Beweislast für „Auge- und Ohr-Rechtsprechung“

Versicherungsmaklerrecht

Gemäß § 43 Abs. 1 VVG steht der empfangsbevollmächtigte Versicherungsagent bei Entgegennahme eines Antrags auf Abschluss eines Versicherungsvertrages dem Antragsteller als „Auge und Ohr“ des Versicherers gegenüber. Worüber er bei Antragsaufnahme – in Bezug auf die vom Versicherer gestellten Fragen – unterrichtet wird, darüber ist damit der Versicherer unterrichtet.

Diese Wissenszurechnung setzt allerdings voraus, dass die den Versicherungsantrag aufnehmende Person als Agent des Versicherers, also in Ausübung von Stellvertretung für den Versicherer gehandelt hat. Für die Wissenszurechnung ist allein entscheidend, ob die den Antrag aufnehmende Person „im Lager des Versicherers“ stand, der Versicherer also von ihrem Tätigwerden für ihn im Allgemeinen wusste oder es hätte erkennen müssen und sich nicht nach außen erkennbar von ihr abgegrenzt hat. Dies ist der Fall, wenn der Vermittler in die Vertriebsorganisation des Versicherers eingebunden ist, weil er wirtschaftlich in nicht unerheblichem Maße von dem Versicherer abhängig ist oder weil er gar keine Produktauswahl empfehlen konnte oder wollte.

Die Bezeichnung als „ihr unabhängiger Finanzoptimierer“ weist für den Rechtsverkehr hinreichend deutlich darauf hin, dass ein Vermittler sich nicht „im Lager des Versicherers“ sondern – zu Recht oder zu Unrecht – als eigenständiger Ratgeber und Vermittler des Versicherungsnehmers versteht. Eine Wissenszurechnung scheidet in diesem Fall aus.