Wo klagen bei internationalen Vertriebsverträgen?

Rechtstipp Grenzüberschreitender Vertrieb

Im Rahmen der Zunahme des grenzüberschreitenden Wirtschafts- und Dienstleistungsverkehr gehen eine Vielzahl von Handelsvertretern Vertriebsverträge mit ausländischen Unternehmen ein. Kommt es in diesen Fällen zu Streitigkeiten mit dem Unternehmen, stellt sich für den Handelsvertreter regelmäßig die Frage, an welchem Ort er seine Ansprüche gegen den Unternehmer einklagen muss.

Gerichtsstandsvereinbarung
Haben die Parteien eine wirksame Vereinbarung über den Gerichtsstand getroffen, erübrigt sich die Frage nach der entsprechenden gesetzlichen Regelung. Denn in diesem Falle richtet sich die örtliche Zuständigkeit ausschließlich nach der insoweit getroffenen Vereinbarung.

Fehlende Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts
Oft fehlt es aber an einer vertraglichen Bestimmung des Gerichtsstandes. Dann bestimmt sich das zuständige Gericht nach den entsprechenden gesetzlichen Vorschriften.

Bis zum 1. März 2002 geltende Regelung
Grundsätzlich ist das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig. Das Gesetz kennt darüber hinaus jedoch eine Vielzahl besonderer Gerichtsstände. Besteht neben dem allgemeinen Gerichtsstand ein solcher besonderer Gerichtsstand, darf der Kläger zwischen den mehreren zuständigen Gerichten wählen.

Einen solchen besonderen Gerichtsstand für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis begründet § 29 ZPO. Hiernach ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist.

Nach bisherigem Recht war für Klagen auf Leistungen des Unternehmers (z.B. Erteilung von Auskünften/Abrechnungen, Zahlung von Provisionen bzw. eines Handelsvertreterausgleichs) grundsätzlich das Gericht am Sitz des Unternehmers zuständig.

Regelung nach Gemeinschaftsrecht ab dem 1. März 2002

Handelsvertreter und Unternehmer sind in der EU ansässig
Für die dem Gemeinschaftsrecht unterfallenden Streitigkeiten richtet sich die Zuständigkeit ab dem 01.03.2002 nach Art. 5 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000 (EuGVVO).

Das bedeutet, dass Personen, die ihren (Wohn-)Sitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates haben, vor dem Gericht des Ortes eines Mitgliedsstaates verklagt werden können, an dem die vertragliche Verpflichtung zu erfüllen ist. Als Erfüllungsort für die Erbringung von Dienstleistungen gilt insoweit der Ort in einem Mitgliedsstaat, an dem die Dienstleistung nach dem Vertrag zu erbringen ist.

Auch der Handelsvertreter erbringt nach einhelliger Meinung in Schrifttum und Rechtsprechung Dienstleistungen im vorbezeichneten Sinne. Damit begründet Art. 5 Nr. 1 EuGVVO für alle dieser Verordnung unterfallenden Rechtsstreitigkeiten aus dem Vertretervertrag einen einheitlichen Gerichtsstand am Ort der Dienstleistung, d.h. regelmäßig am Sitz des Handelsvertreters.

Regelung für sonstige internationale Vertriebsverträge
Für sonstige internationale Vertriebsverträge, die nicht dem Anwendungsbereich der EuGVVO unterfallen, verbleibt es hingegen – ebenso wie bei rein nationalen Streitigkeiten – grundsätzlich bei den bisherigen Regelungen.4