Keine Anrechnung des Rentenbarwerts einer vom Unternehmer finanzierten Versorgung auf den Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters
VersicherungsvertreterrechtEine Klausel, die die zwingende Anrechnung des Barwertes einer vom Unternehmer gewährten Altersversorgung auf den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters vorsieht, ist nach der Rechtsprechung des BGH wegen Verstoßes gegen § 89 b Abs. 4 HGB sowie gegen § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB i.V.m. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam (BGH, Urteil vom 20.11.2002, Az.: VIII ZR 146/01 und 211/01, NJW 03, 1241 ff. und 1244 ff.). Nach ständiger Rechtsprechung des BGH seien im Regelfall ausschließlich mit Mitteln des Unternehmers aufgebrachte Versorgungsleistungen aus Billigkeitsgründen auf den Ausgleichsanspruch des Vertreters anzurechnen, so dass der nach der Vorteils- und Verlustprognose des § 89 b Abs. 1 HGB in Betracht kommende Ausgleich grundsätzlich nicht ungekürzt entstehe. Von einem derartigen Regelfall sei nach Ansicht des BGH insbesondere dann auszugehen, wenn – wie im vorliegenden Fall – keine Fälligkeitsdifferenz zwischen dem Ausgleichsanspruch und der Versorgungsleistung bestehe. Diese Sichtweise des BGH beruhe maßgeblich auf zwei Erwägungen. Zum einen nehme der BGH eine „funktionelle Verwandtschaft“ von Ausgleichs- und Altersversorgung an, zum einen gehe er von einer unbilligen Doppelbelastung des Prinzipals aus, wenn dieser neben der von ihm finanzierten Altersversorgung auch noch den Ausgleichsanspruch zahlen müsse.
Soweit der BGH annehme, dass Altersversorgung und Ausgleich eine „funktionelle Verwandtschaft“ aufweisen, folge das Landgericht dem im Allgemeinen und für den vorliegenden Fall im Besonderen ausdrücklich nicht. Es mag zwar sein, dass der Ausgleichsanspruch auch der Sicherung der Altersversorgung des Handelsvertreters dienen solle. Dies ändere aber nichts daran, dass ein Anspruch auf eine Barabfindung und der Barwert einer Rente funktionell grundverschieden seien. Über den Ausgleichsanspruch könne der Vertreter frei verfügen. Er könne ihn für seine Alterssicherung einsetzen – müsse dies aber nicht. Wenn er es tue, könne er frei entschieden, bei welchem Unternehmen oder in welcher Anlageform er sein Kapital anlege und welche Risiken er dabei eingehe. Mit anderen Worten: Der Ausgleichsanspruch sei multifunktional, eine vom Prinzipal gewährte Altersversorgung hingegen monofunktional. Sie könne allein der Alterssicherung des Klägers dienen, und zwar auch dann, wenn er einer zusätzlichen Alterssicherung gar nicht bedürfe. Gegen eine funktionelle Verwandtschaft von Ausgleichsanspruch und Altersversorgung spreche vorliegend auch, dass nach den Versorgungsbestimmungen trotz Unverfallbarkeit auch eine nachträgliche Kürzung oder Entziehung der gewährten Leistungen möglich sei. Soweit der BGH eine Anrechnung der vom Prinzipal finanzierten Altersversorgung auf den Ausgleichsanspruch des Vertreters mit der andernfalls eintretenden Doppelbelastung des Prinzipals begründe, sei dieser Gesichtspunkt zumindest im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Eine Belastung des beklagten Unternehmens drohe selbst dann nicht, wenn der Barwert der Altersversorgung bei der Ermittlung des Ausgleichsanspruchs des Vertreters vollständig unberücksichtigt bleibe, weil sich das beklagte Unternehmen gegen die Gefahr der Doppelbelastung doppelt abgesichert habe. Unwirksam sei zwar die Vereinbarung einer Anrechnung des Barwertes der Altersversorgung auf den Ausgleichsanspruch, wirksam hingegen sei die vorgesehene Anrechnung des Ausgleichsanspruchs auf die zugesagte Alterssicherung. Im Ergebnis entspreche es daher unter Berücksichtigung der Umstände der Billigkeit, dass der Kläger den Ausgleichsanspruch ungekürzt geltend machen könne. Beachte: Dieses Urteil des LG München I ist vom OLG München mit Urteil vom 05.08.2009, Az.: 7 U 2055/09 aufgehoben worden.