Schließt ein erst nach Vertragsbeendigung bekannt gewordener wichtiger Grund den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters in analoger Anwendung des § 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB aus?
Handelsvertreterrecht§ 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB bestimmt, dass der Ausgleichsanspruch nicht besteht, wenn der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag. Der Wortlaut dieser Vorschrift verlangt also nicht, dass der Unternehmer das Vertragsverhältnis wegen eines schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters fristlos kündigt. Ein wichtiger Grund, der eine fristlose Kündigung gerechtfertigt hätte, muss im Zeitpunkt der Kündigung lediglich objektiv vorgelegen haben. Dementsprechend hat der BGH den Ausschlusstatbestand des § 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB bislang auch auf solche Fälle angewandt, in denen der Kündigungsgrund zwar im Zeitpunkt der Kündigung objektiv vorgelegen hat, er dem Unternehmer aber erst nach Vertragsende bekannt wurde (BGH, Urteil vom 12.06.1963, Az.: VII ZR 276/63, BGHZ 40, 13, 15 f.). In Artikel 18 a der Europäischen Richtlinie zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter ist hingegen geregelt, dass der Anspruch auf Ausgleich nur dann nicht besteht, wenn der Unternehmer den Vertrag wegen eines schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters beendet hat. Die Literatur und zum Teil auch die obergerichtliche Rechtsprechung vertritt deshalb die Auffassung, § 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB sei richtlinienkonform einschränkend dahingehend auszulegen, dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem schuldhaften Verhalten des Handelsvertreters und der Kündigung bestehen müsse (vgl. für den Handelsvertreter OLG Koblenz, Urteil vom 22.03.2007, Az.: 6 U 1313/06; für den Versicherungsvertreter OLG Rostock, Urteil vom 04.03.2009, Az.: 1 U 57/08).
Der BGH hält es daher für klärungsbedürftig, ob der Wortlaut des § 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB im Hinblick auf Artikel 18 a der Richtlinie zu weit gefasst ist und ob aus diesem Grund seine bisherige Rechtsprechung zur Auslegung und analogen Anwendung des § 89 b Abs. 3 Satz 2 (aF) auf die heute geltende, inhaltlich unverändert gebliebene Vorschrift des § 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB möglicherweise nicht übertragen werden kann. Er hat diese Fragen deshalb dem Europäischen Gerichtshof gemäß Artikel 234 EGV zur Vorabentscheidung vorgelegt.