte der Marge, die für jedes tatsächliche Lieferjahr des Kunden erwirtschaftet wird, berechnet (vgl. Ziff. 2 der 3. Anlage zum jeweiligen Vertriebspartner-vertrag).
3. Die Anschlussberufung der Klägerin ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Klageabweisung der Schadensersatzansprüche richtet. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 280, 241 Abs. 2, 249, 252 BGB. Denn die Parteien haben wirksam eine auflösende Bedingung in § 8 Abs. 1 in Verbindung mit Ziff. 1 lit. e) der Anlage zum Vertriebspartnervertrag vereinbart. Danach ist das Vertragsziel unabhängig von der Vertragslaufzeit mit Erreichung der Anzahl von insgesamt 1.000 Einzelvermittlungsge-
schäften für das Produkt A. und B. verwirklicht.
Der Handelsvertretervertrag kann grundsätzlich auch durch den Eintritt einer auflösenden Bedingung im Sinne des § 158 Abs. 2 BGB mit Wirkung ex nunc (sofort oder nach Ablauf einer bestimmten Frist) beendet werden. Dabei muss die individualvertragliche Vereinbarung einer auflösenden Bedingung die Grenzen der §§ 134, 138, 242 BGB beachten und dürfen durch eine formularvertragliche Vereinbarung nicht die zwingenden Kündigungsbeschränkungen der §§ 89, 89a umgangen werden. Bei der vereinbarten auflösenden Bedingung darf es sich aber nicht lediglich um ein gewolltes außerordentliches Kündigungsrecht handeln, vielmehr muss nach dem richtigen Verständnis des Gewollten und Erklärten allein der Eintritt der Bedingung automatisch und ohne weitere Erklärung das Vertragende herbeiführen (Ebenroth/Bou-jong/Semmler, 5. Aufl. 2024, HGB § 89 Rn. 11, beck-online).
Die Regelung ist nicht gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 89 HGB unwirksam. Das Landgericht verweist zutreffend darauf, dass die Vertragspartner von Anfang wussten, dass der Vertrag bei Bedingungseintritt endet, sodass kein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand des Vertrages besteht. Auch in den vorangegangenen Verträgen waren entsprechende Regelungen enthalten. Auf diese unmissverständliche Regelung konnte sich die Klägerin einrichten.
4.
Die Klageerweiterung der Klägerin in der Berufungsinstanz ist zulässig und begründet.
a)
Die Klageerweiterung ist zulässig. Neue Streitgegenstände und weitere Teile des bisherigen Streitgegenstands können unter den Voraussetzungen des § 533 ZPO mit der Anschließung an eine Wert- oder Zulassungsberufung im Wege einer Klageänderung, einer Klageerweiterung oder einer Widerklage geltend gemacht werden, da die Anschließung keine Beschwer voraussetzt. Eine Klageerweiterung gem. § 264 Nr. 2 ZPO setzt voraus, dass der Kläger als Berufungsbeklagter rechtzeitig Anschlussberufung eingelegt hat. Ist dies geschehen, so kann er bis zum Schluss der mündlichen Berufungsverhandlung von § 264 Nr. 2 ZPO Gebrauch machen (Rimmelspacher, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 524 Rn. 33).
Gemäß § 264 Nr. 2 ZPO kann der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt werden. § 264 Nr. 2 ZPO gilt bei einer quantitativen Erweiterung oder Beschränkung des Klageantrags in Bezug auf die Hauptsache und die Nebenforderungen. Davon ist auch auszugehen, wenn der Kläger quantitativ mehr oder weniger erreichen will, so dass nicht nur eine rein zahlenmäßige Beschränkung oder Erweiterung erfasst wird; das setzt aber bei unverändertem Klagegrund voraus, dass keine völlig andere Rechtsfolge begehrt wird (Anders, in: Anders/Gehle, ZPO, 82. Auflage 2024, § 264 Rn. 7). Hier macht die Klägerin mit der Klage Provisions- und Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten geltend. Vor diesem Hintergrund dürfte die Klageerweiterung einen unveränderten Klagegrund betreffen. Daneben ist die Klageerweiterung auch sachdienlich im Sinne des § 533 Nr. 1 Alt. 2 ZPO, da sie dazu dient, den Streit zwischen den Parteien endgültig zu erledigen und einen weiteren Prozess vorzubeugen.
b)
Der Anspruch ist auch begründet. Nach § 87a Abs. 1 HGB hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat. Zwar können durch Parteivereinbarung abweichende Vereinbarungen hinsichtlich des Zeitpunkts der Entstehung des Provisionsanspruchs getroffen werden (Ströbl, in: Münchener Kommentar zum HGB, 5. Auflage 2021, § 87a Rn. 23).
Dass die Beklagten gemäß Anlage 3 Ziff. 2 lit a) der Vertriebspartnerverträge Folgeprovisionen für jedes tatsächliche Lieferjahr des Kunden schulden, wurde bereits oben ausgeführt. Sobald und soweit das Geschäft ausgeführt wurde, hat die Klägerin zudem zwingend ohne Rücksicht auf eine abweichende Vereinbarung oder bisher von den Beklagten gelebte Praxis (vgl. dazu: Hopt, in: Hopt, Handelsgesetzbuch, 43. Auflage 2024, § 87a Rn. 10) gemäß § 87a Abs. 1 Satz 1 und 3 HGB einen Anspruch auf Provision. Dieser Abrechnungsanspruch auf Folgeprovision steht der Klägerin zeitanteilig nicht erst dann zu, wenn ein volles Lieferjahr durchlaufen erst, sondern zeitanteilig auch dann, wenn die Lieferbeziehung vorzeitig (unterjährig) endet.
III.
1.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit im landgerichtlichen Urteil war abzuändern. Das Landgericht hat zu Recht sein Teilurteil gegen eine von ihm zu bestimmende Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt (§ 709 S. 1 ZPO). Der vom Landgericht zu Gunsten der Klägerin ausgeurteilte Buchauszugsanspruch wäre nach § 887 ZPO dadurch zu vollstrecken, dass die Klägerin ermächtigt würde, auf Kosten der Beklagten den Buchauszug durch einen Wirtschaftsprüfer erstellen zu lassen. Unter Annahme eines moderaten Stundensatzes von 150,00 EUR (vgl. OLG München, Beschluss vom 23. Oktober 2024 – 7 U 2528/24, Rn. 50, juris) hält der Senat eine Sicherheitsleistung in Höhe von 2.500,00 EUR für ausreichend.
Soweit der Klageerweiterung im Rahmen des Berufungsverfahrens stattgegeben wurde, bildet das Feststellungsurteil keinen Titel zur Zwangsvollstreckung, da ihm das Leistungsgebot fehlt. Feststellungsurteile sind nur hinsichtlich des Kostenausspruchs vorläufig vollstreckbar (Her-get, in Zöller (Hrsg.), ZPO, 35. Auflage 2024, § 708 Rn. 13).
2.
Die Kostenentscheidung war der Schlussentscheidung vorzubehalten.
3.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 3 ZPO, 44, 47, 48 GKG.
Der Anspruch auf Buchauszug ist mit einem Bruchteil des Wertes des erhofften Provisionsanspruchs anzusetzen, regelmäßig zwischen 1/10 und 4/10 (BGH, Urteil vom 8. Januar 1997 – XII ZR 307/95; Heinrich, in: Musielak/Voit, ZPO, 21. Auflage 2024, § 3 Rn. 23 – Auskunft), wobei dieser Bruchteil bei hohem Wert der begehrten Informationen für den Anspruchsteller überschritten werden kann (Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, § 3 ZPO, Rn. 16.28 – Auskunft); der Provisionsanspruch ist in der Höhe anzusetzen, die aufgrund realistischer Erwartungen zum Zeitpunkt der Antragstellung zu schätzen ist (vgl. BeckPFormB/ Loycke/Zimmermann, 15. Aufl. 2022, Form. II. G. 3. Anm. 1-22 Rn. 3).
Bei der Bemessung hat der Senat zunächst die geleisteten Provisionen der letzten Monate berücksichtigt. Nach den eigenen Angaben der Beklagten haben diese im laufenden Jahr an die Klägerin ca. xxx.xxx.xx EUR Provisionszahlungen geleistet. Nach den Angaben der Klägerin haben die Beklagten im Zeitraum November 2023 bis Oktober 2024 insgesamt xxx.xxx.xx EUR (netto), xxx.xxx,xx EUR (brutto) ausgezahlt. Hierzu kommen die Folgeprovisionen für Geschäfte, die unterjährig beendet wurde, die Folgeprovisionen, die in das vierte Lieferjahr kommen, für die die Beklagten nach eigenen Angaben keine Provisionen ausgezahlt haben sowie mögliche Folgeprovisionen für nicht oder fehlerhaft abgerechnete Verträge. Die Klägerin hat ferner schlüssig dargelegt, dass sie langfristig mit Folgeprovisionen über einen Zeitraum von durchschnittlich jedenfalls zehn Jahren rechne. Dem sind die Beklagten, die Einsicht in die Vertragsdauer haben, lediglich allgemein mit dem Einwand entgegengetreten, der Streitwert sei offensichtlich darauf zurückzuführen, dass die Klägerin einen Vergleich erzielen wolle. Dabei war die anfängliche Schätzung der Klägerin bei Einreichung der Klage im Februar 2022 unter Berücksichtigung der nunmehr vorliegenden Provisionszahlungen nicht völlig unbegründet. Schließlich war zu berücksichtigen, dass die Klägerin neben den Ansprüchen auf Folgeprovisionen gegen die Beklagten auch Schadensersatzansprüche für die Beendigung der Vertragsbeziehungen sowie Ansprüche auf Erteilung eines Buchauszuges geltend macht.
4.
Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) sind nicht erfüllt.