1. Provisionsarten
Grundsätzlich erhält der Handelsvertreter eine Provision für von ihm selbst vermittelte Geschäfte (§ 87 Abs. 1, 1. Alternative). Des Weiteren können Parteien eines Handelsvertretervertrages aber auch vereinbaren, dass der Handelsvertreter für von ihm geworbene Kunden provisionsberechtigt sein soll (§ 87 Abs. 1, 2. Alternative), so dass dem Handelsvertreter nicht nur für die von ihm selbst vermittelten Geschäfte mit diesen Kunden Provisionen zusteht, sondern auch für Folgegeschäfte der gleichen Art, die er nicht vermittelt hat. Beauftragt ein Unternehmer einen Handelsvertreter in einem abgegrenzten Gebiet mit der Vermittlung von Geschäften mit den dort ansässigen Kunden und potentiellen Interessenten, begründet dies für den Handelsvertreter gemäß § 87 Abs. 2 HGB einen Anspruch auf Provision für alle Geschäfte, die der Unternehmer mit in diesem Gebiet ansässigen Kunden abschließt, gleichgültig, ob der Handelsvertreter am Zustandekommen jedes einzelnen Geschäfts beteiligt war oder nicht.
Wichtig: Soll die Rechtsfolge des § 87 Abs. 2 HGB ausgeschlossen werden, muss im Vertrag in unmittelbarem Zusammenhang mit der Gebietszuweisung ausdrücklich die Rechtsfolge des § 87 Abs. 2 HGB abbedungen werden. Geschieht dies nicht, sondern folgt eine solche Regelung erst an späterer Stelle im Vertrag, läuft der Unternehmer bei Formularverträgen Gefahr, dass der Ausschluss der Rechtsfolgen des § 87 Abs. 2 HGB als überraschende Klausel im Sinne des § 305 c BGB angesehen wird und daher unwirksam ist.
2. Entstehung der Provision
Nach der gesetzlichen Grundregel des § 87 a Abs. 1 HGB entsteht der Provisionsanspruch mit Ausführung des Geschäfts. Will der Unternehmer erreichen, dass der Provisionsanspruch erst mit Zahlung des Kunden entsteht und fällig wird, kann er dies wirksam vertraglich vereinbaren.
Wichtig: Er ist in diesen Fällen allerdings zwingend verpflichtet, spätestens am Ende des der Lieferung folgenden Monats einen angemessenen Vorschuss zu leisten.
Anknüpfungspunkt für die Provisionspflicht ist nach dem Gesetz der Ort, an dem der Kunde sitzt, der die Bestellung aufgibt.
Tipp: Bestellt zum Beispiel eine Zentrale für mehrere Filialen, die auf die Höhe der Bestellung der Zentrale Einfluss nehmen können und daher auch von Handelsvertretern betreut werden sollen, empfiehlt es sich, eine von der gesetzlichen Grundregel abweichende, leistungsgerechte Regelung zu treffen, nach der die Provision in diesem Fall der Ware folgt. Um für ein Geschäft nur einmal Provision zahlen zu müssen, ist auch in den Fällen, in denen mehrere Vertreter in unterschiedlichen Gebieten Leistungen im Zusammenhang mit der Entstehung und Abwicklung eines Geschäfts erbringen eine Provisionsteilungsvereinbarung ratsam, zum Beispiel dann, wenn die Bestellung aus einem Gebiet kommt, die bestellte Anlage aber in einem anderen Gebiet aufgebaut werden soll. Hinsichtlich der Provisionsbemessungsgrundlage besteht Vertragsfreiheit. Ist als Bemessungsgrundlage der Rechnungswert vereinbart, sind zuvor dem Kunden eingeräumte und in der Rechnung bereits berücksichtigte Nachlässe von der Provisionspflicht ausgeschlossen.
Kosten für Porto, Fracht, Zoll oder Montage etc. mindern die Provisionsbemessungsgrundlage nur dann, wenn sie dem Kunden gesondert in Rechnung gestellt worden sind.
Ist – was in der Praxis selten vorkommt – die Provisionshöhe nicht vereinbart, schuldet der Unternehmer dem Handelsvertreter eine Provision nach dem üblichen Satz (§ 87 b Abs. 1 HGB).
Tipp: Da dessen Ermittlung häufig mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist, empfiehlt sich unbedingt eine genaue Bestimmung der Provision.
3. Fälligkeit der Provision
Gemäß § 87 a Abs. 4 HGB wird der Provisionsanspruch gesetzlich zwingend am letzten Tag des Monats fällig, in dem über den Anspruch abzurechnen ist. Abzurechnen hat der Unternehmer über entstandene Provisionsansprüche mangels anders lautender Vereinbarungen monatlich, und zwar spätestens am Ende des der Ausführung des Geschäftes folgenden Monats.
Wichtig: Der Abrechnungszeitraum kann maximal auf drei Monate erweitert werden.
4. Wegfall der Provision
Der Provisionsanspruch entfällt, wenn feststeht, dass ein Kunde nicht mehr zahlen kann. (§ 87 a Abs. 2 HGB). Dies ist in der Regel erst dann der Fall, wenn ein Kunde an Eides statt versichert hat, dass er zahlungsunfähig ist. Trotz nicht erbrachter Leistung des Unternehmers entfällt der Anspruch auf Provision auch dann, wenn die Nichtausführung nicht vom Unternehmer zu vertreten ist (§ 87 a Abs. 3 HGB). In diesem Zusammenhang werden u.a. die Probleme der sog. Minderlieferungen und Gutschriften für Retouren behandelt.
Wichtig: Ein Provisionsanspruch kann nur dann erhalten bleiben, wenn überhaupt ein entsprechender Geschäftsabschluss vorliegt, das heißt der Unternehmer das Angebot des Kunden auf Abschluss eines Vertrages rechtsverbindlich angenommen hat.
Dies ist beispielsweise dann nicht der Fall, wenn eine Auftragsbestätigung durch den Unternehmer erst Wochen nach Eingang der Bestellung des Kunden erfolgte. Eine solche Auftragsbestätigung ist keine Annahme des Angebotes des Kunden, da eine solche unter Abwesenden nur in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Angebot erfolgen kann. Ebenso wenig kommt ein Geschäft dann zu Stande, wenn es ausdrücklich unter einer bestimmten Bedingung geschlossen wird (beispielsweise dem Eingang ausreichender Bestellungen für das Zustandekommen produktionsfähiger Einheiten in der Textilbranche) und diese Bedingung nicht eintritt.
Tipp: Etwas anderes gilt in den Fällen, in denen der Unternehmer die vom Kunden bestellte Ware liefert und der Kunde diese ganz oder teilweise nicht annimmt oder wieder zurückschickt. Hier kommt es für die Provisionspflicht auf die Gründe der Annahmeverweigerung bzw. Retouren an. Hat der Unternehmer dem Kunden aber das Recht zur Rückgabe eingeräumt, ist das Geschäft unter einer auflösenden Bedingung geschlossen worden, so dass es nur in dem Umfange zu Stande kommt, in dem der Kunde die Ware tatsächlich behält. In allen anderen Fällen besteht grundsätzlich ein Provisionsanspruch auch für die nicht angenommene oder zurückgesandte Ware, weil der Unternehmer die Gründe, aus denen der Kunde die Ware nicht annimmt oder zurücksendet, in der Regel zu vertreten hat.
Wichtig: Die Erhaltung des Provisionsanspruchs kann zu Lasten des Handelsvertreters vertraglich nicht eingeschränkt werden. Sie gilt zwingend nicht nur für die Rücksendung mangelhafter bzw. verspätet gelieferter Ware, sondern auch in den Fällen, in denen der Unternehmer aus Kulanzgründen die zurückgesandte Ware zurücknimmt. Der Verantwortungsbereich des Unternehmers wird in diesem Zusammenhang von der Rechtsprechung sehr weit interpretiert. (Zur Frage der Provisionspflicht bei einer Leistungsstörung durch einen Bezirksvertreter vgl. hier.)