Investitionsersatzanspruch des Vertragshändlers; Schadensersatzfeststellungsbegehren des Vertragshändlers

102 O 10/03 Kart Urteil verkündet am 31. Oktober 2003 LG Berlin Vertragshändlerrecht

Landgericht Berlin
Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit
[…]
wegen Ansprüchen aus Vertragshändlerbeziehung hat die Kammer für Handelssachen 102 des Landgerichts Berlin in Berlin Charlottenburg, […], auf die mündliche Verhandlung vom 02. September 2003 durch […] für Recht erkannt:

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.498,06 € zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 96,7 % und die Beklagte 3,3 % zu tragen.

3. Das Urteil ist für beide Parteien gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich eines Aufschlages in Höhe von 10 v. H. vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte importiert Kraftfahrzeuge der Marke […] nach Deutschland, die die Klägerin für sie als Vertragshändlerin in Hamburg vertrieb.

Vor ihrer Tätigkeit für die Beklagte vertrieb die Klägerin Kraftfahrzeuge der Marke […]. Unter dem 23. Juli/5. August 1996 schloss die Klägerin mit der Beklagten mit Wirkung zum 1. Juni 1996 einen Vertragshändlervertrag über den Verkauf von fabrikneuen […] Kraftfahrzeugen und Ersatzteilen an Endverbraucher im eigenen Namen und auf eigene Rechnung.

Der Vertrag sieht unter der Nr. 4 eingangs vor: „Der Vertrieb von […] Erzeugnissen erfolgt grundsätzlich nur über […] Vertragshändler“.

Nr. 3 des Vertrages lautet auszugsweise: „Das Vertragsgebiet ist der geographische Raum, in welchem der Händler für alle […] Aktivitäten im Rahmen des Vertrages verantwortlich ist.

3.1. Das Vertragsgebiet umfaßt: Kreisfreie Stadt Hamburg gemeinsam mit folgenden […] Vertragshändlern:“ Hiernach ist handschriftlich eingefügt: „6 weitere […] Vertragshändler; z.Zt. des Vertragsabschlusses: …“ Es folgt eine Aufzählung von sechs Unternehmen, bezeichnet mit ihrer Firma, darunter die „[…] GmbH“.

Der Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen. Den Parteien war das Recht eingeräumt, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von zwei Jahren zum Monatsende zu kündigen. Weiterhin sollte die Beklagte berechtigt sein, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von mindestens einem Jahr zum Monatsende zu kündigen, „falls sich die Notwendigkeit ergibt, das Vertriebsnetz insgesamt oder zu einem wesentlichen Teil umzustrukturieren“.

Schließlich sieht Nr. 20.2. des Vertrages als Gerichtsstand den jeweils aktuellen Firmensitz der Beklagten vor.

Die unter 3.1. des Vertrages aufgeführte […] GmbH war eine Mitte 1995 gegründete Gesellschaft, deren einzige Gesellschafterin die […] GmbH war, eine Tochtergesellschaft der Beklagten. Die […] GmbH diente als Auffanggesellschaft für die […] GmbH & Co. KG, die Mitte des Jahres 1995 insolvent geworden war. Die […] KG war bis zur Eröffnung des Konkursverfahrens über ihr Vermögen der umsatzstärkste Händler der Beklagten in der Stadt Hamburg. Nunmehr firmiert die […] GmbH als […] GmbH und ist als Vertragshändler der Klägerin nicht mehr konzerneigen. Der Betrieb der Klägerin befand sich zunächst in […].

Die Klägerin hatte in Verbindung mit einem Fusionsvorhaben erwogen, ihren Betrieb umzusiedeln. Unter Hinweis hierauf bat sie die Klägerin mit Schreiben vom 12. Mai 1999 (Anlage B 2) um deren Zustimmung, was diese unter dem 8. Juni 1999 von dem Einreichen eines Unternehmenskonzeptes abhängig machte (Anlage B 3). Der Geschäftsführer der Beklagten führte auf deren Hauptversammlung am 30. September 1999 zum Thema Investitionsschutz aus, er könne sich eine Vereinbarung vorstellen, die die Rückzahlung von nicht amortisierten Investitionen für den Fall einer Kündigung von Vertragshändlerverträgen regele. Unter dem 5. Oktober 1999 versandte die Klägerin das Rundschreiben 153/1999 (Anlage K 4), in dem sie einen Facility Guide und Operating Standards (Anlage K 5) vorstellte. Unter dem gleichen Datum kündigte sie mit Rundschreiben Nr. 156/1999 an, die vorhandenen […] Standorte weiter auszubauen. In der Zeitschrift „Kfz Betrieb“ vom 14. Oktober 1999 wurde der Geschäftsführer der Beklagten mit den Worten zitiert, dass es vorerst keine Kündigungen geben werde.

Mit Vertrag vom 5. Januar 2000 (Anlage K 11) mietete die Klägerin zum 1. April 2000 das Grundstück […], an. Der monatliche Mietzins beträgt DM 30.000,00 (= 15.338,76 €) netto. Der Vermieteter verpflichtete sich in dem Vertrag unter § 8, die Mietsache gemäß den Empfehlungen des „facility guide“ der […] Deutschland herzustellen und alle zum Betrieb eines […] Autohauses notwendigen Einrichtungen zu investieren. Das Mietverhältnis ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2012 nicht ordentlich kündbar.

Im Januar 2000 teilte der Mitarbeiter der Klägerin, der Zeuge […], einem Mitarbeiter der Beklagten, dem Zeugen […], mit, es sei ein langjähriger Mietvertrag geschlossen worden bzw., man werde einen langjährigen Mietvertrag schließen. Hiervon informierte der Mitarbeiter […] die Zentrale der Beklagten, in der unter dem 31. Januar 2000 eine Aktennotiz (Anlage B 5) gefertigt wurde, in der es abschließend heißt, dass der Mitarbeiter […] auch mitgeteilt habe, dass er einen Kündigungsvorschlag unterzeichnet habe und dieser sich auf dem Postwege zur Zentrale der Beklagten befinde. Die Klägerin teilte der Beklagten mit Schreiben vom 30. März 2000 (Anlage K 10) den beabsichtigten Umzug und die getätigten Investitionen mit und bat sie um Unterstützung zur kurzfristigen Realisierung. Hierauf erwiderte die Beklagte mit Schreiben vom 5. April 2000 (Anlage B 6), dass sie eine Zustimmung zur Standortverlagerung von der Einreichung eines Unternehmenskonzeptes abhängig mache.

Nachdem es zu einem Gespräch zwischen dem Zeugen […] und dem Geschäftsführer der Beklagten […] am 13. April 2000 gekommen war, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 10. Mai 2000 (Anlage B 7) mit, sie könne einer Betriebsverlagerung nicht zustimmen. In der Folgezeit wiederholte die Beklagte, dass sie ihrem jeweils aktuellen Informationsstand zufolge einer Betriebsverlagerung nicht zustimmen könne. Mit Schreiben vom 5. Oktober 2000 (Anlage B 11) führte sie aus, wie bereits mehrfach mitgeteilt sei sie aus grundsätzlichen Erwägungen mit einer Verlagerung der Betriebsanlage an einen neuen Standort nicht einverstanden.

Ende Oktober 2000 bezog die Klägerin die neue Betriebsstätte laut Mietvertrag vom 5. Januar 2000. Nachdem das Oberlandesgericht Köln in einem Rechtsstreit zwischen der Beklagten und einem anderen […] Vertragshändler mit am 17. November 2000 verkündeten Urteil – 19 U 2000/00 – unter anderem ausgeführt hatte, Nr. 4 des von der Beklagten verwendeten Händlervertrages bedeute ein Direktvertriebsverbot und verbiete es ihr, auch in unmittelbarer Nachbarschaft von Vertragshändlern auf der Absatzebene tätig zu werden, kündigte die Beklagte gegenüber allen ihren Vertragshändlern den Händlervertrag zum 31. Dezember 2002, gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 29. November 2000.

Unter dem 31. Januar 2002 schlossen die Parteien eine „Ausscheidensvereinbarung“ (Anlage B 16), die in ihrer Nr. 14 mögliche Investitionsersatzansprüche von Händlern von der „Ausscheidensvereinbarung“ unbenommen lässt und in ihrer Nr. 15 eine ausgleichsanspruchsbezogene Regelung trifft, in der es unter anderem heißt: „Grundlage für die Berechnung bildet der UPE Netto Umsatz …, der pro Jahr von CD an den Händler fakturierten Neufahrzeuge, soweit er sie in diesem Zeitraum an Endkunden verkauft hat … Der konkrete Ausgleichsbetrag errechnet sich wie folgt: 1. Für das letzte Vertragsjahr erhält der Händler 7,2 % auf den in diesem Zeitraum erzielten UPE Netto Umsatz. …“ Dem folgt eine „Beispielsrechnung“ in der es unter anderem heißt: „vom Händler an Endkunden verkaufte Einheiten“.

Seit dem 1. Januar 2003 ist die Klägerin als sogenanntes freies Autohaus tätig, unter anderem auch als sogenannter Servicepartner der Beklagten.

Die Klägerin macht einmal einen Schadensersatzanspruch wegen nicht amortisierter Investitionen in Verbindung mit dem Abschluss des Mietvertrages vom 5. Januar 2000 geltend und behauptet insoweit, sie sei durch die vorangegangenen kündigungsbezogenen Äußerungen von Beklagtenseite wie insbesondere durch die Übersendung des Ausstattungsleitfadens (Anlage K 5) seitens der Beklagten dazu veranlasst worden, einen neuen Mietvertrag über Räumlichkeiten abzuschließen, die den von der Beklagten formulierten Anforderungen entsprechen. Sie meint, spätestens nach dem Gespräch des Zeugen […] mit dem Zeugen […], dessen Zeitpunkt in Ansehung der inzwischen verstrichenen Zeit nicht genauer als auf einen Zeitraum von 10 bis 15 Tagen eingegrenzt werden könne, sei die Beklagte gehalten gewesen, eine Investitionswarnung auszusprechen, zumal der bei der Beklagten gefertigten Aktennotiz vom 31. Januar 2000 entnommen werden könne, dass man bereits damals die Absicht gehabt habe, den mit ihr, der Klägerin, geschlossenen Vertrag zu kündigen.

Sie trägt weiter vor, in den Monaten Januar und Februar 2000 sei es noch möglich gewesen, den Mietvertrag wieder rückgängig zu machen, weil der Vermieter zu dieser Zeit noch nicht mit Bauarbeiten zur Herstellung des laut Vertrag geschuldeten Zustandes begonnen habe.

Weiterhin behauptet sie, anlässlich des Gespräches vom 13. April 2002 habe ihr Mitarbeiter […] dem Geschäftsführer […] der Beklagten deren Schreiben vom 5. April 2000 (Anlage B 6) gezeigt, und mit ihm besprochen. Dabei habe der Zeuge […] den Geschäftsführer […] gefragt, was dieser „Unsinn“ solle. Daraufhin habe der Geschäftsführer […] versprochen, sich um die Angelegenheit zu kümmern und darauf zurückzukommen; dies habe nach dem Verständnis der beiden Gesprächsteilnehmer bedeutet, den „Unsinn“ abzustellen.

Weiterhin behauptet die Klägerin, sie habe vergeblich eine Vielzahl von Versuchen unternommen, um für andere Hersteller oder Importeure als Vertragshändler tätig zu sein. Dies sei ihr nicht gelungen. Als freier Autohändler und Dienstleister könne sie die angemietete Betriebsstätte nicht angemessen nutzen. Als Schadensersatz verlangt sie Zahlung der Differenz zwischen der jetzt von ihr gezahlten Miete und der Miete, die sie an ihrem alten Standort bezahlen musste, d. h. 3.437,80 € netto (nach Umrechnung in DM). Bezogen auf die entsprechenden Bruttobeträge betrage diese Differenz 13.805,11 € pro Monat, die sie mit ihrer Klage für die Monate Januar bis einschließlich Juli 2003 verlangt.

Weiterhin ist sie der Ansicht, dadurch, dass die Beklagte die […] GmbH, ein konzerneigenes Unternehmen, als Vertriebspartner im vertraglich vereinbarten Vertragsgebiet habe tätig werden lassen, habe sie der Verpflichtung in Nr. 4 des Händlervertrages, dass […] Erzeugnisse nur von (freien) Vertragshändlern vertrieben werden, zuwider gehandelt. Sie behauptet, nicht mitbekommen zu haben, dass Mitte des Jahres 1995 die […] GmbH als […] Konzernunternehmen anstelle der des freien Vertragshändlers […] KG getreten sei. Sie meint, die Beklagte sei zur Auskunft verpflichtet, um ihr die Berechnung von Schadensersatzansprüchen zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang macht sie geltend, die […] GmbH habe als konzerneigener Händler erhebliche Vertriebsvorteile gehabt; ohne die Vertriebstätigkeit der […] GmbH wären deren Umsätze den Händlern im Vertriebsgebiet Hamburg, d. h. auch ihr, der Klägerin, zugute gekommen.

Schließlich macht sie einen Differenzbetrag geltend, der sich bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs in Höhe des ausgeurteilten Betrages ergeben hat. Diese Differenz beruht auf dem Verkauf von 12 […] Kraftfahrzeugen durch die Klägerin, die die Beklagte deshalb nicht als von der Ausgleichsanspruchsregelung in Nr. 15 der einschlägigen Vereinbarung unterfallend anerkennen, weil diese Fahrzeuge nicht in dem Zeitraum von ihr, der Beklagten fakturiert worden sind, in dem die Klägerin das Fahrzeug dann weiter veräußert hat.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

I.

1. an sie 103.133,83 € zu zahlen,

2. hilfsweise,
festzustellen, dass die von der Beklagten erklärte Kündigung des zwischen den Parteien bestehenden Händlervertrages zum 31.12.2002 unwirksam ist und das Vertragsverhältnis ungekündigt über den 31.12.2002 hinaus fortbesteht,

II.

1. die Beklagte zu verurteilen, ihr Auskunft über die durch die Werksniederlassung der Beklagten, die Firma […] GmbH, Hamburg, getätigten Geschäfte mit fabrikneuen […] Kraftfahrzeugen, […] Ersatzteilen und im Kundendienst mit […] Produkten im Zeitraum zwischen dem 01.01.1998 und dem 31.12.2002 zu geben und dabei insbesondere Angaben zu folgenden Umständen zu machen, Inhalt der einzelnen Geschäfte, insbesondere Einkaufs- und Verkaufspreis der einzelnen verkauften Produkte unter Nennung des verkauften Produktes (etwa: Kfz Modell, Ersatzteil etc.) Leistungen im Werkstattgeschäft unter Nennung der jeweils erbrachten Einzelleistungen; des Rechnungsbetrages und der Vor oder Eigenkosten für Ersatzteile und Material Name der jeweiligen Kunden; hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, ihr Auskunft über die mit der Werksniederlassung der Beklagten, die Firma […] GmbH, Hamburg, getätigten Geschäfte mit fabrikneuen […] Kfz, […] Ersatzteilen und dem Kundendienst mit […] Produkten im Zeitraum zwischen dem 01.01.1998 und dem 31.12.2002 zu geben und dabei insbesondere Angaben zu folgenden Umständen zu machen: Inhalt der einzelnen Geschäfte, insbesondere Einkaufs- und Verkaufspreis der einzelnen verkauften Produkte unter Nennung des verkauften Produktes (etwa: Kfz Modell, Ersatzteil etc.) Name des jeweiligen Kunden;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den der Klägerin durch den Betrieb des Unternehmens in Firma […] GmbH, Hamburg, seit dem 01.01.1998 bis zum 31.12.2002 entstandenen Schaden zu ersetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, sie habe der […] GmbH keine besseren Konditionen im Vertragsgebiet eingeräumt als den Vertragshändlern. Weiterhin trägt sie vor, die Insolvenz der […] KG sei im Jahre 1995 Gegenstand von Berichten in der Tages und der Fachpresse gewesen; die Klägerin müsse darum gewusst haben. Jedenfalls während der Gespräche vor Abschluss des Vertrages vom 23. Juli/5. August 1996 sei über den Status der […] GmbH gesprochen und die Klägerin auf die bestehende Besonderheit hingewiesen worden. Die […] GmbH sei ein häufig angesprochenes Thema als konzerneigener Händlerbetrieb bei dem regelmäßig stattfindenden Händlerstammtisch in Hamburg gewesen. Zumindest aufgrund ihres, der Beklagten, Rundschreiben vom 24. März 2000, das die Klägerin nicht bestritten hat, habe letztere erfahren müssen, dass es sich bei der […] GmbH um einen konzerneigenen Händler handele. Vorsorglich behauptet sie, Auskünfte betreffend die […] GmbH nicht mehr geben zu können, weil diese Gesellschaft nicht mehr konzerneigen sei. Sie erhebt die Einrede der Verjährung, und meint, zumindest hinsichtlich des Jahres 1998 könnte ein Auskunftsanspruch nicht mehr bestehen. Schließlich behauptet sie, sie hätte, wenn sie nicht die Gründung der Ausfallgesellschaft, der […] GmbH betrieben hätte, den bisherigen Standort der […] KG anderweit und neu besetzt.

Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere auch die im Tatbestand ausdrücklich erwähnten Anlagen, verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Dabei geht die Kammer davon aus, dass die Klägerin nicht, wie ihre Antragsformulierung den Anschein macht, hinsichtlich der vertraglichen Verbindung mit der […] KG Ansprüche im Wege der Stufenklage geltend macht, sondern vielmehr, wie sie auf Anfrage im Termin zur mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, das Schadensersatzfeststellungsbegehren als unbezifferten selbständigen Anspruch bereits jetzt geltend macht. In der Sache ist die Klage aber nur in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang begründet.

I. Ein Investitionsersatzanspruch steht der Klägerin unter keiner denkbaren Anspruchsgrundlage zu. Die Kammer geht davon aus, dass ein gegen den Hersteller oder Lieferanten gerichteter allgemeiner und von keiner weiteren Voraussetzung als dem Einsatz betriebswirtschaftlich noch nicht wieder erwirtschafteter Mittel unabhängiger Investitionserstattungsanspruch des Vertragshändlers nach Beendigung eines Händlervertrages nicht besteht (vgl. BGH NJW 87, 3197, 3200).

1. Jedoch kann eine Kündigung eine Verletzung der Leistungstreuepflicht darstellen, wenn sie unberechtigt ist und sodann Schadensersatzansprüche nach sich ziehen, wenn sie schuldhaft erfolgt ist (vgl. BGHZ 89, 296), Hier haben die Parteien die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung im Vertrag vereinbart und die Beklagte hat sich unstreitig an die vereinbarte Kündigungsfrist von zwei Jahren gehalten.

a) Die Kündigung erweist sich auch nicht deshalb als unberechtigt, weil die in dem von der Beklagten vorformulierten Vertrag vorgesehene Kündigungsfrist von zwei Jahren bei ordentlicher Kündigung und mindestens einem Jahr bei strukturbedingter Kündigung als gesetzeswidrig, weil zu kurz bemessen erweist.

aa) Eine Kündigungsfrist von zwei Jahren bei Kfz Vertragshändlerverträgen läuft nicht § 9 AGBG zuwider, der hier im Hinblick auf § 24 Satz 2 AGBG sowie Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB anwendbar ist. Dies ergibt eine Abwägung der typischen gegenläufigen Interessen beider Vertragspartner, insbesondere auch des bei derartigen Verträgen regelmäßig sehr großen Interesses des Händlers an möglichst weitgehender Amortisation seiner Investitionen, wie sie der BGH in seiner Entscheidung vom 21. Februar 1995 – KZR 33, 93 (= WuW/E BGH 2983, 2289 – Kfz Vertragshändler) vorgenommen hat, der die Kammer folgt. Anders liegt es im Ergebnis auch nicht im Hinblick auf die Ausschließlichkeitsbindung in Nr. 5 des Vertrages. Eine solche wird nach Art. 5 Abs. 2 Nr. 2 der VO (EWG) Nr. 1475/95 der Kommission über die Anwendung von Art. 85 Abs. 3 EGV auf Gruppen von Vertriebs und Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge dann für vereinbar mit Art. 85 EGV gesehen, wenn die Frist für eine ordentliche Kündigung einer auf Dauer geschlossenen Vereinbarung mindestens zwei Jahre beträgt. Diese Bewertung auf europarechtlicher Ebene ist auch im Rahmen des § 9 AGBG a.F. beachtlich (BGH a.a.O. – Vertragshändler – S. 2985). Hier hat die Beklagte, auch wenn Anlass für die von ihr gegenüber der Klägerin wie allen anderen mit ihr vertraglich verbundenen Vertragshändlern ausgesprochene Kündigung wohl das Vorhaben, die Vertriebsstruktur zu ändern, war, letztendlich die für die reguläre Kündigung vorgesehene Frist von zwei Jahren beachtet.

bb) Schließlich läuft der Ausspruch einer Kündigung mit einer Frist, wie hier beachtet, für sich auch nicht kartellrechtlichen Vorgaben zuwider. Derartiges bedeutet keine unbillige Behinderung im Sinne von § 20 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 GWB. Denn die Ausübung einer vertraglich vereinbarten ordentlichen Kündigung, sofern sie durch eine angemessene Kündigungsfrist dem abhängigen Vertragspartner eine ausreichende Umstellungsfrist gewährt, ist kein behindernder Missbrauch von Marktmacht, und bedarf keiner weiteren Rechtfertigung als der durch wirksame vertragliche Vereinbarung (BGH a.a.O. – Vertragshändler – S. 2988). Denn die Zielsetzung des § 20 Abs. 2 GWB, den Wettbewerb zu schützen, würde in ihr Gegenteil verkehrt, wenn es möglich wäre, durch ein Schadensersatzverlangen die Vertragsbeendigung durch ordentliche Kündigung praktisch auszuschließen. Dies würde bedeuten, dass der Hersteller oder Importeur nicht mehr unter Beachtung wirtschaftlicher Gesichtspunkte über den Vertrieb seiner Produkte entscheiden könnte, sondern ihm ein Festhalten am Vertrag aufgezwungen wäre. Nach alldem ist es regelmäßig nicht zu beanstanden, wenn ein Normadressat des § 20 Abs. 1 GWB sich bei einer von ihm ausgesprochenen Kündigung in dem Rahmen des nach allgemeinem Zivilrecht zulässigen hält; erst bei Hinzutreten weiterer Umstände, die als Missbrauch von Marktmacht zu werten sind, gegebenenfalls gleichlaufend mit dem allgemeinen zivilrechtlichen Verbot sittenwidrigen Handelns, des Schikaneverbots oder des Verbots der Zuwiderhandlung gegen Treu und Glauben, kann eine ausgesprochene ordentliche Kündigung kartellrechtswidrig sein (BGH a.a.O. – Vertragshändler).

b) Auch bei Beachtung einer regelmäßig angemessenen Frist kann eine ordentliche Kündigung aber dann eine nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung beachtliche Pflichtverletzung darstellen, wenn der Hersteller oder Importeur den Händler zu Investitionen bewogen hat, die zur Zeit der Beendigung des Vertragsverhältnisses aufgrund Kündigung noch nicht amortisiert sind, sofern er dem Händler eine Mindestvertragslaufzeit in Aussicht gestellt hatte, die eine solche Amortisation erwarten ließ. Hatte er insoweit einen Vertrauenstatbestand geschaffen, sind die Investitionen fremdbestimmt; eine daraufhin ausgesprochene Kündigung läuft § 242 BGB zuwider (BGH a.a.O. – Kfz Händler – 2987; Ernstthaler/Gesmann, BB 03, 257, 260 f.; Stumpf/Jaletzke/Schultze, Der Vertragshändler, 3. Aufl., Rdn. 716). Solche besonderen Umstände, die eine regelmäßig vom Händler eigenverantwortlich vorgenommene Investition als letztendlich von seinem Vertragspartner fremdbestimmt erscheinen lassen, kann die Kammer hier aber nicht feststellen:

aa) Soweit sich die Klägerin diesbezüglich auf Äußerungen des Geschäftsführers […] der Beklagten in den Jahren 1998 und 1999 sowie auf Passagen in Rundschreiben der Beklagten beruft, die im Jahre 1999 versandt worden sind, ergibt der zeitliche Kontext, dass damit offensichtlich Befürchtungen von Vertragshändlern entgegengetreten werden sollte, die aus Anlass der Fusion der […] AG mit der […] Corporation entstanden waren. Dies bedeutet aber nicht, dass die Beklagte an eine mögliche Zusage, aus diesem Anlass keine Kündigung auszusprechen, auch im Hinblick auf später auftretende andere Kündigungsgründe gehalten war. Abgesehen davon, dass sich derartiges nach Einschätzung der Kammer aus der Natur der Sache ergibt, hat die Beklagte dies z.B. in dem angeführten Beitrag in der Zeitschrift „Kfz Betrieb“ durch die Verwendung des Wortes „vorerst“ deutlich gemacht.

bb) Weiterhin kann die Kammer der Klägerin nicht dahin folgen, sie sei durch die Beklagte mit der Übersendung des Leitfadens „facility“ und „Operating Standards“ zwangsläufig dazu bestimmt worden, ihre bisherige Betriebsstätte aufzugeben und, auf welcher rechtlichen Grundlage auch immer, sich eine neue Betriebsstätte zu verschaffen, die dem Anforderungsprofil, wie in den beiden Leitfäden beschrieben, in jeder Hinsicht entspricht. Nach Einschätzung der Kammer können die in den Leitfäden genannten Maßnahmen nicht als in jeder Hinsicht, sozusagen zwangsläufig verbindlich angesehen werden. Zwar verwendet die Beklagte auch den Begriff des „Mindeststandard“. Dennoch ist der Leitfaden als Vorschlag zu werten, wie die Vertragshändler der Beklagten ihre Betriebsstätten ausstatten können, um ein optimales Betriebsergebnis zu erzielen. D. h., der Vertragshändler, der alle darin beschriebenen Einrichtungs- und Ausstattungsmodalitäten bei Einrichtung seines Betriebes beachtet, kann damit rechnen, dass die Beklagte den so nach außen auftretenden Vertragspartner als in diesem Bereich ideal auftretend ansieht. Dies bedeutet aber keine zwingende Vorgabe. Einmal beziehen sich die Bewertungskriterien des Herstellers oder Importeurs gegenüber seinen Vertragshändlern nicht nur auf die Ausstattung und Einrichtung des von ihm genutzten Grundstücks einschließlich der darauf befindlichen Baulichkeiten. Im Übrigen liegt es in der Natur der Sache, dass ein als ideal angesehener Zustand in der Regel nicht in vollem Umfang herbeigeführt werden kann. Man mag ihm so nahe wie möglich kommen wollen, einige Kriterien werden sich aber jeweils als nicht erfüllbar erweisen; so entspricht auch die jetzt von der Klägerin angemietete Betriebsstätte nicht hinsichtlich aller Gegebenheiten dem Zustand, wie er dem Leitfaden der Beklagten entsprechend sein müsste. Letztendlich beruht der geschäftliche Erfolg eines Vertragshändlers und sich daraus regelmäßig ergebende Wertschätzung seines Vertragspartners beachtlich auch noch auf einer Vielzahl anderer Umstände, wie kaufmännischem Gespür in Verbindung mit organisatorischem Geschick und loyalem Verhalten.

c) Schließlich war auch das Verhalten der Beklagten in der Zeit ab Januar 2000 bis zum Ausspruch der Kündigung nicht geeignet, die Klägerin zum Abschluss des Mietvertrages zu veranlassen; auch eine sogenannte Investitionswarnung an die Klägerin, um sie zur Aufhebung des Mietvertrages zu veranlassen, war nicht veranlasst.

Was die Information anbelangt, die der Mitarbeiter der Klägerin […] dem Mitarbeiter der Beklagten, […], gegeben hat, ist zunächst festzuhalten, dass die Klägerin den Mietvertrag am 5. Januar 2000 geschlossen hat. Ein Mietvertrag mit derartigen Konsequenzen wird üblicherweise nicht von einem Tag auf den anderen geschlossen; d. h. es liegt nahe, dass er zumindest über mehrere Wochen verhandelt worden ist. Da die Klägerin das Gespräch im Übrigen in zeitlicher Hinsicht nicht eingrenzen kann, liegt es nahe, dass es erst nach dem 5. Januar 2000 stattgefunden hat und der Zeuge […] sozusagen von dem vollzogenen Entschluss, sich zu verändern, den die Klägerin offensichtlich schon Mitte des Jahres 1999 hatte, berichtet hat. Hiernach war entgegen der Einschätzung der Klägerin auch keine Investitionswarnung deshalb veranlasst, weil die Beklagte bereits zu diesem Zeitpunkt die Absicht hatte, das Vertragsverhältnis mit der Klägerin zu kündigen, wie es dann Ende November 2000 geschehen ist. Denn soweit in dem Vermerk betreffend die Mitteilung des Zeugen […] an die Zentrale der Beklagten auch von dessen Kündigungsempfehlung die Rede ist, ist eine solche offensichtlich nicht mit der dann letztendlich gegenüber der Klägerin ausgesprochenen Kündigung vollzogen worden. Letztere war vielmehr eindeutig durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln veranlasst, die ersichtlich der bisherigen Vertriebsstrategie der Beklagten in Deutschland die Grundlage entzog, so dass sich die Klägerin durch die von ihr gegenüber allen ihren Vertragshändlern in Deutschland ausgesprochene Kündigung die Möglichkeit verschaffen wollte, ihr Vertriebssystem neu zu überdenken und dann ohne die bisherigen vertraglichen Bindungen umzusetzen. Hinreichende, nach § 286 ZPO beachtliche Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte den Vertrag mit der Klägerin auch ohne die Entscheidung des OLG Köln zeitnah gekündigt hätte, sind zur Überzeugung der Kammer nicht dargetan. Schließlich kann die Kammer auch deshalb keinen besonderen Anlass bezogen auf die Beklagte ersehen, vor aufwendigen Investitionen zu warnen, weil auch der Darstellung der Klägerin zufolge bei diesem Gespräch im Januar 2000 lediglich von einer „langjährigen Anmietung“ und Umzugskosten die Rede war, nicht aber von hohen Betriebsstätteninvestitionen bzw. einem diese auf die Laufzeit des Vertrages umlegenden, außergewöhnlich hohen Mietzins die Rede war. Soweit die Klägerin die Beklagte dann sozusagen offiziell mit Schreiben vom 30. März 2000 von dem bevorstehenden Umzug und damit zusammenhängenden Konsequenzen in Kenntnis gesetzt hatte, bestand ihrer eigenen Darstellung zufolge die Möglichkeit, den Vollzug des Mietvertrages noch aufzuhalten, nicht mehr. Es kommt hinzu, dass die Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 5. April 2000 klargestellt hatte, dass sie ohne weitere Information, insbesondere die Vorlage eines Unternehmenskonzeptes, nicht zu einer zustimmenden Äußerung kommen werde. Abgesehen davon, dass zu dieser Zeit der Mietvertrag nach Darstellung der Klägerin nicht mehr auflösbar war, hat dann auch das Gespräch vom 13. April 2000 keinen Anlass zu anderer Einschätzung auf Beklagtenseite gegeben. Es war die Klägerin, die ein solches Investitionskonzept, wie von ihr im Gespräch offengelegt, nicht vorlegen wollte. Der Geschäftsführer der Beklagten […] hatte die Situation offen gelassen, aber kein Vertrauen darauf geweckt, dass dann, wenn er sich nicht meldet, die Beklagte von der Vorlage eines Unternehmenskonzeptes absieht und das Umzugsvorhaben einschließlich aller damit verbundenen Investitionen sozusagen absegnet. Spätestens im Hinblick auf das Schreiben der Beklagten vom 10. Mai 2000 musste der Klägerin klar sein, dass die Beklagte sich mit der Frage, ob sie dem Umzug zustimmt, nur dann befassen wollte, wenn sie, die Klägerin, ein Unternehmenskonzept vorlegt. Mit Schreiben vom 5. Oktober 2000 hat die Beklagte dann einen dies bestätigenden Schlussstrich gezogen.

II. Auch ein Schadensersatz, wie mit den unter II, angekündigten und gestellten Anträgen verfolgt, steht der Kläger nicht zu.

1. Auch wenn man ihr zunächst im Hinblick auf die von ihr angeführten Entscheidungen einmal des Landgerichts Berlin sowie weiterhin des Oberlandesgerichts Köln vom 17. Oktober 2000 (NJW RR 01, 1178) dahingehend folgt, dass der von der Beklagten auch gegenüber der Klägerin verwendete Händlervertrag ein Direktvertriebsverbot zu Lasten der Beklagten enthält, das sich auch auf konzerneigene Händler der Beklagten erstreckt, kann die Kammer hier nicht mit nach § 286 ZPO erforderlicher Gewissheit davon ausgehen, dass die Tätigkeit der […] GmbH diesem Umsätze im „Vertragsgebiet“, der Stadt Hamburg, gebracht hat, die ein freier Händler an ihrer Stelle nicht erzielt hätte. Zwar mag ein konzerneigener Händler regelmäßig Vorteile gegenüber einem freien Vertragshändler haben, wie sie in der Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln angesprochen sind. Ob diesbezüglich von einem ersten einschlägigen Anschein ausgegangen werden kann, kann hier jedoch dahinstehen, weil ein solcher erster Anschein hier jedenfalls beachtlich erschüttert ist.

a) Denn die Klägerin hat auch in Kenntnis der Konzernzugehörigkeit der […] GmbH nichts unternommen, um die Beklagte zu vertragstreuem Verhalten anzuhalten. Hätte der Betrieb der […] GmbH eine Wettbewerbsverzerrung bedeutet, hätte dies nach Einschätzung der Kammer zur Folge haben müssen, dass die Klägerin auf Abhilfe dringt, sei es dadurch, dass die Beklagte ihre Konzerntochter nicht mehr als Vertragshändler im Vertragsgebiet agieren lässt, sei es, dass sie um deren Tätigkeit zu kompensieren, der Klägerin günstigere Bedingungen einräumt. Der Umstand, dass die Klägerin das Agieren der […] GmbH sozusagen klaglos hingenommen hat, indiziert nach Einschätzung der Kammer, dass der Wettbewerb auf dem einschlägigen Hamburger Markt durch den Umstand, dass es sich bei der […] GmbH um eine Konzerntochter der Beklagten handelte, nicht spürbar zu Lasten der Kläger beeinflusst war.

b) Im Übrigen wäre es nach Einschätzung der Kammer, worauf auch im Termin zur mündlichen Verhandlung am 2. September hingewiesen worden ist, möglich gewesen, Wettbewerbsvorteile der […] GmbH nachweisbar zu belegen, wenn es denn solche gegeben hat. Die Klägerin verfügt, wie die von ihr vorgelegte Anlage K 16 zeigt, auch über sogenannte Distriktübersichten, denen jedenfalls der Neuwagenabsatz der in Hamburg tätigen […] Händler entnommen werden kann. Die klägerseits reklamierten Wettbewerbsvorteile hätten sich in solchen Übersichten für den Zeitraum von 1996 bis 1999 niederschlagen müssen. Bis 1995 war die Vorgängerin der […] GmbH, die […] KG, als nicht konzerngebundener Vertragshändler tätig. Nachdem in der zweiten Hälfte des Jahres 1995 die […] GmbH an deren Stelle getreten war, lag es nahe, dass zunächst einmal, d. h. bis einschließlich 1996, Insolvenz vorlaufbedingte Unzuträglichkeiten bei der […] KG aufzuholen waren. Danach, d. h. in den Jahren 1997 bis 1999, hätte sich dann aber ein Zuwachs der Umsatzanteile für die […] GmbH gegenüber den anderen Vertragshändlern in Hamburg ergeben müssen, wenn die Behauptung der Klägerin, der konzerneigene Händler habe in jedem Fall gegenüber den nicht konzerneigenen Händlern Wettbewerbsvorteile, zutreffend ist.

2. Schließlich ist davon auszugehen, dass die Klägerin um die Eigenschaft der […] KG als konzerneigener Händler wusste, so dass die Schlussfolgerung der Widerlegung eines möglichen ersten Anscheins hinreichend gestützt ist. Der Umstand, dass die Klägerin auch im Jahre 1995, dem Jahr des Zusammenbruchs der […] KG, als Vertragshändler, wenn auch für einen anderen Hersteller bzw. Importeur, tätig war, lässt es vor dem Hintergrund der Sachkunde von Mitgliedern der Kammer, die nach § 114 GVG beachtlich ist, sehr unwahrscheinlich erscheinen, dass sie nicht um diese Vorgänge wusste.

Kfz Vertragshändler sind ein kleiner, überschaubarer Kreis von Teilnehmern am Wirtschaftsverkehr, die sich situationsbedingt sozusagen schicksalsmäßig miteinander verbunden fühlen, und bei denen im Übrigen die Möglichkeit eines Wechsels zu einem anderen Hersteller oder Importeur als Vertragspartner als Zukunftsinvestition sehr häufig im Raume steht. Dies spricht für eine sehr genaue Beobachtung des Marktes auch insoweit, als es um den Verkauf von Kraftfahrzeugen anderer Hersteller oder Importeure geht. Selbst wenn die Klägerin weder im Jahre 1995, noch sodann bei den sogenannten Händlerstammtischen zu der Zeit, als sie bereits Vertragshändler der Beklagten war, von der […] KG als konzerneigenem Händler erfahren hat, hat sie jedenfalls spätestens über das Rundschreiben vom 24. März 2000 von diesem Umstand Kenntnis erlangt. Sollte es sich so verhalten haben, ist nicht greifbar, dass sie in Ansehung des zuvor abgeschlossenen Mietvertrages nunmehr so sehr von dem Wohlwollen der Beklagten abhängig war, dass sie sich nicht mehr wie eingangs angesprochen gegenüber der Beklagten artikulieren konnte. Die Beklagte ist zur Erfüllung des in Nr. 15 der Ausscheidensvereinbarung vom 31. Januar 2002 geregelten Ausgleichsanspruchs auch hinsichtlich der 12 Kraftfahrzeuge verpflichtet, hinsichtlich deren sie bislang einen Ausgleich verweigert hat. Die Regelung ist in sich widersprüchlich. Das abstrakte Berechnungsmuster, wie es im dritten Absatz geregelt ist, stellt in seinen Nr. 1 und 2 jeweils auf die sogenannten Vertragsjahre ab, d. h. auf die Jahre 2000, 2001 und 2003 sowie „auf den in diesem Zeitraum erzielten UPE Netto Umsatz“. Damit korrespondierend stellt der erste Satz des zweiten Absatzes auf den UPE Netto Umsatz betreffend solche Neufahrzeuge ab, die der Händler „in diesem Zeitraum“ an Endkunden verkauft hat, wobei es sich um den Umsatz solcher Neufahrzeuge handelt, die „pro Jahr“ von CD an den Händler fakturiert worden sind.

Sofern man die Worte „pro Jahr“ dahin versteht, dass nur solche Umsätze mit Neufahrzeugen bei der Berechnung des Ausgleichanspruchs berücksichtigt werden können, bei denen das Datum der Rechnung, die die Beklagte dem Händler stellt, in dem selben Jahr liegt, in dem der Händler das Fahrzeug sodann an den Endkunden verkauft, liegt darin eine Einschränkung gegenüber der abstrakten Regelung betreffend die Berechnung des Ausgleichsbetrages, die lediglich auf den Absatzvorgang beim Händler abstellt, im Übrigen auch übereinstimmend mit der abschließenden „Beispielsrechnung“, die lediglich auf „vom Händler an Endkunden verkaufte Einheiten“ abstellt. Versteht man den ersten Satz des zweiten Absatzes der Nr. 15 der vorformulierten Klausel so, wie er nach Einschätzung der Beklagten zu verstehen ist, widerspricht dieser Teil der Regelung der nachfolgenden abstrakten Ausgleichsberechnungsvorgabe unter Einschluss der sie erläuternden Beispielsrechnung. Das hier nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB beachtliche Transparenzgebot verpflichtet den Verwender vorformulierter Vertragsbedingungen, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen (Palandt Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 307 Rdn. 17 m.w.N.). Dem entspricht die Regelung in der Nr. 15, so wie die Beklagte sie anwenden will, nicht. Denn es gibt keinen erkennbaren Sinn, beispielsweise solche Umsätze von der Ausgleichsregelung auszunehmen, bei denen die Beklagte Ende des Jahres 1999 fakturiert hat, und der Händler das Fahrzeug sodann in der ersten Hälfte des Jahres 2000, d. h. „in diesem Zeitraum“ bzw. im „Vertragsjahr“ verkauft hat. Soweit beklagtenseits geltend gemacht worden ist, mit der Regelung habe man Bunkerkäufen mit dem Ziel, einen möglichst hohen Ausgleichsanspruch zu generieren, vorbeugen wollen, hätte man dem durch eine Klausel Rechnung tragen können, die auf einen Bezug im Rahmen des Üblichen abstellt. Danach ist es für den Anspruch der Klägerin unschädlich, dass die Beklagte die streitgegenständlichen 12 Fahrzeuge vor dem 1. Januar 2000, wie sie vorträgt, fakturiert hat; i. ü. hat es sich bei vorgenannter Gestaltung dann auch nicht um „Bunkerkäufe“ im zuvor wiedergegebenen Sinne gehandelt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Sollte das zusätzliche, abwendungsbefugnisbezogene Begehren der Klägerin auf § 712 Abs. 1 ZPO zielen, ist das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Norm jedenfalls nicht hinreichend dargelegt.

Schlagwörter
Kündigung zur Unzeit (1) Investitionsschutz (1) Bemessung der Kündigungsfrist bei einem Kfz-Vertragshändler (1) Auslegung einer formularmäßigen Ausscheidensvereinbarung (1)