Teilweise Anrechenbarkeit der Alterversorgung auf den Ausgleichsanspruch trotz Fälligkeitsdifferenz
HandelsvertreterrechtHat der Unternehmer auf eigene Kosten eine Altersversorgung für den Handelsvertreter eingerichtet, so entspricht es grundsätzlich der Billigkeit, den Wert dieser freiwillig erbrachten finanziellen Zuwendung auf den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters anzurechnen. Endet das Vertragsverhältnis, weil der Handelsvertreter die Altersgrenze erreicht hat, so übernimmt die Altersversorgung im Wesentlichen den „praktischen Zweck“ einer Ausgleichszahlung. Diese „funktionelle Verwandtschaft“ zwischen Ausgleichsanspruch und Altersversorgung rechtfertigt regelmäßig eine volle Anrechnung der Altersversorgung auf den Ausgleich.
Scheidet der Handelsvertreter zu einem Zeitpunkt aus, in dem ihm noch ein längerer Zeitraum der Berufstätigkeit bis zum Erreichen der Altersgrenze verbleibt und befindet sich der Handelsvertreter zugleich in einem Lebensalter, in dem ein beruflicher Neuanfang regelmäßig zumindest schwierig ist, hat der Ausgleich auch die soziale Funktion einer „Überbrückungshilfe“. Deshalb fehlt es in den Fällen erheblicher Fälligkeitsdifferenz zwischen dem Ausgleich und der Altersversorgung an der „funktionellen Verwandtschaft“ beider Ansprüche.
Dies schließt es gleichwohl nicht aus, auch bei einer Fälligkeitsdifferenz freiwillige Leistungen des Unternehmers zur Altersversorgung des Vertreters bei der Bemessung des Ausgleichsanspruchs im Rahmen der Billigkeit angemessen zu berücksichtigen, um eine unbillige Doppelbelastung des Unternehmers zu vermeiden. Hierfür existieren keine starren Regeln. Es sind deshalb bei der Billigkeitsprüfung sämtliche vertragsbezogenen Umstände des Einzelfalls in eine Gesamtabwägung einzustellen, wobei auch vertragsfremde Gegebenheiten Berücksichtigung finden können, sofern sie – wie etwa die wirtschaftliche und berufliche Situation des Vertreters nach Vertragsende – für die Erforderlichkeit einer Überbrückungshilfe für den Vertreter sprechen können.
Die im entschiedenen Fall wesentlichen Abwägungsumstände waren die jahrzehntelange regelmäßige Tätigkeit des Vertreters für das Unternehmen, das fortgeschrittene Lebensalter des Klägers zum Zeitpunkt der Beendigung, die für ihn gegebene Arbeitsmarktsituation und seine persönliche finanzielle Situation sowie andererseits der hohe, den Ausgleichsbetrag noch übersteigende Kapitalwert der vom Unternehmer finanzierten Rentenanwartschaft. Im vorliegenden Fall hatte das Landgericht München eine Teilanrechnung der Altersversorgungsansprüche des Klägers auf dessen Ausgleich bejaht. Diesen Billigkeitserwägungen hat sich das OLG in vollem Umfang angeschlossen.