Formularmäßige Versorgungsrichtlinien zur Anrechnung einer Altersversorgung; Billigkeitsprüfung
VIII ZR 211/01 Urteil verkündet am 20. November 2002 BGH Ausgleichsanspruch, VersicherungsvertretervertragBundesgerichtshof
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
[…]
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshof hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. Oktober 2002 durch […]
Tenor
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 17. August 2001 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
von Rechts wegen
Tatbestand
Die Parteien schlossen unter dem 1. April 24. Juli 1986 einen Versicherungsvertretervertrag, nach dem der Kläger für die Beklagte und die mit ihr verbundenen Unternehmen als selbständiger Versicherungsvertreter im Hauptberuf tätig werden sollte. In Ergänzung zu dem Vertretervertrag erklärte der Kläger seinen Beitritt zu den Vertreter Versorgungsrichtlinien (VVR) der Beklagten ab Beginn seines Vertrages; gleichzeitig erkannte der Kläger die VVR an. Die VVR regeln die Alters-; Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung der hauptberuflichen Ausschließlichkeitsvertreter und enthalten unter anderem, folgende Bestimmung:
„16. Versorgungs und Ausgleichsanspruch
16.1 In Höhe des nach den Richttafeln Dr. H., Dr. F., Rechnungszins 5,5 %, berechneten Barwertes der von der C. insgesamt zu gewährenden Versorgungsleistungen entsteht nach dem Grundsatz der Billigkeit kein Ausgleichsanspruch gem. § 89 b HGB gegenüber der C. Versicherung AG“.
Der Vertretungsvertrag zwischen den Parteien endete mit der Kündigung der Beklagten gegenüber dem Kläger zum 30. September 1998. Mit Schreiben vom 14. Oktober 1998 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß auf den Zeitpunkt seines Ausscheidens ein unverfallbarer Rentenanspruch in Höhe von 1.350,34 DM (monatlich), ermittelt worden sei; hieraus errechnete die Beklagte einen Rentenbarwert in Höhe von 66.534,– DM. Den Ausgleichsanspruch des Klägers aus S. Versicherungen bezifferte die Beklagte auf 141.217,– DM. Den sich nach Abzug des Rentenbarwertes ergebenden Differenzbetrag von 74.683,– DM überwies die Beklagte dem Kläger.
Den von der Beklagten in Abzug gebrachten Betrag in Höhe von 66.534,– DM (Rentenbarwert) hat der Kläger zum alleinigen Gegenstand seiner Klage gemacht und die Ansicht, vertreten, bei einer mehr als 20 jährigen Differenz zwischen Fälligkeit des Ausgleichsanspruchs und Fälligkeit der Rentenzahlung entspreche die Berücksichtigung des Rentenbarwertes nicht der Billigkeit; im übrigen könne sich die Beklagte nicht auf Nr. 16 der VVR berufen, da diese Klausel einer Prüfung nach dem AGB Gesetz nicht standhalte.
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, auch bei erheblicher Fälligkeitsdifferenz gebe es keine Veranlasssung, von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 45, 8 ff.) abzuweichen; Nr. 16 der VVR verstoße auch nicht gegen das AGB Gesetz.
Gegen das Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und zunächst die Wiederholung seiner erstinstanzlichen Anträge angekündigt. Mit Schriftsatz vom 10. Mai 2001 hat er sodann seine Klageforderung auch auf einen behaupteten Provisionsanspruch gestützt. Dazu hat er die Ansicht vertreten, die Provisionsverzichtsklausel in § 1 der Provisionsbestimmungen sei wegen Verstoßes gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam, so daß ihm ein Anspruch aus § 92 Abs. 4 HGB auf Folgeprovisionen zustehe. Zu dessen Vorbereitung hat er nach den Feststellungen im Tatbestand des Berufungsurteils als Hauptantrag die Erteilung eines Buchauszuges beantragt, der sich auf alle von ihm vermittelten Versicherungsverträge in der Zeit vom 30. September 1997 bis zum 18. Mai 2001 bezieht; hilfsweise hat er eine Entscheidung nach den Sachanträgen der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz beantragt.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers hinsichtlich des Hauptantrages als unzulässig verworfen und im übrigen als unbegründet zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine in der Berufungsinstanz zuletzt gestellten Anträge weiter.
Entscheidungsgründe
I. Zur Begründung ist im angefochtenen Urteil (abgedruckt in VersR 01, 1377 ff.) ausgeführt, die Berufung sei unzulässig, soweit der Kläger mit dem Hauptantrag zur Vorbereitung eines Provisionsanspruchs gemäß § 92 Abs. 4 HGB die Erteilung eines Buchauszuges begehre; denn der Kläger erstrebe damit nicht die Beseitigung der im angefochtenen Urteil liegenden Beschwer, sondern verfolge einen neuen und gegenüber dem erstinstanzlichen Streitgegenstand gänzlich anderen Anspruch. Der neue Hauptantrag könne auch nicht im Wege einer Klageänderung in eine wegen des Hilfsantrages zulässige Berufung eingeführt werden. Im übrigen sei der Hauptantrag unbegründet, da der in Nr. 11 der Provisionsbestimmungen geregelte Provisionsverzicht nicht gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG verstoße; außerdem habe der Kläger durch seine Erklärung in erster Instanz, nur einen (Rest )Ausgleichsanspruch geltend machen zu wollen, nach Vertragsbeendigung (erneut) einen Provisionsverzicht erklärt.
Hinsichtlich des hilfsweise aufrecht erhaltenen Ausgleichsanspruchs sei die Berufung unbegründet. Der Kläger habe im Sinne des § 288 ZPO zugestanden, daß sich die ausgleichspflichtigen Provisionsverluste rechnerisch auf den Betrag von 141.217,– DM beliefen. Von dem ermittelten Ausgleichsanspruch habe die Beklagte im Ergebnis zu Recht einen Abzug in Höhe des Anwartschaftsbarwerte von 68.534,– DM vorgenommen. Nach Abwägung aller im Rahmen der Billigkeit zu berücksichtigenden Umstände sei in dem hier zu entscheidenden Einzelfall ein solcher Abzug gerechtfertigt. Zwar verstoße die Regelung in Nr. 16.1 der VVR gegen § 89 b Abs. 4 HGB sowie gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG in Verbindung mit § 89 Abs. 1 Nr. 3 HGB. Dies führe jedoch nicht dazu, daß bei der gemäß § 89 b Abs. 1 Nr. 3 HGB vorzunehmenden Billigkeitsprüfung die finanzierte Altersversorgung gar nicht zu berücksichtigen wäre. Vielmehr sei der Anwartschaftsbarwert von dem rechnerischen Ausgleichsanspruch in voller Höhe abzuziehen. Zwar verfolge eine Ausgleichszahlung in der Situation des Klägers jedenfalls auch den Zweck, diesem für eine Übergangszeit die Geldmittel zur Verfügung zu stellen, die er benötige, bis ihm aus seiner neuen Tätigkeit ausreichende laufende Mittel zuflossen; eine Rentenanwartschaft sei hierfür kein Aquivalent, da sie weder kapitalisiert noch beliehen werden könne. Andererseits sei nicht zu verkennen, daß je größer die Fälligkeitsdifferenz, desto geringer der zu berücksichtigende Anwartschaftsbarwert mit einer damit einhergehenden verringernden Minderung des auszuzahlenden Betrages sei. Auch im vorliegenden Fall betrage der Rentenbarwert weniger als 50 % des rechnerisch ermittelten Ausgleichsanspruchs, so daß dem Kläger ein absolut und relativ hoher Barbetrag verbleibe.
Eine gänzliche oder teilweise Nichtberücksichtigung des Kapitalwertes führe demgegenüber zu einer wirtschaftlich nicht oder jedenfalls nicht grundsätzlich zu rechtfertigenden Doppelbelastung des Unternehmers, wenn dieser zusätzlich zu dem Ausgleichsanspruch noch freiwillig den unverfallbaren Rentenanspruch für den Vertreter finanziere, während letzterer seinerseits während der Laufzeit des Vertretervertrages die entsprechenden Aufwendungen für eine Versorgung erspare. Hinzu komme, daß die Vertragsparteien hier bei Abschluß des Vertrages übereinstimmend davon ausgegangen seien, daß eine Anrechnung der Altersversorgung der Billigkeit entspreche; auch wenn dieser Einigung keine vertragliche Bindung zukomme, könnten die Vorstellungen der Vertragsparteien bei der zu treffenden Bllligkeitsabwägung angemessen berücksichtigt werden. Zudem habe der Kläger den Vertrag nebst VVR, bevor er ihn unterschrieben habe, von dem für ihn zuständigen Berufsverband überprüfen lassen und sich mit den die Berechnung des Ausgleichsanspruchs und die Altersvorsorge betreffenden Vorschriften genau auseinandergesetzt. Angesichts dieses Verhaltens, das im Rahmen der einzelfallbezogenen Billigkeitsprüfung berücksichtigt werden könne, sei er (zumindest) weniger in seinem Vertrauen auf volle Auszahlung des Ausgleichsanspruchs bei vorzeitiger Vertragsbeendigung geschützt.
II. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung in vollem Umfang stand.
1. Verfahrensfehlerfrei hat das Berufungsgericht die Berufung des Klägers hinsichtlich des im zweiten Rechtszug erstmals gestellten Hauptantrages auf Erteilung eines Buchauszugs als unzulässig verworfen.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Berufung nur dann zulässig, wenn der Berufungskläger damit die Beseitigung einer in der angefochtenen Entscheidung liegenden Beschwer erstrebt. Eine Berufung ist daher unzulässig, wenn sie den in erster Instanz erhobenen Klageanspruch nicht wenigstens teilweise weiterverfolgt, sondern – wie hier – lediglich im Wege der Klageänderung einen neuen bislang nicht geltend gemachten Anspruch zur Entscheidung stellt. Soweit der Berufungskläger seinen in erster Instanz geltend gemachten Klageanspruch hilfsweise weiterverfolgt, ist die Berufung dagegen zulässig (Senat, Urteil vom 14. Februar 1996 – VIII ZR 68/95, WM 96, 1511 = NJW RR 96, 785 unter II 2 e; Senat, Urteil vom 11. Oktober 2000 – VIII ZR 321/99, WM 01, 45 = NJW 01, 228 unter II 2 c).
b) Diese Grundsätze stellt die Revision nicht in Frage, sieht aber die sich mit Beweiskraft aus dem Tatbestand des Berufungsurteils ergebende Stellung eines Haupt- und eines Hilfsantrages durch das Protokoll über die Berufungsverhandlung vom 18. Mai 2001 gemäß § 314 ZPO als entkräftet an. Damit kann sie nicht durchdringen. Zwar hatte der Kläger im Schriftsatz vom 10. Mai 2001 den erstmals gestellten Antrag auf Erteilung eines Buchauszugs sowie den bisherigen Zahlungsantrag als gleichrangig formuliert. In der nicht mehr im Original vorhandenen, rekonstruierten Akte befindet sich jedoch auf dem vorgenannten Schriftsatz ein handschriftlicher Zusatz, wonach der Zahlungsantrag im Termin vom 18. Mai 2001 nur noch hilfsweise gestellt worden sei. Laut Protokoll vom 18. Mai 2001 hat der Prozeßbevollmächtigte des Berufungsklägers den Antrag aus dem Schriftsatz vom 10. Mai 2001 gestellt, ohne daß ersichtlich wäre, daß damit der zunächst formulierte Antrag gemeint gewesen war. Dann aber ergibt sich aus dem Sitzungsprotokoll die Unrichtigkeit der im Berufungsurteil wiedergegebenen Antragstellung nicht. Im übrigen hat das Berufungsgericht in den Entscheidungsgründen festgestellt, daß die Umstellung der Anträge auf das Eventualverhältnis erst in der mündlichen Verhandlung erfolgt sei; einen Antrag auf Tatbestandsberichtigung hat der Kläger nicht gestellt.
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch den mit dem Hilfsantrag aufrechterhaltenen Anspruch auf Zahlung eines (weiteren) Ausgleichsanspruchs in Höhe von 66.534,– DM als unbegründet angesehen.
a) Der Anspruch wäre schon dann zu verneinen, wenn ein Provisionsverzicht des Klägers, der Voraussetzung eines Ausgleichsanspruchs nach § 89 b Abs. 5 HGB ist (Brüggemann in Staub, Großkommentar zum HGB, 4. Aufl., § 89 b Rdnr. 130; Küstner/v. Manteuffel/Evers, Handbuch des gesamten Außendienstrechts Bd. 2, 6. Aufl. Rdnr. 27), nicht vorläge. Das ist jedoch nicht der Fall. Dabei kann dahinstehen, ob die Provisionsverzichtsklausel in Nr. 11 der Provisionsbestimmungen der Beklagten, auf die Nr. 5 a Abs. 2 des Vertretungsvertrages verweist, wegen unangemessener Benachteiligung der Interessen des Handelsvertreters nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam ist, wie die Revision unter Bezugnahme auf eine in der Literatur vertretene Meinung (Graf von Westphalen, DB 00, 2255, 2256 f.; für die Gegenansicht siehe Nachweise bei Küstner/v. Manteuffel/Evers a.a.O. Rdnr. 27 Fn. 8) meint. Das Berufungsgericht hat, von der Revision unbeanstandet, festgestellt, daß der Kläger durch seine ausdrückliche Erklärung in erster Instanz, nur einen (Rest ) Ausgleichsanspruch geltend machen zu wollen, jedenfalls nach Vertragsbeendigung individuell einen Provisionsverzicht erklärt hat, gegen dessen Wirksamkeit keine Bedenken bestehen.
b) Verfahrensfehlerfrei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der dem Kläger zustehende Ausgleichsanspruch im Bereich der S Versicherungen, wie er von der Beklagten ermittelt worden ist, sich rechnerisch auf 141.217,– DM beläuft. Dies hat der Kläger in der Klageschrift ausdrücklich unstreitig gestellt und ausgehend hiervon einen restlichen Ausgleichsanspruch in Höhe von 66.534,– DM geltend gemacht. Die Beklagte hat im Rechtsstreit ebenfalls den von ihr ermittelten Betrag zugrunde gelegt und lediglich das Bestehen eines gesetzlichen Ausgleichsanspruchs des Klägers gemäß § 89 b HGB in dieser Höhe bzw. eines höheren Ausgleichs bestritten, weil sie den Ausgleichsanspruch von 141.217,– DM allein unter Anwendung der „Grundsätze Sach“ als Rechenschema zur Ermittlung der Ausgleichshöhe angewandt habe. Die Revision zeigt auch keinen Vortrag des Klägers auf, wonach dieser im Verfahren einen Ober den errechneten Betrag hinausgehenden Ausgleichsanspruch substantiiert behauptet hätte.
Unter diesen Umständen ist es nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht den von der Beklagten ermittelten Betrag seitens des Klägers im Sinne von § 288 ZPO als zugestanden angesehen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1994 – IX ZR 115/93, NJW 94, 3109 unter I 2 a), jedenfalls eine Einigung der Parteien auf die Anwendung der „Grundsätze Sach“ (abgedruckt bei Hopt, Handelsvertreterrecht, 2. Aufl., S. 253 ff.) im Bereich der rechnerischen Ermittlung des Ausgleichsanspruchs festgestellt hat.
c) Vergeblich wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht von dem zugrunde gelegten Ausgleichsanspruch von 141.217,– DM einen Abzug in Höhe des Anwartschaftsbarwertes von 66.534,– DM im Rahmen der Billigkeitsprüfung gemäß § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB vorgenommen hat.
aa) Allerdings liegt, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, keine bindende Vereinbarung zwischen den Parteien darüber vor, daß der Barwert der von der Beklagten zu gewährenden Versorgungsleistungen auf den Ausgleichsanspruch des Klägers anzurechnen ist. Die Regelung in Nr. 16.1 der Vertreter Versorgungsrichtlinien, denen der Kläger beigetreten ist, verstößt gegen § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 89 b Abs. 4 HGB in Verbindung mit § 9 Abs. 1 AGBG (jetzt § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) und ist daher unwirksam (vgl. Senat, Urteil vom 25. September 2002 – VIII ZR 253/99, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt, unter II. 3 a).
Durch die Klausel: „In Höhe des … Barwertes der … zu gewährenden Versorgungsleistungen entsteht nach dem Grundsatz der Billigkeit kein Ausgleichsanspruch gem. § 89 b HGB …“ sollte nicht lediglich eine Einigung der Vertragsparteien darüber getroffen werden, daß der Barwert der Versorgung in die Billigkeitsprüfung nach § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB einbezogen werden sollte. Vielmehr wird dadurch eine Anrechnung insoweit zwingend und unter Ausschluß der Berücksichtigung anderer Billigkeitskriterien vorgeschrieben, eine einzelfallbezogene Billigkeitsabwägung im Sinne des § 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB damit gerade ausgeschlossen; eine solche automatische Herabsetzung ist aber mit der gesetzlich vorgeschriebenen Abwägung nach § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB nicht vereinbar. Im Einzelfall kann eine lange zeitliche Differenz zwischen der Beendigung des Handelsvertretervertrages und der Fälligkeit des Versorgungsanspruchs einer Anrechnung auf den Ausgleichsanspruch entgegenstehen (vgl. Senat, Urteil vom 23. Februar 1994 – VIII ZR 94/93, WM 94, 1118 = NJW 94, 1350 unter II 2). Ferner kann sich bei einer Anrechnung der Versorgung auf den sogenannten Rohausgleich im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB (vgl. Senat, Urteil vom 25. November 1998 VIII ZR 221/97, WM 99, 391 = NJW 99, 948 unter III) ein Ausgleichsbetrag ergeben, der oberhalb der Höchstgrenze des § 89 b Abs. 5 Satz 2 HGB liegt, so daß der Ausgleichsanspruch ganz oder teilweise unberührt bleibt; hingegen verringert sich bei einer Anrechnung der Versorgung nach der Klausel Nr. 18.1 der Versorgungsrichtlinien der nach § 89 b Abs. 1 Satz 1 HGB ermittelte Ausgleichsbetrag. Soll aber durch die Anrechnung des Barwertes der Versorgungsleistungen das Entstehen eines Ausgleichsanspruchs, wie dieser unter Berücksichtigung der Ausgleichshöchstgrenze ermittelt worden ist, in Höhe des Barwerts verhindert werden, ist hierin zugleich eine unzulässige Einschränkung des Ausgleichsanspruchs gemäß § 89 b Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 HGB zu sehen (vgl. das am gleichen Tage verkündete Senatsurteil vom 20. November 2002 VIII ZR 146/01, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt unter II 2).
bb) Wenn das Berufungsgericht im Streitfall nach Abwägung aller wesentlichen Umstände die von der Beklagten finanzierte Altersversorgung bei der von ihm getroffenen Billigkeitsprüfung noch § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB berücksichtigt und in Höhe des Barwertes von dem Ausgleichsanspruch des Klägers abgesetzt hat, läßt dies keinen Rechtsfehler erkennen. Die Würdigung der im Rahmen der Billigkeit in Betracht kommenden Umstände ist im wesentlichen Sache das Tatrichters und kann vom Revisionsgericht nur darauf nachgeprüft werden, ob sie einen Rechtsirrtum oder einen Verstoß gegen Erfahrungssätze enthält oder ob sie wesentliches Vorbringen der Parteien ersichtlich unberücksichtigt gelassen hat (BGH, Urteil vom 14. April 1983 – I ZR 20/81, WM 83, 1102 = NJW 83, 2877 unter II 2; Senat, Urteil vom 5. Juni 1996 VIII ZR 7/95, WM 98, 1558 = NJW 96, 2302 unter B I 4 a).
Solche Fehler vermag die Revision nicht aufzuzeigen. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, anerkannt, daß eine vom Versicherungsunternehmen finanzierte Altersversorgung auf den Ausgleichsanspruch angerechnet werden kann, wenn und soweit die ungekürzte Zuerkennung des Ausgleichsanspruchs unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls unbillig wäre; dies ist wegen der „funktionellen Verwandtschaft zwischen Ausgleichsanspruch und Altersversorgung“ dann bejaht worden, wenn die Altersversorgung dem Handelsvertreter gewährt wird, der wegen Erreichung der Altersgrenze aus seiner Tätigkeit ausscheidet (BGHZ 45, 288, 278 f.; 55, 45, 58 f.; BGH, Urteil vom 18. Februar 1982 I ZR 20/80, WM 82, 632 = NJW 82, 1814 unter A I 2 c). Die Rüge der Revision, eine Kürzung des Ausgleichsanspruchs mit Rücksicht auf die künftige Altersversorgung komme schon wegen der Länge des Zeitraums zwischen Vertragsbeendigung und dem Fälligwerden des Versorgungsanspruchs des Klägers nicht in Betracht, greift nicht durch. Auch bei einer Fälligkeitsdifferenz zwischen Ausgleichsanspruch einerseits und Altersversorgung andererseits von 24 Jahren hat der Bundesgerichtshof eine Kürzung des Ausgleichsanspruchs anerkannt, wenn dies zwischen den Parteien vertraglich vereinbart worden war (BGH, Urteil vom 17. November 1983 – I ZR 139/81, WM 84, 212 = VersR 84, 184 unter II 3), während er bei Fehlen einer solchen Vereinbarung bereits bei einer Fälligkeitsdifferenz von 21 Jahren die Nichtanrechnung der Altersversorgung auf den Ausgleichsanspruch unbeanstandet gelassen hat (Senat, Urteil vom 23. Februar 1994 a.a.O.).
Dabei kommt es nicht auf dierechtliche Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung an (vgl. Küstner BB 94, 1590, 1591 f.; ders, Festschrift für Trinkner 1995 S. 193, 210 Graf von Westphalen, DB 00, 2255, 2258). Jedenfalls haben die Parteien durch ihr Einverständnis mit dieser Regelung zum Ausdruck gebracht, was sie für der Billigkeit entsprechend erachten. Diesen Umstand durfte das Berufungsgericht ebenso wie sogar vertragsfremde Umstände (BGHZ 45, 269, 273; MünchKommHGB von Hoyningen Huene, § 89 b Rdnr. 102 m.w.Nachw.) – im Anschluß an OLG Köln (VersR 97, 615, 616) im Rahmen der von ihm zu treffenden Billigkeitsentscheidung zum Nachteil des Klägers, obwohl dieser bei Vertragsbeendigung erst 43 Jahre alt war, berücksichtigen.
Zutreffend weist das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang darauf hin, daß mit ansteigender Fälligkeitsdifferenz der zu berücksichtigende Rentenbarwert sich verringert und damit der Ausgleichsbetrag entsprechend weniger gekürzt wird. Auch im vorliegenden Fall verbleibt dem Kläger mehr als die Hälfte des rechnerisch ermittelten Ausgleichsbetrages und damit ein absolut und relativ hoher Barbetrag.
Der in anderem Zusammenhang vorgebrachte Einwand der Revision, die Altersversorgung werde in Fällen wie dem vorliegenden nicht vom Unternehmer, sondern – über die Kürzung des Ausgleichsanspruchs vom Vertreter finanziert, geht fehl. Dabei wird übersehen, daß bei einer Finanzierung der Altersversorgung durch den Unternehmer dieser eine dem Handelsvertreter obliegende Aufgabe übernimmt, der anderenfalls die dafür erforderlichen Aufwendungen aus seinem laufenden Einkommen bestreiten müßte. Wenn der Rentenbarwert der Versorgungsleistungen von dem am Ende des Handelsvertreterverhältnisses fällig werdenden Ausgleichsanspruch abgesetzt wird, erfolgt auf diese Weise eine Erstattung der vom Unternehmer gemachten Aufwendungen, so daß im Ergebnis eine Doppelbelastung des Unternehmers vermieden wird (vgl. BGHZ 45, 268, 273).