Wichtiger Grund

I-16 U 161/04 Urteil verkündet am 21. Oktober 2005 OLG Düsseldorf Versicherungsvertreterrecht

Oberlandesgericht Düsseldorf
Im Namen des Volkes
Urteil

Tenor

Das Versäumnisurteil des Senats vom 3. Juni 2005 wird aufrechterhalten.

Der Beklagte hat die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund dieses Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheit kann durch Bürgschaft eines der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht unterliegenden Kreditinstituts geleistet werden.

Tatbestand

A. Die Klägerin, eine rechtlich verselbstständigte Vertriebsorganisation der A. Versicherungsgruppe, vermittelt im Rahmen ihres Allfinanzangebots alle wesentlichen Formen von Finanzdienstleistungen, insbesondere Baufinanzierungen und sonstige gewerbliche Finanzierungen, andere Kreditformen, eine Vielzahl von Sparformen bis hin zu Festgeldanlagen und Investmentzertifikaten, sämtliche Formen von Versicherungsverträgen sowie Bausparverträge, Rechtschutzversicherungen und Kreditkarten. Für den Vertrieb bedient sie sich haupt- und nebenberuflicher Vertreter im Sinne der §§ 84, 92 HGB in einer hierarchisch aufgebauten Außendienstorganisation, wobei vertragliche Beziehungen immer nur zwischen der Klägerin und ihren Außendienstmitarbeitern bestehen.

Der Beklagte ist seit Oktober 1992 für die Klägerin tätig, zuletzt auf der Stufe eines Geschäftsstellenleiters. Er hat zudem die Stufe 7 der Vermögensberater-Praxis erreicht, so dass als Frist für eine ordentliche Kündigung in Abschnitt 6 des zwischen den Parteien geschlossenen Vermögensberater-Vertrages eine Kündigungsfrist von 30 Monaten zum 30. Juni eines jeden Jahres vorgesehen ist.

Bis zur zweiten Hälfte des Jahres 2002 galt der Beklagte bei der Klägerin als ausgesprochen erfolgreicher Vermögensberater. Recherchen, welche die Klägerin sodann durchführte, ergaben, dass er bei ihr Scheinverträge mit nicht existierenden Kunden eingereicht hatte, um mit den daraus fließenden Provisionszahlungen einen bestehenden persönlichen finanziellen Engpass zu überwinden. Dieses Verhalten nahm die Klägerin zum Anlass, ihn unter dem 10. September 2002 abzumahnen.

Mit Anwaltsschreiben vom 17. Februar 2003 rügte der Beklagte, dass die Zusammenarbeit in den letzten Monaten nicht mehr reibungslos funktioniert habe, er insbesondere daran gehindert worden sei, ordnungsgemäß weitere Geschäfte abzuschließen, eventuelle Stornos zu bearbeiten und ihm über Monate kein Geld ausgezahlt worden sei. Er setzte der Klägerin eine Frist von acht Tagen zur Übergabe einer ordnungsgemäßen Abrechnung über die letzten Wochen, aus der zu entnehmen sein sollte, welche Stornos ihm angelastet werden und über welchen Mitarbeiter die stornierten Verträge abgeschlossen worden seien, und drohte andernfalls die fristlose Kündigung des Vertrages an. Unter dem 26. Februar 2003 ließ er sodann mit Anwaltsschreiben die fristlose Kündigung des Vertrages aussprechen, der die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 4. März 2003 widersprach und dazu ausführte, dass das Dienstverhältnis erst mit Ablauf der vertraglichen Kündigungsfrist zu beenden sei.

Zwischen den Parteien besteht in erster Linie Streit darüber, ob das Vertragsverhältnis durch diese – sowie eine weitere, im Verlaufe des Berufungsverfahrens ausgesprochene – Kündigung des Beklagten vorzeitig, nämlich fristlos beendet worden ist. Die Klägerin nimmt ihn des weiteren mit ihrer Klage wegen angeblicher Wettbewerbsverstöße auf Unterlassung von Konkurrenztätigkeit, Feststellung der Schadensersatzverpflichtung wegen Konkurrenztätigkeit sowie auf Auskunft über diese in Anspruch.

Sie hat gemeint, die mit Schreiben vom 26. Februar 2003 ausgesprochene fristlose Kündigung sei unberechtigt und könne das Vertragsverhältnis daher erst mit Ablauf des 30. Juni 2006 beenden. Obwohl sich der Beklagte bis dahin jeglicher Konkurrenz zu enthalten habe, übe er – wohl über einen Strohmann – Konkurrenztätigkeit aus. So habe die Kundin […] bei der […] Versicherungs AG eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen gehabt, die sie gekündigt habe. Die Kundin habe telefonisch am 26. September 2003 erklärt, der Beklagte habe ihr ein neues Angebot für eine Berufsunfähigkeitsversicherung unterbreitet, welches sie – nach Kündigung der alten Berufsunfähigkeitsversicherung – angenommen habe. Auch der Kunde […] habe seine Berufsunfähigkeitsversicherung bei der […] Versicherungs AG gekündigt, weil der Beklagte ihm „etwas besseres“ angeboten habe. Schließlich habe die Auskunftsstelle für den Versicherungsdienst sie am 2. November 2003 um detaillierte Auskunft über den Beklagten ersucht, anlässlich derer die Klägerin erfahren habe, dass der Beklagte seit dem 1. November 2003 „als Versicherungsmakler“ für die […] in […] tätig sei.

Der Beklagte hat gemeint, seine fristlose Kündigung sei wirksam. Die Klägerin habe es ihm unmöglich gemacht, Verträge abzuschließen und Einkünfte zu gewinnen. Der ihm vorgesetzte Mitarbeiter der Klägerin […] habe seit September 2002 die Anweisung an ihn und seine nachgeordneten Mitarbeiter ausgegeben, dass Anträge auf Abschluß von Lebensversicherungen bei den Versicherungsgesellschaften nur eingereicht werden dürften, wenn er und die anderen Mitarbeiter zugleich ein „Nebengeschäft“ mit demselben Kunden vermittelt hätten. Schon bei der ersten Weisung habe er diesem erklärt, er würde dies nicht hinnehmen und andernfalls das Vertragsverhältnis zur Klägerin kündigen. In der Folgezeit habe […] dann eine Vielzahl von Versicherungsanträgen mangels Nebengeschäft nicht weitergeleitet, so mit den Kunden […], […], […] und […]. Im Januar 2003 habe er […] deshalb erneut mit fristloser Kündigung gedroht und sich auch bei dem Mitarbeiter […] der Klägerin beschwert und Kündigung angedroht. Die Klägerin habe keine Abhilfe geschaffen, sondern ihm vielmehr zwischen dem 21. und 31. Januar 2003 den Zugriff auf Daten der von ihm vermittelten Kunden über die EDV gesperrt. Über die Computerhotline habe er erfahren, dass er ausgeschieden sei. Der dort tätigen Mitarbeiterin habe er gesagt, man möge ihn sofort anschließen, sonst kündige er das Vertragsverhältnis. Am 19. März 2003 habe die Klägerin den Laptop, den sie ihm nach einem Einbruchsdiebstahl am 27. Januar 2003 wieder zur Verfügung gestellt habe, abgeholt, so dass ihm das notwendige Arbeitsmaterial für eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses fehle. Unabhängig davon sei die Klägerin mit der fristlosen Kündigung einverstanden gewesen. Sie habe ihm mitgeteilt, dass er aus dem Familienabsicherungsplan mit Wirkung vom 1. Oktober 2003 ausscheide wegen „Ausscheiden aus der Gesellschaft“ und ihm ab dem 1. Dezember 2003 keine Leistungen aus der Zusatzvereinbarung II gewährt. Schließlich habe sie in einem Rechtsstreit vor dem Amtsgericht Emmerich – 9 C 95/04 – behauptet, er – der Beklagte – sei durch Kündigung ausgeschieden. Jedenfalls aber sei die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist von 30 Monaten sittenwidrig, weil die Handelsvertreter auf ihre Vergütungsansprüche angewiesen seien, die Klägerin es indessen durch Änderung des Vertriebsgebietes, Nichtweiterleitung von Versicherungsanträgen pp. in der Hand habe, die Einkünfte ihrer Vertreter zu beschneiden.

Etwaige Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis seien jedenfalls verwirkt. Schließlich stehe ihm ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Aushändigung des Laptops und Zugriff auf die Kundendaten zu; daneben liege ein wesentlicher Vertragsverstoß auch darin, dass […] eine Vielzahl von Verträgen von ihm und seinen Mitarbeiter auf sich umgeleitet habe. Bis zur Bekanntgabe der ihm für diese Verträge zustehenden Provisionen für die Vergangenheit und Zukunft mache er auch insoweit ein Zurückbehaltungsrecht geltend.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen und der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die fristlose Kündigung des Beklagten sei nicht gerechtfertigt. So ergebe sich aus dem Kündigungsschreiben nicht, welche Stornomitteilungen zu spät gekommen sein sollten; soweit er sich auf eine schleppende Bearbeitung eingereichter Versicherungsanträge berufe, zeige er nicht auf, dass er dies bei der Klägerin selbst zeitnah gerügt habe. Auch die angebliche Sperrung des Intranetzuganges könne die fristlose Kündigung nicht begründen, weil der Beklagte sich nicht unverzüglich an die Geschäftsführung der Klägerin mit der Bitte um Abhilfe gewandt habe. Schließlich könne er die fristlose Kündigung auch nicht auf die Beendigung des Laptop-Mietvertrages stützen, weil unbestritten sei, dass der Bestand des Mietvertrages durch den Ausspruch der Kündigung beendet wird. Dass das Vertragsverhältnis einvernehmlich beendet worden sei, lasse sich nicht feststellen, denn die Klägerin habe der fristlosen Kündigung ausdrücklich widersprochen. Im weiteren Schriftwechsel habe die Klägerin nur die weitere Teilnahme an Zusatzleistungen für beendet erklärt; die Ausführungen im Schriftsatz vom 6. April 2004 beruhten ersichtlich auf einem Irrtum. Ansprüche der Klägerin aus dem fortbestehenden Vertragsverhältnis seien nicht verwirkt. Die fristlose Kündigung sei in eine fristgerechte Kündigung umzudeuten mit der Folge, dass das Vertragsverhältnis zum 30. Juni 2006 ende. Die 30-monatige Kündigungsfrist sei nicht sittenwidrig. Die Klägerin habe auch ein rechtliches Interesse daran, dass die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung sowie die Verpflichtung zur Unterlassung von Konkurrenztätigkeit und die diesbezügliche Schadensersatz- sowie Auskunftspflicht des Beklagten festgestellt werde. Dies nicht zuletzt deshalb, weil der Beklagte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ohne schriftliche Einwilligung der Klägerin anderweitige Beratungs- und Vermittlungstätigkeit ausgeübt habe. Ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Auskunft über Vertragsumleitungen bestehe nicht, weil die der Auskunft zugrunde liegenden Tatsachen nicht hinreichend konkret dargestellt seien. Ebenso wenig bestehe ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Aushändigung des Laptops.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiter verfolgt. Er meint, seine fristlose Kündigung wegen schleppender Bearbeitung eingereichter Versicherungsanträge sei gerechtfertigt. Eine Abmahnung sei angesichts der Schwere der Verstöße nicht erforderlich gewesen, jedenfalls aber sei es ausreichend, dass er die Vertragsverstöße bei dem Mitarbeiter der Klägerin […] selbst gerügt habe. Unabhängig davon habe er diese Beanstandungen auch gegenüber dem Mitarbeiter […] vorgebracht. Zu Unrecht habe das Landgericht auch eine Berechtigung der Kündigung wegen der Sperrung des Intranetzuganges verneint. Insoweit sei es ausreichend gewesen, dass er sich an die Hotline gewandt habe, um die Sperrung abzumahnen, denn die Klägerin selbst habe diese für alle Fragen des Intranetzugangs als Ansprechpartner bestimmt. Jedenfalls sei das Vertragsverhältnis einvernehmlich beendet worden; in jedem Fall aber greife der Einwand der Verwirkung gegenüber den klägerischen Ansprüchen durch. Er habe aus dem der Kündigung nachfolgenden Schriftwechsel schließen dürfen, dass die Klägerin von einer Beendigung des Vertragsverhältnisses ausgegangen sei. Die Sittenwidrigkeit der 30-monatigen Kündigungsfrist ergebe sich daraus, dass schon der Ausspruch der Kündigung zur sofortigen Beendigung des Laptop-Nutzungsvertrags führen solle, denn so werde den Mitarbeitern das wesentliche Arbeitsmittel entzogen. Zu beanstanden sei weiter die Beweiswürdigung des Landgerichts hinsichtlich seiner angeblichen Konkurrenztätigkeit. Schließlich habe er auch ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Auskunft über „Vertragsumleitungen“ wie auch hinsichtlich der Rückgabe des Laptops und des Zugriffs auf seine Kundendaten.

Nachdem der Senatsvorsitzende durch Verfügung vom 25. Mai 2005 auf die Erfolglosigkeit der Berufung hingewiesen hatte, ist diese im Senatstermin vom 3. Juni 2005 wegen Säumnis des Beklagten im Termin durch Versäumnisurteil zurückgewiesen worden. Gegen dieses am 13. Juni 2005 zugestellte Versäumnisurteil hat er am 24. Juni 2005 Einspruch eingelegt, mit dem er beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen. Er ergänzt sein Vorbringen zu den vom Mitarbeiter […] verhinderten Vertragsabschlüssen und macht geltend, er und der Mitarbeiter […] hätten mit weiteren Kunden vorbereitende Gespräche über den Abschluss von Versicherungsverträgen geführt; die Vertragsverhandlungen mit diesen seien dann auf Anweisung von […] nicht fortgeführt worden. Mit Schreiben vom 6. Juni 2005 habe er das Handelsvertreterverhältnis erneut vorsorglich fristlos gekündigt, nachdem die Klägerin ihm trotz Abmahnung vom 25. Mai 2005 den Laptop einschließlich der Zugangsmöglichkeit für das firmeneigene Intranet nicht zur Verfügung gestellt habe.

Die Klägerin bittet, das Versäumnisurteil des Senats aufrechtzuerhalten. Sie verteidigt das angefochtene Urteil, indem sie ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft. Sie tritt dem Vorbringen des Beklagten in der Einspruchsschrift entgegen und macht insbesondere geltend, auch die weitere Kündigung des Beklagten vom 6. Juni 2005 habe nicht zu einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses geführt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf den Inhalt der angegriffenen Entscheidung sowie auf die mit Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 25. Mai 2005 erteilten rechtlichen Hinweise Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

B. Der form- und fristgerechte Einspruch des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Versäumnisurteil des Senats, durch welches seine Berufung zurückgewiesen worden ist, ist aufrechtzuerhalten.

I. Das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien ist weder durch die am 26. Februar 2003 noch durch die am 6. Juni 2005 ausgesprochene fristlose Kündigung vorzeitig beendet worden.

1. Ohne Erfolg macht der Beklagte auch in der Berufungsinstanz geltend, das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien sei infolge seiner außerordentlichen Kündigung vom 26. Februar 2003 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden.

1.1. Gemäß § 89 a HGB kann das Vertragsverhältnis von jedem Teil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, und zwar ohne dass es der Angabe des Kündigungsgrundes im Kündigungsschreiben bedarf. Als wichtiger Grund gilt jeder tatsächliche oder rechtliche Umstand – Ereignis oder Verhalten -, welcher bei Beachtung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung von Wesen und Zweck des Vertrages sowie der durch den Vertrag begründeten beiderseitigen Rechte und Pflichten dem kündigenden Vertragspartner die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zu dem ursprünglich vertraglich vorgesehenen oder durch fristgerechte Kündigung herbeizuführenden Vertragsende unzumutbar macht, weil es trotz Beachtung des Gebots der Vertragstreue im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalls Treu und Glauben sowie der Billigkeit widerspricht, den Kündigenden am Vertrag festzuhalten (vgl. nur: Ebenroth/ Boujong/Joost, HGB, Rdnr. 6 zu § 89 a).

Nimmt eine Vertragspartei einen vom Vertragspartner zu beeinflussenden Umstand zum Anlass für eine außerordentliche Kündigung, ist diese im Hinblick darauf, dass sie unausweichlich das letzte Mittel – die ultima ratio – sein muss, grundsätzlich erst dann gerechtfertigt, wenn dem zu Kündigenden mittels einer Abmahnung die möglichen Konsequenzen eines erneuten Verstoßes aufgezeigt worden sind und ihm Gelegenheit zur Änderung des beanstandeten Umstandes gegeben worden ist (vgl. nur: BGH NJW-RR 99, 539, 540; Ebenroth/ Boujong/Joost, Rdnr. 12 zu § 89 a).

Als wichtiger Grund können Umstände oder Ereignisse in Betracht kommen, die sich während des Bestehens des Vertragsverhältnisses zugetragen haben, dagegen kann die bereits erklärte Kündigung nicht auf Gründe gestützt werden, welche erst nach Zugang der außerordentlichen Kündigungserklärung bei dem zu Kündigenden entstanden sind, es sei denn der neue Umstand soll einen früheren Kündigungsgrund nur in seiner Bedeutung erläutern und verständlicher machen (vgl. Ebenroth/Boujong/Joost, Rdnr. 9, Rdnr. 47 f. zu § 89 a).

Will eine Vertragspartei den Handelsvertretervertrag aus wichtigem Grund kündigen, muss sie dies nicht innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB tun, vielmehr ist ihr eine angemessene Überlegungszeit zuzugestehen. Deren Dauer richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Falles, regelmäßig ist sie aber kürzer als zwei Monate. Eine solche Zeitspanne zur Aufklärung des Sachverhalts und Überlegung der hieraus zu ziehenden Konsequenzen deutet nämlich darauf hin, dass der Kündigende das beanstandete Ereignis selbst als nicht so schwerwiegend empfindet, dass ihm eine weitere Zusammenarbeit mit dem anderen Vertragsteil bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zuzumuten ist (vgl. nur: BGH ZIP 99, 1307 ff.). Sieht der Kündigungsberechtigte trotz Vorliegens eines wichtigen Grundes innerhalb der Kündigungsfrist von der außerordentlichen Kündigung ab, verliert der Kündigungsanlass seinen Charakter als wichtigen Grund und wird endgültig als eigenständiger Kündigungsgrund verbraucht, er kann allerdings zur Unterstützung einer auf andere wichtige Anlässe gegründeten fristlosen Kündigung später noch herangezogen werden (Ebenroth/Boujong/Joost, Rdnr. 11, 26 zu § 89 a).

Die Darlegungs- und Beweislast für sämtliche, das Vorliegen eines wichtigen Grundes ausmachenden Umstände liegt bei dem kündigenden Teil bzw. bei demjenigen, der sich auf einen wichtigen Grund beruft (Ebenroth/Boujong/Joost, Rdnr. 65 zu § 89 a).

1.2. Unter Beachtung dieser Grundsätze lässt sich nicht feststellen, dass der Beklagte am 26. Februar 2003 zur fristlosen Kündigung berechtigt war.

1.2.1. Ohne Erfolg macht der Beklagte mit seiner Berufung geltend, sein außerordentliches Kündigungsrecht folge schon daraus, dass der Direktionsleiter […] in der Zeit seit September 2002 eine Vielzahl von Lebensversicherungsverträgen nicht weitergeleitet und so den provisionspflichtigen Abschluss verhindert habe.

Die Ablehnung von Aufträgen durch den Unternehmer stellt allerdings dann einen wichtigen Grund zur fristlosen Beendigung des Vertragsverhältnisses dar, wenn dieser ständig ohne ersichtlichen Grund und damit willkürlich den Abschluss ihm angetragener Geschäfte ablehnt und so die Vermittlungsbemühungen des Handelsvertreters immer wieder zunichte macht. Damit überschreitet der Unternehmer die ihm grundsätzlich zustehende Dispositionsfreiheit (vgl. nur Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Band 1, 3. Auf., Rdnr. 1831).

Soweit der Beklagte in seiner Berufungsschrift auf sein erstinstanzliches Vorbringen Bezug nimmt, legt er ein solch dauerhaftes Verhalten schon nicht mit der erforderlichen Substanz dar, denn er zeigt nicht näher auf, welche von ihm herangetragenen Abschlüsse durch den Direktionsleiter […] abgelehnt worden sind. Erstinstanzlich hat er lediglich pauschal angeführt, von diesem angeblichen Verhalten des Direktionsleiters […] seien Vertragsschlüsse mit den Kunden […], […], […] und […] in der Zeit von September bis Dezember 2002 betroffen gewesen, ohne hierzu Einzelheiten anzuführen. Unabhängig davon aber lässt sich auch nicht feststellen, dass der Beklagte dieses Verhalten vor Ausspruch der fristlosen Kündigung erfolglos abgemahnt hatte. Er führt zwar an, er habe das Verhalten des Direktionsleiters diesem gegenüber wiederholt und auch gegenüber dem Mitarbeiter […] im Januar 2003 mündlich gemahnt. Dies aber reicht schon deshalb nicht aus, weil sich daraus nicht ergibt, dass das zu beanstandende Verhalten in der Folgezeit fortgesetzt worden ist und damit Anlass für die Kündigung gegeben hat.

Soweit er erstmals in der Einspruchsschrift ergänzend geltend macht, der Direktionsleiter […] habe nicht nur in der Zeit von September bis Dezember 2002 die Vertragsschlüsse mit den Kunden […], […], […] und […], sondern darüber hinaus auch in der Zeit bis Februar 2003 und damit auch nach der von ihm ausgesprochenen Abmahnung mit elf weiteren Kunden verhindert, handelt es sich um ein neues Verteidigungsmittel. Mit diesem ist er gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen, weil nichts dafür ersichtlich und vorgetragen ist, warum er dieses nicht schon in erster Instanz vorgetragen hat, so dass davon auszugehen ist, dass dieser Vortrag aus Nachlässigkeit nicht schon in erster Instanz erfolgt ist. Damit kommt es nicht weiter darauf an, dass es auch diesem Vorbringen an der erforderlichen Substanz fehlt, denn der Beklagte zeigt, obwohl er im Besitz der Versicherungsanträge und Analysebögen dieser Kunden sein müsste, nicht weiter auf, welchen Inhalt die in Aussicht genommenen Verträge haben sollten.

1.2.2. Zu Recht hat das Landgericht auch entschieden, dass die vom Beklagten behauptete Sperrung seines Intranetzugangs ab dem 31. Januar 2003 ihn nicht zur außerordentlichen Kündigung des Vertrages berechtigte.

Ein solches Verhalten des Unternehmers, das die Tätigkeit des Handelsvertreters lahm legt und ihm damit auch die Verdienstmöglichkeiten nimmt, kann allerdings dann einen zur fristlosen Kündigung berechtigenden Grund darstellen, wenn es – wie der Beklagte geltend macht – hierfür keinen sachlich gerechtfertigten Grund gibt.

Auch insoweit aber lässt sich nicht feststellen, dass der Beklagte dieses Verhalten vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung abgemahnt hat. Dass er – wie er geltend macht – die Sperrung des Intranetzugangs gegenüber der Hotline der Klägerin beanstandet hat, reicht nicht aus. Dem zu Kündigenden muss durch die Abmahnung unzweideutig, unmissverständlich und ernsthaft vor Augen geführt werden, dass die genau zu bezeichnende und beanstandete Störung den Bestand des Vertragsverhältnisses gefährdet und abgestellt werden muss, weil er andernfalls mit einer fristlosen Kündigung rechnen muss (vgl. nur: Ebenroth/ Boujong/ Joost, Rdnr. 12 zu § 89 a).

Auch wenn sie keiner Form bedarf, muss der Abmahnende nachweisen, dass sie dem Abzumahnenden zugegangen und tatsächlich zur Kenntnis gelangt ist (Ebenroth/Boujong/Joost, Rdnr. 13 zu § 89 a). Dabei ist es ausreichend, wenn die Abmahnung gegenüber einem vom Unternehmer allgemein oder für den Einzelfall Bevollmächtigten, einem sog. Empfangsvertreter oder einem Empfangsboten, also gegenüber jemandem erklärt wird, der zur Entgegennahme solcher Erklärungen bestellt worden ist oder nach der Verkehrsanschauung als bestellt anzusehen ist (vgl. nur: Palandt/Heinrichs, BGB 54. Auf., Rdnr. 8 f. zu § 130). Mitarbeiter einer Service-Hotline, welche ein Unternehmer für die Benutzung eines PC-Systems eingerichtet hat, sind indessen weder Empfangsbote noch Empfangsvertreter in diesem Sinne, weil sie weder allgemein noch zur Entgegennahme solcher vertragsrechtlich relevanten Erklärungen bevollmächtigt und auch nach der Verkehrsanschauung nicht als hierfür bestellt anzusehen sind. Damit haben sie lediglich den Status eines Erklärungsboten mit der Folge, dass der Erklärung nur dann zugeht, wenn sie dem Empfänger auch übermittelt wird (vgl. nur Palandt/ Heinrichs, Rdnr. 9, zu § 130). Dass die Mitarbeiterin der Service-Hotline die angebliche Abmahnung an (welche) Verantwortliche der Klägerin weitergeleitet hat, zeigt der Beklagte indessen nicht auf.

2. Zu Recht hat das Landgericht auch festgestellt, dass das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien in der Folge der unberechtigt ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung des Beklagten vom 26. Februar 2003 nicht einvernehmlich aufgehoben worden ist.

2.1. Allerdings enthält die unberechtigte Kündigungserklärung regelmäßig das Angebot an den Kündigungsempfänger, das Vertragsverhältnis einvernehmlich fristlos zu beenden. Sein Einverständnis hiermit kann der Kündigungsempfänger durch schlüssiges Verhalten zum Ausdruck bringen mit der Folge, dass das Vertragsverhältnis dann durch Aufhebungsvertrag und nicht etwa durch Zustimmung zur fristlosen Kündigung endet (Ebenroth/Boujong/Joost, Rdnr. 61 zu § 89 a).

Hier indessen hat die Klägerin der fristlosen Kündigung mit Anwaltsschreiben vom 4. März 2003 ausdrücklich widersprochen und zur Rechtsfolge ausgeführt, dass das Dienstverhältnis damit erst mit Ablauf der vertraglichen Kündigungsfrist zu beenden sei. Damit hat sie das in der unberechtigten Kündigungserklärung liegende Angebot auf einvernehmliche fristlose Aufhebung des Vertragsverhältnisses abgelehnt (§ 146 BGB).

2.2. Dass die Klägerin ihren Rechtsstandpunkt in der Folgezeit geändert und ihrerseits ein Angebot auf einvernehmliche Vertragsaufhebung unterbreitet hat, lässt sich nicht feststellen. Ihre Schreiben vom 15. Oktober und 24. November 2003 lassen eine solche Beurteilung nicht zu. In diesen ist lediglich ausgeführt, dass Zusatzleistungen der Klägerin nicht gewährt werden können, weil Voraussetzung für diese das Fortbestehen eines ungekündigten Vertragsverhältnisses sei.

Nichts anderes gilt für den Schriftsatz der Klägerin vom 6. April 2004 in dem zwischen den Parteien vor dem Amtsgericht Emmerich anhängigen Zivilverfahren. In diesem ist – irrtümlich – ausgeführt worden, dass das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien bereits beendet worden sei. Eine solche Erklärung kann vor dem Hintergrund der bereits rechtshängigen Auseinandersetzung nicht der Erklärungswert zukommen, dass die Klägerin dem Beklagten nun doch eine einvernehmliche Aufhebung des Vertragsverhältnisses antragen wollte.

Schließlich kommt auch der Abholung des Laptops am 19. März 2003 ein solcher Erklärungsgehalt objektiv nicht zu, da der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag dessen Beendigung bereits mit dem Ausspruch einer Kündigung vorsieht. Schon von daher konnte der Beklagte in der Abholung des Laptops ein Angebot auf einvernehmliche Aufhebung des Vertragsverhältnisses nicht sehen, so dass es hier nicht weiter darauf ankommt, dass eine solche Regelung ohnehin unwirksam, weil kündigungserschwerend ist (siehe dazu unter I.4.).

3. Fehl geht auch die Annahme des Beklagten, die Klägerin habe ihre Rechte aus dem Vermögensberatervertrag durch dieses Verhalten verwirkt.

Zu Recht hat das Landgericht ausgeführt, dass die gebotene Gesamtwürdigung der Reaktion der Klägerin auf die außerordentliche Kündigung des Beklagten schon nicht den Schluss darauf zulässt, dass sie ihre Rechte aus dem Vertragsverhältnis nicht weiter in Anspruch nehmen wolle. Sie hat – soweit es um die Beendigung von Zusatzleistungen und des Laptop-Mietvertrages geht – lediglich von ihren vertraglich eingeräumten Rechten Gebrauch gemacht, die an den Ausspruch der Kündigung anknüpfen.

4. Da die außerordentliche Kündigung des Beklagten unwirksam war, ist sie im Wege der Umdeutung (§ 140 BGB) als ordentliche Kündigung anzusehen (Ebenroth/Boujong/Joost, Rdnr. 45 zu § 89 a; Küstner/Thume, Rdnr. 1798).

Entsprechend der Vereinbarung in den zwischen den Parteien unter dem 2./11. Mai 2000 geschlossenen Vermögensberatervertrag führt sie zur Beendigung des Vertragsverhältnisses erst mit dem 30. Juni 2006, weil der Beklagte die Praxisstufe 7 erreicht hatte, für die in Abschnitt 6 des Vertrages eine 30-monatige Kündigungsfrist zum 30. Juni vorgesehen ist.

Dass diese gegenüber der gesetzlichen Kündigungsfrist des § 89 Abs. 1 HGB verlängerte Kündigungsfrist nicht wirksam ist, lässt sich nicht feststellen. Grundsätzlich lässt die Vertragsfreiheit ohne besondere Rechtfertigung oder Begründung langfristig feste Bindungen sogar mit Ausschluss des Kündigungsrechts nach § 89 HGB auf Dauer zu. Insoweit werden die durch § 138 und § 242 BGB gezogenen Grenzen der Vertragsfreiheit nur dann überschritten, wenn die Abwägung der beiderseitigen berechtigten Interessen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine nicht mehr hinnehmbare übermäßige Einschränkung der wirtschaftlichen und persönlichen Handlungsfreiheit insbesondere des wirtschaftlich Schwächeren ergibt (Ebenroth/Boujong/Joost, Rdnr. 32 zu § 89). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, denn die Parteien haben lediglich in Übereinstimmung mit § 89 Abs. 2 Satz 1 HGB längere Kündigungsfristen vereinbart. Solche sind – ebenso wie von § 89 Abs. 1 Satz 3 HGB abweichende Kündigungsendtermine – zulässig, solange die für eine Kündigung durch den Unternehmer geltende Frist nicht kürzer ist als die für eine Kündigung durch den Handelsvertreter festgelegte (§ 89 Abs. 2 Satz 1 HGB).

Aus dem Umstand, dass die Klägerin Rechte des Beklagten – auf Zusatzleistungen und aus dem Mietvertrag – schon vor Beendigung des Vertrages, nämlich bereits ab Zugang der Kündigungserklärung entfallen lassen will, kann der Beklagte nichts gegen die Wirksamkeit der vertraglich verlängerten Kündigungsfrist herleiten. Solche Regelungen sind vielmehr unwirksam, weil sie das Kündigungsrecht als solches mittelbar erschweren, indem sie finanzielle Nachteile oder den Verlust von vertraglichen Leistungen an den Ausspruch der Kündigung knüpfen und so gegen § 89 a Abs. 1 Satz 2 und § 89 Abs. 1 HGB verstoßen (vgl. nur: Ebenroth/Boujong/Joost, Rdnr. 27 zu § 89 a; Rdnr. 33 zu § 89).

5. An dieser rechtlichen Beurteilung ändert auch der Umstand nichts, dass der Beklagte das Vertragsverhältnis mit Schreiben vom 6. Juni 2005 erneut fristlos gekündigt hat. Dass er am 6. Juni 2005 zur fristlosen Kündigung berechtigt war, weil ihm die Klägerin nicht einen Laptop mit Zugangsmöglichkeit zum firmeninternen Intranet zur Verfügung gestellt hat, lässt sich nicht feststellen.

Aus dem Mietvertrag, dem unbestritten die Bedingungen des von der Klägerin zur Akte gereichten Mustermietvertrages zugrunde liegen, kann der Beklagte keine Rechte mehr herleiten, weil die Klägerin diesen spätestens mit Abholung des Laptops am 19. März 2003 – konkludent – gekündigt hat. Gemäß Ziffer 7.1. des Mietvertrages soll dieser nicht nur durch Ausspruch der Kündigung des Vermögensberatervertrages enden können – was allerdings rechtlich bedenklich ist (s.o. I.4.) -, sondern auch durch Kündigung des Mietvertrages mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende. Spätestens mit Abholung des Laptops hat die Klägerin eine solche Kündigung konkludent erklärt. Darauf, ob diese als ordentliche Kündigung erst zum Ende des darauffolgenden Monats Wirkung gezeigt hätte, kommt es insoweit nicht an.

Unabhängig davon aber stellt dieses Verhalten der Klägerin auch keinen wichtigen Grund im Sinne des § 89 a HGB dar. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung ist es sachlich gerechtfertigt, dass sie ihm den Zugriff auf die Kundendaten nur über seinen Betreuer und nicht auch über ein eigenes Laptop ermöglicht. Der Beklagte hält – wie es auch in seinem neuerlichen Kündigungsschreiben zum Ausdruck kommt – nach wie vor an seiner unzutreffenden Rechtsauffassung fest, dass das Vertragsverhältnis bereits beendet sei und hat – wie noch ausgeführt werden wird – überdies das damit weiterhin fortbestehende Wettbewerbsverbot bereits missachtet. Bei dieser Sachlage ist es der Klägerin nicht zuzumuten, ihm den unkontrollierten Zugriff auf das Intranet mit sämtlichen Kundendaten zu ermöglichen.

6. Rechtsfolge der unberechtigt ausgesprochenen außerordentlichen Kündigungen des Beklagten ist somit, dass das Vertragsverhältnis mit den gegenseitigen Rechten und Pflichten bis zum 30. Juni 2006 fortbesteht. Für den Beklagten hat dies insbesondere zur Folge, dass er das gesetzliche und auch vertraglich fixierte Wettbewerbsverbot einhalten muss. Er trägt das Risiko und die Folgen einer verbotenen Wettbewerbstätigkeit, wenn er eine Konkurrenztätigkeit aufnimmt, obwohl die Klägerin die von ihm ausgesprochene außerordentliche Kündigung für unwirksam hält und auf Erfüllung des Vertrages besteht (Ebenroth/Boujong/Joost, Rdnr. 23 zu § 86).

II. Da der Beklagte das Wettbewerbsverbot bis zur Beendigung des Vertrages mit dem 30. Juni 2006 einzuhalten hat, hat er es auch zu unterlassen, eine Vermittlungs- oder Verkaufstätigkeit für andere als die Klägerin auf dem Gebiet der Finanzdienstleistungen auszuüben und Kunden, die auf Vermittlung der Klägerin Verträge über Kapitalanlagen abgeschlossen haben, zur Aufgabe oder Einschränkung dieser Vertragsverhältnisse zu bewegen.

Bei Nichteinhaltung des gesetzlichen Wettbewerbsverbots schuldet der Handelsvertreter dem Unternehmer das Unterlassen künftiger Vertragsverletzungen, aber auch Ersatz des durch die Pflichtwidrigkeit zugefügten Schadens sowie Auskunft über die verbotswidrig getätigten Geschäfte (Ebenroth/Boujong/Joost, Rdnr. 44 f. zu § 86).

Ohne Erfolg wendet sich der Beklagte in diesem Zusammenhang dagegen, dass das Landgericht auf der Grundlage der durchgeführten Beweisaufnahme zu der Feststellung gelangt ist, er habe bereits gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen, so dass Wiederholungsgefahr bestehe. Nach den Angaben der Zeugen […] und […] hat der Beklagte diesen im Jahre 2003 nach Auflösung von Berufsunfähigkeitsversicherungen, welche über die Klägerin abgeschlossen worden waren, den Abschluss neuer Versicherungen gegen eine Berufsunfähigkeit unter Ausschluss der Klägerin vermittelt.

III. Ohne Erfolg macht der Beklagte schließlich geltend, dass er sich gegenüber den Ansprüchen der Klägerin auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen ihm zustehender Gegenansprüche berufen könne (§ 273 BGB). Solche kann der Beklagte weder dem Unterlassungs- noch dem Auskunftsanspruch der Klägerin entgegenhalten.

Ein Zurückbehaltungsrecht kann nach der Natur des Schuldverhältnisses etwa wegen des Zwecks des Anspruchs, der Eigenart des zurückbehaltenen Gegenstands, des Interesses des Gläubigers an der Durchsetzung seiner Forderung oder wegen mangelnder Schutzwürdigkeit des Schuldners ausgeschlossen sein. So verbietet sich eine Zurückbehaltung etwa durch den beschränkten Zweck eines Zurückbehaltungsrechts, wenn hierdurch das Gläubigerrecht auf Dauer und gänzlich vereitelt würde. Ebenso kann die besondere Zweckbestimmung des Gegenstands an dem eine Zurückbehaltung geltend gemacht wird, zu dessen Ausschluss führen.

So liegt der Fall hier. Ansprüche auf Rechnungslegung oder Auskunft unterliegen grundsätzlich keinem Zurückbehaltungsrecht, da ansonsten der Zweck dieser Ansprüche als Hilfsansprüche zum Zwecke der Rechtsverfolgung und Rechtswahrung vereitelt würde (Palandt/Heinrichs, Rdnr. 17 zu § 273; MüKo/Krüger, BGB, 4. Aufl., Rdnr. 50 zu § 273; BGH NJW 87, 1157; WM 78, 461).

Auch dem Unterlassungsanspruch der Klägerin kann der Beklagte ein Zurückbehaltungsrecht nicht entgegenhalten. Zwar kann die Einhaltung von Unterlassungspflichten grundsätzlich Gegenstand eines Zurückbehaltungsrechts sein, so dass der Schuldner, der dem Gläubiger gegenüber einen auf ein Tun gerichteten Gegenanspruch hat, mit Blick auf diesen grundsätzlich sein geschuldetes Unterlassen verweigern kann (MüKo/Krüger, Rdnr. 39 zu § 273; Palandt/Heinrichs, Rdnr. 5 zu § 273). Etwas anderes muss jedoch dann gelten, wenn das Recht des Gläubigers auf Unterlassung in toto vereitelt würde, denn § 273 BGB gewährt nur ein Zurückbehaltungsrecht und erlaubt somit nicht, einen Anspruch zu vereiteln (BAG NJW 83, 2896). Letzteres aber wäre hier der Fall, denn das von der Klägerin geforderte Unterlassen würde durch ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten nicht nur „einbehalten“, sondern zumindest zeitweilig und punktuell unmöglich werden.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Beschwer des Beklagten beträgt 200.000,– €.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung wirft der Rechtsstreit nicht auf, auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.