Kein Honorar bei fehlender Aufklärung über Frühstornorisiko einer Netto-Police und fehlerhaftem Protokoll

Versicherungsvertreterrecht

Das zur Vermittlung einer Netto-Police mit Kostenausgleichungsvereinbarung vorgelegte Beratungsprotokoll beschränkte sich auf die Beantwortung vorformulierter Fragen mit „Ja“ oder „Nein“. Es enthielt keine Begründung für die gegebene Empfehlung sowie mehrfach drucktechnisch hervorgehobene Erklärungen hinsichtlich der Entbindung von der „Beratungs-/Vermittlerhaftung“ und formularmäßige Vollständigkeits- und Anerkenntniserklärungen, allerdings keine Angaben zu den gesonderten Vergütungsvereinbarungen. Zwar hält auch das OLG die Vermittlung von Netto-Policen durch Versicherungsvertreter für zulässig, fordert aber im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH einen deutlichen Hinweis gegenüber dem Versicherungsnehmer, dass dieser auch dann zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet bleibt, wenn der Versicherungsvertrag nach kurzer Zeit beendet wird. Dieser Hinweis unterliegt auch der besonderen Dokumentationspflicht des § 61 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 62 VVG. Im Rahmen der dem Vermittler obliegenden sekundären Darlegungslast, wie er konkret im Einzelfall beraten bzw. aufgeklärt hat, hat das Gericht ebenfalls die Linie der Rechtsprechung bestätigt, dass eine nicht dokumentierte Beratung auch tatsächlich nicht vorgenommen wurde. Nach einer Beweisaufnahme mit mehreren Zeugen verblieben angesichts des mangelhaften Protokolls eine Überzeugungsbildung ausschließende Zweifel, dass der Versicherungsnehmer durch den Zeugen über die Folgen der Kostenausgleichsvereinbarung in der gebotenen Deutlichkeit aufgeklärt hat. Die daraus resultierenden Schadensersatzansprüche konnte er im Wege der dolo agit-Einwendung dem Zahlungsverlangen der Versicherungsgesellschaft entgegenhalten.

Rechtsprechung zur Besprechung
12 U 144/15 – Kein Honorar bei fehlender Aufklärung über Frühstornorisiko einer Netto-Police und fehlerhaftem Protokoll