Zur Wirksamkeit einer Formularklausel, die es zulässt, dass Ansprüche auf Vertragsstrafe und pauschalierten Schadensersatz nebeneinander geltend gemacht werden: Zur Schätzung eines Mindestschadens

Versicherungsvertreterrecht

Eine Formularklausel, die eine kumulative Geltendmachung von Ansprüchen auf Vertragsstrafe und pauschalierten Schadensersatz ermögliche, verstoße gegen das Anrechnungsgebot des § 340 Abs. 2 BGB und sei wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners auch im Verhältnis unter Kaufleuten unwirksam.

Wenn ein Versicherungsvertreter sich gegenüber einem Versicherungsmakler verpflichtet habe, ausschließlich über ihn Versicherungsverträge zu vermitteln, verstoße er gegen das vertraglich vereinbart, als auch gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot, wenn er unter Ausnutzung der ihm über den Makler bekannt gewordenen Kundenadressen Versicherungen für andere Versicherungsgesellschaften vermittelt. Ein solcher Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot begründe einen Anspruch des Versicherungsmaklers auf Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung, der auf den Ersatz des entgangenen Gewinns gerichtet sei. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH erleichtere § 287 ZPO dem Geschädigten nicht nur die Beweisführung, sondern auch die Darlegungslast. Stehe der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz dem Grunde nach fest und bedürfe es lediglich der Ausführung zur Höhe, dürfe die Klage grundsätzlich nicht vollständig abgewiesen werden. Der Tatrichter müsse vielmehr im Rahmen des Möglichen den Schaden nach § 287 ZPO schätzen. Zwar sei es Sache des Anspruchstellers, diejenigen Umstände vorzutragen und ggf. zu beweisen, die seine Vorstellung zur Schadenshöhe rechtfertigen sollen. Enthalte der diesbezügliche Vortrag Lücken oder Unklarheiten, so sei es in der Regel jedoch nicht gerechtfertigt, dem jedenfalls in irgendeiner Höhe Geschädigten jeden Ersatz zu versagen. Der Tatrichter müsse vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen beurteilen, ob nach § 287 ZPO nicht wenigstens die Schätzung eines Mindestschadens möglich sei. Eine Schätzung dürfe erst dann gänzlich unterlassen werden, wenn sie mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte völlig in der Luft hinge und daher willkürlich wäre. Trage der Makler aber vor, in welchem Umfang ihm Provisionen entgangen seien, die er von den betreffenden Versicherungsgesellschaften erhalten hätte, wenn der Versicherungsvertreter die Verträge nicht unter Umgehung des Wettbewerbsverbotes anderweitig vermittelt hätte und ziehe er von diesem Betrag unter dem Gesichtspunkt ersparter Kosten die Provisionen ab, die er an den Versicherungsvertreter zu zahlen gehabt hätte, sei eine hinreichende Grundlage für eine Schätzung des Schadens gemäß § 287 ZPO gegeben. Wenn das Landgericht und das Berufungsgericht Zweifel daran gehabt hätten, ob der Verwaltungsaufwand für Provisionsabrechnungen gegenüber dem Versicherungsvertreter so gering sei, dass er ohne zusätzliche Kosten hätte erledigt werden können, so hätten die Vorinstanzen hierfür im Wege der Schätzung – notfalls mit Hilfe sachverständiger Begutachtung gemäß § 144 ZPO einen gewissen Betrag gewinnmindernd veranschlagen können, aber nicht die Klage vollständig abweisen dürfen. Denn dass der zusätzlich erforderliche Verwaltungsaufwand für die Erstellung der Provisionsabrechnung für die vom Versicherungsvertreter fremdvermittelten Versicherungen keinesfalls zu hoch gewesen wäre, dass er den vom Makler dargelegten Schaden vollständig aufgezehrt hätte, liege auf der Hand. Im Rahmen der Schätzung müsse der Richter selbst nicht vorgetragene Tatsachen nach freiem Ermessen berücksichtigen und, soweit dies erforderlich sei, vor einer vollständigen Abweisung der Klage auch über den Sachvortrag hinaus in eine Aufklärung durch Sachverständigengutachten eintreten.