Untauglichkeit der Münchener Formel bei Ausgleichsanspruch des Kfz-Vertragshändlers

1 U 924/01-211 Urteil verkündet am 5. Februar 2003 OLG Saarbrücken Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers analog § 89 b HGB

Oberlandesgericht Saarbrücken
Im Namen des Volkes
Urteil

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27. November 2001 verkündete Urteil des Landgerichts in Saarbrücken – 7 IV O 11/94 – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1.

a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Zug um Zug gegen Erteilung einer Rechnung mit gesondertem Mehrwertsteuerausweis (§ 14 UStG) 47.826,56 € (93.540,62-DM) abzüglich am 31. Dezember 1998 gezählter 29.015,08 € (56.748,57 DM) zu bezahlen nebst Zinsen

in Höhe von 11,25 % in der Zeit vom 6. Juni 1995 bis 30. September 1995

in Höhe von 10,75 % in der Zeit vom 1. Oktober 1995 bis 30. Dezember 1995

in Höhe von 11.75 % in der Zeit vom 1. Januar 1996 bis 30. Juni 1996

in Höhe von 8,75 % in der Zeit vom 1. Juli 1996 bis 30. Juli 1999

in Höhe von 6,75 % in der Zeit vom 1. August 1999 bis 30. August 2001

in Höhe von 8,62 % in der Zeit vom 1. September 2001 bis 30. Dezember 2001

in Höhe von 7,57 % in der Zeit vom 1. Januar 2002 bis 30. Juni 2002

in Höhe von 7,47 % seit dem 1. Juli 2002

abzüglich am 31. Dezember 1998 auf die Zinsen gezahlter 197,47 € (386,21 DM).

b) Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger

aa) aus 10.225,84 € (20.000 DM) Zinsen zu zahlen

in Höhe von 17.75 % in der Zeit vom 30. August 1993 bis 30. Oktober 1993

in Höhe von 17,25 % in der Zeit vom 1. November 1993 bis 30. November 1993,

bb) aus 19.684,74 € (38.500 DM) Zinsen zu zahlen

in Höhe von 13,75 % in der Zeit vom 30. August 1993 bis 30. Oktober 1993

in Höhe von 13,25 % in der Zeit vom 1. November 1993 bis 30. November 1993,

cc) aus 29.910,58 € (58.500 DM) Zinsen zu zahlen

in Höhe von 13,25 % in der Zeit vom 1. Dezember 1993 bis 30. Januar 1994

in Höhe von 12,25 % in der Zeit vom 1. Februar 1994 bis 30. März 1994

in Höhe von 11,75 % in der Zeit vom 1. April 1994 bis 30. März 1995

in Höhe von 11,25 % in der Zeit vom 1. April 1995 bis 5. Juni 1995.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen – mit Ausnahme der vom Kläger allein zu tragenden Kosten, die durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Landgerichts Frankfurt am Main entstanden sind – einschließlich der im Berufungsverfahren vor dem Saarländischen Oberlandesgericht – 1 U 195/96-34 – entstandenen Kosten der Kläger 22/42 und Beklagte 20/42.

3. Das ist Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Wert der durch diese Entscheidung begründete Beschwer wird für den Kläger auf 17.210,82 € (127.202,06 DM – 93.540,62 DM = 33.661,44 DM) und die Beklagte auf 18.811,48 € (93.540,62 DM – 56.748,57 DM = 36.792,05 DM) sowie der Streitwert des Berufungsverfahrens auf 36.022,30 € (127.202,06 DM – 56.748,57 DM = 70.453,49 DM) festgesetzt.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger war im Zeitraum von dem Jahre 1980 bis 31.12.1992 für die Beklagte, einen Automobilhersteller, als Vertragshändler tätig. Mit vorliegender Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Zahlung eines Ausgleichsbetrages nach § 89 b HGB in Anspruch.

Zunächst hat der Kläger, der seinen Ausgleichsanspruch auf mindestens 300.000,– DM veranschlagte, durch Schriftsatz vom 03.08.1993 gegen die Beklagte vor dem LG Frankfurt eine am 30.08.1993 zugestellte Teilklage auf Zahlung von 65.000,– DM erhoben, wovon 58.500,– DM auf das Neuwagengeschäft und 6.500,– DM auf das Ersatzteilgeschäft entfielen. Nach Verweisung der Sache an das LG Saarbrücken hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 22.05.1995, der dem Kläger am 23.05.1995 zugestellt wurde, im Wege der Widerklage die Feststellung beantragt, dass dem Kläger über die mit der Teilklage geltend gemachte Forderung von 65.000,– DM hinaus kein weiterer Ausgleichsanspruch i. H. v. 235.000,– DM gegen sie zusteht. Durch Schriftsatz vom 06.06.1995, den die Beklagte am 06.06.1995 als zugestellt angenommen hat, hat der Kläger den geltend gemachten Ausgleichsanspruch auf 217.778,65 DM erhöht. Danach verlangte der Kläger einen Ausgleich i. H. v. 119.163,62 DM für das Neuwagengeschäft, i. H. v. 38.000,– DM für das Ersatzteillager sowie i. H. v. 32.209,52 DM für das Geschäft mit Nato Kunden. Einschließlich 15 % MwSt. ergibt dies den Betrag von 217.778,65 DM.

Das LG hat die Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Urteil vom 23.01.1996 abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat der Senat mit Urteil vom 29.01.1997 das angefochtene Urteil aufgehoben, die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und den Rechtsstreit zur zweiten Verhandlung und Entscheidung über die Höhe der Klageforderung an das LG zurückverwiesen. Die von der Beklagten gegen das Grundurteil eingelegte Revision wurde durch Beschluss des BGH vom 17.06.1998 nicht angenommen. Im Anschluss an die Entscheidung des BGH zahlte die Beklagte am 31.12.1998 einen Betrag i. H. v. 56.748,57 DM zuzüglich 386,21 DM Zinsen an den Kläger.

In dem nunmehr vor dem LG fortgesetzten Verfahren hat der Kläger seinen Ausgleichsanspruch auf der Grundlage der sog. Münchener Formel berechnet. Nach der erstinstanzlichen Darstellung des Klägers beläuft sich die „Forderung für Neuwagenumsätze auf 34.300,46 DM für Umsätze mit Ersatzteilen auf 47.249,39 DM, was zuzüglich einer MwSt von 16 % den Gesamtbetrag in Höhe von 210.597,82 DM ergibt. Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2001 die Widerklage sowie die Klage wegen eines Betrages von 56.748,57 DM einschließlich eines Zinsbetrages von 386,21 DM übereinstimmend für erledigt erklärt (Bl. 1163 d.A.).

Der Kläger hat beantragt (Bl. 1164 d.A.):

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 210.597,82 DM abzüglich am 31. Dezember 1998 gezahlter 56.748,57 DM zu zahlen, nebst folgender Zinsen

vom 1. April 1993 bis 19. August 1993 – 14 %

vom 20. August 1993 bis 30. Oktober 1993 – 13.75 %

vom 1. November 1993 bis 30. November 1993 – 13,25 %

vom 1. Dezember 1993 bis 30. Januar 1994 – 13,25 %

vom 1. Februar 1994 bis 30. März 1994 – 12,25 %

vom 1. April 1994 bis 30. September 1995 – 11,75 %

vom 1. Oktober 1995 bis 30. Dezember 1995 – 10,75 %

vom 1. Januar 1996 bis 30. Juni 1996 – 11,75 %

vom 1. Juli 1996 bis 30. Juli 1999 – 8,75 %

vom 1. August 1999 bis 1. Oktober 1999 – 6,75 %

vom 2. Oktober 1999 bis 22. März 2001 – 6,75 %

vom 21. März 2001 bis 30. August 2001 – 6,75 %

ab 1. September 2001 – 8,62 %

abzüglich auf die Zinsen gezahlter 386,21 DM.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt (Bl. 1164, 1026 d.A.).

Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung, soweit der Kläger im Blick auf das Neuwagengeschäft einen 62.414,64 DM übersteigenden Betrag geltend macht (Bl. 116 d.A.). Im Übrigen beruft sie sich auf ein Zurückbehaltungsrecht, weil ihr eine § 14 UStG entsprechende Rechnung von dem Kläger nicht erteilt worden sei (Bl. 1164 d.A.)

Durch das angefochtene Schlussurteil (Bl. 1172-1195 d.A.), auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 127.202,06 DM abzüglich am 31. Dezember 1998 gezahlter 56.748,57 DM nebst Zins abzüglich der auf die Zinsen erbrachten 386,21 DM zu zahlen (Bl. 1173 d.A.). Das Landgericht hat einen Ausgleichsanspruch für das Ersatzteilgeschäft abgelehnt. Ausgehend von der Münchener Formel ist die Kammer, nach deren Auffassung der Zahlungsanspruch nicht verjährt ist, für das Neuwagengeschäft zu einem Ausgleichsanspruch des Klägers in Höhe von 127.202,06 DM gelangt. Gegen das am 29. November 2001 zugestellte (Bl. 1197 d.A.) Urteil richtet sich die am 28. Dezember 2001 eingelegte (Bl. 1204 d.A.), und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28. Februar 2002 (Bl. 1209 d.A.) am 28. Februar 2002 begründete (Bl. 1211 ff. d.A.) Berufung.

Die Beklagte, die ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft, rügt die Anwendung der Münchener Formel durch das Landgericht als Berechnungsgrundlage des Ausgleichsanspruchs. Ferner könne dem Landgericht nicht gefolgt werden, weil es zu Gunsten des Klägers Kunden berücksichtigt habe, die sich aufgrund mit der Beklagten geschlossener Rahmenverträge für den Erwerb von Peugeot-Fahrzeugen entschieden hätten. Die von dem Kläger mitgeteilten Boni, Profilzulagen und Verkaufspreise würden mit Nichtwissen bestritten. Außerdem sei sie nicht in der Lage, aus der Provision händlertypische Bestandteile herauszurechnen. Auf die Ausgleichsforderung des Klägers entfalle entsprechend dem am 31. Dezember 1992 maßgeblichen Satz eine MwSt von lediglich 14 % und nicht 16 %. Verzugszinsen könne der Kläger nicht beanspruchen, weil er seinen Verzugsschaden nicht nachgewiesen habe. Schließlich stehe ihr ein Zurückbehaltungsrecht zu, weil der Kläger eine die Umsatzsteuer ausweisende Handelsrechnung bislang nicht ausgestellt habe.

Die Beklagte beantragt (Bl. 1211,1270,1360 d.A.),

unter Abänderung des Schlussurteils die Klage abzuweisen, soweit nicht durch die Zahlung vom 31. Dezember 1998 Erledigung eingetreten ist.

Der Kläger beantragt (Bl. 1250, 1270, 1360 d.A.),

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger trägt zur Verteidigung des angefochtenen Urteils vor, er habe im Jahre 1992 bei Geschäften mit Mehrfachkunden eine Provision in Höhe von 49.735,14 DM (Bl. 1313 d.A.) und bei Geschäften mit Einmalkunden eine Provision in Höhe von 66.372,60 DM (Bl. 1315 d.A.) erzielt. Seine Gesamtprovision belaufe sich mithin auf 116.107,74 DM. Der Anteil der händlertypischen Vergütung an den Provisionen sei mit 30 % zu veranschlagen. Gehe man von der neuesten BGH-Rechtssprechung aus, so sei die Mehrfachkundenprovision des letzten Vertragsjahres für die Dauer von fünf Jahren fortzuschreiben. Nach dieser Berechnungsweise stehe ihm ein Ausgleichsanspruch in Höhe von 131.104,40 DM zu (Bl. 1319 d.A.). Die geltend gemachten Zinssätze habe er tatsächlich an seine Bank entrichtet. Die von der Beklagten enthaltene Zahlung habe er zur Rückführung seiner Kredite verwendet.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen und. Im Blick auf das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift (Bl. 1355 ff. d.A.) verwiesen. Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte sowie ordnungsgemäß begründete Berufung der Beklagten ist zulässig und hat teilweise Erfolg.

Der dem Kläger gegen die Beklagte nach § 89 b HGB zustehende Ausgleichsanspruch beläuft sich unter Berücksichtigung der von dem Kläger mitgeteilten und von dem Senat weitgehend übernommenen tatsächlichen Grundlagen nach Maßgabe der Entscheidung BGH, Urt. v. 05.06.1996 – VIII ZR 141/95, MDR 96, 1121 = NJW 96, 2298, 2301 auf 47.826,56 Euro (93.540,62 DM). Setzt man die von der Beklagten am 31.12.1998 erbrachte Zahlung über 29.015,08 Euro (56.748,57 DM) ab, so verbleibt zugunsten des Klägers ein offener Zahlungsanspruch i. H. v. 18.811,48 Euro (36.792,05 DM).

A. Der Ausgleichsanspruch des Klägers beträgt insgesamt 93.540,62 DM.

I. Bei der Berechnung des Anspruchs legt der Senat das von dem Kläger vorgelegte Zahlenwerk zugrunde. Lediglich zwei von dem Kläger auf das Mehrfachkundengeschäft bezogene Provisionen sind den Einfachkundenprovisionen zuzuordnen. Die übrigen von der Beklagten gegen die Berechnungsgrundlagen des Klägers erhobenen Einwände greifen nicht durch.

1. Alle von dem Kläger vorgenommenen PKW Verkäufe sind bei der Berechnung seines Ausgleichsanspruchs zu berücksichtigen.

a) Zum einen bilden die im Rahmen einer Betriebsvereinbarung oder eines Abrufscheins abgesetzten Fahrzeuge Bestandteile des Ausgleichsanspruchs des Klägers.

Nach einhelliger Meinung reicht im Rahmen der §§ 87, 89 b HGB eine – wenn auch geringe – Mitursächlichkeit des Vertreterhandels aus. Daran fehlt es nur bei einem bereits fest zur Bestellung entschlossenen Kunden, bei dem der Handelsvertreter bzw. Vertragshändler lediglich als Empfangsvertreter oder Bote tätig wird. Im Zusammenhang mit der Frage, ob die Ursächlichkeit des Vertreters bzw. Vertragshändlers für den Kaufabschluss durch die Sogwirkung der Marke beseitigt wurde, hat der BGH ausgeführt, es entspreche der Lebenserfahrung, dass bei der Kaufentscheidung neben der Marke des Fahrzeugs auch die Werbung des Vertragshändlers einschließlich seiner Betreuung und Serviceleistung jedenfalls eine nicht völlig bedeutungslose Rolle spiele. Ähnliches gilt auch hier. Der mit dem Abrufschein verbundene Preisnachlass mag ein gewichtiger Gesichtspunkt für die Kaufentscheidung des Kunden sein. Gleichwohl ist nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass regelmäßig auch in diesen Fällen ein Rest an Überzeugungsarbeit durch den Händler erbracht wird. Dies gilt umso mehr, als es bei Firmen und Behörden nicht unüblich ist, Rahmenvereinbarungen mit mehreren Kraftfahrzeugherstellern abzuschließen (BGH v. 05.06.1996 – VIII ZR 7/95, MDR 96, 1121 = NJW 96, 2302, 2304).

b) Zum anderen fließen in den Ausgleichsanspruch des Klägers Geschäfte mit der Firma A., einer Leasinggesellschaft, ein, der die Beklagte aufgrund eines Großabnehmerabkommens besondere Einkaufskonditionen gewährt.

Auch in diesem Fall hat der Händler – wie bei Verkäufen im Rahmen einer Betriebsvereinbarung oder eines Abrufscheins – jedenfalls einen Rest an Überzeugungsarbeit (vgl. BGH v. 05.06.1996 – VIII ZR 7/95, MDR 96, 1121 = NJW 96, 2302, 2304) zu leisten, weil sich das Leasingunternehmen beim Erwerb von Fahrzeugen an einen anderen Vertragshändler wenden kann. Ferner liegt es nahe, dass ein Leasingunternehmen auch mit anderen Herstellern Großabnehmerabkommen trifft und sich der Händler ggü. dieser Konkurrenz behaupten muss. Schließlich trägt der Händler – worauf das LG zutreffend hingewiesen hat – mit Verkäufen an Leasinggesellschaften zum Gebrauch von Fahrzeugen der Beklagten durch Kunden der Leasingunternehmen bei, was die Möglichkeit eröffnet, diese Kunden als künftige direkte Abnehmer von Fabrikaten zu gewinnen.

2. Die Ausweisung der Stammkunden durch den Kläger begegnet mit Ausnahme der Kunden v.B. und K. keinen Bedenken.

a) Im Kraftfahrzeughandel beträgt bei Privatkunden der Zeitraum zwischen Erstkauf und erster Nachbestellung im Durchschnitt fünf Jahre. Im Kraftfahrzeugbereich sind neben der Marke und der Produktwerbung auch die Betreuungs- und Serviceleistungen des Händlers für die Schaffung eines Kundenstammes von Bedeutung. Aufgrund der bei Neufahrzeugen üblicherweise durchzuführenden regelmäßigen Kundendienste haben die Händler die Möglichkeit, die Bindungen auch zu Erstkäufern zu festigen (BGH v. 26.02.1997 – VIII ZR 272/95, BGHZ 135, 14, 19 f. = MDR 97, 555 = NJW 97, 1503 f.). Ausweislich der vorgelegten Liste erfolgten die Verkäufe nahezu ausschließlich innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren. Soweit ein früherer Verkauf nicht 5, sondern 6 Jahre zurücklag, handelt es sich gleichwohl um einen Mehrfachkunden, weil der Zeitraum von 5 Jahren lediglich einen Richtwert, aber keine zwingende Zäsur bildet. Demgegenüber können die Käufer v.B. und K. nicht als Stammkunden gelten, weil zwischen den beiden Erwerbsvorgängen Zeiträume von 12 bzw. 11 Jahren lagen. Angesichts dieser lockeren Bindung kann hier nicht von einer Stammkundeneigenschaft ausgegangen werden, die ohne weiteres die Erwartung weiterer Geschäftsabschlüsse begründet. Folglich sind die für die Kunden v.B. und K. angefallenen Provisionen den Einfachkundenprovisionen zuzuschlagen.

b) Schließlich ist auch der Schwager des Klägers als Stammkunde zu berücksichtigen. Die Frage, ob Familien und Betriebsangehörige in den Kreis der Stammkunden einzubeziehen sind, hat der BGH bislang offen gelassen (BGH v. 05.06.1996 – VIII ZR 7/95, MDR 96, 1121 = NJW 96, 2302, 2305). Nach Auffassung des Senats können auch Familienangehörige als Stammkunden angesehen werden, weil eine familiäre oder betriebliche Bindung, wo gewisse Gefälligkeiten, aber keine unentgeltlichen Leistungen größeren Ausmaßes erwartet werden können, nicht überbewertet werden darf. Ist der Kunde mit dem Fahrzeug wirklich zufrieden und kann er anderweitig auf eine sachkundige Werkstattbetreuung zurückgreifen, besteht begründete Aussicht, dass die Vertragsbeziehung für die Beklagte erhalten bleibt. Da i. Ü. die Fortdauer einer Geschäftsbeziehung mit einem Stammkunden vermutet wird, hat der Hersteller zu beweisen, dass als Folge des Ausscheidens des Vertragshändlers eine Beendigung der Geschäftsbeziehung zu erwarten ist (E/B/J/Löwisch, HGB, 2001, § 89 b Rz. 85). Einen dahin gehenden Beweis hat die Beklagte jedoch nicht angetreten.

3. Darüber hinaus können 2/3 der Einmalkunden bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs des Klägers als Stammkunden berücksichtigt werden.

Bei langlebigen Wirtschaftsgütern mit einem längeren Nachbestellungsintervall ist anerkannt, dass Kunden, die bei Beendigung des Handelsvertreter- bzw. Vertragshändlerverhältnisses erst Einmalkunden waren, als Stammkunden behandelt werden können, wenn und soweit unter Berücksichtigung branchenüblicher Besonderheiten aufgrund einer Schätzprognose innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes nach Vertragsende Wiederholungskäufe zu erwarten sind. Die Erfahrung zeigt, dass viele Kraftfahrzeug Vertragshändler auch schon einen nicht unbeträchtlichen Teil ihrer Erstkunden durch händlerspezifische Betreuungs- und Serviceleistungen in einem Maße an sich binden, dass die begründete Erwartung auf Vornahme eines Folgegeschäfts gerechtfertigt ist. Daher ist es sachgerecht, bei der Ermittlung des Ausgleichsanspruchs auch denjenigen Anteil der Erstkunden als Bestandteil des Kundenstammes i. S. v. § 89 b Abs. 1 Satz 1 HGB zu berücksichtigen, von dem nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre Nachbestellungen erwartet werden können (BGH v. 26.02.1997 – VIII ZR 272/95, BGHZ 135, 14, 19 f. = MDR 97, 555 = NJW 97, 1503 f.). Danach kann bei einem Kraftfahrzeug Vertragshändler regelmäßig davon ausgegangen werden, dass 2/3 der Einmalkunden zu Stammkunden werden (BGH, Urt. v. 05.06.1996 – VIII ZR 141/95, MDR 96, 1121 = NJW 96, 2298, 2301).

4. Ferner ist nicht zu beanstanden, dass der Kläger im Blick auf händlertypische Bestandteile seiner Provision und damit ferner abgegoltene verwaltende Tätigkeiten von seiner Vergütung einen Abschlag von 30 % vornimmt.

a) Wirtschaftlich betrachtet nehmen die Rabatte, die ein Vertragshändler auf den Listenpreis des Herstellers von diesem erhält, die Stelle der Provision eines Handelsvertreters ein. Um eine Vergleichbarkeit beider zu erzielen, ist es jedoch notwendig, diejenigen Teile des Rabatts herauszurechnen, die der Vertragshändler aufgrund seiner vom Handelsvertreter abweichenden Stellung für Leistungen erhält, die der Handelsvertreter üblicherweise nicht zu erbringen hat (BGH, Urt. v. 05.06.1996 – VIII ZR 141/95, MDR 96, 1121 = NJW 96, 2298, 2300). In einem ersten Rückführungsschritt ist der dem Vertragshändler eingeräumte Rabatt durch Ausklammerung der händlertypischen Bestandteile auf das Niveau eines Handelsvertreters zurückzuführen, was auch die Bestimmung der Ausgleichshöchstgrenze nach § 89 b Abs. 2 HGB erleichtern soll. Sodann sind in einem zweiten Rückführungsschritt die der Provision des Handelsvertreters für verwaltende Tätigkeiten entsprechenden Vergütungsanteile auszusondern, so dass die für die werbende, vermittelnde Tätigkeit gewährte Vergütung übrig bleibt (BGH v. 05.06.1996 – VIII ZR 7/95, MDR 96, 1121 = NJW 96, 2302 f.).

b) Im Handelsvertreterrecht hat der BGH dem Prinzipal die Darlegungs- und Beweislast für einen auf verwaltende Maßnahmen entfallenden, nicht ausgleichsfähigen Provisionsanteil dann zugewiesen, wenn er einen höheren als den vom Vertreter angegebenen Anteil herausgerechnet wissen will. Begründet wird dies vor allem mit der Sachnähe des Prinzipals, der den Provisionssatz im Vertrag vorgegeben hat und über Erfahrungswerte darüber verfügt, wie sich die Provision aufteilen soll, wenn sie auch Vergütungsanteile für handelsvertreteruntypische Tätigkeiten enthält. Diese Erwägungen sind auch auf das Verhältnis zwischen Hersteller und Vertragshändler zu übertragen (BGH, Urt. v. 05.06.1996 – VIII ZR 141/95, MDR 96, 1121 = NJW 96, 2298, 2300). Der Hersteller ist also darlegungs und beweispflichtig, wenn er höhere als von dem Vertragshändler angegebene Bestandteile als händlertypische Vergütung und als Entgelt für verwaltende Tätigkeiten aus der Provision herausrechnen will (Graf v. Westphalen in Röhricht/Graf v. Westphalen, HGB, 2. Aufl., Vertragshändler Vertrag, Rz. 94). Nach diesen Grundsätzen trägt die Beklagte die Beweislast dafür, inwieweit die dem Kläger gewährte Provision händlertypische und verwaltende Tätigkeiten abdeckende Vergütungsbestandteile enthält. Mangels jeden Sachvortrages der Beklagten ist der von dem Kläger eingeräumte Abzug i. H. v. 30 % der Berechnung zugrunde zu legen.

5. Schließlich kann die Beklagte nicht mit ihrem Vorbringen gehört werden, soweit sie Verkaufspreise des Klägers, Provisionen und Profilzulagen mangels Zugriff auf die entsprechenden Buchhaltungsunterlagen bestreitet.

a) Ein substantiierter Sachvortrag kann einer Partei unzumutbar sein, die nicht mehr über bestimmte Unterlagen verfügt. Dies gilt aber nur, soweit die Partei glaubhaft macht, die Schriftstücke tatsächlich nicht mehr in ihren Händen zu haben (BGH v. 10.10.1994 – II ZR 95/93, MDR 95, 275 = NJW 95, 130 f.).

b) Vorliegend kann indes von einer Unkenntnis der Beklagten über die Gewinnmargen des Klägers nicht ausgegangen werden. Im Blick auf den auslaufenden Vertrag fanden zwischen den Parteien bereits im Jahre 1992 Verhandlungen über die Abwicklung ihres Vertragsverhältnisses statt, die zu keiner gütlichen Einigung führten. Im August 1993 erhob der Kläger Teilklage auf Tilgung seines Ausgleichsanspruchs. Bei dieser Sachlage bestand für die Beklagte keine Veranlassung, Schriftstücke aus der Geschäftsverbindung mit dem Kläger zu vernichten. Folglich kann das Bestreiten der Beklagten keine Berücksichtigung finden.

II. Der Ausgleichsanspruch des Klägers ist nach den Grundsätzen der Entscheidung BGH, Urt. v. 05.06.1996 – VIII ZR 141/95, MDR 96, 1121 = NJW 96, 2298, 2301 zu bestimmen. Danach beläuft sich seine Forderung auf 93.540,62 DM.

1. Der Ausgleichsanspruch des Klägers bemisst sich weder nach dem neuen Berechnungsansatz in BGH v. 26.02.1997 – VIII ZR 272/95, BGHZ 135, 14, 22 = MDR 97, 555 = NJW 97, 1503 ff. noch nach der Münchener Formel.

a) Der von dem BGH entwickelte neue Berechnungsmodus verdrängt nicht andere ebenfalls vom BGH gebilligte Berechnungswege. Überdies hat der Kläger nicht substantiiert dargetan, dass im Streitfall die Voraussetzungen der neuen Berechnungsmethode eingreifen.

Zwar gestattet der BGH einen vereinfachten Berechnungsansatz in der Form einer schlichten Multiplikation des Mehrfachkundenumsatzes im letzten Vertragsjahr mit dem Prognosezeitraum von fünf Jahren, sofern der Umsatz des Händlers mit Mehrfachkunden über einen längeren Zeitraum vor Vertragsende einen annähernd gleich bleibenden Anteil am gesamten Neuwagenumsatz ausgemacht hat (BGH v. 26.02.1997 – VIII ZR 272/95, BGHZ 135, 14, 22 = MDR 97, 555 = NJW 97, 1503 ff.). Einmal genießt diese Methode keinen Vorrang ggü. anderen vom BGH ebenfalls als zulässig erachteten Berechnungswegen (BGH v. 26.02.1997 – VIII ZR 272/95, BGHZ 135, 14, 22 = MDR 97, 555 = NJW 97, 1503 ff.; Creutzig, DAR 99, 14; Intveen, BB 99, 1881, 1885). Zum anderen kann die vereinfachte Methode nur Anwendung finden, wenn der Händler substantiiert vorträgt, dass der Umsatz mit Mehrfachkunden über einen längeren Zeitraum einen gleich bleibenden Anteil des Gesamtumsatzes mit Neuwagen gebildet hat (BGH v. 26.02.1997 – VIII ZR 272/95, BGHZ 135, 14, 22 = MDR 97, 555 = NJW 97, 1503 ff.; Intveen, BB 99, 1881, 1885; Graf v. Westphalen in Röhricht/Graf v. Westphalen, HGB, 2. Aufl., Vertragshändler Vertrag Rz. 91). Indes fehlt es an einer entsprechenden Darlegung des Klägers, der lediglich pauschal einen gleich bleibenden Anteil am Gesamtumsatz behauptet. Der Kläger hat jedoch nicht ansatzweise anhand von Zahlenmaterial unterlegt, wie sich in seinem Betrieb während der Jahre vor Vertragsende das Verhältnis von Mehrfachkunden zum Gesamtumsatz gestaltet hat.

b) Auch die von dem Kläger favorisierte Münchener Formel (vgl. Kainz/Lieber/Puszkajler, BB 99, 434; Kümmel, DB 98, 2407; Creutzig, DAR 99, 14) kann nicht als taugliche Berechnungsgrundlage anerkannt werden. Dabei ist insbesondere zu beanstanden, dass die Mehrfachkunden des letzten Vertragsjahres entgegen BGH v. 26.02.1997 – VIII ZR 272/95, BGHZ 135, 14, 22 = MDR 97, 555 = NJW 97, 1503 f. auf den Prognosezeitraum von fünf Jahren hochgerechnet werden, ohne dass festgestellt wird, ob die Mehrfachkundenquote auch in der Vergangenheit dauerhaft auf den Gesamtabsatz entfallen ist (Reufels/Lorenz, MDR 98, 1490). Ferner wird durch die Multiplikation der gesamten Provision mit der Stammkundenquote eine nicht tragfähige Pauschalierung für die Beurteilung, ob Einmalkunden als Mehrfachkunden gewonnen werden können, vorgenommen (Reufels/Lorenz, BB 00, 1586 f.; Reufels/Lorenz, MDR 98, 1490). Angesichts dieser grundlegenden Einwände kann die auf den Vertrieb von Fabrikaten der Marke […] zugeschnittene Münchener Formel nicht auf die gesamte Automobilbranche und damit auch die Beklagte ausgedehnt werden.

2. Nach Maßgabe der Leitentscheidung BGH, Urt. v. 05.06.1996 – VIII ZR 141/95, MDR 96, 1121 = NJW 96, 2298, 2301 errechnet sich der Ausgleichsanspruch des Klägers mit 93.540,62 DM. (Wird ausgeführt.)

3. Nach diesen Leitlinien ist der Ausgleichsanspruch des Klägers auf 93.540,62 DM festzusetzen. …

5. Wegen des von der Beklagten geltend gemachten Zurückbehaltungsrechts (§ 273 BGB) kann die Klägerin Zahlung des Ausgleichsbetrages nur Zug um Zug gegen Erteilung einer Rechnung beanspruchen, die den in der Klageforderung enthaltenen Mehrwertsteuerbetrag i. H. v. 11.487,82 DM nach Maßgabe des § 14 UStG ausweist.

Der Anspruch auf Ausstellung einer Rechnung nach § 14 UStG kann vor den ordentlichen Gerichten verfolgt werden (BGH v. 24.02.1988 VIII ZR 64/87, MDR 88, 574 = NJW 88, 2042). Die Verpflichtung zur Erteilung einer Rechnung ist kein Bestandteil des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts, sondern eine durch § 14 UStG begründete zivilrechtliche Nebenpflicht (Bunjes/Geist/Zeuner, UStG, 6. Aufl., § 14 Rz. 12). Der Leistungsempfänger hat wegen seines Anspruchs auf Erteilung einer Rechnung mit gesondertem Steuernachweis ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB. Dagegen ist § 320 BGB unanwendbar, weil nur die Hauptleistungen miteinander synallagmatisch verknüpft sind, die Verpflichtung zur Ausstellung einer Rechnung aber nur eine Nebenpflicht bildet (Peusquenz, NJW 74, 683 f., Zeuner in Bunjes/Geist/Zeuner, UStG, 6. Aufl., § 14 Rz. 38). Da sich die Beklagte auf ihr Zurückbehaltungsrecht berufen hat, kann die Klägerin Zahlung nur Zug um Zug gegen Erteilung einer Rechnung mit Mehrwertsteuerausweis verlangen.

B. Der Zinsanspruch des Klägers ist nach Maßgabe des Urteilstenors begründet.

I. Der Kläger kann nicht bereits ab dem 01.04.1993 die von ihm gezahlten Kreditzinsen als Verzugsschaden beanspruchen, weil er die Beklagte zu diesem Zeitpunkt nicht wirksam in Verzug gesetzt hatte.

Zwar hat der Kläger durch Anwaltschreiben vom 16.03.1993 von der Beklagten bis zum 30.03.1993 Zahlung i. H. v. 300.000,– DM beansprucht. Dabei handelt es sich aber um eine Zuvielforderung, weil sich der Ausgleichsanspruch des Klägers lediglich auf 93.540,62 DM beläuft. Ob eine Zuvielmahnung im Umfang des tatsächlich bestehenden Anspruchs wirksam ist, entscheidet sich unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach Treu und Glauben; eine unverhältnismäßig hohe Zuvielforderung kann den zu Recht angemahnten Teil so in den Hintergrund treten lassen, dass dem Schuldner kein Schuldvorwurf zu machen ist, wenn er sich nicht als wirksam gemahnt ansieht. Das gilt vor allem in Konstellationen, wo der Schuldner den tatsächlich bestehenden Anspruch nicht allein ausrechnen kann (BGH v. 13.11.1990 – XI ZR 217/89, MDR 91, 756 = NJW 91, 1286, 1288). Im Streitfall liegt eine erhebliche, den dem Kläger tatsächlich zustehenden Anspruch um mehr als das Doppelte überschreitende Zuvielforderung vor. Überdies konnte die Beklagte die dem Kläger zustehenden Ansprüche nicht selbst ermitteln. Vor diesem Hintergrund ist eine wirksame Mahnung nicht gegeben.

II. Jedoch ist die Beklagte gem. §§ 284 Abs. 1 Satz 2, 286 BGB a.F. verpflichtet, an den Kläger – wie im Urteil ausgewiesen – Verzugsschaden wegen der Inanspruchnahme von Bankkredit zu errichten.

1. Nach § 284 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. steht die Erhebung einer Klage der Mahnung gleich. Mit am 30.08.1993 zugestellten Schriftsatz vom 03.08.1993 hat der Kläger eine Teilklage auf Zahlung eines Ausgleichsanspruchs i. H. v. 65.000,– DM gegen die Beklagte erhoben, wobei 58.500,– DM das Neuwagengeschäft und 6.500,– DM das Ersatzteilgeschäft zum Gegenstand hatten. Insoweit liegt ersichtlich keine Zuvielforderung vor. Mithin kann der Kläger ab Zustellung der Teilklage am 30.08.1993 die ihm durch die Inanspruchnahme von Bankkredit bis zum Betrag von 58.500,– DM entstandene Zinsbelastung als Verzugsschaden ersetzt verlangen.

2. Durch die am 06.06.1995 zugestellte Klageerweiterung hat der Kläger seinen Ausgleichsanspruch bezüglich des Neuwagengeschäfts auf 119.163,22 DM zzgl. MwSt. erhöht. Folglich ist der Kläger nach § 284 Abs. 1 Satz 2, 286 BGB a.F. berechtigt, mit Wirkung vom 06.06.1995 weiteren Zins für die Inanspruchnahme von Bankkredit bis zur Höhe der Klageforderung von 93.540,62 DM zu beanspruchen. Die Klageerweiterung auf 119.163,22 DM nebst MwSt. bedeutet zwar eine Zuvielforderung. Angesichts des die tatsächliche Forderung überschreitenden Mehrbetrages von rund 1/3 kann indes nicht von einer unverhältnismäßigen Zuvielforderung ausgegangen werden. Folglich wurde die Beklagte durch die Klageerweiterung wirksam in Verzug gesetzt.

III. Der Verzug der Beklagten ist nicht dadurch beseitigt worden, dass sie erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 16.10.2001 ein auf die Erteilung einer Handelsrechnung mit Mehrwertsteuerausweis (§ 14 UStG) gestütztes Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht hat.

1. Macht der Schuldner ein ihm gem. § 273 BGB zustehendes Zurückbehaltungsrecht erst nach Eintritt des Leistungsverzuges geltend, so wird damit der Verzug nicht beseitigt. Der Schuldner muss dann mindestens seine eigene Leistung Zug um Zug gegen Bewirkung der Leistung des anderen Teils anbieten (BGH v. 08.11.1994 – X ZR 104/91, NJW RR 95, 564; NJW 71, 421; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 284 Rz. 39; Erman/Battes, BGB, 10. Aufl., § 284 Rz. 40).

2. Die Beklagte hat ihr Zurückbehaltungsrecht erst am 16.10.2001 ausgeübt, lange nachdem sie durch die Klageerweiterung vom 06.06.1995 in Verzug gesetzt worden war. Mithin konnte sie den Verzug nicht allein durch die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts beenden, sondern hätte zusätzlich die von ihr geschuldete Leistung anbieten müssen. Da die Beklagte aber zur Erbringung der von ihr geschuldeten Leistung nicht bereit war, wirkt der Verzug trotz der Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts fort. …

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