Ausgleichsanspruch des Kfz-Vertragshändlers; Eingliederung in die Absatzorganisation; Übertragung des Kundenstammes an den Hersteller; Billigkeitsabschlag, Sogwirkung der Marke; Rohausgleich; Rabattkern
5 KfH O 123/99 Urteil verkündet am 31. Juli 2001 LG Stuttgart Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers analog § 89 b HGBLandgericht Stuttgart
Im Namen des Volkes
Urteil
In Sachen
[…]
hat die 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom 21.06.2001 […]
für Recht erkannt:
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 272.136,00 DM nebst 5 % Zinsen seit 01.01.1999 zu bezahlen.
2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 55 % und die Beklagte 45 %.
4. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 310.000,00 DM und für die Beklagte ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 2.000,00 DM abzuwenden, falls die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung durch unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche, selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland als Zoll und Steuerbürge zugelassenen Kreditinstitutes zu erbringen.
Streitwert: 612.499,37 DM.
Tatbestand
Die Klägerin war seit 01.01.1991 als Vertragshändlerin für die Beklagte tätig. Das Vertragsverhältnis wurde durch ordentliche Kündigung der Beklagten vom 18.12.1996 zum 31.12.1998 beendet (K 2). Die Klägerin macht mit der Klage einen Ausgleichsanspruch in analoger Anwendung des § 89 b HGB geltend.
Grundlage für die Zusammenarbeit war der Händlervertrag vom 20.02./30.03.1992 (K 1). Die Klägerin war damit beauftragt, in ihrem in der Anlage 1 definierten Vertragsgebiet neue […] Seriensportwagen zu vertreiben (Art. 1). Sie übernahm für dieses Gebiet die Marktverantwortung, eine Verkaufstätigkeit außerhalb dieses Raumes war ihr untersagt (Art. 2). Die Beklagte behielt sich Direktverkäufe für bestimmte Fälle vor (Art. 3). Die Klägerin verpflichtete sich, einen Geschäftsbetrieb einzurichten und zu unterhalten, der in Größe, Ausstattung, Einrichtung und äußerem Erscheinungsbild sowie in technischer und kaufmännischer Hinsicht den Vorgaben der Beklagten und den Kundenerwartungen an die Marke […] gerecht wurde. Zur ordnungsgemäßen und schnellen Versorgung der Kunden war die Klägerin weiter gehalten, ein Lager an Teilen gemäß den Richtlinien der Beklagten zu unterhalten. Sie war dafür verantwortlich, an allen Fahrzeugen Inspektions- und Wartungsarbeiten sowie Instandsetzungsarbeiten schnell, zuverlässig und fachmännisch durchzuführen (Art. 4). Die Bestellung und Lieferung von Fahrzeugen sollte auf der Grundlage einer gemeinsam erarbeiteten Zielsetzung erfolgen. Die Bestellungen sollten anhand des festgelegten […] Bestellsystems und den entsprechenden Richtlinien erfolgen. Die Liefer- und Zahlungsbedingungen der Beklagten sollten auch für die Bestellung und Lieferung von Teilen gelten (Art. 5). Die Beklagte übernahm die Gewährleistung für Fahrzeuge und Teile entsprechend ihren Gewährleistungsbedingungen (Art. 6). Die Preisberechnung an die Klägerin sollte zu den am Versandtag gültigen Preisen ab Werk der Beklagten erfolgen (Art. 7). Ferner war die Verwendung des von der Klägerin benutzten Warenzeichens sowie sonstiger Kennzeichen durch die Klägerin geregelt (Art. 8).
Der Klägerin war eine umfassende, fortlaufende Berichterstattung aufgegeben (Art. 9). Der Vertrieb anderer Waren war ihr nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung der Beklagten gestattet (Art. 11). Schließlich waren in dem Vertrag Vertragsdauer und Vertragsbeendigung sowie die Abwicklung nach Kündigung und Beendigung des Vertrages geregelt (Art. 12, 13). In den Schlussbestimmungen (Art. 14) ist Stuttgart als Gerichtsstand festgelegt.
Die Klägerin machte mit Schreiben vom 02.02.1999 einen Ausgleichsanspruch geltend (K 3). Nach weiterem Schriftwechsel (K 4 bis 6) zahlte die Beklagte am 13.08.1999 einen Betrag in Höhe von 82.922,60 DM (K 7). Der weitergehende Anspruch ist Gegenstand der Klage.
Die Klägerin trägt vor:
1. Die von der Rechtsprechung geforderten Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 89 b HGB sei gegeben:
a) Ihre Einbindung in die Absatzorganisation der Beklagten könne nicht zweifelhaft sein. Ihr sei ein bestimmtes Vertragsgebiet zugewiesen worden, die Beklagte habe ihr eine umfangreiche Auskunfts- und Berichtspflicht auferlegt, sie sei verpflichtet gewesen, Personal für Tagungen und Schulungen bei der Beklagten freizustellen und schließlich sei sie durch den Händlervertrag in ihrer wirtschaftlichen Selbständigkeit wesentlich eingeschränkt worden.
b) Aufgrund der ihr auferlegten Verpflichtungen sei die Beklagte in die Lage versetzt worden, den von ihr geworbenen Kundenstamm nach Vertragsende ohne weiteres weiter zu nutzen. Sie sei zur Übermittlung von Kundendaten an die Beklagte verpflichtet gewesen, sie habe entsprechend der Vorgaben der Beklagten alle Kunden und Interessenten in einer EDV Datei erfasst, zu der die Beklagte Zugang gehabt habe, und dementsprechend habe die Beklagte nach Kündigung die Kunden angesprochen, um sie an ihren Nachfolger zu vermitteln.
2. Der Rohausgleich sei entsprechend den von Rechtsprechung und Literatur aufgestellten Grundsätzen wie folgt zu beziffern:
a) Sie habe im letzten Vertragsjahr einen UPE Umsatz von netto 7.012.633,70 DM erwirtschaftet. Auf den Umsatz mit Mehrfachkunden sei ein Betrag in Höhe von 1.634.220,52 DM entfallen; dies entspreche einem Umsatzanteil von 23,29 %.
b) Sie habe diese Fahrzeuge zu einem Einkaufspreis in Höhe von insgesamt 6.311.372,10 DM erworben.
c) Der Gesamtverkaufspreis beziffere sich auf 7.016.824,33 DM. Dazu habe sie für das letzte Vertragsjahr Prämien und Boni in Höhe von 537.429,16 DM bezogen, die gleichfalls in die Ausgleichsberechnung einzustellen seien.
d) Sie habe somit im letzten Vertragsjahr einen durchschnittlichen Rohertrag von 17,72 % erzielt. Dieser vermindere sich um die Vergütung für die sog. „Verwaltende“ Tätigkeit um 30 %, sodass eine bereinigte Provision in Höhe von 12,40 % verbleibe.
e) Bei Anwendung des bereinigten Provisionssatzes auf den Umsatz mit Mehrfachkunden ergebe sich eine Provision in Höhe von 202.626,95 DM.
f) Eine Hochrechnung auf den Prognosezeitraum von fünf Jahren ergebe einen Provisionsverlust in Höhe von 1.013.134,75 DM.
g) Gemäß der „Münchener Formel“ sei ein Billigkeitsabschlag in Höhe von 1/3 vorzunehmen, sodass ein Betrag in Höhe von 678.800,28 DM verbleibe.
h) Abzüglich einer Abzinsung dieses Betrages nach der Methode Gillardon ergebe sich ein Ausgleichsanspruch in Höhe von 599.501,70 DM.
i) Dieser Betrag sei um 16 % Mehrwertsteuer zu erhöhen, so dass sich der Rohausgleich auf 695.421,97 DM beziffere.
Der Ausgleichsanspruch sei gemäß § 89 b Abs. 2 HGB auf die nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre berechneten Jahresprovisionen zu begrenzen. Von ihrem durchschnittlichen Umsatz in Höhe von 4.503.302,02 DM sei für handelsvertreteruntypische Kosten ein Abschlag von 20 % vorzunehmen. Dies ergebe einen Brutto Höchstbetrag von 740.530,18 DM.
Da der gemäß § 89 b Abs. 1 ermittelte Ausgleichsanspruch von 695.421,97 DM unter dem Höchstbetrag liege, stehe eine Forderung in dieser Höhe zu. Hiervon sei der von der Beklagten bezahlte Betrag von 82.922,60 DM abzusetzen, sodass eine Forderung in Höhe von 612.499,37 DM verbleibe.
Die Klägerin beantragt (Bl. 2),
die Beklagte zur Zahlung von 612.499,37 DM nebst 5 % Zinsen seit 01.01.1999 zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt
Klagabweisung und erwidert:
1. Voraussetzung für eine analoge Anwendung des § 89 b HGB auf den Vertragshändler sei einmal, dass dieser in die Absatzorganisation des Herstellers eingebunden sei und dass er sich zum anderen verpflichtet habe, den Kundenstamm nach Beendigung des Vertragsverhältnisses auf den Hersteller zu übertragen. Die Klägerin habe sich gerade nicht in die Absatzorganisation einbinden lassen, sondern ihre vertragliche Verpflichtung, durch geeignete bauliche und personelle Maßnahmen ein „[…] Zentrum“ zu errichten, nicht erfüllt.
Dass sie in der Lage sei, den Kundenstamm der Klägerin zu nutzen, reiche nicht aus.
2. Verschiedene von der Klägerin bei der Berechnung des Rohausgleichs eingesetzte Faktoren und Zahlen seien falsch.
a) In den UPE Umsätzen seien Umsätze mit Vorführwagen enthalten. Der Neuwagenumsatz habe im Jahre 1998 6.409,37 DM betragen.
b) Nicht in die Berechnung einzubeziehen sei die im Jahre 1998 an die Klägerin bezahlte Betreuungspauschale in Höhe von 537.429,15 DM. Denn diese Pauschale in Höhe von 8,5 bzw. 10 % des Verkaufspreises sei kein gebietsbezogenes Entgelt, sondern dazu bestimmt, den aufwand der Klägerin für Serviceleistungen auszugleichen, die sie für Fahrzeuge erbringe, die in ihrem Vertragsgebiet zugelassen und deshalb von ihr zu betreuen seien, die sie aber nicht selbst verkauft habe.
c) Aus dem der Klägerin gewährten Rabatt seien folgende Teile als händlertypisch herauszurechnen – also Gegenleistungen für Risiken oder Leistungen, die üblicherweise nur der Händler, nicht aber ein Handelsvertreter zu erbringen habe:
aa) Die Klägerin habe Preisnachlässe in Höhe von 5,63 % des Nettoumsatzes zu tragen.
bb) Die variablen Verkaufskosten – insbesondere im Zusammenhang mit der Kundenbetreuung seien mit 1,34 % anzusetzen.
cc) Für Vertriebs- und Personalkosten seien 1,61 % abzusetzen.
dd) Für Kosten der Werbung und Absatzförderung sei ein Abzug von 0,27 % vorzunehmen.
ee) Für den Einsatz von Vorführwagen seien 0,82 % anzusetzen.
ff) Sonstige […] spezifische Aufwendungen belasteten die Klägerin mit 0,05 %.
gg) Für die sonstige verwaltende Tätigkeit, die nach der Rechtsprechung pauschal mit 30 % berechnet werde, sei die Vergütung nochmals um 4,77 % zu kürzen. Danach verbleibe ein Netto Provisionssatz von 2,64 %.
c) Aus dem Umsatz mit Mehrfachkunden in Höhe von 24,4 %, also 2.747.135,00 DM ergebe sich sonach eine jährliche Vergütung von 72.525,00 DM Hochgerechnet auf einen Prognosezeitraum von fünf Jahren und abgezinst mit 6 % ergebe sich ein Einnahmeverlust von 109.977,00 DM. Davon sei für die Sogwirkung der Marke ein Billigkeitsabschlag von 35 % vorzunehmen, sodass ein Ausgleichsanspruch von brutto 82.923,00 DM verbleibe. Diesen Betrag habe sie bereits an die Klägerin bezahlt.
Hierzu nimmt die Klägerin wie folgt Stellung:
aa) Sie habe im Jahre 1998 56 Neufahrzeuge verkauft und dafür 7.016.824,33 DM erlöst. Vorführfahrzeuge seien in diesem Betrag nicht enthalten.
bb) Die Betreuungspauschale sei – unabhängig von ihrer Bezeichnung als Teil ihrer Vergütung in die Ausgleichsberechnung einzubeziehen. Keineswegs sei diese Pauschale ein Ausgleich für Serviceleistungen, denn diese bezahle nicht sie, sondern entweder die Beklagte oder der Kunde.
cc) Nach BGH durften nur solche Tätigkeiten bei der Berechnung des Rabattes außer Betracht bleiben, die ausschließlich verwaltender Natur seien. Maßnahmen, die zusätzlich auch werbenden Charakter hätten, seien also nicht auszuklammern, denn Werbung sei in der Kfz Branche auch Aufgabe des Handelsvertreters. Die Unterhaltung Von Vorführfahrzeugen, die Einstellung geschulter Verkäufer und auch insbesondere alle Werbemaßnahmen seien deshalb nicht aus der Vergütung herauszunehmen.
Ohnehin sei zweifelhaft, ob solche Abzüge, die auf die Rechtsprechung des BGH zum Tankstellenpächter zurückzuführen seien, auch beim Vertragshändler vorzunehmen seien. Der Abzug könne jedenfalls nach der Münchener Formel insgesamt maximal 30 % betragen; damit seien dann auch die händlertypischen Kosten insgesamt eliminiert. Danach verbleibe für die Berechnung ein Provisionssatz von 12,4 %.
dd) Bei der Fünf Jahresprognose sei eine Abwanderungsquote nicht einzubeziehen, denn die Abwanderung der bisherigen Mehrfachkunden werde nach BGH dadurch kompensiert, dass die im letzten Vertragsjahr erstmals bestellenden Kunden ja zugleich potentielle Mehrkunden seien. Unter Berücksichtigung eines Billigkeitsabschlags unter dem Gesichtspunkt der Sogwirkung der Marke und einer Abzinsung nach der Methode Gillardon verbleibe ein Ausgleichsanspruch von netto 599.501,70 DM oder brutto 695.421,97 DM. Unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlung verbleibe eine Forderung von 612.499,37 DM.
Der Rechtsstreit wurde mit den Parteien in den mündlichen Verhandlungen vom 25.11.1999, 16.03.2000 und 21.06.2001 erörtert. Gemäß Beweisbeschluss vom 05.05.2000 wurde ein Gutachten des Sachverständigen […] GmbH eingeholt. Auf den Inhalt des Gutachtens und der Niederschriften wird verwiesen, des gleichen wegen Einzelheiten des Parteivortrags auf die Schriftsätze.
Beide Parteien haben einer Entscheidung durch den Vorsitzenden zugestimmt.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
1.0 Nach Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Vertragshändlerverhältnisses steht der Klägerin ein Ausgleichsanspruch in analoger Anwendung des § 89 b HGB zu.
Für eine entsprechende Heranziehung des § 89 b HGB auf ein Vertragshändlerverhältnis müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein.
1.1 Einmal muss das Rechtsverhältnis zwischen Vertragshändler und Hersteller derart ausgestaltet sein, dass es sich nicht in einer bloßen Verkäufer Käufer Beziehung erschöpft, sondern den Vertragshändler so in die Absatzorganisation des Herstellers einbindet, dass er wirtschaftlich in erheblichem Umfang einem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hat. Dies ist insbesondere bei Eigenhändlerverträgen der Fall, wie sie sich vor allem bei Herstellern von Markenartikeln und ihren Händlern herausgebildet haben. Es handelt sich dabei um Rahmenverträge, durch die ein Hersteller einem Händler für ein bestimmtes Gebiet den Alleinvertrieb seiner Erzeugnisse übertragen und der Händler sich verpflichtet hat, selbst keine Verkäufe vorzunehmen. Zur Eingliederung des Händlers in die Absatzorganisation des Herstellers gehört, dass er sich für den Vertrieb der Erzeugnisse des Herstellers ähnlich wie ein Handelsvertreter einzusetzen hat und auch sonst Bindungen und Verpflichtungen obliegt, die für einen Handelsvertreter typisch sind etwas Kontroll- und Überwachungsbefugnisse, die Pflicht, den Absatz zu steigern, Richtlinien und Empfehlungen zu befolgen, sich an Preisvorgaben des Herstellers zu halten, ihm Zutritt zu den Geschäftsräumen zu gewähren, Berichts und Mitteilungspflichten.
Das bedeutet aber nicht, dass beim Händler alle nur denkbaren vertretertypischen Kriterien vorliegen müssen. Es reiht vielmehr aus, wenn diejenigen Kriterien gegeben sind, die dazu führen, dass der Händler eine dem Handelsvertreter vergleichbare Stellung einnimmt (BGH NJW RR 83, 1789; BGH NJW 83, 2877; BGH NJW RR 88, 1305; BGH NJW 00, 1413; Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Band 3, 2. Aufl., Rz. 1469; Westphal, Vertriebsrecht, Band 2, Rz. 165 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).
Die einem Handelsvertreter vergleichbare Einbindung der Klägerin in die Absatzorganisation der Beklagten ist ohne weiteres den Regelungen des „Händlervertrages“ zu entnehmen. Danach war der Klägerin ein bestimmtes Vertragsgebiet zugewiesen, eine Tätigkeit außerhalb dieses Gebiets war ihr untersagt, sie war verpflichtet, ihren Geschäftsbetrieb in bestimmter Weise zu gestalten, ein Lager an Teilen zu unterhalten, Inspektions-, Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten zu erbringen, den Vertrieb an bestimmten Zielvoraussetzungen auszurichten, die Beklagte fortlaufend über das Verkaufsgeschehen zu unterrichten und ihr Einsicht in die Geschäftsunterlagen zu gewähren.
Damit sind alle Kriterien für eine Einbindung der Klägerin in die Absatzorganisation der Beklagten erfüllt (vgl. BGH NJW 00, 1413 ff.).
1.2 Zum anderen ist Voraussetzung, dass der Vertragshändler verpflichtet ist, dem Hersteller seinen Kundenstamm zu übertragen, d.h. seine Kundendaten zu übermitteln, so dass sich dieser bei Vertragsende die Vorteile des Kundenstamms sofort und ohne weiteres nutzbar machen kann (BGH NJW 96, 2159; Küstner, Rz. 1470 bis 1472 j.m.w.N.).
Zwar enthält der Händlervertrag keine ausdrückliche Verpflichtung der Klägerin zur Überlassung des Kundenstammes. Gemäß Art. 8 war die Klägerin aber verpflichtet, die Beklagte fortlaufend über das Verkaufsgeschehen insbesondere Auftragseingänge, Kundenauslieferungen, Lagerbestände und Auftragsbestände zu berichten. Sie erklärte sich darüber hinaus damit einverstanden, dass der Beklagten vom Kfz Bundesamt alle Daten über die ausgelieferten […] Fahrzeuge übermittelt wurden. Damit war sichergestellt, dass die Beklagte schon während der Laufzeit des Vertrages über den Kundenstamm seine Änderungen/Erweiterungen in umfassender Weise Kenntnis erhielt. Dies ist für eine analoge Anwendung des § 89 b HGB ausreichend (BGH NJW 96, 2159; BGH NJW 00, 1413; OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 30.01.2001 bei Küstner, v. Manteuffel & Evers, Das Vertriebsrecht in Leitsätzen – VertR LS , LG Köln, Urteil vom 14.01.1999 bei VertR LS; Küstner, a.a.O.).
2.0 Die Probleme bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs für den Händler analog § 89 b HGB beruhen auf den völlig verschiedenen Vergütungssystemen beim Handelsvertreter einerseits und beim Vertragshändler andererseits. § 89 b HGB stellt auf die Provisionen des Handelsvertreters ab. Der Vertragshändler erhält dagegen einen Rabatt, mit dem teilweise Leistungen vergütet werden, die ein Handelsvertreter gar nicht erhält.
Um eine Vergleichbarkeit zwischen Rabatt und Provision zu erzielen, ist es notwendig, diejenigen Teile des Rabattes herauszurechnen, die der Vertragshändler aufgrund seiner vom Handelsvertreter abweichenden Stellung für Leistungen erhält, die der Handelsvertreter üblicherweise nicht zu erbringen hat. Der Rabatt muss auf das Niveau einer Provision zurückgeführt werden. Nur der mit der Provision des Handelsvertreters vergleichbare „Rabattkern“ kann bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs berücksichtigt werden (BGH ZIP 96, 1299 bei Evers VertR LS m.w.N.; Küstner, Rz. 1475; Westphal, Rz. 227).
3.0 Die Bemessung des Ausgleichs erfolgt allein nach § 89 b Abs. 1 HGB. § 89 b Abs. 2 HGB hat lediglich eine Begrenzungsfunktion wenn der nach § 89 b Abs. 1 HGB zu bemessende Rohausgleich höher ist als die durchschnittliche Jahresvergütung der letzten fünf Jahre, erhält der Händler nur diesen Höchstbetrag. Rohausgleich und Höchstbetrag sind mit ganz unterschiedlichen Parametern zu ermitteln: Im Rahmen des § 89 b Abs. 1 HGB sind nur Vergütungen für eine Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit mit Neukunden in Ansatz zu bringen. Bei der Höchstbetragsberechnung sind dagegen sämtliche Vergütungen einzubeziehen, gleichgültig, ob es sich um Geschäfte mit alten oder neuen Kunden oder um Verwaltungsvergütungen handelt. Auch die Vertragszeiten sind unterschiedlich bei der Rohausgleichsberechnung sind die Vermittlungs- und Abschlussprovisionen der letzten 12 Monate des Vertragsverhältnisses zugrunde zulegen, während bei der Höchstbetragsberechnung ein Jahresdurchschnitt sämtlicher Vergütungen aus den letzten fünf Vertragsjahren maßgeblich ist (Küstner, Rz. 1480; Westphal, Rz. 229, 230).
Deshalb ist zunächst der Rohausgleich gemäß § 89 b Abs. 1 HGB zu berechnen. Alle drei Anspruchsvoraussetzungen müssen auch beim Vertragshändler vorliegen also Unternehmensvorteile, Provisionsverluste und Billigkeit (BGH a.a.O.; Küstner, Rz. 1479).
4.0 Zwei Möglichkeiten für die Berechnung des Rabattkerns sind als ungeeignet auszuschließen:
4.1 Die sog. „Münchener Formel“ (LG München 1, MDR 98, 1489 erläutert bei Westphal, Rz. 265) will die Rückführung des Händlerrabatts auf eine Handelsvertreterprovision durch einen pauschalen Abschlag von 30 vornehmen.
Sicherlich beruht im Endeffekt die Bezifferung des maßgeblichen „Rabattkerns“ auf einer richterlichen Schätzung. Für eine derartige Pauschalierung besteht indes kein Bedürfnis; eine Schätzung kann nur auf der Basis einer von einem Sachverständigen ermittelten Bewertung erfolgen, denn die „Münchener Formel“ berücksichtigt in keiner Weise, dass für Vertragshändler der verschiedenen Automarken ganz unterschiedliche Verwaltungskosten anfallen, die zudem wesentlich nach Größe und Umsatz des Händlerbetriebs differieren (Reufels/Lorenz, MDR 98, 1490, Westphal, Rz. 266).
4.2 Ebensowenig kann der händlerbereinigte Rabatteil dadurch ermittelt werden, dass der in der jeweiligen Branche einem Handelsvertreter üblicherweise gezahlte Provisionssatz zugrunde gelegt wird. Dieser wird von einer Reihe von Faktoren beeinflusst z.B. der Größe und Struktur des Vertretungsbezirks und des Kundenstamms, der Marktposition des Unternehmers, dem Absatzweg sowie dem Umfang der vom Handelsvertreter geforderten Tätigkeit. Deshalb scheidet auch dieser Weg zur Ermittlung des „Rabattkerns“ aus (Westphal, Rz. 236).
5.0 Eine Vergleichsbasis zwischen Händlerrabatt und Provision, also die Rückführung des Rabatts durch Kürzung der händlertypischen Vergütungsbestandteile, lässt sich auf verschiedene Weise herstellen.
Zunächst ist der Händlerrabatt auf die handelsvertretertypischen Vergütungsanteile für die werbende Tätigkeit zurückzuführen. In einem ersten Rückführungsschritt ist der dem Händler eingeräumte Rabatt durch Ausklammerung der händlertypischen Bestandteile auf das Niveau eines Handelsvertreters zurückzuführen. Sodann sind in einem zweiten Rückführungsschritt die der Provision des Handelsvertreters für verwaltende Tätigkeiten entsprechende Vergütungsanteil auszusondern, sodass die für die werbende, vermittelnde Tätigkeit gewährte Vergütung übrig bleibt (BGH ZIP 96, 1294; Küstner, Rz. 1487 bis 1489; Westphal, Rz. 231 bis 233).
Für die Aufteilung der Provision in den Vermittlungs- und Verwaltungsanteil kommt es nicht darauf an, in welchem Umfang der Händler tatsächlich webend tätig war, sondern allein darauf, welcher Anteil der ihm gezahlten Vergütung nach dem Willen der Parteien beim Vertragsschluss auf die werbende und welche auf die verwaltende Tätigkeit entfallen sollte (OLG Hamm, Urteil vom 02.09.1999, bei Evers, VertR LS). Schon aus diesem Grund ist die Berechnung der Beklagten, die die Feststellung des tatsächlichen Verwaltungsaufwandes zum Gegenstand hat, für die Aufteilung der Vergütung unmaßgeblich. Dies gilt auch aus einem weiteren Grund, nämlich deshalb, weil sich die Basiszahlen der Beklagten auf ihrer gesamte Händlerorganisation beruhen, während tatsächlich die Berechnung konkret bezogen auf die wirtschaftlichen Verhältnisse bei der Klägerin vorzunehmen ist.
Die von der Beklagten genannten Sätze und Zahlen können deshalb nur Hilfsgröße für die vom Sachverständigen vorzunehmende Bewertung sein.
6.0 Grundlage für die Bezifferung der dem Händler zugeflossenen Vergütung ist der ihm vom Unternehmer gewährte Händlerrabatt, also die Differenz zwischen den unverbindlichen Preisempfehlungen des Unternehmers und dem Einkaufspreis des Händlers (OLG Köln, VersR 98, 451). Davon abweichend kann der ausgleichsfähige Provisionsanteil auf der Grundlage des individuell erzielten Rohertrages des Händlers, also der Differenz zwischen seinem Verkaufs und Einkaufspreis, ermittelt werden, der nur im Idealfall dem ihm eingeräumten Rabatt entspricht. Weicht er hiervon zuungunsten des Händlers ab, ist die Schmälerung der Handelsspanne dem händlertypischen Risiko zuzurechnen. Ebenso sind Preisnachlässe abzusetzen, denn durch die Notwendigkeit, Preisnachlässe zu gewähren, verwirklicht sich zusätzlich das Absatzrisiko, das den Händler im Gegensatz zum Handelsvertreter trifft (BGH ZIP 96, OLG Köln, a.a.O.).
6.1 Der Sachverständige hat auf der Grundlage der Vorgaben im Beweisbeschluss vom 05.05.2000 den Händlerrabatt in der Weise berechnet, dass er vom UPE Umsatz die Einkaufsrechnungen der Klägerin abgesetzt hat. Die Verkaufsrechnungen konnten nicht Berechnungsgrundlage sein, weil sie – in einer im einzelnen nicht nachvollziehbaren Weise – teilweise um Extraleistungen der Klägerin etwa mitgeliefertes Zubehör – erhöht, andererseits aber um Preisnachlässe ermäßigt worden sind.
Der Sachverständige hat den so ermittelten Rabatt mit 1.238.690,76 DM in das Verhältnis zum UPE Umsatz gesetzt und so einen Rabattsatz von 17,66 % ermittelt.
6.2 In die Vergütung mit einbezogen hat der Sachverständige entsprechend der Vorgabe die der Klägerin im letzten Vertragsjahr 1998 zugeflossene Betreuungspauschale in Höhe von 537.429,16 DM. Hierzu hat die Kammer folgende Erwägungen angestellt:
Berechnungsgrundlage für den Rohausgleich ist die Vergütung, die dem Händler im letzten Jahr zugeflossen ist. Dazu gehören auch alle Rabatte und Boni (OLG Köln, a.a.O.). Dass ein solcher Vergütungsbestandteil eine abweichende Bezeichnung trägt – hier „Betreuungspauschale“ – ist unerheblich, so lange nicht der Unternehmer vorträgt, weshalb dieser Vergütungsbestandteil aus welchen Gründen nicht mit der Handelsvertreterprovision vergleichbar sein soll (OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 25.04.1995 – Evers in VertR LS).
Die Beklagte trägt vor, es handle sich bei dieser Zuwendung um eine Gegenleistung für Serviceverpflichtungen, die die Klägerin für Fahrzeuge zu erbringen habe, die in ihrem Vertragsgebiet zugelassen, aber nicht von ihr verkauft worden seien. Für welche konkrete Betreuungsleistungen die Beklagte diese hohe Pauschale gezählt haben will, trägt sie nicht vor. Arbeiten am Fahrzeug können es nicht sein, denn diese bezahlt nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin entweder der Kunde oder – wenn ein Garantiefall vorliegt – die Beklagte, Mangels eines schlüssigen Vortrags der Beklagten ist deshalb zu unterstellen, dass diese Zahlungen – unabhängig von ihrer kartellrechtlichen Zulässigkeit Bestandteil der Vergütung der Klägerin für ihre Vermittlungstätigkeit sind.
6.3 Der Sachverständige hat weiter überzeugend ausgeführt, dass in den von ihm ermittelten Umsätzen nicht die Kosten eines Vorführfahrzeuges enthalten sind, sondern dass die Klägerin tatsächlich die bei den Berechnungen zugrunde liegenden 56 Neufahrzeuge verkauft hat.
Die Ausführungen des Sachverständigen werden von einer hohen Sachkunde getragen. Sie sind widerspruchsfrei, detailliert, mit Zahlen belegt und nachvollziehbar. In der mündlichen Verhandlung hat Herr […], Prokurist bei der […], der maßgeblich bei der Ausarbeitung des Gutachtens beteiligt war, alle gegen das Gutachten vorgebrachten Einwendungen in überzeugender Art und Weise entkräftet. Die Kammer hat deshalb keine Bedenken, sich den Feststellungen des Sachverständigen anzuschließen.
Die Abweichungen in diesem Urteil bei der Abgrenzung zwischen Rabatt und Provision beruhen auf einer teilweise unterschiedlichen Rechtsauffassung der Kammer, nicht aber auf grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten mit dem Sachverständigen.
7.0 Abgeltungsfähig gemäß § 89 b HGB sind aber nur entgehende Abschlüsse mit dem bei Vertragsende vorhandenen, neu geworbenen Kundenstamm. Die darauf bezogene Chance des Unternehmers besteht in den Nachbestellungen und Folgeaufträgen, mit denen hätte gerechnet werden können, namentlich, soweit sie sich in der Vergangenheit bereits verwirklicht haben (OLG Frankfurt/Main, a.a.O.; OLG Köln, a.a.O. unter Bezugnahme auf BGH NJW 83, 2877 und BGH NJW RR 88, 42, 44).
Der Neukunde ist also nur berücksichtigungsfähig, wenn er in einer Geschäftsbeziehung zum Hersteller steht. Dies ist anzunehmen, wenn innerhalb eines überschaubaren, in seiner Entwicklung noch abschätzbaren Zeitraums Nachbestellungen des Neukunden zu erwarten sind.
Nachbestellungen sind nach Beendigung des Vertragsverhältnisses in der Regel zu erwarten, wenn der Kunde bereits während des Vertragsverhältnisses Nachbestellungen aufgegeben hat. Dabei reicht es aus, wenn der Kunde in dem überschaubaren Zeitraum, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist, mehr als nur einmal ein Geschäft mit dem Hersteller abgeschlossen hat. Eine Geschäftsverbindung ist demnach bereits mit dem zweiten Geschäftsabschluss innerhalb des überschaubaren Zeitraums anzunehmen (Westphal, Rz. 201, 202).
Nach den Feststellungen des Sachverständigen, denen sich die Kammer insoweit in vollem Umfang anschließt, betrug der Rabatt der Klägerin, der ihr im letzten Vertragsjahr 1998 für Umsätze mit Mehrfachkunden zugeflossen ist, 289.904,37 DM. Nach den Berechnungen des Sachverständigen (vgl. Seite 33 des Gutachtens), denen sich die Kammer in vollem Umfang anschließt, ergibt dies einen prozentualen Anteil am UPE Umsatz von 17,74 %.
8.0 Die der Klägerin für Mehrfachkunden zugeflossene Vergütung ist um die händlertypischen Bestandteile wie folgt zu kürzen:
8.1 Die vom Händler seinen Kunden gewährten Preisnachlässe sind abzusetzen, denn durch ihre Einräumung verwirklicht sich das Absatzrisiko, das den Händler im Gegensatz zum Handelsvertreter trifft (BGH ZIP 96, 1294; OLG Köln, a.a.O.; Westphal, Rz. 224). Darin liegt entgegen der Auffassung der Klägerin keine Doppelberechnung, denn da die Verkaufspreise – wie dargelegt – nicht Berechnungsgrundlage sein können, müssen diese Kosten gesondert berechnet und vom Rabatt der Klägerin abgesetzt werden.
Der Sachverständige hat die Preisnachlässe mit 5,47 % beziffert.
Die Kammer schließt sich seinen Ausführungen an.
8.2 Unter den variablen Verkaufskosten sind die Kosten für die Herbeiführung und das, Herrichten der Fahrzeuge, für den Vertrieb (Verkäuferprovision), für Gewährleistung, Kulanzen, Zugaben u.a. zu verstehen. Sie sind mit dem gesetzlichen Leitbild des § 84 HGB nicht zu vereinbaren und deshalb entgegen der Auffassung der Klägerin gleichfalls händlertypisch (BGH a.a.O.; Westphal Rz. 245).
Die Kammer folgt den Ausführungen des Sachverständigen, auf die im einzelnen verwiesen werden kann (Seite 51, 52 des Gutachtens).
Für die Kosten ist sonach ein Anteil von 1,34 % anzusetzen.
8.3 Personalkosten – etwa für Disposition, Lagerverwaltung und Auslieferung – sind ebenso als händlertypisch zu eliminieren (BGH ZIP 96, 1294; OLG Köln, VersR 98, 451). Der Sachverständigen hat den Anteil am Umsatz mit 2,93 % beziffert. Dieser Satz erscheint zu hoch. Die Ausführungen der Klägerin hierzu im Schriftsatz vom 07.06.2001 mit der Anlage K 35, die in der mündlichen Verhandlung mit dem Sachverständigen erörtert wurde, lassen es geboten erscheinen, den Abzug für diese Position auf 2 % zu beschränken.
8.4 Generell sind auch absatzfördernde Maßnahmen händlertypisch und deshalb herauszurechnen. Dazu gehören insbesondere die Kosten für die Produktwerbung (BGH ZIP 96, 1299; Küstner, Rz. 1498).
Die Kosten für die Unterhaltung der Vorführfahrzeuge sind dagegen nicht händlertypisch, weil auch der Handelsvertreter derartige Fahrzeuge zur Präsentation gegenüber Kunden unterhalten muss. Dies hat die Klägerin durch Vorlage von Vertreterverträgen nachgewiesen, die ebenso den Vertrieb von Fahrzeugen der oberen Preisklasse betreffen (K 19, 20, 21). Deshalb erscheint es angebracht, den vom Sachverständigen vorgenommenen Abzug von 1,2 % auf 0,6 % zu halbieren.
Die Entscheidung des OLG Frankfurt/Main (Urteil vom 30.01.2001 Evers in VertR LS) steht nicht entgegen, denn dort waren im Händlervertrag Kosten für Vorführfahrzeuge ausdrücklich mit einem festgelegten Prozentsatz vergütet worden.
8.5 Schließlich ist der Rabatt um händlertypische Verwaltungskosten zu kürzen, die den vorangegangenen Positionen nicht direkt zugerechnet werden konnten, also in diesen noch nicht enthalten sind. Dazu gehören die Kosten der Lagerhaltung (also nicht die dafür bereits unter 8.3 berücksichtigten Personalkosten), Unterhaltung von Ausstellungsräumen, Forderungsausfallrisiko, Abschreibungen, Zinsaufwendungen, Versicherungen, Gebühren u. a.
Die Bezifferung dieses Kostenanteils war auch für den Sachverständigen kaum möglich, weil diese Kosten in ganz unterschiedlicher Weise für die einzelnen, von der Klägerin betriebenen Unternehmensbereiche anfallen – Neuwagenverkauf, Kundenbetreuung, Gebrauchtwagenverkauf, Kundendienst und Teileverkauf. Hier relevant ist aber allein der Kostenanteil für die Bereiche Neuwagenverkauf und Kundenbetreuung, denn allein dafür erhielt die Klägerin die der Berechnung des Rohausgleichs zugrunde zu legende Vergütung.
Die Klägerin hält einen Anteil von 1,01 % für sachgerecht, die Beklagte einen solchen von 4,74 %, der Sachverständige hat den Rabatt um 3,08 % gekürzt. Die Erörterung in der mündlichen Verhandlung ergab keine Annäherung; eine genauere Ermittlung wäre mit Kosten verbunden, die außer Verhältnis stehen.
Die Kammer hält es deshalb für angebracht, im Wege der Schätzung eines Kürzung um 2,5 % vorzunehmen. Dieser Erfahrungswert wird in der Praxis häufig zugrunde gelegt (vgl. OLG Frankfurt/Main, a.a.O.; LG Köln, Urteil vom 14.01.1999 – Evers in VertR LS; OLG Köln, MDR 96, 689).
9.0 Der Gesamtrabatt, der der Klägerin im letzten Vertragsjahr für Umsätze mit Mehrfachkunden zugeflossen ist, beläuft sich auf 17,74 % (vgl. Seite 61 des Gutachtens).
Davon sind nach den Ausführungen unter Ziff. 8 insgesamt 11,91 %
abzusetzen, sodass sich ein Rabattkern von 5,83 % ergibt (dieses Ergebnis entspricht demjenigen in vergleichbaren Fällen – vgl. […]: 8 %, […]: 3,9 % BGH, a.a.O.; […]: 6,87 %. LG Köln, a.a.O. […]: 8 % LG Heilbronn, Anlage K 26 unbekannte Marke: 6 % OLG Köln, MDR 96, 689).
Dies bedeutet, dass 1/3 des Gesamtumsatzes mit Mehrfachkunden, den der Sachverständige mit 289.904,37 DM beziffert (vgl. Seite 61 des Gutachtens), also ein Betrag von 96.635,00 DM der Berechnung des Ausgleichs zugrunde zu legen ist.
10.0 Die Vorteile, die die Beklagte durch eine weitere Nutzung der von der Klägerin aufgebauten Geschäftsverbindungen erzielt, wie auch die Provisionsverluste, die die Klägerin durch die Beendigung des Vertragshändlervertrages erleidet, sind durch Stellung einer Prognose über die künftige Entwicklung zu ermitteln. Bei länger und langlebigen Gütern, also gerade auch bei Fahrzeugen, wird der Prognosezeitraum üblicherweise mit fünf Jahren bemessen (BGH ZIP 96, 1299 ; OLG Köln, VersR 98, 451; OLG Frankfurt/Main, a.a.O.; LG Köln, a.a.O.; Baumbach/Hopt, Kommentar zum HGB, 30. Aufl., § 89 b Rz. 16; Westphal, Rz. 258). Von einem solchen Prognosezeitraum ist auch im vorliegenden Fall auszugehen.
Eine Abwanderungsquote ist nicht anzusetzen. Der für den Ausgleichsanspruch maßgebliche Stammkundenumsatz ist vielmehr durch Multiplikation des Mehrfachkundenumsatzes des letzten Vertragsjahres mit dem Prognosezeitraum zu ermitteln. Eine zusätzliche Abwanderungsquote ist nicht in Ansatz zu bringen, weil in der Mehrfachkundenquote bereits eine Abwanderungsquote für das nächste Kaufzeitintervall von fünf Jahren liegt. Deshalb würde es den Händler unzulässig benachteiligen, wenn die Mehrfachkundenquote und die Abwanderungsquote für den gleichen Zeitraum angewendet wird (BGHZ 135, 14; OLG Köln, BB 97, 61; OLG Köln, MDR 96, 689; OLG Köln, VersR 98, 451; LG Köln, Urteil vom 14.01.1999 Evers in VertR LS; Westphal, Rz. 257).
Die Prognose ergibt somit einen Rabattverlust von 483.175,00 DM.
11.0 In der Rechtsprechung und Literatur ist allgemein anerkannt, dass hiervon aus Billigkeitsgründen unter dem Gesichtspunkt der „Sogwirkung der Marke“ ein Abschlag vorzunehmen ist dementsprechend hatte die Klägerin bei ihrer ursprünglichen Berechnung den Rohausgleich um 1/3 gekürzt, während sie nunmehr davon Abstand nehmen will, weil diese Sogwirkung bereits im Preis und in der Händlermarge berücksichtigt sei.
Diesem Argument vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Unter der Sogwirkung einer Marke ist der Umstand zu verstehen, dass ein Markenartikel vermöge seines besonderen Bekanntheitsgrades geringerer Ermittlungsbemühungen des Händlers bedarf, als dass bei weniger bekannten Produkten der fall sein mag (BGH ZIP 96, 1294; OLG Köln, a.a.O.; OLG Frankfurt/Main, a.a.O.; LG Köln, a.a.O.; Westphal, Rz. 259).
Das LG Köln hat den Billigkeitsabschlag für die Marke […] mit 25 % bemessen. Der BGH hat in seiner „[…]“ Entscheidung einen Abschlag von 30 % unter dem Gesichtspunkt der Sogwirkung der Marke und des nach vertraglichen Wettbewerbs nicht beanstandet. Deshalb ist für die Marke „[…]“, die einen hohen Bekanntheitsgrad genießt, nach Auffassung der Kammer gleichfalls ein Abschlag von 30 % gerechtfertigt.
Der Rabattverlust beziffert sich somit auf 338.220,00 DM.
12.0 Von diesem Betrag ist noch eine Abzinsung vorzunehmen. Diese ist erforderlich, da dem Vertragshändler mit Ausgleich eine Zahlung in einer Summe zufließt, die er ohne Beendigung des Vertragsverhältnisses infolge von Rabatten erst über einen längeren Zeitraum (Prognosezeitraum) verdient hätte.
Die Abzinsung ist nach der Multifaktorentabelle von Gillardon (vgl. dazu Westphal, Rz. 260, 261). Dabei ist der Rabattverlust zunächst durch die Anzahl der Monate zu teilen, auf die sich die Verlustprognose bezieht, also durch 60 Monate. Dies ergibt einen monatlichen Durchschnittsbetrag in Höhe von 5.637,00 DM. Bei einem Zinssatz von 5 % beträgt der Faktor 54,2991, so dass sich der abgezinste Rabattverlust auf 306.085,00 DM beziffert. Zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer von 16 % beziffert sich sonach der Rohausgleich auf 355.055,60 DM Hiervon ist die Zahlung der Beklagten in Höhe von 82.922,60 DM abzusetzen, so dass ein Rohausgleich in Höhe von 272.136,00 DM verbleibt.
Der Höchstbetrag gemäß § 89 b Abs. 2 HGB ist ungleich höher, nach der Berechnung der Klägerin in der Klage beträgt er 740.530,18 DM.
Deshalb hat die Klägerin lediglich Anspruch auf den Rohertrag.
Insofern ist die Klage begründet, im übrigen ist sie abzuweisen.
Zinsen kann die Klägerin gemäß §§ 252, 253 HGB beanspruchen.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Nr. 11, 709 Satz 1, 711 Satz 1 ZPO.