Ausnutzen des Verstoßes eines Dritten gegen ein Konkurrenzverbot nicht wettbewerbswidrig
HandelsvertreterrechtDie Klägerin machte einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte, einen Konkurrenten, geltend, weil diese mit einem Handelsvertreter der Klägerin zu einer Zeit zusammengearbeitet hatte, in der der Handelsvertreter noch vertraglich an die Klägerin gebunden war und damit insbesondere einem Konkurrenzverbot unterlag.
Der BGH stellte fest, dass das Abwerben fremder Mitarbeiter als Teil des freien Wettbewerbs grundsätzlich erlaubt und nur dann wettbewerbswidrig ist, wenn unlautere Begleitumstände hinzukommen, z.B. wenn der Mitarbeiter eines Mitbewerbers zum Vertrags¬bruch verleitet, d.h. gezielt und bewusst auf dessen Vertragsbruch hingewirkt wird. Das bloße Ausnutzen eines fremden Vertragsbruchs, ohne den vertraglich Gebundenen dazu zu verleiten, ist dagegen grundsätzlich nicht unlauter, es sei denn, es treten besondere, die Unlauterkeit begründende Umstände hinzu.
Verstößt ein Handelsvertreter gegen das ihm obliegende Wettbewerbsverbot, so ist er dem Unternehmer zwar zum Schadensersatz verpflichtet und hat insbesondere den entgangenen Gewinn zu ersetzen. Der vertragsbrüchige Handelsvertreter muss aber nicht die Vergütung herausgeben, die er von dem Konkurrenten für die für diesen unter Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot vermittelten Geschäfte erhalten hat. Der Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot entfaltet Wirkungen lediglich im Vertragsverhältnis zwischen dem Handelsvertreter und seinem Vertragspartner, nicht aber gegenüber dem Konkurrenten, für den der Handelsvertreter (vertragswidrig) tätig wird.
Aus diesem Grunde kann der Umstand, dass der „ausnutzende“ Unternehmer die vertragliche Bindung des Handelsvertreters und dessen Vertragsbruch gekannt hat oder hätte kennen müssen, die Unlauterkeit seines Verhaltens nicht begründen. Eine (an sich) zulässige Beeinträchtigung wird nicht dadurch unlauter, dass sie in Kenntnis ihrer Wirkungen herbeigeführt wird. Auch der Umstand, dass die Bereitschaft des Wettbewerbers, den vertragsbrüchigen Mitarbeiter zu beschäftigen, diesen in seinem Entschluss vertragsbrüchig zu werden bestärken kann, genügt nicht, um die Unlauterkeit des Verhaltens des neuen Dienstherrn zu begründen.
Die Schwelle der Unlauterkeit ist auch beim Anwerben von Mitarbeitern erst überschritten, wenn das betreffende Verhalten bei objektiver Würdigung der Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist oder wenn die Behinderung derart ist, dass der beeinträchtigte Mitbewerber seine Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann.