Adressbuchverlag; Abgrenzung: Arbeitnehmer – Handelsvertreter; Zuständigkeit; Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten

9 Ca 444/06 Beschluss verkündet am 25. April 2007 ArbG Karlsruhe Inhalt des Arbeitsvertrages, Rechtsstreitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis

Arbeitsgericht Karlsruhe
Im Namen des Volkes
Beschluss

in der Rechtssache
[…]
hat das Arbeitsgericht Karlsruhe – 9. Kammer – durch […] auf die mündliche Verhandlung vom 25.04.2007 beschlossen:

Tenor

1. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist nicht zulässig.

2. Der Rechtsstreit wird an das zuständige Landgericht Karlsruhe verwiesen.

Tatbestand:

I. Die Beklagte betreibt einen Telefonbuchverlag mit den drei Produktlinien GelbeSeiten, DasTelefonbuch sowie DasÖrtliche. Sie schloss mit der Klägerin unter dem 08.02.1999 einen sogenannten „Handelsvertretervertrag“ (Bl. 86 ff. d.A.). Er hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

§1
Gegenstand der Vertretung
Rechtsstellung der Handelsvertreterin
(1) Der Verlag betraut die Handelsvertreterin ab 28.09.1998 mit der Vermittlung von Werbung und zusätzlichen Eintragungen für Telekommunikationsverzeichnisse, Werbeträger und andere Medien.
(2) Die Handelsvertreterin ist selbständige Gewerbetreibende i. S. § 84 Abs. 1 HGB. Sie gestaltet ihre Tätigkeit und ihre Arbeitszeit frei.
(3) Der Verlag legt fest, für welche Produkte innerhalb welcher Zeitdauer welche Werbeformen o. ä. angeboten werden können.

§2
Aufgaben, Befugnisse und Verpflichtungen
der Handelsvertreterin
(5) Die Handelsvertreterin ist zu einer kontinuierlichen Arbeitsweise verpflichtet. Sie ist insbesondere gehalten, den Umsatz und die Kundenzahl zu mehren.

§3
Leistungserbringung
(1) Die Handelsvertreterin hat sich um die Vermittlung von Werbeeinträgen nach § 1 dieses Vertrages zu bemühen. Hierbei hat sie die Interessen des Verlages wahrzunehmen.
(2) Bedient sich die Handelsvertreterin zur Erfüllung ihrer Aufgaben und Pflichten aus diesem Vertrag einer Hilfskraft, so ist sie verpflichtet, dies dem Verlag vorab mitzuteilen. In begründeten Fällen kann der Verlag die Hilfskraft ablehnen.

§4
Wettbewerb
(1) Es ist der Handelsvertreterin untersagt, für einen Wettbewerber des Verlages tätig zu werden. Als Wettbewerber sind insbesondere solche Verlage und Firmen anzusehen, die gleiche oder ähnliche Produkte wie die Firma […] Verlag und Informationsdienste AG vertreiben, insbesondere Telefonbücher und Telekommunikationsverzeichnisse in sämtlichen Medienausprägungen.
Der Handelsvertreterin ist untersagt, sich an solchen Unternehmen direkt oder indirekt zu beteiligen oder sie sonst zu unterstützen.

§5
Pflichten des Verlages
(1) Der Verlag stellt der Handelsvertreterin die zur Ausübung ihrer Tätigkeit erforderlichen Unterlagen zur Verfügung. Die Unterlagen bleiben Eigentum des Verlages, soweit sie nicht bestimmungsgemäß verbraucht sind.
(2) Der Verlag wird die Handelsvertreterin bei der Ausübung ihrer Tätigkeit unterstützen und ihr die erforderlichen Informationen geben. Der Verlag wird die Handelsvertreterin insbesondere über die Ablehnung von vermittelten Geschäften und die Gründe dafür unterrichten.
(3) Der Verlag bietet der Handelsvertreterin Produkt- und Informationsveranstaltungen an.

§7
Entstehung und Fälligkeit des Provisionsanspruchs
(1) Die Handelsvertreterin erwirbt einen Anspruch auf Provision für alle von ihr während der Dauer des Vertragsverhältnisses vermittelten Geschäfte.
(2) Der Anspruch auf Provision entsteht, sobald und soweit der Verlag den Auftrag angenommen hat. Die Provisionszahlung wird mit der monatlichen Abrechnung fällig.
(3) Der Provisionsanspruch entfällt, soweit § 9 Absatz 2 dieses Vertrages zur Anwendung kommt.

§11
Verhinderung
(1) Kann die Handelsvertreterin ihre Vermittlungstätigkeit nicht ausüben, ist sie verpflichtet, den Verlag unter Mitteilung der Gründe und der voraussichtlichen Dauer ihrer Tätigkeitsverhinderung unverzüglich zu unterrichten.

Darüber hinaus hat die Klägerin in regelmäßigen Abständen sogenannte Arbeitsrichtlinien übersandt u. a. unter dem 22.03.2002 (Bl. 103 ff. d.A.). Mit Schreiben vom 21.11.2004 (Bl. 107 ff.) wies die Beklagte darauf hin, dass 14tägig Provision künftig nicht mehr ausgezahlt werde, wenn seltener als wöchentlich Kunden bei der Beklagten eingereicht würden, ohne dass eine rechtzeitige und schriftliche Information über Krankheit bzw. Urlaub vorliege. In diesem Fall werde die Provision nur monatlich, wie in § 7 des Handelsvertretervertrages vorgesehen, ausbezahlt. Darüber hinaus behalte sich die Beklagte künftig vor, nach schriftlicher Vorankündigung Aufträge, die nach dem Termin „Werbeende“ eingehen, nicht mehr anzunehmen und nicht mehr zu provisionieren.

Bis zum Jahr 2003 war die Klägerin im Land Brandenburg in den ihr zugeteilten Werbegebieten für alle drei Telefonbuchprodukten der Beklagten zuständig. Darüber hinaus war die Klägerin noch für einen assoziierten Fremdverlag im Ostteil Berlins tätig. Hierzu wurde ihr von der Beklagten Adressmaterial zur Verfügung gestellt, sortiert nach Straßenzügen sowie sog. Werbekarten mit Anschriften potentieller Neukunden.

Im Jahr 2003 erfolgten im Unternehmen der Beklagten Umstrukturierungsmaßnahmen, die sich bis zum Sommer 2004 auch konkret auf die Klägerin auswirkten. Die Änderungen erfolgten dergestalt, dass die bei der Beklagten beschäftigten Handelsvertreter jeweils nur mehr für ein Produkt in den ihnen zugeteilten Verkaufsgebieten zuständig waren. Danach war die Klägerin, nach ihrem Wunsch für DasÖrtliche in Brandenburg zuständig.

Die Beklagte betreibt ein eigenes Callcenter. Dieses konnte von der Klägerin zu Terminvereinbarungen mit potentiellen Kunden gegen anteilige Kostenübernahme herangezogen werden.

Unter dem 28.11.2005 (Bl. 99 d.A.) erhielt die Klägerin eine Abmahnung, da sie auch der Produkttrennung zahlreiche Aufträge für die Gelben Seiten Frankfurt (Oder) geschrieben habe.

Mit Schreiben vom 12.06.2006 (Bl. 45 d.A.) teilte die Klägerin der Beklagten mit:

„In Anbetracht des seit längerem gestörten Vertrauensverhältnisses zwischen mir und ihrem Verlag (Abmahnung) ziehe ich in Erwägung mein Vertragsverhältnis mit ihnen in gegenseitigem Einverständnis zu lösen.“

Eine einvernehmliche Vertragsauflösung lehnte die Beklagte ab.

Mit Schreiben vom 22. und 28.09.2006 kündigte sie den zwischen den Parteien bestehenden Handelsvertretervertrag fristlos wegen Verstoß der Klägerin gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot.

Mit Klage vom 13.10.2006 wehrte sich die Klägerin gegen diese Kündigungen. Ein wichtiger Grund zur Kündigung sei nicht gegeben. Im übrigen handele es sich bei dem Rechtsverhältnis der Parteien tatsächlich um ein Arbeitsverhältnis und nicht um ein freies Dienstverhältnis. Aufgrund dessen sei der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gegeben.

Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, durch den Vertrag vom 08.02.1999 und dessen praktischer Durchführung sei in Wirklichkeit ein weisungsgebundenes Arbeitsverhältnis begründet worden. Die Klägerin habe ihre Dienstleistungen im Rahmen einer von der Beklagten bestimmten Arbeitsorganisation erbringen müssen. Insbesondere nach den Umstrukturierungsmaßnahmen der Beklagten hätten sich die Bearbeitungsgebiete der Klägerin erheblich erweitert, wodurch sich ihre Fahrzeiten erheblich verlängert hätten und sie gezwungen gewesen sei, um effizient arbeiten zu können, sich eine regelmäßige Unterkunft für die Zeit von Montag bis Freitag in ihrem Bearbeitungsgebiet zu suchen. Allein aus Zeitgründen sei die Klägerin nicht in der Lage gewesen, ihre Arbeitszeit selbst zu bestimmen. Aufgrund der ihr zugewiesenen Kunden sei sie gezwungen gewesen etwa 10 bis 20 Kunden täglich aufzusuchen, um den vorgegebenen Weisungen der Beklagten nachzukommen. Aufgrund der Ausdehnung der Bearbeitungsgebiete habe sie erheblich finanzielle Einbußen wegen höherer Reiseverpflegungs- und Unterbringungskosten erlitten.

Für ihre Arbeitnehmerschaft spreche des Weiteren ihre Verpflichtung, einer Änderung hinsichtlich der Handhabung von Aufträgen für Fremdverlage zuzustimmen. Diesbezüglich hat die Klägerin ein Schreiben der Beklagten an die Mitarbeiterin P. vom 26.08.2003 (Bl. 101 d.A.) vorgelegt, aus dem sich die Einzelheiten der Regelung ergeben. Aufgrund dessen sei es für die Klägerin vollkommen unwirtschaftlich, Aufträge von Fremdverlagen anzunehmen.

Darüber hinaus seien die regelmäßigen Arbeitsanweisungen der Beklagten wie beispielsweise hinsichtlich der Handhabung der Werbekarten, Arbeitsrichtlinien und die Vorgaben zum Führen von Statistiken zu berücksichtigen. Weiter spreche für eine Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin die Anweisung aus dem Schreiben vom 21.01.2004 hinsichtlich der wöchentlichen Einreichung sämtlicher Aufträge. Die Klägerin sei hierbei gezwungen gewesen, regelmäßig jeden Freitag zur Abrechnungszentrale der Beklagten nach Waltersdorf/Brandenburg zu fahren, um die von ihr geforderten Nachweise einzureichen.

Darüber hinaus sei die Klägerin in ein straffes System von Terminplänen der Beklagten eingebunden gewesen, deren Einhaltung zwingend gewesen sei, da andernfalls keine Annahme und Verprovisionierung zu spät eingereichter Aufträge erfolgt sei. Die Klägerin sei auch zur lückenlosen Abarbeitung des ihr von der Beklagten zur Verfügung gestellten Kundenmateriales und auch zur zweimaligen Nachbearbeitung verpflichtet gewesen. Auch aus dem Anschreiben vom 21.01.2004 gehe hervor, dass die Beklagte den vollen Arbeits- und Zeiteinsatz der Handelsvertreter für ihre Zwecke beanspruche und darüber hinaus diesen Einsatz auch zeitlich koordinieren wolle durch Aufstellung verbindlicher Terminpläne. Im übrigen sei der Einsatz der vollen Arbeitszeit der Klägerin auch deshalb erforderlich gewesen, da bei Unterschreitung des Umsatzzieles im alten Abrechnungsjahr die Zuteilung eines neuen Werbegebietes mit einem geringeren Altumsatz zur Folge gehabt habe.

Des Weiteren sei die Klägerin verpflichtet gewesen, an monatlich anberaumten Teambesprechungen zusammen mit den anderen für dasselbe Produkt zuständigen Handelsvertreter teilzunehmen. Die Anwesenheit bei diesen Teambesprechungen sei unter Sanktionsandrohung für eventuelles Nichterscheinen erzwungen worden. Im übrigen schränke das in § 4 des Handelsvertretervertrages niedergelegte Wettbewerbsverbot das Tätigkeitsfeld der Klägerin derart ein, dass es für eine weisungsfreie Arbeit keinen Raum gegeben habe.

Schließlich sei der Beurteilung des Vertragsverhältnisses noch die Verpflichtung zur „Benachrichtigung über Ausfallzeit“ zu berücksichtigen. Hierzu hat die Klägerin ein entsprechendes Formular der Beklagten (Bl. 117 d.A.) vorgelegt. Die Beklagte habe von der Klägerin lange im Voraus verlangt, auf einem Benachrichtigungsschein ihren Urlaub anzumelden. Die Urlaubsbestimmungen seien derart streng durch die Beklagte gehandhabt worden, dass Nichtbefolgungen mit Kündigungen geahndet worden seien.

Die Klägerin hat demgemäß beantragt:

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die fristlosen Kündigungen der Beklagten vom 22.09. und 28.09.2006 nicht aufgelöst ist, sondern unverändert fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt

Klagabweisung.

Sie ist der Auffassung, zwischen den Parteien sei kein Arbeitsverhältnis, sondern ein freies Dienstverhältnis begründet worden. Die Klägerin sei freie Handelsvertreterin i. S. d. § 84 Abs. 1 HGB. Dies ergebe sich eindeutig aus dem Inhalt des abgeschlossenen Handelsvertretervertrages vom 08.02.1999 (wird ausgeführt). Darüber hinaus biete auch die tatsächliche Handhabung keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Unerheblich für die Qualifizierung des Vertragsverhältnisses seien die zeitlichen Beschränkungen, die sich aus den Erscheinungsterminen der Telefonbücher ergeben. Im übrigen seien durch die Zuweisung bestimmter Touren bzw. Zurverfügungstellung von Adressmaterial die wesentliche Gestaltungsfreiheit der Tätigkeit der Klägerin nicht eingeschränkt gewesen. Die Beklagte bediene sich des von ihr gewählten Vertriebssystemes zur Koordinierung ihres Außendienstes, um zu gewährleisten, dass möglichst alle potenziellen Kunden aufgesucht werden, da der geschäftliche Erfolg der Beklagten maßgeblich von der Vollständigkeit der Informationen in den angebotenen Telefonbüchern abhänge. Die Zurverfügungstellung von Kundenadressen selbst erfolge in Verbindung mit den Pflichten des Unternehmers auf § 86 HGB. Im übrigen sei die Klägerin berechtigt gewesen, das ihr von der Beklagten im Rahmen ihrer Vertriebsplanungen zugedachte Arbeitsmaterial abzulehnen oder auch – was die Klägerin unstreitig auch getan hat – Adressmaterial nachzufordern. Ansonsten seien die Akquisitionsunterlagen lediglich zur Unterstützung und Hilfestellung an die Handelsvertreter, so auch die Klägerin übergeben worden. Zeitliche Einschränkungen ergeben sich lediglich aufgrund der Erscheinungstermine der Telefonbücher. Wann zu welcher Zeit und in welchem Umfang und in welcher Reihenfolge die Klägerin das ihr zur Verfügung gestellte Adressmaterial bearbeitet habe, habe dieser völlig frei gestanden. Aus dem Schreiben der Beklagten vom 21.01.2004 ergebe sich weder eine Verpflichtung zur lückenlosen Abarbeitung des zur Verfügung gestellten Kundenmateriales noch eine Verpflichtung zu deren zweimaliger Nachbearbeitung. Auch sei die Klägerin nicht verpflichtet gewesen, das von der Beklagten bereit gestellte Callcenter in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte habe lediglich eine entsprechende Möglichkeit zur Verfügung gestellt.

Ob durch die Trennung der Produktlinien seitens der Beklagten sich die Bearbeitungsgebiete der Klägerin erweitert hätten und die Klägerin dadurch in höherem Maße Reisezeiten gehabt habe, spiele für die Statusfrage der Klägerin keine Rolle, auch wenn dies in der Sache bestritten werde. Was die Verpflichtung zur wöchentlichen Auftragseinreichung anbelange, so ergebe diese sich bereits aus dem Gesetz.

Eine Verpflichtung der Klägerin, diese persönlich bei der Beklagten einzureichen, habe nicht bestanden. Weiterhin sei die Tätigkeit der Klägerin auch nicht etwa durch das Callcenter der Beklagten nachgeprüft worden.

Es sei lediglich, wie auch im § 1 Abs. 4 des Handelsvertretervertrages vereinbart, eine Nachbearbeitung durch das Callcenter bei Adressen durchgeführt worden, die von der Klägerin bereits wieder zurückgegeben waren und bei denen die Klägerin keinen Auftrag hatte, vermitteln zu können. Was die Vermittlung von Aufträgen für Fremdverträge anbelange, so seien diesbezügliche Vorgaben nicht zu beanstanden. Grundsätzlich sei die Klägerin aufgrund des vereinbarten Wettbewerbsverbotes überhaupt nicht zur Auftragsvermittlung für Fremdverlage berechtigt gewesen.

Schließlich habe die Klägerin auch keinen Urlaub von der Beklagten genehmigen lassen müssen, sondern sie habe lediglich darüber zu unterrichten gehabt, was aus Gründen der Planungssicherheit nicht zu beanstanden sei. Es habe auch keine Verpflichtung bestanden, regelmäßig monatlich zu Teambesprechungen zu erscheinen. Die Beklagte erwarte in der Regel pro Kalenderjahr bzw. pro Akquisitionsperiode die Teilnahme an maximal drei Terminen, wobei auch Neuerungen zu den neu in Akquisition gehenden Produkten und Preisen und etwaige organisatorische Probleme oder Abrechnungsprobleme besprochen würden. Schließlich sei die Klägerin berechtigt gewesen, Untervertreter zu beschäftigen. Dass die Klägerin von einer derartigen Befugnis selbst keinen Gebrauch gemacht hat, sei nicht erheblich.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

II. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist unzulässig, denn eine Rechtswegzuständigkeit gemäß §§ 2, 3, 5 ArbGG ist vorliegend nicht gegeben. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 b ArbGG ist für Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses.

1. Nach dieser Vorschrift müssen die von der Klägerin mit ihrer Kündigungsschutzklage angegriffenen Kündigungen gegenüber einer Arbeitnehmerin i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG ausgesprochen worden sein.

Zur Begründung des Rechtswegs reicht die bloße Rechtsbehauptung der Klägerin, Arbeitnehmerin zu sein vorliegend nicht aus. Für die Zulässigkeit des Rechtsweges ist der jeweilige Streitgegenstand maßgeblich (so bereits BAG, Urteil vom 25.08.1972, AP Nr. 2 zu § 611 BGB gemischter Vertrag).

Der Streitgegenstand bestimmt ausschließlich die klagende Partei. Das Klagebegehren ergibt sich aus dem Klageantrag in Verbindung mit der Klagebegründung, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Klageantrag geht vorliegend dahin festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die fristlosen Kündigungen der Beklagten vom 22.09. und 28.09.2006 nicht aufgelöst wurde, sondern weiterhin fortbesteht. Damit ist Streitgegenstand dieses Feststellungsantrages die Frage, ob das Arbeitsverhältnis aus Anlass zweier ganz bestimmter Kündigungen zu dem von diesen Kündigungen gewollten Termin aufgelöst worden ist oder nicht. Zu einem darüber hinausgehenden allgemeinen Feststellungsantrag fehlt es an jeglichem Sachvortrag. Nach der Klagebegründung macht die Klägerin geltend, sie seit tatsächlich weisungsgebundene Arbeitnehmerin der Beklagten gewesen. Diese habe ihr fristlos gekündigt, ohne dass ein wichtiger Grund i. S. d. § 626 BGB vorgelegen habe.

Ob die Klägerin allerdings tatsächlich Arbeitnehmerin war, wie sie behauptet, ist ebenso streitig, wie die Berechtigung der fristlosen Kündigungen. Die Klägerin hält diese nach § 626 BGB für unwirksam. Damit kommt aufgrund des Klagebegehrens nicht nur eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte, sondern auch eine solche der ordentlichen Gerichte in Betracht. Denn auch ein freier Dienstvertrag kann nicht ohne wichtigen Grund (§ 626 BGB) aufgekündigt werden. Ob für die fristlosen Kündigungen ein wichtiger Grund i. S. d. § 626 BGB vorlag und deshalb das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin mit sofortiger Wirkung beendet werden durfte, darüber haben im Rahmen des Arbeitsverhältnisses die Arbeitsgerichte, im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses die ordentlichen Gerichte zu entscheiden (BAG, Beschluss vom 28.10.1993, AP Nr. 19 zu § 2 ArbGG 1979 m.w.N.).

Danach genügt vorliegend zur Bejahung des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten nicht die Rechtsansicht der Klägerin, sie sei Arbeitnehmerin. Eine Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes bestünde nur dann, wenn die Klägerin tatsächlich Arbeitnehmerin der Beklagten wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall.

2. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG v. 16.02.2000 AP-Nr. 70 zu § 2 ArbGG 1979 m.w.N.; v. 15.12.1999 – 5 AZR 3/99, AP-Nr. 5 zu § 92 HGB; v. 15.12.1999 – 5 AZR 770/98, AP-Nr. 12 zu § 92 HGB) ist Arbeitnehmer, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.

Kein Arbeitnehmer ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. § 84 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 HGB enthält in soweit eine über seinen unmittelbaren Anwendungsbereich hinausgehende gesetzliche Wertung. Für die Abgrenzung von Bedeutung sind in erster Linie die tatsächlichen Umstände, unter den die Dienstleistung zu erbringen ist (vgl. BAG v. 22.04.1998, AP-Nr. 26 zu § 611 BGB Rundfunk m.w.N.). Die Eingliederung zeigt sich insbesondere daran, dass der Beschäftigte einem Weisungsrecht seines Vertragspartners hinsichtlich Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit unterliegt. Die Pflicht, Weisungen nachzukommen, ist aber nicht ausschließlich im Arbeitsverhältnis anzutreffen.

Der aufgrund eines Dienst- oder Werkvertrags selbständig Tätige hat möglicherweise ebenso Weisungen zu befolgen wie der Beauftragte. Andererseits gibt es Arbeitsverhältnisse, in denen das Weisungsrecht des Arbeitgebers auf ein Minimum reduziert ist (vgl. Germelmann, ArbGG, 5. Aufl., § 5, Rd.-Ziff.5).

Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse geltende Merkmale lassen sich nicht aufstellen. Der Status eines Beschäftigten richtet sich danach, wie die Vertragsbeziehungen nach ihrem Geschäftsinhalt objektiveinzuordnen ist.

Wird ein geschlossener Vertrag abweichend von den ausdrücklichen Vereinbarungen vollzogen, so ist in aller Regel die tatsächliche Ausführung maßgebend (BAG v. 20.07.1994, AP.-Nr. 73 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Auch ein als Werkvertrag oder Dienstvertrag über freie Mitarbeit bezeichneter Vertrag kann ein Arbeitsvertrag sein, wenn die Vertragsgestaltung und die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses eine persönliche Abhängigkeit des Dienstleistenden erkennen lassen. Die Parteien können aber darüber bestimmen, wie sie ihr Vertragsverhältnis ausgestalten wollen und dadurch die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts ausschließen (Germelmann, i.a.O. Rd.-Ziff. 5 d).

3. Nach diesen Grundsätzen ist die Klägerin nicht Arbeitnehmer der Beklagten. Sie ist vielmehr selbständige Handelsvertreterin i. S. d. § 84 Abs. 1 HGB.

a) Zwar ist zutreffend, dass es nicht darauf ankommt, dass die Klägerin in § 1 des Vertrages vom 08.02.1999 ausdrücklich als Handelsvertreterin i. S. d. § 84 Abs. 1 HGB bezeichnet wird. Für die materielle Rechtslage kommt es auf die Bezeichnung, die die Parteien ihrem Vertragsverhältnis gegeben haben, nicht entscheidend an.

Die Vertragsfreiheit besteht darin, beliebige gegenseitige Rechte und Pflichten begründen zu können, sie bedeuten aber nicht, in dieser Weise autonom begründete Rechtsbeziehungen beliebig einem bestimmten gesetzlich vorgegebenen Vertragstypus zuordnen zu können. Die Frage, wie die von den Vertragsparteien getroffenen Abreden rechtlich zu qualifizieren sind, entzieht sich deren Belieben. Die Zuordnung hat nach objektiv rechtlichen Kriterien zu erfolgen (BAG, st. Rechtspr., Urteil vom 15.09.1999 – 5 AZR 3/99 AP Nr. 5 zu § 92 HGB; vom 28.05.1986 – 7 AZR 25/85 – BAGE 52, 133). Maßgeblich dafür ist der wirkliche Geschäftsinhalt. Dieser ergibt sich aus den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und deren tatsächlicher Umsetzung.

b) Nach dem Vertrag vom 08.02.1999 ist die Klägerin mit der Vermittlung von Werbung und zusätzlichen Eintragungen für Telekommunikationsverzeichnisse, Werbeträger und andere Medien betraut (§ 1 (1)). Dabei wird sie als selbständige Gewerbetreibende i. S. d. § 84 Abs. 1 HGB tätig (§ 1 (2)). Nach § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ist selbständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.

Im Bereich der Vermittlung von Geschäften und Versicherungen für Dritte stellt das Gesetz für die Abgrenzung zum unselbständigen Angestellten allein auf diese beiden Merkmale ab. Eines Rückgriffs auf weitere Grundsätze zur Abgrenzung des Arbeitsverhältnisses vom Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters bedarf es deshalb nicht. Auch im Rahmen des § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB sind dabei zwar alle Umstände des Falles in Betracht zu ziehen und schließlich in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Die heranzuziehenden Anknüpfungspunkte müssen sich jedoch diesen gesetzlichen Unterscheidungsmerkmalen zuordnen lassen (BAG, Urteil vom 15.12.1999 – 5 AZR 3/99, AP Nr. 5 zu § 92 HGB).

c) Unter weiteren Aspekten des § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ist die Klägerin in einem für den selbständigen Status erforderlichen Maße frei von Weisungen, sowohl was die Vertretungsgestaltung als auch die tatsächliche Handhabung anbelangt.

aa) Dies gilt zunächst für die Arbeitszeit. Bezüglich Anfang und Ende der Arbeitszeit enthält der Vertrag vom 08.02.1999 keine Vorgaben. Die Klägerin hat keine festen Dienststunden. Dies unterscheidet sie jedoch nicht oder nur unwesentlich von angestellten Außendienstmitarbeitern. Daher ist dieser Umstand zur Abgrenzung von Selbständigen und Arbeitnehmern im Außendienst wenig aussagekräftig. Gleichwohl ist festzustellen, dass die Klägerin insoweit keinem Weisungsrecht der Beklagten unterliegt.

Auch was den Umfang der Arbeitszeit anbelangt, so ist die Klägerin frei. Zwar ist sie nach § 2 (5) des Vertrages zu einer kontinuierlichen Arbeitsweise verpflichtet und insbesondere gehalten, den Umsatz und die Kundenzahl zu mehren. Daraus folgt aber kein konkret festliegender zeitlicher Mindestumfang, in welchem die Klägerin für die Beklagte tätig werden müsste. Die Beklagte bringt hiermit nur ihr Interesse an einer für sie lohnenden Vertragsdurchführung zum Ausdruck. Das der Klägerin damit angesonnene Verhalten liegt im Rahmen dessen, was § 86 Abs. 1 HGB auch von einem Handelsvertreter verlangt. Dieser „hat sich um die Vermittlung … von Geschäften zu bemühen“ und dabei „das Interesse des Unternehmers wahrzunehmen“. Ein konkretes Mindestsoll und eine Beschränkung der Freiheit zur eigenen Entscheidung über das zeitliche Arbeitsvolumen ist mit einer solcher Aufgabenbeschreibung jedoch nicht verbunden. Nach den schriftlichen Vereinbarungen der Parteien hatte die Klägerin daher die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit selbst zu bestimmen. Soweit die Klägerin behauptet, sie habe aufgrund des Umfangs des ihr zugewiesenen Materials keine Freiheit mehr in der Einteilung ihrer Arbeitszeit gehabt, so fehlt hierzu jeglicher konkreter Sachvortrag. Im übrigen hat aber auch die Klägerin selbst in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer eingeräumt, dass sie teilweise Adressmaterial von der Beklagten nachgefordert und auch erhalten hat. Was nach ihrem eigenen Vortrag allerdings erst möglich, wenn hinsichtlich der zuvor zugewiesenen Adressen ein bestimmter Bearbeitungsstand erfüllt war.

Dies zeigt allerdings, dass eine solche Bearbeitung nicht nur möglich war, sondern der Klägerin tatsächlich noch Zeit verblieb, in der sie andere Aufgaben übernehmen konnte. Sie hätte durchaus auch für andere Unternehmen tätig werden können, soweit diese nicht Telefonbücher und Telekommunikationsverzeichnisse oder ähnliche Produkte vertreiben.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem klägerischen Vorbringen zur tatsächlichen Vetragsgestaltung.

bb) Das gleiche gilt bezüglich der Gestaltung ihrer Tätigkeit. Die Klägerin kann im Wesentlichen frei darüber entscheiden, wo und wie sie ihre Arbeit verrichten will.

Der Klägerin ist kein vertraglich bestimmter Arbeitsort vorgegeben. Vorgegeben ist der Klägerin allerdings ein bestimmter Arbeitsbezirk, bestimmte „Touren“, wofür ihr Adressmaterial von der Beklagten zur Verfügung gestellt wird. Die Zuweisung eines bestimmten Bezirkes oder eines bestimmten Kundenkreises ist mit dem Status als selbständiger Handelsvertreter jedoch vereinbar.

Dies ergibt sich aus § 87 Abs. 2 HGB, wo eine solche Abrede vorausgesetzt wird. Im übrigen wird die Freiheit zur „Gestaltung der Tätigkeit“ i. S. d. § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB durch die Festlegung eines geographischen Bereiches innerhalb dessen die betreffende Tätigkeit entfaltet werden soll nicht berührt (so bereits BAG, Urteil vom 17.05.1978 – 5 AZR 580/77, AP Nr. 28 zu § 611 BGB Abhängigkeit).

Soweit die Klägerin rügt, sie sei angewiesen worden, sämtliche Aufträge wöchentlich einzureichen, so entspricht dies der gesetzlichen Verpflichtung auch des selbständigen Handelsvertreters aus § 86 Abs. 2 HGB. Danach hat der Handelsvertreter dem Unternehmer namentlich von jeder Geschäftsvermittlung und von jedem Geschäftsabschluss unverzüglich Mitteilung zu machen. Nichts anderes verlangt die Beklagte in ihrem Schreiben vom 21.01.2004. Soweit die Beklagte der Klägerin und ihren anderen Handelsvertretern „Arbeitsanweisungen“, wie die Klägerin diese bezeichnet erteilt hat, betreffen diese nur eine nähere Ausgestaltung der gesetzlichen Pflichten nach § 86 Abs. 1 und 2 HGB. Die Stellung der Klägerin als Selbständige wird hierdurch nicht berührt. Das Handelsgesetzbuch sieht durchaus auch vor, dass auch einem freien Handelsvertreter bestimmte Vorgaben gemacht werden dürfen. Die Gestaltung der Tätigkeit muss nicht gänzlich frei hiervon sein, sondern lediglich „im Wesentlichen“ frei.

Auch die weiteren Einwendungen der Klägerin hinsichtlich der Gestaltung ihrer Tätigkeit helfen hier nicht weiter. Insbesondere ist nicht ersichtlich, warum die Klägerin gezwungen gewesen sein soll, regelmäßig jeden Freitag zur Abrechnungszentrale nach Waltersdorf/Brandenburg zu fahren, um die von ihr geforderten Nachweise des Bearbeitungsstandes einzureichen.

Aus den von der Klägerin vorgelegten Arbeitsrichtlinien vom 22.03.2002 (Bl. 103 ff.), Ziff. 1.1 ergibt sich lediglich die Pflicht zur wöchentlichen Auftragsabrechnung in Waltersdorf. Dies kann jedoch ausdrücklich „persönlich, per Post oder durch Mitgabe über einen anderen HV“ erfolgen.

Die Klägerin war demnach ohne Weiteres berechtigt, ihre Aufträge auch per Post einzureichen, eine persönliche Abgabepflicht bestand gerade nicht Die Klägerin war darüber hinaus auch nicht verpflichtet, das bei der Beklagten eingerichtete Callcenter einzuschalten zur Akquisitionsunterstützung bzw. Terminvereinbarung. Ihr war lediglich diese Möglichkeit eröffnet (gegen entsprechende Kostenbeteiligung).
Eine entsprechende Verpflichtung bestand hierzu jedoch nicht. Die Klägerin hat auch keinen hinreichend konkreten Sachvortrag dazu unterbreitet, dass ihr eine ordnungsgemäße Tätigkeit nur unter Einschaltung dieses Callcenters möglich gewesen wäre.

cc) Aus Sicht der Klägerin stellt sich die Problematik wie folgt dar: Infolge der Umstrukturierungen bei der Beklagten im Jahr 2003 und der Entscheidung von einem Handelsvertreter jeweils nur noch ein Produkt bearbeiten zu lassen, hat sich das Einsatzgebiet der Klägerin räumlich vergrößert mit der Folge, dass sie größere Fahrstrecken zurückzulegen hatte bzw. in ihrem Bearbeitungsgebiet während der Woche eine Unterkunft anmieten musste. Ähnliche Probleme stellen sich auch bei Änderung von Vertriebsgebieten für angestellte Außendienstler und geben zur Beurteilung der Statusfrage wenig her. Für die Klägerin hatte nach ihrem Vortrag die Umstrukturierung zur Folge, dass sie aufgrund gestiegener Entfernungen mehr Zeit zur vollständigen Bearbeitung des ihr übertragenen Gebietes benötigte und hierfür auch höhere Kosten, insbesondere Fahrtkosten aufwenden musste, so dass sich der ihr verbleibende Gewinn aus ihrer Tätigkeit verringerte. Dies ist jedoch ein betriebswirtschaftliches Problem und keine Frage der Qualifizierung ihres Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis oder freies Dienstverhältnis.

dd) Auch die von der Klägerin geschilderten Einschränkungen bei der Vermittlungen von Aufträgen für Fremdverlage (Schreiben an Frau P. vom 26.08.2003 (Bl. 101 d.A.)) spricht ebenfalls nicht gegen die Befugnis der Klägerin, ihre Tätigkeit im Wesentlichen frei zu gestalten. Die Vorgabe konkretisiert und beschränkt lediglich das in § 4 des Handelsvertretervertrages vom 08.02.1999 niedergelegte Wettbewerbsverbot. Danach ist es der Klägerin untersagt, für einen Wettbewerber der Beklagten tätig zu werden. Ein derartiges Wettbewerbsverbot gilt aber gerade auch für den selbständigen Handelsvertreter. Dies folgt aus der Interessenwahrungspflicht nach § 86 Abs. 1 HGB (BAG, Urteil vom 15.12.1999 – 5 AZR 3/99, AP Nr. 5 zu § 92 HGB). Soweit unter näher bestimmten Voraussetzungen dennoch gestattet ist, dass die Klägerin Aufträge für andere Verlage schreiben darf, handelt es sich um eine Erweiterung ihrer Handelsvertreterbefugnisse.

Mit dem Status als Selbständige ist diese Klausel ohne Zweifel vereinbar.

ee) Dass die Beklagte der Klägerin diverses Adressmaterial zur Bearbeitung zur Verfügung gestellt hat, führt ebenfalls nicht zur Annahme einer abhängigen Beschäftigung.

Dass der Unternehmer dem Handelsvertreter Informationen und Hilfestellungen zur Verfügung stellt, entspricht schon dem selbstverständlichen Eigeninteresse des Unternehmers und ist bei Handelsvertretern üblich. Der Unternehmer ist sogar verpflichtet, Handelsvertreter bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Hierzu kann auch die Weitergabe von Kundendaten gehören (BAG, Beschluss vom 30.08.1994 – 1 ABR 3/94, AP Nr. 6 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung). Ob und wie viele „Touren“ die Klägerin mit dem damit verbundenen Adressmaterial übertragen haben wollte, stand zunächst im Belieben der Klägerin. Dass die Beklagte, wenn das Adressmaterial übergeben wurde, auch auf eine ordnungsgemäße Bearbeitung Wert gelegt hat, liegt in den Natur der Sache. Soweit die Klägerin darlegt, sie habe für ein weiteres Werbegebiet nur dann eine Zuteilung erhalten, wenn ein bestimmter Prozentsatz erreicht wurde, so greift auch dies zunächst nicht in die Freiheit der Klägerin hinsichtlich der Art der Gestaltung ihrer Tätigkeit ein. Wann sie wie und in welcher Reihenfolge welche Adressen bearbeitet hat, um entsprechende Umsätze zu erzielen, war ihrer eigenen Planung vorbehalten.

ff) Schließlich führt auch der Umstand, dass das überlassene Adressmaterial innerhalb bestimmter Fristen bearbeitet werden musste, nicht dazu, dass das Vertragsverhältnis der Parteien als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren wäre. Auch der freie Handelsvertreter ist nicht gänzlich frei von Weisungen. Insbesondere berühren solche Zeitvorgaben die Statusfrage nicht, die sich aus der Natur des vermittelnden Geschäftes selbst ergeben. Derartige zeitliche Einschränkungen ergeben sich vorwiegend aus den jeweiligen Erscheinungsterminen der Telefonbücher. Hieraus leitet sich der jeweilige Akquisitionszeitraum für die im Verbreitungsgebiet des jeweiligen Buches tätigen Handelsvertreter ab.

gg) Aus dem klägerischen Vorbringen ergibt sich auch nicht, dass diese gewünschte Urlaubszeiten sich von der Beklagten hätte genehmigen lassen müssen. Das diesbezüglich von ihr vorgelegte Formblatt (Bl. 117 d.A.) trägt die Überschrift „Benachrichtigung über Ausfallzeiten“ und bezüglich des Urlaubes muss die vorgesehene Zeitdauer angegeben werden. Es handelt sich hierbei gerade nicht um einen Urlaubsantrag. Auch im Rahmen eines freien Handelsvertretervertrages hat der Unternehmer ein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, ob ein Handelsvertreter für einen gewissen Zeitraum für ihn nicht tätig werden kann (aufgrund von Krankheit) oder nicht tätig werden möchte (aufgrund von Urlaub). Er hat durchaus auch ein berechtigtes Interesse daran, über akute Projekte (die während der Ausfallzeit nicht weiterbearbeitet werden können) informiert zu werden.

Ein Mehr an Erfordernissen seitens der Beklagten ergibt sich aus der von der Klägerin vorgelegten Unterlage jedoch nicht. Insbesondere fehlt es an einem Sachvortrag, wer wann und auf welche Weise einen gewünschten Urlaub der Klägerin hätte genehmigen müssen, ob dies in der Vergangenheit der Fall gewesen ist oder ob der Klägerin irgendwelche Sanktionen in einem abweichenden Falle angedroht wurden oder ihr gegenüber verhängt wurden. Der pauschale Hinweis auf die Situation eines anderen Handelsvertreters genügt hierbei nicht.

hh) Unstreitig hat die Beklagte zwar eine Teilnahme an verschiedenen Teambesprechungen zumindest erwartet. Allerdings stellt der von Beklagtenseite eingeräumte Umfang von drei Terminen je Halbjahr bzw. Akquisitionsperiode keinen derartigen Umfang dar, dass von einer Eingliederung der Klägerin in den Betrieb der Beklagten ausgegangen werden könnte. Im übrigen wurden nach unbestrittenem Beklagtenvorbringen im Rahmen dieser Termine auch Neuerungen zu den neu in Akquisition gehenden Produkten und Preisen vermittelt sowie etwaige organisatorische Probleme oder Abrechnungsprobleme besprochen. Derartiges ist jedoch auch für selbständige Handelsvertreter durchaus üblich. Für eine darüber hinausgehende monatliche Anwesenheitspflicht vermochte die Klägerin ebenso wenig einen Nachweis zu erbringen wie für den bereits oben unter bb) behandelten Punkt der persönlichen Abgabe der von ihr vermittelten Aufträge.

Einem Arbeitsverhältnis widerspricht indes eindeutig die vertraglich vereinbarte Befugnis der Klägerin gemäß § 3 (2) des Vertrages vom 08.02.1999, sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben und Pflichten aus dem Vertrag einer Hilfskraft zu bedienen. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich nicht zur Überzeugung der Kammer, dass es sich hierbei nur um eine abstrakte und unrealistische Möglichkeit gehandelt haben soll. Auch hier hilft der pauschale Hinweis auf den Fall eines anderen Handelsvertreters der Beklagten nicht. Auch hilft der Umstand nicht weiter, dass die Klägerin den Einsatz einer solchen Hilfskraft selbst nicht in Erwägung gezogen hat. Nach ihrer Auflistung (Bl. 49 d.A.) hat die Klägerin im Jahr 2005 Einnahmen i. H. v. 50.775,90 € zuzüglich 6.993,23 € Umsatzsteuer zuzüglich einer Superprovision von 7.456,94 € erzielt. Diese Einnahmen hätten ihr durchaus den Einsatz einer Hilfskraft ermöglicht, beispielsweise zur Unterstützung bei Telefonaquisen. Dass sich die Klägerin diesbezüglich an das von der Beklagten eingerichtete Callcenter wenden musste, ist nicht vorgetragen.

Insgesamt war daher festzustellen, dass es sich bei dem Vertragsverhältnis der Parteien nicht um ein Arbeitsverhältnis handelt. Die Klägerin ist vielmehr selbständige Handelsvertreterin.

Über die Berechtigung der streitgegenständlichen außerordentlichen Kündigungen haben demnach die ordentlichen Gerichte zu befinden.

Das Verfahren war aufgrund dessen gemäß §§ 48 Abs. 1 Nr. 2 ArbGG i. V. m. § 17 a Abs. 2, Abs. 4 GVG durch die Kammer an das zuständige Landgericht Karlsruhe zu verweisen.

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