Vergütungsvereinbarungen zwischen Kunde und Versicherungsvertreter bei Vermittlung von Nettopolicen

Versicherungsvertreterrecht

In gleich zwei Entscheidungen im Abstand von nur rund 6 Wochen hatten sich der I. und der III. Zivilsenat des BGH mit selbständigen Vergütungsvereinbarungen zwischen Versicherungsnehmern und Versicherungsvertretern für die Vermittlung von Nettopolicen für eine Liechtensteiner Versicherungsgesellschaft zu befassen. Der erste Senat (I ZR 104/12), vor dem um die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit einer solchen Aktivität gestritten wurde, kam für den zu entscheidenden Sachverhalt zu folgendem Ergebnis: Da der Versicherungsvertreter seine Agenturbindung gegenüber dem Versicherungsnehmer offengelegt hatte und sich erst im Anschluss daran für die Beratung und die Vermittlung einer Netto Police vom Versicherungsnehmer eine eigenständige Vergütung habe versprechen lassen, habe er damit nicht gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 34d Abs. 1 GewO verstoßen. Mit einer solchen Vereinbarung sei nicht notwendig eine Irreführung des Versicherungsnehmers über den Status des Vermittlers als Versicherungsvertreter verbunden.

Der dritte Senat (III AZR 124/13) hat im Zusammenhang mit einer Klage des Vertreters auf Zahlung der Restvergütung (Kundin stellte Ratenzahlung nach 13 von 60 Monatsraten ein) die dort zu Grunde liegende Vergütungsvereinbarung zwar zivilrechtlich grundsätzlich nicht beanstandet. Er hat allerdings deutliche Worte zu den Beratungs und besonderen Hinweispflichten des Versicherungsvertreters im Falle des Abschlusses einer selbständigen Vergütungsvereinbarung mit dem Kunden gefunden und betont: Der Versicherungsvertreter müsse ausdrücklich auch über die Auswirkungen des Abschlusses einer Nettopolice im Fall einer vorzeitigen Kündigung aufklären. Fehle es an einer solchen Belehrung, bestehe eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sich die Beklagte bei gehöriger Belehrung nicht für eine „Nettopolice“ entschieden hätte. Ob eine solche Beratung in der Praxis tatsächlich erfolgt, darf bezweifelt werden und war auch hier durch die Vorinstanzen nicht festgestellt, so dass zur weiteren Aufklärung wieder an das Berufungsgericht zurückverwiesen wurde. Der Senat hat ferner darauf hingewiesen, dass ein eventueller Wertersatzanspruch bei einem wirksamen Widerruf einer Vergütungsvereinbarung kompliziert zu ermitteln ist, jedenfalls bei der gebotenen typisierten und objektivierten Betrachtungsweise deutlich unter dem Wert einer Versicherungsmaklerleistung liegt.

Offen geblieben ist nach beiden Entscheidungen, ob die Regelungen des HGB über die Provision des Versicherungsvertreters überhaupt Vereinbarungen zulassen, wonach der Versicherungsvertreter vom Versicherer keinerlei Vergütung erhält, dafür aber selbständige Vergütungsvereinbarungen mit seinen Kunden schließen darf. Fraglich ist, ob es sich bei einer solchen Vertragsgestaltung (beispielsweise Vermittlungspflicht des Handelsvertreters gegenüber Unternehmer, aber keine Vergütungspflicht des Unternehmers) überhaupt noch um einen Handelsvertretervertrag handelt. Offen ist auch immer noch, ob separate Kostenausgleichungsvereinbarungen von Versicherungsnehmern mit Versicherungen wirksam sind. Diesbezüglich ist noch keine höchstrichterliche Entscheidung durch den für Versicherungsvertragsrecht zuständigen IV. Zivilsenat ergangen. Eine solche Kostenausgleichungsvereinbarung ist unter anderem vom OLG Karlsruhe (19.09. 2013, Az. 12 U 85/13, Revision ist zugelassen) als unzulässig angesehen worden.

Rechtsprechung zur Besprechung
I ZR 104/12 – Vermittlung von Netto-Policen III ZR 124/13 – Vergütungsvereinbarungen zwischen Kunde und Versicherungsvertreter bei Vermittlung von Nettopolicen