Abgrenzung von Rahmenverträgen, die noch keine Provisionsanwartschaft i.S.v. § 87 Abs. 1 HGB begründen, von Lieferverträgen, die eine Provisionsanwartschaft begründen

19 U 104/13 Urteil verkündet am 21. März 2014 OLG Köln Handelsvertretervertrag, Provisionsanspruch

Oberlandesgericht Köln
Im Namen des Volkes
Urteil

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn vom 23.05.2013 – 12 O 48/10 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es sich bei der angegriffenen Entscheidung – nach Rücknahme der Klageerweiterung – um ein Schlussurteil handelt.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Beklagte zu 92 % und der Kläger zu 8 %; die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Entscheidungsgründe

I.

1 Der Kläger nimmt die Beklagte nach beendetem Handelsvertretervertrag auf Zahlung von restlicher Provision zunächst für den Monat August 2010 in Anspruch.

2 Geschäftsgegenstand der Beklagten ist unter anderem die Herstellung von und der Handel mit Kunststoffteilen. Damit beliefert die Beklagte Automobilhersteller, unter anderem auch die C AG. Gemäß Vertrag vom 20.01.2007, Anl. K1, war der Kläger für die Beklagte als Handelsvertreter tätig. Er vertrat das Unternehmen gegenüber C Europa. Im Falle der Entwicklung in Europa und der Lieferung in andere Kontinente musste eine Sonderabsprache erfolgen (§ 1 des Vertrages).

3 Ausweislich § 2 des Vertrages sollte der Kläger von der Beklagten eine Provision von 1,0 % bis zu einem Jahresumsatz von 12 Millionen EUR erhalten und eine geringere Provision von dem 12 Millionen EUR Jahresumsatz übersteigenden Betrag und zwar auch dann, wenn die Geschäfte mit C Europa ohne seine Mitwirkung zu Stande gekommen waren. Auch war ein Mindestprovisionsanspruch von 120.000,– EUR pro Jahr zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart, zahlbar in monatlichen Teilbeträgen. Die Abrechnung der Provisionen sollte zum 10. des der Auslieferung folgenden Monats erfolgen. Gleichzeitig mit der Abrechnung sollte die Provisionszahlung erfolgen.

4 Das Geschäft der Beklagten mit der C AG gestaltete sich so, dass diese zunächst eine Anfrage an die Beklagte richtete (beispielhaft die von dem Kläger vorgelegten Anfragen, Anlagen K 9 bis K 11). In den Anfragen fanden sich unter anderem Angaben zum Gesamtvolumen (so z.B. für die Anfrage zur Abdeckung Windlauf „Gesamtvolumen 577.000 Fzg.“) und zur Jahresproduktion, verbunden jedoch mit dem Zusatz, dass Stückzahlinformationen keine Verpflichtung von C zur Abnahme entsprechender Volumina begründeten. Auf die Anfrage von C gab die Beklagte ein Angebot ab, auf das dann gegebenenfalls von C eine Bestellung („Serienbestellung“ oder „Series Production Orders“) erfolgte, vgl. Anlage B 12, Bl. 89 ff. GA und B 14, Bl. 132 ff. GA. Diese Bestellung enthielt unter anderem Angaben zum Festpreis, zum Bedarfsort, zum Versand und zu den Zahlungsbedingungen, jedoch keine Stückzahlen, vielmehr hieß es insoweit beispielhaft „80 % Lieferanteil des Bedarfs“. Die AGB von C (Anlage B 13, Bl. 92 ff. GA) wurden Vertragsbestandteil. Die Menge der von der Beklagten zu liefernden Teile wurde in der Folge jeweils erst durch einen Lieferabruf der C AG bestimmt.

5 In den AGB von C heißt es unter anderem:

6 “ 2.8 Die in Anfragen und/oder Angeboten angegebenen Mengen stellen lediglich unverbindliche Orientierungswerte dar … und begründen keinerlei Verpflichtung für den Käufer … , diese Mengen zu bestellen. Die in Bestellungen angegebenen Lieferquoten stehen in keinem Zusammenhang zu Mengenangaben in Anfragen und/oder Angeboten.“

7 Mit Schreiben vom 28.07.2010, Anl. B 8, dem Kläger zugegangen am 03.08.2010, kündigte die Beklagte den Vertrag außerordentlich. Der Kläger nahm diese Kündigung nach Hinweis durch das Landgericht hin. Die Beklagte erteilte dem Kläger mit Schreiben vom 13.01.2012, Anlage B 15, für August 2010 eine „fiktive Provisionsabrechnung“, Anlage K 12, nachdem sie an den Kläger für diesen Monat bereits eine Provision i. H. v. 1.535,48 EUR gezahlt hatte. Sie hat diese fiktive Abrechnung mit Schreiben vom 13.03.2013, Anlage K 25, ergänzt. Mit Schreiben vom 08.02.2012, Anlage K 13, forderte der Kläger die Beklagte auf, eine restliche Provision für August 2012 i. H. v. 8.490,32 EUR zu zahlen, was erfolglos blieb.

8 Mit Schriftsatz vom 22.04.2013 hat der Kläger die Klage um einen Auskunftsanspruch bezüglich des Bestelldatums bestimmter Bauteile für den Fahrzeugtyp G erweitert, diesbezüglich in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht jedoch keinen Antrag gestellt.

9 Der Kläger hat behauptet, er sei für die […] AG der alleinige Ansprechpartner für Geschäfte mit der Beklagten gewesen. Auf seine Tätigkeit seien zwischen der Beklagten und C abgeschlossene Geschäfte über zahlreiche Fahrzeugteile zurückzuführen. Die in Anlage K 14 aufgelisteten Bestellungen seien von dem Kläger vermittelt bzw. so vorbereitet worden, dass die Lieferabrufe überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen seien. Der Kläger ist der Ansicht, ihm gebühre die geltend gemachte Provision als Überhangprovision. Bei den Lieferabrufen handele es sich nicht um eigenständige Geschäfte, sondern nur um die Konkretisierung des zuvor abgeschlossenen Geschäfts; jedenfalls aber stehe ihm der geltend gemachte Anspruch als nachvertragliche Provision zu.

10 Der Kläger hat nach Rücknahme der Klage in Höhe von 91,44 EUR beantragt,

11 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 8.398,14 EUR nebst Zinsen i. H. v. 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.09.2010 sowie 603,70 EUR vorgerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

12 Die Beklagte hat beantragt,

13 die Klage abzuweisen.

14 Sie hat behauptet, der Kläger habe nur die Rolle eines Boten gehabt, der mit der Aufnahme und Weitergabe von Informationen für beide Seiten tätig gewesen sei. Eine Einleitung und überwiegende Vorbereitung der Bestellungen hinsichtlich derer nachvertragliche Provision verlangt wird, sei durch den Kläger nicht erfolgt. Die Beklagte sei in erheblichem Umfang unmittelbar C gegenüber selbst tätig geworden. Teils sei die Beklagte von C konkret und unmittelbar angefragt worden.

15 Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, da die C AG weder bestimmte Laufzeiten noch bestimmte Abnahmevolumina zugesagt habe, stelle erst die einzelne Bestellung, d. h. der Lieferabruf, ein provisionspflichtiges Geschäft dar. Daher habe der Kläger keinen Anspruch auf Überhangprovision für Bestellungen nach Ende des Vertrags. Aber auch ein Anspruch auf nachvertragliche Provision bestehe nicht.

16 Das Landgericht hat einen Anspruch des Klägers aus § 87 Abs. 1 HGB bejaht und die Frage, ob dem Kläger andernfalls eine Provision aus § 87 Abs. 3 Nr. 1 HGB (nachvertragliche Provision) zusteht, dahinstehen lassen. Alle in der fiktiven Provisionsabrechnung (Anlage K 12) genannten Teile, für deren Lieferung der Kläger noch für August 2010 Provision verlange, beruhten auf Bestellungen, die während der Laufzeit des Handelsvertretervertrages aufgegeben worden seien. Auf diese Serienbestellungen sei im Rahmen des § 87 Abs. 1 HGB abzustellen, auch wenn die Menge der zu liefernden Teile noch nicht feststehe. Denn die wesentlichen vertraglichen Pflichten seien darin bereits festgelegt und der Lieferabruf folge dem lediglich. Insoweit stehe der Lieferabruf der Ausübung eines Optionsrechts gleich. Ein derart bedingtes Geschäft werde ebenfalls als provisionsauslösend angesehen.

17 Die Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen die Wertung des Landgerichts, bereits die „Serienbelieferungsverträge“ bzw. „Serienbestellungen“ der C AG lösten einen Provisionsanspruch nach § 87 Abs. 1 HGB aus. Vielmehr sei mit der h. M. danach zu differenzieren, ob durch den Vertrag eine mengenmäßige Bindung des Kunden bereits bestehe oder nicht. Wo dies nicht der Fall sei und sich die Menge wie hier nach dem Bedarf des Kunden richten solle, handele es sich lediglich um einen Rahmenvertrag, der noch kein Umsatzgeschäft darstelle. Es werde lediglich ein Bezugsrecht der C AG im Rahmen der zugrundegelegten Kapazität geregelt. Eine Verpflichtung zur Abnahme einer bestimmten Menge zu einer bestimmten Zeit werde für C durch die Bestellung nicht begründet. Nur bei den Abrufen handele es sich um provisionspflichtige Umsatzgeschäfte und nicht um Teillieferungen eines einheitlichen Geschäfts. Die vom Landgericht zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf (Optionsrecht) sei von der Fallgestaltung nicht vergleichbar.

18 Die Beklagte beantragt,

19 unter Abänderung des am 23.05.2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Bonn die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

20 Der Kläger beantragt,

21 die Berufung zurückzuweisen.

22 Er verteidigt die Entscheidung. Durch die Serienbestellung seien die wesentlichen vertraglichen Pflichten festgelegt, es liege ein einheitlicher Vertag vor, der nur mittels einseitiger Abrufe zeitlich gestreckt vollzogen werde. Die Abrufe folgten einem Automatismus; es seien keine weiteren Vertragsverhandlungen nötig. […] sei auch weitgehend gebunden. Es bestehe eine Bezugspflicht in Höhe von 80 % des Bedarfs. Lediglich die Größe der Serie stehe nicht fest. Der absolute Bedarf wirke wie eine aufschiebende Vertragsbedingung. Die Entscheidung des Landgerichts trage den Besonderheiten der Zulieferverträge mit Automobilherstellern Rechnung. Der größte Aufwand für den Handelsvertreter bestehe in der Akquisition der Serienverträge; der Abruf und die Einzelheiten der Gestaltung seien dann den technischen Abstimmungen der Unternehmen vorbehalten.

23 In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Klage die Rücknahme der mit Schriftsatz vom 22.04.2013 geltend gemachten Klageerweiterung erklärt. Die Beklagte hat der Klagerücknahme nicht zugestimmt.

24 Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

25 Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

26 1. Der Senat ist an einer Entscheidung in der Sache nicht gehindert, nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 21.02.2014 seine mit Schriftsatz vom 22.04.2013 um einen weiteren Auskunftsanspruch erweiterte Klage zurückgenommen hat. Damit hat er den Bedenken den Senats gegen die Zulässigkeit des Teilurteils wegen der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen und gegen die Zulässigkeit der Rückkehr zur Auskunftsstufe bezogen auf den Monat August 2010 nach Verhandlung über den bezifferten Zahlungsanspruch für den Monat August 2010 Rechnung getragen. Der Kläger war auch zur Rücknahme der Klageerweiterung ohne Einwilligung der Beklagten gem. § 269 Abs. 1 ZPO in der Lage, da über die Klageerweiterung ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 02.05.2013, Bl. 385 ff. GA, nicht streitig verhandelt wurde. Vielmehr hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers den schriftsätzlich angekündigten Antrag ausdrücklich nicht gestellt und der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu dieser Klageerweiterung ausdrücklich keine Erklärung abgegeben. Insofern ist der Umstand, dass die Beklagte ihre Einwilligung verweigert hat, unerheblich.

27 2. Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen einen Anspruch des Klägers auf Überhangprovision aus § 87 Abs. 1 HGB in Höhe von restlichen 8.398,14 EUR für den Monat August 2010 bejaht. Denn sämtliche aus der Anlage K 12, Bl. 230 GA, zuletzt geltend gemachte Provisionen (d.h. ohne ID-Nummern 6625, 6626, 6627, 6628, 6639) resultieren aus Abrufen aus Serienbestellungen der C AG, die während der Laufzeit des Handelsvertretervertrages aufgegeben wurden. Zutreffend hat das Landgericht das die Provisionsanwartschaft im Sinne des § 87 Abs. 1 HGB auslösende Geschäft in der Serienbestellung und nicht im einzelnen Lieferabruf gesehen. Denn durch die Serienbestellungen sind die wesentlichen Bedingungen der Lieferbeziehung bereits festgelegt und der einzelne Lieferabruf folgt einem Automatismus, ohne dass noch einmal Verhandlungen zwischen der Beklagten und der C AG geführt werden. Zwar steht die genaue Abnahmemenge im Zeitpunkt der Serienbestellung nicht fest und die C AG hat sich diesbezüglich Freiheiten einräumen lassen, indem sie die in Anfragen und/oder Angeboten angegebenen Mengen bzw. die Stückzahlen der Fahrzeugserie als unverbindliche Orientierungswerte in ihren AGB darstellt, die in keinem Zusammenhang zu den Lieferquoten stehen. Insofern verweist die Beklagte zu Recht auf Stimmen in Rechtsprechung und Literatur, die Bezugs- oder Lieferverträge, bei denen sich die Abnahmemenge nach dem Bedarf des Kunden richtet oder in denen dem Kunden ein einseitiges Bezugsrecht eingeräumt wird, ohne ihn zu verpflichten, grundsätzlich als Rahmenverträge ansehen, die keine Provisionsanwartschaft begründen (Emde in Staub, HGB, Bd. 2, 5. Aufl. 2008, § 87 Rz. 73; ebenso Münchener Kommentar zum HGB-von Hoyningen-Huene, 3. Aufl. 2010, § 87 Rz 60; Löwisch in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl. 2008, § 87 Rz 15; BGH, NJW 1958, 180; vorsichtig für Automobilzulieferer: OLG Koblenz, Urteil vom 14.06.2007, 6 U 529/06, juris Rz. 26). Die Festlegung auf konkrete Stückzahlen ist aber als alleiniges Abgrenzungskriterium zum Sukzessivlieferungsvertrag, der unstreitig als provisionsauslösend angesehen wird, im vorliegenden Fall untauglich.

28 Schon von der Bezeichnung her wird im vorliegenden Fall durch das Wort „Serienbestellung“ ein Gesamtabschluss suggeriert. In den in den Vertrag zwischen der Beklagten und C einbezogenen Einkaufsbedingungen ist in Ziff. 2.1. von einem zustande gekommenen „Liefervertrag“ die Rede. Auch sind wesentliche Einzelheiten wie Art des Bauteils, Preis, Bedarfsort in den Serienbestellungen geregelt, nur der absolute Bedarf steht nicht fest. Zwar sind die in den Anfragen der C genannten Gesamtvolumina der Fahrzeugserie und der Jahresproduktion unverbindlich. C kann aber als Käufer nach Abgabe der Bestellung nicht schlicht keinen Bedarf anmelden, ohne sich evtl. schadensersatzpflichtig zu machen. Vielmehr sieht der Vertrag in Ziff. 2.5. der Einkaufsbedingungen nur eine außerordentliche Kündigung vor. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass der Serienbestellung erhebliche Vorplanungen vorangegangen sind, die sich erst bei Abwicklung der Serie im geplanten Umfang amortisieren. Auch wird über den einzelnen Lieferabruf nicht mehr verhandelt. Es handelt sich vielmehr um eine einseitige Erklärung des Käufers, durch die eine konkrete Anzahl der Fahrzeugteile zu einem bestimmten Termin an die vorher feststehende Produktionsstätte beordert werden. Insofern weist der vorliegende Bezugsvertrag – überwiegend – Elemente eines Sukzessivlieferungsvertrages auf, bei dem die Gesamtmenge von Anfang an ungefähr feststeht und nur in Teilen geleistet wird. Durch die vorliegenden Serienbestellungen wird mehr geregelt als in einem Vertrag, den man herkömmlicherweise als „Rahmenvertrag“ bezeichnet. Denn es besteht eine Abnahmeverpflichtung des Käufers in Höhe von 80 % des Bedarfs, wobei nur der absolute Bedarf als Bezugsgröße nicht feststeht.

29 Der hohe Grad der Festlegung und Verbindlichkeit des Liefervertrages und der Umstand, dass keine weiteren Vertragsverhandlungen mehr erforderlich sind, wird auch von den o.g. Literaturstimmen als Kriterium für das Vorliegen eines provisionsauslösenden Geschäfts angesehen (Emde, a.a.O. Rz 69; Münchener-Kommentar, a.a.O. Rz. 60, z.B. Provisionsanwartschaft, wenn sich der Kunde bindet, sämtliche – in der Zahl noch nicht feststehende – Ergänzungslieferungen eines Verlagswerks zu beziehen). Zutreffend verweist das Landgericht mit Thume (Provisionsansprüche des Handelsvertreters beim Vertrieb von Dauerverträgen, MDR 2011, 703, 706) auch darauf, dass nach h.M. auch aufschiebend bedingte Lieferverträge eine Provisionsanwartschaft auslösen sollen (Emde, in Staub, a.a.O. Rz. 64; Münchener-Kommentar-von Hoyningen-Huene, a.a.O., Rz. 26). Um einen aufschiebend bedingten Vertragsschluss handelt es sich auch, wenn einer Vertragspartei ein Optionsrecht eingeräumt wird, vermittels dessen sie durch einseitige, von ihrem Willen abhängige Erklärung einen Vertrag, insbesondere einen Kaufvertrag, zustande bringen kann (OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.03,1997, 16 U 82/96, zitiert nach juris m.w.N.). Es ist kein Grund ersichtlich, die einseitige Erklärung der C AG, eine bestimmte Menge Fahrzeugteile abzurufen, anders als die Ausübung eines solchen Optionsrechts anzusehen.

30 Soweit der Bundesgerichtshof in einer alten Entscheidung aus dem Jahr 1957 (NJW 1958, 180) zur Begründung dafür, einen Bezugsvertrag nicht als unmittelbares, provisionsauslösendes Umsatzgeschäft anzusehen, darauf verweist, dass dies eine vom Unternehmer nicht beabsichtigte Bindung auf unabsehbare Zeit bedeuten würde, die sich nicht rechtfertige lasse, wenn man die Ungewissheit der Entwicklung eines derartigen Bezugsverhältnissen berücksichtigt, so erscheinen derartige Bedenken hier nicht angezeigt. Denn durch die in den Anfragen der C AG und den Angeboten genannten Zahlen zum Gesamtvolumen der Fahrzeugserie und der Laufzeit der Serie wird der Rahmen jedenfalls ungefähr abgesteckt. Insofern ist das Risiko der Dauer der Bindung der Beklagten an ihren Handelsvertreter nicht größer als das Risiko, dass die Beklagte mit der Bindung an den Automobilhersteller eingeht. Auch ist § 87 Abs. 1 HGB nicht zwingend, sondern kann jedenfalls durch Individualvereinbarung wirksam ausgeschlossen werden (BGH, Urteil vom 21.10.2009, VIII ZR 286/07, Rz. 20 zitiert nach juris m.w.N.), so dass das Risiko der überlangen Bindung an den Handelsvertreter beherrschbar ist.

31 Zwar könnte für die strengere Sicht, nur den Lieferabruf als Umsatzgeschäft anzusehen, sprechen, dass der Handelsvertreter, der an dem Zustandekommen des Bezugsvertrages bzw. der Serienbestellung mitgewirkt hat, für darauf berufende Lieferungen nach Beendigung des Handelsvertretervertrages in der Regel nachvertragliche Provision nach § 87 Abs. 3 ZPO verlangen kann. Anderseits ist aber zu sehen, dass dieser Anspruch Beschränkungen unterliegt ( … „nur wenn“, „innerhalb einer angemessenen Frist“) und der Bundesgerichtshof auch in einer neueren Entscheidung zur Vermittlung von Telefonverträgen nicht auf § 87 Abs. 3 HGB zurückgreift, sondern § 87 Abs. 1 HGB mit der Begründung anwendet, dass der Handelsvertreter nicht mit der Vermittlung einzelner Telefonanrufe, sondern mit der Vermittlung eines Telefondienstvertrages betraut gewesen sei und die einzelnen Gesprächseinheiten vor diesem Hintergrund keine Einzelabschlüsse darstellten, sondern nur für die Höhe und die Fälligkeit des Provisionsanspruchs von Bedeutung seien (BGH, VIII ZR 286/07, Urteil vom 21.10.2009, juris Rz. 17-19). Auch im vorliegenden Fall war die Aufgabe des Handelsvertreters mit dem Abschluss der „Serienbestellung“ im Wesentlichen erfüllt; jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass der einzelne Lieferabruf abhängig von seiner Kundenpflege gewesen ist. Entsprechend kann hier der Lieferabruf auch nur als maßgeblich für die Höhe und Fälligkeit des Provisionsanspruchs des Klägers angesehen werden und nicht als eigenständiges Geschäft.

32 3. Insofern kann dahinstehen, ob dem Kläger auch ein Anspruch aus § 87 Abs. 3 HGB zusteht, wobei es für einen solchen Anspruch dem Grunde nach reichen würde, dass der Kläger an dem Abschluss des Bezugsvertrages mitgewirkt hat, also irgendwelche Handlungen unternommen hat, die die Serienbestellung durch C gefördert haben, mögen sie auch nur mitursächlich gewesen sein. Einzelheiten zu dem Beitrag des Klägers am Zustandekommen der einzelnen Serienbestellungen bzw. inwieweit sie von ihm oder seinem Vorgänger initiiert wurden, sind aber streitig, so dass sich der Umfang des Anspruchs nicht abschließend bestimmen lässt.

33 4. Da nach Rücknahme der weiteren Auskunftsklage mit diesem Urteil über die dritte Stufe der Stufenklage abschließend durch Schlussurteil entschieden wird, war auch über die Kosten der ersten Instanz zu befinden. Diese waren nach der Mehrkostenmethode zu 92 % der Beklagten und zu 8 % dem Kläger aufzuerlegen, nachdem entgegen der ursprünglichen Klageforderung von 10.346,52 EUR für den Monat August 2010 auf eine Stufenklage umgestellt und nach reduzierter Bezifferung auf der Leistungsstufe und Teilklagerücknahme zuletzt nur noch 8.398,14 EUR geltend gemacht wurden. Auch war zu berücksichtigen, dass die Klage hinsichtlich des weiteren Auskunftsanspruchs betreffend Lieferungen für F 25 Modelle im August 2010, deren Wert nach § 3 ZPO auf 1.000,– EUR geschätzt wird, zurückgenommen wurde. Die Kostenentscheidung beruht insoweit auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO.

34 Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte, § 97 Abs. 1 ZPO.

35 5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

36 6. Die Revision wird gem. § 543 Abs. 2 ZPO im Hinblick auf die uneinheitliche Rechtsprechung und Literaturmeinung zur Einordnung von Bezugsverträgen von Automobilzulieferern als bloße Rahmenverträge (so OLG Koblenz – Urteil vom 14.06.2007 – 6 U 529/06 – ) bzw. als provisionsauslösende, durch den Abruf lediglich bedingte Umsatzgeschäfte (so Thume, a.a.O.) zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung und Fortbildung des Rechts zugelassen.

37 Streitwert des Berufungsverfahrens: 8.398,14 EUR

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