Zur Frage der Neukundenwerbung im Rahmen eines Untervertretervertrages; Feststellung einer ausgleichsrelevanten Intensivierung von Altkunden
I-18 U 153/23 Hinweisbeschluss verkündet am 6. Februar 2024 OLG Hamm HandelsvertreterrechtOberlandesgericht Hamm
Im Namen des Volkes
Hinweisbeschluss
Das OLG hat im Rahmen eines Hinweisbeschlusses gemäß § 522 Abs. 2 ZPO, aufgrund dessen die klagende HV‘in ihre Berufung letztlich zurückgenommen hat, u.a. verschiedene ausgleichsrechtliche Streitfragen behandelt.
Das OLG hat dabei klargestellt, dass im Rahmen eines Untervertretervertrages ein Kunde nicht bereits deshalb als Neukunde i.S.v. § 89b Abs. 1 Satz 1 HGB anzusehen ist, weil das ursprünglich von der HV‘in vertretene Unternehmen (A) den Vertrieb auf eine zu diesem Zweck neu gegründete Vertriebsgesellschaft (B) übertragen hat, für die die HV‘in anschließend als echte Untervertreterin tätig geworden ist. Zwar sei die HV‘in seit Beginn der Tätigkeit der Vertriebsgesellschaft (B) für diese tätig. Sie habe dieser aber keine Kunden vermittelt. Die Kundenbeziehungen bestanden vielmehr ausschließlich zum ursprünglich vertretenen Unternehmen (A), sowohl vor als auch nach Abschluss des Untervertretervertrages (so auch LG Stuttgart, Urteil vom 25.11.1998, 2 KfH O 129/97).
Im Zusammenhang mit der Prüfung einer Intensivierung bestehender Geschäftsbeziehungen gemäß § 89b Abs. 1 Satz 2 HGB hat das OLG klargestellt, dass hierfür die konkreten Umsätze der einzelnen ausgleichsrelevanten Kunden maßgeblich sind. Der klägerische Ansatz, die Anzahl ausgewählter Altkunden in Relation zu der mit sämtlich betreuten Kunden verdienten Provision zu setzen (durchschnittliche pro Kopf Berechnung), sei methodisch falsch und daher nicht zulässig.
Die in Rechtsprechung und Schrifttum umstrittene Frage, ob aufgrund der Regelung des Art. 17 Abs. 2 lit. a) der EU-Handelsvertreter-Richtlinie (86/653/EWG) von einer ausgleichsrelevanten Intensivierung bereits ab einer preisbereinigten Umsatzsteigerung von 50 % auszugehen ist, hat das OLG mangels Entscheidungserheblichkeit ebenso offengelassen, wie die weitergehende Frage, ob bei intensivierten Geschäftsbeziehungen der Gesamtumsatz im Basisjahr oder lediglich der Steigerungsanteil im Rahmen der Ausgleichsberechnung nach § 89b Abs. 1 HGB zu berücksichtigen ist.