Die berufliche Umorientierung ist jedem Außendienstmitarbeiter unbenommen. Zum Teil kommt es aber vor, dass sich der Außendienstmitarbeiter, der sich schon für einen anderen Arbeitgeber entschieden hat, aber noch im nicht beendeten Arbeitsverhältnis zu seinem alten Arbeitgeber steht, auch gute und fähige Kollegen zu seinem neuen Arbeitgeber mitziehen will und so Kollegen „abwirbt“.

Die Rechtsprechung versteht unter der Abwerbung die ernsthafte und nachhaltige Einwirkung auf einen anderen Arbeitnehmer zu dem Zweck und Ziel, den Arbeitskollegen zu einem Arbeitgeberwechsel zu bewegen. Teilweise erfolgen solche Bemühungen erst nach dem Ausscheiden des Außendienstmitarbeiters gegenüber ehemaligen Kollegen. Hinsichtlich der rechtlichen Bewertung, ob eine Abwerbung durch einen Arbeitskollegen zulässig ist, muss unterschieden werden, ob das Arbeitsverhältnis noch besteht oder bereits beendet ist.

Bei bestehendem Arbeitsverhältnis …
verbieten es die arbeitsvertraglichen Treuepflichten dem Außendienstmitarbeiter, während des Bestehens seines Arbeitsvertrages, andere Mitarbeiter seines Noch-Arbeitgebers abzuwerben. Dieses Verbot gilt auch während einer eventuellen Freistellung.

Tipp: Erlaubt sind jedoch …
bloße Mitteilungen an andere Mitarbeiter, dass man das Unternehmen verlassen, sich selbständig machen oder ein neues Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber eingehen werde.

Auch zulässig ist es, dass sich mehrere Reisende während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses zusammentun und sich auf Grund einer solchen gemeinsamen Initiative darüber verständigen, z.B. in die Dienste eines anderen Unternehmens zu treten oder gemeinsam einer selbständigen Tätigkeit nachzugehen.

Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann es dem Reisenden grundsätzlich nicht verwehrt werden, ehemalige Kollegen anzusprechen und diese zu einem Wechsel zu wollen. Vor und nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind aber die Grenzen zu beachten, die das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zieht.

Tipp: Unzulässig ist es zum Beispiel, wenn …

  • der Reisende herabsetzende Äußerungen über den Arbeitgeber macht,
  • seinen Kollegen verleitet, unter Vertragsbruch, d.h. z.B. ohne Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfrist, beim Arbeitgeber auszuscheiden,
  • der Reisende beabsichtigt, dem Unternehmen planmäßig durch Abwerbung von Mitarbeitern zu schaden,
  • der Reisende im Auftrag eines Wettbewerbers seines Arbeitgebers gezielt, u.U. sogar gegen Zahlung, versucht, Kollegen abzuwerben.

Folgen einer unzulässigen Abwerbung …
Im Einzelfall kann die unzulässige Abwerbung den Arbeitgeber zur außerordentlichen Kündigung berechtigen Bei der Beurteilung, wann dies der Fall ist, sind wie immer die gesamten Umstände des Falles zu berücksichtigen. Dabei gilt es insbesondere die Interessen der Parteien nach Treu und Glauben gegeneinander abzuwägen.

So ist eine außerordentliche Kündigung des noch in Lohn und Brot stehenden Abwerbens z.B. dann zulässig, wenn der von diesem angesprochene und entsprechend beeinflusste Kollege einen nur schwer wieder zu besetzenden Arbeitsplatz inne hat und der Unternehmer nicht die Möglichkeit hat, diesen Posten mit einem entsprechend qualifizierten Außendienstmitarbeiter neu zu besetzen. Denn häufig stellt sich dies für den Arbeitgeber gerade im Außendienst als ein besonderes Problem dar, da gute Außendienstmitarbeiter nicht auf Bäumen wachsen.

Aber auch in den oben genannten Fällen kann eine außerordentliche Kündigung gegenüber dem Abwerbenden gerechtfertigt sein, wenn ihr auf Grund der zur Abwerbung eingesetzten Mittel oder dem mit ihr verfolgten Zweck der Charakter der Rechts- und Sittenwidrigkeit anhaftet.

Liegt eine schwerwiegende Störung im Vertrauensbereich vor, ist der Unternehmer auch ohne vorangehende Abmahnung zu einer fristlosen Kündigung berechtigt.

Neben der Kündigung kommen auch Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche gegen den abwerbenden Reisenden in Betracht.

Tipp: Abwerbung durch Dritte ist grundsätzlich zulässig.

Die vorgenannten Ansprüche kommen gegen diese aber ebenfalls in Anbetracht, wenn sie bei der Abwerbung in unlauterer und wettbewerbsrechtlich verwerflicher Weise vorgehen.

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