Ausschluss des Ausgleichs nur, wenn die außerordentliche Kündigung auf einem schuldhaften Verhalten des Handelsvertreters beruht

Handelsvertreterrecht

Entgegen der Auffassung der Revision ist der Ausgleichsanspruch nicht gemäß § 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachvortrag der Beklagten fortgesetzt gegen die Zuschussbedingungen der Beklagten verstoßen und sich dadurch ihr nicht zustehende Zuschüsse in erheblicher Höhe verschafft hat. Darin liegt ein schuldhaftes Verhalten der Klägerin, dass die Beklagte zur fristlosen Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund berechtigt hätte, wenn sie davon vor Vertragsbeendigung erfahren hätte. Dies führt aber, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zum Ausschluss des Ausgleichs nach § 89 b Abs. 2 Nr. 2 HGB. Der Senat hält an dieser Rechtsprechung, die eine Anwendung des § 89 b Abs. 3 Nr. 2 auf eine Fallgestaltung wie die vorliegende bejaht hat, nicht fest. Nach der Entscheidung des EuGH vom 28.10.2010 ist § 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB vielmehr richtlinienkonform dahin auszulegen, dass der Ausgleichsanspruch nach dieser Vorschrift nur dann ausgeschlossen ist, wenn zwischen dem schuldhaften Verhalten des Handelsvertreters und der Kündigung des Unternehmers ein unmittelbarer Ursachenzusammenhang besteht. Die richtlinienkonforme Auslegung des § 89 b Abs. 3 Nr. 2 HGB gilt nicht nur für Handelsvertreterverhältnisse, sondern auch für Vertragsverhältnisse mit Vertragshändlern. Für die Berechtigung der Beklagten zur fristlosen Kündigung des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin ist es unerheblich, ob das der Klägerin vorgeworfene Verhalten zu einem wirtschaftlichen Verlust für die Beklagte geführt hat; unzumutbar war die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses mit der Klägerin für die Beklagte nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt bereits deshalb, weil sich die Klägerin durch fortgesetzte Täuschung der Beklagten ihr nicht zustehende Zuschüsse in erheblicher Höhe verschafft hatte und dadurch die für eine weitere Zusammenarbeit unerlässliche Vertrauensgrundlage irreparabel zerstört war. Im Rahmen der Billigkeitsabwägung hatte das Berufungsgericht aber zu berücksichtigen, wie sich der Absatzerfolg für die Fahrzeuge der Beklagten ohne das vertragswidrige Verhalten der Klägerin gestaltet hätte. Unter diesem Gesichtspunkt hat es einen (weiteren) Billigkeitsabschlag verneint, weil der Beklagte nach dem rechtsfehlerfreien und von der Revision auch nicht in Frage gestellten Tatsachenfeststellung des Berufungsgerichts durch das Verhalten der Klägerin kein wirtschaftlicher Verlust entstanden ist.

Rechtsprechung zur Besprechung
VIII ZR 226/07 – Ausschluss des Ausgleichsanspruchs wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters nach richtlinienkonformer Auslegung