Kein Ausgleichsanspruch bei Einmalprovisionen
7 U 2179/16 Beschluss verkündet am 29. August 2016 OLG München AusgleichsanspruchOberlandesgericht München
Im Namen des Volkes
Beschluss
In dem Rechtsstreit
[…]
wegen Forderung
erlässt das Oberlandesgericht München – 7. Zivilsenat – durch […] am 29.08.2016 folgenden
Tenor
Beschluss
Der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt vorliegend Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung gegen das landgerichtliche Urteil vom 12.04.2016, in dem seine Klage auf Handelsvertreterausgleich abgewiesen wurde.
Das Landgericht hat einen Handelsvertreterausgleichsanspruch insbesondere aus Billigkeitsgründen abgelehnt, weil der Kläger aufgrund des vorliegenden Handelsvertretervertrags und insbesondere der Provisionsregelungen in diesem keine Provisionsverluste nach Beendigung seiner Handelsvertretertätigkeit erleide. Der Kläger habe weitere Umstände, die es als billig erscheinen ließen, dass ihm trotz des Fehlens von Provisionsverlusten ein Ausgleichsanspruch zuzusprechen sei, nicht vorgetragen. Solche seien auch nicht erkennbar. Auf die Entscheidungsgründe im landgerichtlichen Urteil ist zu verweisen.
Der Kläger legt eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 18.05.2016 vor und verweist hinsichtlich der hinreichenden Erfolgsaussicht seines nach Gewährung von Prozesskostenhilfe beabsichtigten Berufungsverfahrens auf die beigefügte Berufungsbegründung.
II.
Der Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe ist zulässig, jedoch in der Sache nicht erfolgreich, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, §§ 114 Abs. 1, 119 ZPO.
Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht dem Kläger einen Anspruch auf Handelsvertreterausgleich vorliegend nicht zuerkannt. Die hiergegen von Seiten des Klägers vorzubringen beabsichtigten Einwände sind jedoch nicht geeignet eine hinreichende Aussicht auf Erfolg des Rechtsmittels zu gewähren.
Voranzustellen ist zunächst, dass die Klägerseite in der vorgelegten Berufungsbegründung in weiten Teilen ihre Schriftsätze in erster Instanz (in Auszügen) wörtlich wiederholt (Klageschrift vom 24.09.2014, SS vom 29.03.2016). Eine Auseinandersetzung mit dem angegriffenen Urteil des Landgerichts erfolgt lediglich in wenigen Sätzen.
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gehört zu den Mindestanforderungen an eine Berufungsbegründung, dass sie auf den zur Entscheidung stehenden Streitfall zugeschnitten ist und erkennen lässt, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen das angefochtene Urteil unrichtig sein soll (vgl. BGH NJW-RR 2002, 209). Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Berufungsbegründungsschrift gerade noch ausreichend, dass die Klägerseite die rechtliche Würdigung der Voraussetzungen für die Gewährung des Handelsvertreterausgleichs, insbesondere die Billigkeitserwägungen, durch das Erstgericht mit ihrer Berufung angreift. Damit beurteilt der Senat die beabsichtigte Berufung als zulässig.
Sie hat jedoch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Der Senat teilt zwar die Auffassung des Erstgerichts, wonach aus Billigkeitsgründen aufgrund der vertraglichen Regelungen ein Handelsvertreterausgleichanspruch von vornherein nicht in Betracht komme, weil der Kläger keine Provisionsverluste erleide, nicht in dieser umfassenden Weise.
So könnten nach Auffassung des Senats unter Billigkeitsgesichtspunkten für den Kläger – auch im Hinblick auf die vereinbarte Einmalprovision und den Ausschluss von Provisionen für Vertragsverlängerungen, Nachbestellungen und Folgeaufträge – Provisionsverluste für von diesem gewonnene Stammkunden berücksichtigt werden, wenn diese nach Vertragsbeendigung neue Verträge mit der Beklagten abschließen und diese dadurch erhebliche Vorteile erlangt.
Im vorliegenden Fall scheitert der geltend gemachte Ausgleichsanspruch jedoch bereits daran, dass der Kläger dessen Voraussetzungen weder dem Grunde noch der Höhe nach hinreichend substantiiert dargetan hat.
Wesentliche Voraussetzung für einen Handelsvertreterausgleichsanspruch nach § 89 b HGB ist, dass der Handelsvertreter einen Kunden neu geworben und zudem Folgegeschäfte mit diesem Kunden vermittelt hat, es sich daher um einen Mehrfach- bzw. Stammkunden handelt (vgl. Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 36. Auflage, § 89 b Rdnrn. 12, 14, 15). Hinzu kommen muss, dass der Unternehmer aus diesen Geschäftsverbindungen nach Beendigung des Vertreterverhältnisses noch erhebliche Vorteile hat. Im vorliegenden Fall ergibt sich zudem, dass die Dauerverträge für sich genommen, wie sie vorliegend vom Kläger für die Beklagte vermittelt wurden, keine ausgleichspflichtigen Unternehmervorteile darstellen (vgl. OLG Köln vom 19.06.2015, Az: 19 U 109/15). Denn auch bei Fortbestehen des Handelsvertreterverhältnisses wären hierfür keine Provisionen angefallen. Damit können für den vorliegenden Handelsvertreterausgleichsanspruch nur solche Unternehmervorteile von Relevanz sein, die darauf beruhen, dass der Unternehmer weitere Verträge mit vom Kläger gewonnen Stammkunden abschließt und ihm hierdurch erhebliche Vorteile erwachsen.
Der Kläger hat, auch nach entsprechendem Beklagtenvortrag in erster Instanz, weder konkret dargelegt und aufgelistet, welche Kunden von ihm als Neukunden der Beklagten geworben wurden, noch mit welchen von diesen Kunden weitere neue Verträge abgeschlossen wurden. Die Vorlage der Anlage K 14 als „exemplarische Auflistung von Neukunden aus denen sich auch umfangreiche Folgekunden für die Beklagten generieren ließen bzw. durch den Kläger generiert wurden“, ist hierfür nicht ausreichend. Gleiches gilt für das Anlagekonvolut K 15, d. h. die Auftragsbestätigungen aus den Vertragsabschlüssen. Schließlich ist auch der Verweis auf das Anlagenkonvolut K 9 (Gesprächsleitfaden) nicht geeignet, hinreichend darzutun, welche Unternehmensvorteile die Beklagte mit Neukunden des Klägers, die als Stammkunden anzusehen sind, künftig erlangt und inwiefern der Kläger entsprechend Provisionsverluste erleidet. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass und in welchem Umfang dem Unternehmer aus Stammkunden des Klägers aufgrund zu erwartender neuer Vertragsschlüsse wesentliche Vorteile entstehen, ergeben sich aus dem Klägervortrag damit nicht. Keinesfalls trägt die vom Kläger vorgenommene Berechnung seines Ausgleichsanspruchs.
Da bereits aus den dargestellten Erwägungen die Berufung des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg aufweist, war auf die Frage, ob der Anspruch verjährt ist, wie die Beklagte vortragen lässt, nicht mehr einzugehen.