Handelsvertreter sind auf die Kontrollrechte nach § 87 c HGB zur Prüfung ihrer Provisionsansprüche angewiesen. Nach § 87c Abs. 1-4 HGB stehen ihnen hierzu verschiedene Kontrollrechte zu, um die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Abrechnungen zu prüfen und gegebenenfalls durchzusetzen. Diese Rechte sind zwingend und können vertraglich nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden.


1. Provisionsabrechnung (§ 87c Abs. 1 HGB)

Sinn und Zweck: Die Provisionsabrechnung dient der Transparenz und ermöglicht dem Handelsvertreter die Kontrolle seiner verdienten Provisionen. Sie bildet die Grundlage für weiterführende Kontrollrechte.

  • Der Unternehmer muss monatlich eine schriftliche Abrechnung über die fälligen Provisionen erstellen.
  • Der Abrechnungszeitraum kann höchstens drei Monate betragen.
  • Die Abrechnung muss bis spätestens Ende des Folgemonats erfolgen.

Mindestangaben der Abrechnung:

  • Name des Kunden
  • Auftragsdatum und -wert
  • Rechnungsdatum und -betrag
  • Provisionssatz und Provisionshöhe

Wichtiger Hinweis:

  • Eine vertragliche Klausel, die die Abrechnung als richtig gelten lässt, wenn der Handelsvertreter nicht innerhalb einer Frist widerspricht, ist unwirksam.

  • Die Kontrollrechte des Handelsvertreters können nicht durch Vertragsklauseln eingeschränkt werden.

Empfehlung:

Zur Streitvermeidung sollten zusätzlich Auftragsbestätigungen und Kundenrechnungen beigefügt werden.


2. Der Buchauszug (§ 87c Abs. 2 HGB)

Sinn und Zweck: Der Buchauszug ermöglicht dem Handelsvertreter eine systematische und detaillierte Prüfung aller provisionsrelevanten Geschäftsvorgänge, die über die Abrechnung hinausgeht.

  • Der Handelsvertreter kann nach Erhalt der Abrechnung jederzeit einen Buchauszug verlangen.

  • Der Anspruch besteht während und nach Beendigung des Vertrags, solange die Provisionsansprüche nicht verjährt sind.

Inhalt des Buchauszugs:

  • Name und Anschrift des Kunden

  • Datum und Inhalt des Geschäfts

  • Rechnungsdatum und -betrag

  • Zahlungseingänge des Kunden

  • Stornierungen oder Retouren mit Begründung

Wichtiger Hinweis:

  • Der Handelsvertreter muss seinen Anspruch nicht begründen – das bloße Verlangen reicht aus.

  • Auch umstrittene Geschäfte sind in den Buchauszug aufzunehmen.

  • Die Übersendung von Kopien von Geschäftsunterlagen ersetzt keinen geordneten Buchauszug.

  • Vertragliche Verjährungsregelungen können den Zeitraum und damit den Umfang des Buchauszuges reduzieren.

Empfehlung:

  • Bei Verweigerung kann der Anspruch auf Buchauszug gerichtlich im Wege der Stufenklage durchgesetzt werden.


3. Bucheinsicht (§ 87c Abs. 4 HGB)

Sinn und Zweck: Die Bucheinsicht dient der Überprüfung der Angaben aus dem Buchauszug, wenn begründete Zweifel an dessen Vollständigkeit oder Richtigkeit bestehen. Sie stellt das letzte Mittel zur Durchsetzung der Kontrollrechte dar.

Falls der Unternehmer den Buchauszug:

  • nicht erteilt oder

  • unvollständig liefert und

  • Zweifel an der Richtigkeit bestehen

darf der Handelsvertreter Einsicht in die Bücher des Unternehmens verlangen.

Ablauf der Bucheinsicht:

  • Der Unternehmer kann entscheiden, ob die Einsicht durch den Handelsvertreter oder durch einen Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater erfolgt.

  • Die Einsicht muss sich auf alle provisionsrelevanten Geschäftsvorgänge beziehen.

Kosten:

  • Zunächst trägt der Handelsvertreter die Kosten.

  • Stellt sich heraus, dass der Buchauszug oder die Abrechnungen fehlerhaft war, muss der Unternehmer die Kosten erstatten.

Wichtiger Hinweis:

  • Die Bucheinsicht sollte nur gefordert werden, wenn konkrete Zweifel an der Richtigkeit der Abrechnung bestehen, da sie kostenintensiv sein kann.


4. Eidesstattliche Versicherung

Sinn und Zweck: Die eidesstattliche Versicherung dient als letztes Mittel, wenn weder Buchauszug noch Bucheinsicht Klarheit über die Provisionsansprüche gebracht haben. Sie zwingt den Unternehmer zur verbindlichen Erklärung über die Richtigkeit der Abrechnungen.

Falls Buchauszug und Bucheinsicht weiterhin Unklarheiten lassen, kann der Handelsvertreter vom Unternehmer eine eidesstattliche Versicherung verlangen.

  • Der Unternehmer muss dabei versichern, dass der Buchauszug richtig und vollständig ist.
  • Eine falsche Versicherung kann nach § 156 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet werden.

5. Verjährung der Kontrollrechte

Sinn und Zweck: Die Verjährungsfristen sollen sowohl den Handelsvertreter als auch den Unternehmer vor einer zeitlich unbegrenzten Geltendmachung oder Kontrolle von Provisionsansprüchen schützen.

Die Kontrollrechte des Handelsvertreters sind an die Verjährung der Provisionsansprüche gebunden.

Nach §§ 195, 199 BGB verjähren Provisionsansprüche:

  • Regulär in drei Jahren, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem sie entstanden sind.
  • Absolut nach zehn Jahren, unabhängig von der Kenntnis.

Wichtiger Hinweis: – Ist ein Provisionsanspruch verjährt, kann auch kein Buchauszug oder keine Bucheinsicht mehr verlangt werden. – Eine vertraglich vereinbarte Verkürzung der Verjährung kann dazu führen, dass der Zeitraum, über den der Buchauszug zu erteilen ist, ebenfalls verkürzt wird. – Eine gerichtliche Stufenklage kann die Verjährung hemmen und sollte daher rechtzeitig eingereicht werden.


Fazit: Wichtige Kontrollrechte des Handelsvertreters

  • Provisionsabrechnung (§ 87c Abs. 1 HGB): Monatliche, detaillierte Abrechnung erforderlich.
  • Buchauszug (§ 87c Abs. 2 HGB): Strukturierte Aufstellung aller provisionspflichtigen Geschäfte.
  • Bucheinsicht (§ 87c Abs. 4 HGB): Bei verweigertem oder unvollständigem Buchauszug möglich.
  • Eidesstattliche Versicherung: Falls Buchauszug und Bucheinsicht keine Klarheit bringen.
  • Verjährungsfrist beachten: Kontrollrechte bestehen nur solange die Provisionsansprüche nicht verjährt sind.

Die gesetzlichen Regelungen stellen sicher, dass Handelsvertreter ihre Provisionsansprüche effektiv kontrollieren und durchsetzen können. Eine frühzeitige Prüfung und rechtzeitige Geltendmachung dieser Rechte ist essenziell, um finanzielle Verluste zu vermeiden.