Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot, fristlose Kündigung, Erfordernis der vorherigen Abmahnung

Versicherungsvertreterrecht

Ein Handelsvertreter ist während der Laufzeit seines Vertrages von Gesetzes wegen (§ 86 Abs. 1 HGB) verpflichtet, jeglichen Wettbewerb gegenüber dem vertretenen Unternehmen zu unterlassen. Ein Verstoß gegen dieses Wettbewerbsverbot rechtfertigt in der Regel wegen der Störung des Vertrauensverhältnisses eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund. Auch wenn vertraglich vereinbart wurde, dass ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellt, bedarf es in jedem Einzelfall der Prüfung, ob es dem Unternehmer angesichts des konkreten Wettbewerbsverstoßes zumutbar ist, weiterhin mit dem Vertreter zusammenzuarbeiten, sei es auch nur bis zum nächstmöglichen ordentlichen Kündigungstermin. Die gebotene Einzelfallabwägung hat bei der Frage anzusetzen, ob das Verhalten des Handelsvertreters nach umfassender Würdigung aller Umstände einen so nachhaltigen und endgültigen Vertrauensverlust rechtfertigt, dass dem Unternehmer ein weiteres Festhalten am Vertragsverhältnis bzw. Abwarten bis zur nächsten ordentlichen Kündigungsmöglichkeit unzumutbar war. Dabei sind Art, Schwere und Anzahl der Vertragsverletzung, Vorgeschichte, vermögensrechtliche Folgen der fristlosen Kündigung für den Gekündigten, auch im Vergleich zur ordentlichen Kündigung, Dauer der bisherigen Zusammenarbeit, die bisherigen Leistungen des zu Kündigenden, seine besonderen Verdienste in der Vergangenheit, das eigene Verhalten des Kündigenden und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Dies führte im aktuellen Fall dazu, dass der Unternehmer bei einem langjährigen Vertragsverhältnis (37 Jahre) wegen der Vermittlung von 10 Kfz-Versicherungsverträgen für 5 Kunden für ein Konkurrenzunternehmen nicht zur fristlosen Kündigung berechtigt war, weil er zuvor die Kfz-Verträge der 5 Kunden von sich aus gekündigt hatte und die Vermittlung der Kfz-Versicherungsverträge für ein Konkurrenzunternehmen auch zu dem Zweck erfolgte, die Kundenbeziehungen im Interesse anderer, fortbestehender Versicherungsverträgen für den Unternehmer zu erhalten. Hier hielt der 5. Zivilsenat des OLG Stuttgart eine fristlose Kündigung jedenfalls nicht ohne vorherige Abmahnung für gerechtfertigt, und zwar selbst dann, wenn im Vertretervertrag ein Wettbewerbsverstoß ausdrücklich als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung genannt wird.

Das Wissen führender Mitarbeiter der zuständigen Bezirksdirektion über eine Konkurrenztätigkeit eines Versicherungsvertreters ist dem Unternehmen zuzurechnen, so dass eine darauf gestützte fristlose Kündigung bei Überschreiten einer angemessenen Überlegungsfrist ausscheidet.

Rechtsprechung zur Besprechung
5 U 52/09 – Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot, fristlose Kündigung, Erfordernis der vorherigen Abmahnung