Zur Kündigungserschwernis bei Vorschüssen und den Grenzen der Rückzahlungspflicht

23 U 6109/21 Urteil verkündet am 7. Dezember 2023 OLG München Versicherungsvertreterrecht

Oberlandesgericht München
Im Namen des Volkes
Urteil

Das Oberlandesgericht München hat in seinem Urteil vom 7. Dezember 2023 (23 U 6109/21) entschieden, dass eine Vertragsklausel, die einen Handelsvertreter zur sofortigen Rückzahlung eines über Jahre massiv angestiegenen Unterverdienstes bei Vertragsende verpflichtet, als eine unzulässige Kündigungserschwernis anzusehen ist und somit unwirksam sein kann. Diese Entscheidung betrifft einen Streitfall zwischen einem Versicherungsvertreter und dessen Prinzipalen über gegenseitige Ansprüche nach der Kündigung des Handelsvertretervertrages.

Die Klägerin, eine seit 2014 tätige Versicherungsvertreterin für die Beklagten, hatte neben verschiedenen Provisionen auch jederzeit widerrufliche Vorschüsse für den Aufbau des Neugeschäfts und zur Deckung von Bürokosten erhalten. Über die Jahre waren diese Vorschüsse höher als die von der Klägerin erwirtschafteten Provisionen, was zu einem erheblichen Unterverdienst führte. Bei Vertragsende forderten die Beklagten diesen Unterverdienst zurück, während die Klägerin geltend machte, dass die Rückzahlungsklausel unzumutbar und daher unwirksam sei.

Das Gericht bestätigte die Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel, da sie eine unzumutbare Kündigungserschwernis darstelle, die die Entschließungsfreiheit der Klägerin in Bezug auf eine Vertragsbeendigung unzumutbar beeinträchtige. Das Gericht führte weiter aus, dass die Klägerin jedoch keine weiteren Provisionen nachfordern könne, soweit bestehende Provisionsvorschüsse noch verrechnet werden, was auch für Überhangprovisionen gilt, die erst nach Vertragsende anfallen.

Dieses Urteil verdeutlicht die Bedeutung der Angemessenheit von Vertragsklauseln, insbesondere im Hinblick auf die Rückzahlung von Vorschüssen bei Vertragsende, und betont den Schutz des Handelsvertreters vor unzumutbaren Kündigungserschwernissen. Es zeigt auch die Grenzen der Nachforderung von Provisionen auf, wenn dem Handelsvertreter bereits zu hohe Vorschüsse gewährt wurden.

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