Unter dem Motto neues Jahr, neues Glück nehmen Handelsvertretungen häufig zum Jahreswechsel neue Produkte auf. Dabei werden oft gesetzliche und vertragliche Fallstricke übersehen, die zu einem bösen Erwachen führen. Immer wieder wundern sich Handelsvertreter, wenn bei ihnen der Blitz in Form einer fristlosen Kündigung einschlägt, weil sie ein Konkurrenzunternehmen vertreten.
Immer noch ist Handelsvertretern, aber auch vertretenen Unternehmen unbekannt, dass die Vertretung eines Konkurrenzunternehmens den Unternehmer zur fristlosen Kündigung berechtigt.
Dabei ist es völlig gleichgültig, ob das Konkurrenzverbot in einem schriftlichen Handelsvertretervertrag fixiert bzw. ob überhaupt ein schriftlicher Handelsvertretervertrag existiert oder nicht. Das Verbot der Konkurrenztätigkeit ergibt sich aus der zwingenden gesetzlichen Interessenwahrnehmungspflicht des Handelsvertreters, § 86 Abs. 1, Abs. 3 HGB. Auch die Ausrede, es sei ja nur in Einzelfällen zu Verstößen gekommen oder der Unternehmer habe keinen oder nur geringen Schaden erlitten, da es sich z.B. nur um Testverkäufe gehandelt habe, verfängt nicht. Entscheidend ist die Störung des Vertrauensverhältnisses, die das bereits vertretene Unternehmen nicht hinzunehmen braucht.
Auch Umgehungsversuche, z.B. die Übernahme der Vertretung durch eine Mittelsperson aus dem Verwandten- oder Bekanntenkreis, helfen nicht weiter. Es ist außerdem anerkannt, dass das Wettbewerbsverbot vertraglich konkretisiert und erweitert werden kann, z.B. dass ein Handelsvertreter für Damenhosen generell keine Produkte im Bereich der Damenoberbekleidung für andere Hersteller vertreten darf. Haben die Parteien vereinbart, dass die Übernahme einer weiteren Vertretung genehmigungspflichtig ist, erweitert der Handelsvertreter aber dennoch ungefragt sein Vertretungssortiment, ist auch dies ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung. Begründet wird dies mit dem bereits angesprochenen Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes.
Der Unternehmer müsse damit rechnen, dass der Handelsvertreter auch in anderen Punkten seine Vertragspflicht nicht so genau nehmen werde und ständig damit rechnen müsse, dass der Handelsvertreter hinter seinem Rücken weitere Vertretungen übernehmen werde.
Wichtig: Die Kündigung eines Handelsvertretervertrages aus wichtigem Grund muss nicht innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 626 BGB erklärt werden. Der zur Kündigung berechtigten Vertragspartei ist eine angemessene Überlegungszeit zuzugestehen, deren Dauer sich nach den Umständen des jeweiligen Falles richtet. Sie ist regelmäßig kürzer als zwei Monate. Wartet der Kündigungsberechtigte zwei Monate und länger mit der fristlosen Kündigung, nachdem er von dem wichtigen Grund Kenntnis erlangt hat, kann dies in der Regel nicht mehr als angemessene Zeitspanne zur Aufklärung des Sachverhalts und Überlegung, ob gekündigt werden soll oder nicht, angesehen werden. Ein so langes Abwarten deutet darauf hin, dass der Kündigende das beanstandete Ereignis selbst als nicht so schwerwiegend empfunden hat, dass eine weitere Zusammenarbeit bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar ist. Glück hatte deshalb ein Handelsvertreter in dem vom BGH am 26.05.1999 unter dem Aktenzeichen VIII ZR 123/98 entschiedenen Fall. Dort hatte der Handelsvertreter nachweisen können, dass dem Unternehmer die Wettbewerbstätigkeit schon lange vor Ausspruch der fristlosen Kündigung bekannt geworden war, und zwar so konkret, dass das vertretene Unternehmen den Hinweisen dazu hätte nachgehen müssen, dies aber nicht getan hatte. Daraus schloss der Bundesgerichtshof, dass dieses Verhalten zeige, der Verstoß des Handelsvertreters gegen das Konkurrenzverbot sei nicht so schwerwiegend empfunden worden, dass die weitere Zusammenarbeit mit dem Unternehmen unzumutbar war.
Resümee: Eine fristlose Kündigung wegen nicht genehmigter Wettbewerbs- oder Zusatzvertretung schließt den Ausgleichsanspruch aus. Sie ist auch ohne Abmahnung möglich, da der Verstoß im Vertrauensbereich angesiedelt ist. Für den Handelsvertreter bedeutet das, hier vorsichtig zu agieren und stets zu dokumentieren, dass und wann ihm die Genehmigung durch die vertretene Firma erteilt worden ist. Ist das Kind in den Brunnen gefallen, sprich die Firma ist auf den mangels Genehmigung vorliegenden Verstoß gekommen, gilt es den Zeitpunkt der Kenntnis der Firma zu dokumentieren. Je länger sich die Firma mit der fristlosen Kündigung Zeit lässt, desto größer ist die Chance, dass die Kündigung verwirkt ist. Für das vertretene Unternehmen bedeutet dies, dass stets schon dann, wenn erste Hinweise oder Zweifel auf die Gesetzes- und Vertragstreue des Handelsvertreters auftauchen, sofort recherchiert und schnellstmöglich entschieden wird, um dem Verwirkungseinwand aus dem Wege zu gehen.