Zur Eigenhaftung des Kapitalanlageberaters

Kapitalanlagehaftung

Der Kläger macht gegen den Beklagten Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung geltend. Der Kläger hatte seine Anlagestrategie und seine Anlageziele als „moderat risikobereit“ eingestuft. Auf Empfehlung des Beklagten erwarb der Kläger nicht börsennotierte Aktien der V AG im Wert von über € 50.000,– und kündigte zur Finanzierung zwei zur Altervorsorge dienende Lebensversicherungen, deren Rückkaufswerte direkt auf ein Konto der A GmbH, deren Geschäftsführer der Beklagte war, überwiesen wurden. Kurz danach meldeten sowohl die V AG als auch die A GmbH Insolvenz an. Daraufhin verklagte der Kläger den Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft.

Der Bundesgerichtshof hat die bislang streitige Frage verneint, ob die Regelungen der §§ 31, 32 WpHG Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB sind. Die Eigenhaftung von Vertretern ist auf Ausnahmefälle beschränkt und an sehr hohe Voraussetzungen geknüpft. Mit der Vorschrift des § 32 Abs. 2 Nr. 1 WpHG sollten keine eigenen, über die vorhandenen zivilrechtlichen Haftungstatbestände hinaus gehende schadensersatzrechtliche Anspruchsgrundlagen geschaffen werden. Auch die Inanspruchnahme des Vertreters anstelle des Vertragspartners insbesondere bei Insolvenz des Wertpapierdienstleistungsunternehmens rechtfertige nicht, eine neue deliktische Anspruchsgrundlage zu schaffen. Wollte man das anders sehen, würde jedes fahrlässige Handeln eines Mitarbeiters zu dessen persönlicher Haftung führen und diese Mitarbeiter schlechter als Mitarbeiter anderer Unternehmen stellen.

In Frage könne aber ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung kommen. Die Vorinstanzen hatten festgestellt, dass die vom Beklagten empfohlenen Produkte weder anleger- noch objektgerecht waren, da die Empfehlung der nicht börsennotierten Aktien (besonders riskant) nicht der dokumentierten Anlagestrategie und dem Anlageziel des Klägers (moderate Risikobereitschaft) entsprach. Zudem sei die Empfehlung auch deshalb falsch gewesen, da der Kläger anstelle der gekündigten Lebensversicherungen eine adäquate zusätzliche Altersvorsorge erwerben wollte, wozu ausschließlich spekulative Produkte nicht geeignet sind.

Ein Anlageberater, der vorsätzlich eine anleger- und objektwidrige Empfehlung abgibt und so die Schädigung des um Rat fragenden Anlegers zumindest billigend in Kauf nimmt, ist dem Anleger wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zum Schadensersatz verpflichtet. Wenn die Empfehlung aufgrund grob fahrlässigen Verhaltens leichtfertig in unrichtiger Weise abgegeben wird, ist sie dann als sittenwidrig zu werten, wenn sie erkennbar für die Entschließung des Anlegers von Bedeutung ist und die Verfolgung eigener Interessen in dem Bewusstsein einer möglichen Schädigung des Anlegers abgegeben wird. In der Regel ist die Feststellung vorsätzlichen Verhaltens sehr schwierig. Hier war maßgeblich, dass der Beklagte dem Kläger gesagt hatte, die A GmbH werde das Kapital in gemischten Aktienfonds anlegen, bei der V AG handele es sich um einen solchen gemischten Aktienfonds. Es bestehe kein Totalausfallrisiko, vielmehr sei mit einem Wertzuwachs von € 50.000,– auf € 75.000,– in zehn Jahren garantiert zu rechnen und es bestehe ein Sicherungskonzept für die vom Beklagten zugesagte Wertsteigerung von 14 % innerhalb von 12 Monaten ab dem auf Spätherbst 2004 geplanten Börsengang.