Kündigung bei übermäßigen Privattelefonaten, nicht angegebene Arbeitsunterbrechungen

8 (17) Sa 1773/04 Urteil verkündet am 30. Mai 2005 LAG Hamm Durchführung des Arbeitsverhältnisses, Kündigung

Landesarbeitsgericht Hamm
Im Namen des Volkes
Urteil

Tenor

Die Berufungen beider Parteien gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 17.08.2004 – 1 Ca 1207/04 – werden zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung, auch soweit die Hauptsache für erledigt und die Berufung zurückgenommen worden ist, werden gegeneinander aufgehoben mit Ausnahme der durch die Beweisaufnahme entstandenen Kosten. Diese werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand

Mit ihrer Klage wendet sich die im Jahre 1947 geborene, verwitwete und gegenüber ihrer Tochter unterhaltsverpflichtete Klägerin, welche seit dem Jahre 1993 als technische Angestellte im Abwasserwerk der Beklagten gegen eine Bruttomonatsvergütung von zuletzt 3.708,98 Euro (BAT IVa) beschäftigt ist, gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch fristlose und vorsorglich fristgerechte Kündigung vom 18.05.2004 sowie durch weitere fristlose Kündigung vom 22.06.2004. Letztere hat die Beklagte nach vorsorglich eingeholter Zustimmung des Integrationsamtes ausgesprochen, nachdem sich die Klägerin unter Hinweis auf einen Verschlimmerungsantrag vom 12.05.2004 auf den Sonderkündigungsschutz nach dem Schwerbehindertenrecht berufen hat.

Sämtliche Kündigungen stützt die Beklagte im Wesentlichen auf den Vorwurf bzw. dringenden Verdacht, die Klägerin habe während der Arbeitszeit in außerordentlich großem Umfang Privattelefonate von ihrem Arbeitsplatz geführt, was im Zeitraum August 2002 bis einschließlich März 2004 neben der Kostenbelastung von 415,57 Euro zu einer Arbeitsversäumnis von mehr als 196 Stunden geführt habe; jedenfalls in diesem Umfang habe die Klägerin offensichtlich nicht von einer Duldung der Beklagten ausgehen können, weshalb es einer Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung nicht bedurft habe. Zum anderen habe die Klägerin wiederholt während ihrer Außendiensttätigkeit Privatangelegenheiten erledigt und sich insbesondere am 23.02.2004 von 10.00 bis 10.50 Uhr, am 16.03.2004 von 11.00 bis 11.20 Uhr, am 19.04.2004 von 10.40 bis 11.10 Uhr und am 22.04.2004 von 8.15 bis 8.30 Uhr in P. aufgehalten, ohne dies in der Zeiterfassung entsprechend zu kennzeichnen. Daneben habe sich die Klägerin – wie durch Einschaltung einer Detektei festgestellt worden sei – am 07.04.2004 in der Zeit von 10.10 bis 10.43 Uhr aus privatem Anlass im Standesamt/Rechtsamt und von 10.43 bis 10.52 Uhr in der S. aufgehalten, wiederum ohne eine entsprechende Zeitkorrektur vorzunehmen. Schließlich habe die Klägerin unter missbräuchlichem Hinweis auf ihre dienstliche Stellung ihre Nachbarn im Zuge einer Auseinandersetzung mit den Worten einzuschüchtern versucht, sie sei bei der Stadt tätig, habe viel Zeit und werde sie – die Nachbarn – „fertigmachen“. In den dargestellten Verhaltensweisen sieht die Beklagte schwere arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen, welche sowohl unter dem Gesichtspunkt der Tat – als auch der Verdachtskündigung die Fortführung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machten. (Wird weiter ausgeführt):

Das ArbG hat festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 18.05.2004 nicht vor dem 31.12.2004 enden werde; wegen des weiteren Kündigungsfeststellungsbegehrens ist die Klage abgewiesen, worden. Die Berufungen beider Parteien blieben ohne Erfolg.

Entscheidungsgründe

A. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche, arbeitgeberseitige Kündigung vom 18.05.2004 mit Ablauf des 31.12.2004 beendet worden … .

III. In der Sache erweist sich die ausgesprochene Kündigung als sozial gerechtfertigt. Die Beklagte kann die Kündigung erfolgreich auf verhaltensbedingte Gründe i. S. des § 1 Abs. 2 KSchG stützen.

1. Die Kammer teilt allerdings nicht den Standpunkt des arbeitsgerichtlichen Urteils, dass die vorgetragene Privatnutzung der dienstlichen Telefonanlage im Hinblick auf deren außerordentlichen Umfang ohne vorangehende Abmahnung zur sozialen Rechtfertigung der ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses genügt.

a) Was zunächst die Frage der Kostenbelastung des Arbeitgebers durch die geführten Privattelefonate betrifft, hält die Kammer für entscheidend, dass der durch die Telefonbenutzung entstehende finanzielle Aufwand für den Arbeitnehmer nicht ohne weiteres erkennbar ist. Anders als bei einem Eigentumsdelikt, welches durch eine bewusste „Grenzüberschreitung“ gekennzeichnet ist, führt hier der Umstand, dass ein Telefonieren in „angemessenem Umfang“ gestattet oder geduldet war, dazu, dass erst durch eine Vielzahl von Einzelschritten die Grenze des Erlaubten überschritten wird, ohne dass dies dem Arbeitnehmer zwangsläufig erkennbar ist. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt deutlich von solchen Gestaltungen, bei welchen Privattelefonate gänzlich untersagt bzw. nur unter entsprechender Kennzeichnung erlaubt sind (LAG Niedersachsen [06.03.2001], LAGE BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 14) oder der Arbeitnehmer das Diensttelefon für umfangreiche Auslandsgespräche (BAG [04.03.2004], NZA 04, 717 = AP § 103 BetrVG 1972 Nr. 50) bzw. für gebührenträchtige Anrufe von 0190-Nummern nutzt, bei welchen die entstehenden Kosten jeweils von der Telefongesellschaft angesagt werden.

b) Richtig ist allerdings, dass durch das private Telefonieren nicht allein eine entsprechende Kostenbelastung des Arbeitgebers bewirkt wird, vielmehr dem Arbeitgeber – auch entsprechende Arbeitszeit vorenthalten wird, welche ihrem wirtschaftlichen Wert nach die verursachten Telefongebühren bei weitem übertrifft. Insofern lässt sich jedoch kein Unterschied zu anderen Fällen vertragswidriger Arbeitszeitversäumung erkennen, wie sie etwa in Form von so genannten Raucherpausen, Pausenüberziehungen, Plaudereien am Arbeitsplatz, Internetsurfen o. Ä. anzutreffen ist und wie dies auch für die Entgegennahme längerer Telefonate zutrifft. Auch wenn es sich eigentlich von selbst versteht, dass der Arbeitgeber, der Vergütung für acht Stunden Arbeit leistet, eine regelmäßige Arbeitsversäumung von durchschnittlich 20 oder 30 Minuten am Tag nicht billigt, führt doch schon die Tatsache, dass ein derartiges Verhalten nicht selten unbeanstandet bleibt, solange das aufgetragene Arbeitspensum zufriedenstellend erledigt wird, aus der Sicht des Arbeitnehmers zu einer entsprechenden Abschwächung des Unrechtsbewusstseins. Einem Arbeitnehmer, der zügig und einsatzfreudig seine Arbeit erledigt, wird der Arbeitgeber sogar nicht selten bewusst gewisse Freiheiten in der Arbeitszeitgestaltung einräumen und auch großzügige Pausenüberziehungen oder Privatgespräche am Arbeitsplatz kritiklos hinnehmen. Entsprechendes wird auch für mehr oder weniger umfangreiche Privattelefonate gelten, deren Gebühren im Verhältnis zu den anfallenden Personalkosten nicht ins Gewicht fallen, sofern nur die Arbeit zügig und sachgerecht erledigt wird. Ergeben sich sodann bei der Überprüfung der Arbeitsergebnisse Beanstandungen, welche möglicherweise mit übermäßig langen Pausen oder unverhältnismäßig langen Privattelefonaten in Zusammenhang stehen, so hat der Arbeitgeber vor Ausspruch einer Kündigung den Arbeitnehmer zur vollständigen und ununterbrochenen Arbeitsleistung aufzufordern und im Sinne einer Abmahnung zu verdeutlichen, dass das bislang geduldete Verhalten als vertragswidrig angesehen wird (Hinweisfunktion der Abmahnung) und im Wiederholungsfalle die Kündigung droht (Warnfunktion der Abmahnung). Auch wenn man also mit dem ArbG davon ausgeht, dass der Klägerin auch ohne besonderen Hinweis die Vertragswidrigkeit der behaupteten übermäßigen Privattelefonate bekannt sein musste, macht dies nach dem Standpunkt der Berufungskammer eine entsprechend deutliche Warnung nicht entbehrlich (so auch LAG Köln [02.07.1998], LAGE KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 66; LAG Nürnberg [06.08.2002], NZA-RR 03, 191 = LAGE § 626 BGB Nr. 143; LAG Niedersachsen [13.01.1998], NZA-RR 98, 259 = LAGE KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 63; Berkowsky, Die personen- und verhaltensbedingte Kündigung, 4. Aufl., Rdnr. 264).

2. Die ausgesprochene Kündigung erweist sich aber im Hinblick auf den weiteren Vorwurf, die Klägerin habe während ihrer Außendiensttätigkeit ihre Wohnung aufgesucht und dort private Dinge erledigt, ohne diese Zeiten in der Arbeitszeiterfassung zu korrigieren, als berechtigt. Anders als beim Vorwurf übermäßig umfangreicher Privattelefonate geht es hierbei nicht um eine schlichte Arbeitsversäumnis, vielmehr liegt in einem solchen Verhalten unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Außendienstes und der diesbezüglichen Regeln der Zeiterfassung eine schwere arbeitsvertragliche Pflichtverletzung, welche auch ohne vorangehende Abmahnung geeignet ist, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses jedenfalls im Wege der ordentlichen Kündigung zu rechtfertigen.

a) Unstreitig erledigt die Klägerin einen Teil ihrer Tätigkeit im Außendienst und unterliegt insoweit nur einer eingeschränkten Kontrolle. Das Vertrauen des Arbeitgebers in die Korrektheit der Arbeitszeiterfassung gewinnt unter diesen Umständen besondere Bedeutung. Das gilt umso mehr, als nach den betrieblichen Regeln gerade für derartige Fälle die Möglichkeit vorgesehen ist, eine entsprechende Zeitkorrektur im Arbeitszeiterfassungssystem vorzunehmen. Unterlässt der Arbeitnehmer bewusst eine solche Korrekturmeldung, so steht dies einem Missbrauch der Kontrolleinrichtungen gleich. Einer vorangehenden Abmahnung bedarf es in derartigen Fällen nicht, weil dem Arbeitnehmer nicht nur die Vertragswidrigkeit seines Handelns bewusst ist, sondern er auch die Folgen seines Handelns – nämlich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses – ohne weiteres absehen kann. Mit der Hinnahme eines derartigen Vertrauensmissbrauchs kann nämlich nicht ernsthaft gerechnet werden.

b) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur vollen Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin im Jahre 2004 wiederholt während ihrer Außendiensttätigkeit ihre Wohnung aufgesucht hat, ohne eine entsprechende Korrektur in der Arbeitszeiterfassung vorzunehmen. Da es sich nicht um einen Einzelfall oder nur ganz geringfügige Unterbrechungen der Arbeitszeit handelt, muss hierin ein schwerer Pflichtenverstoß der Klägerin gesehen werden. (Wird ausgeführt).

3. Bei der gebotenen Interessenabwägung ist zwar zu Gunsten der Klägerin ihre langjährige Betriebszugehörigkeit und ihre familiäre Situation zu berücksichtigen. Andererseits berührt die festgestellte Pflichtverletzung der Klägerin unmittelbar den Vertrauensbereich, welcher speziell für eine Beschäftigung mit Außendienst-Tätigkeiten von besonderer Bedeutung ist. Bei Fortführung des Arbeitsverhältnisses wäre bis zum regulären Eintritt in den Ruhestand immerhin noch ein Zeitraum von deutlich mehr als zehn Jahren zu überbrücken.
Eine Wiederherstellung des Vertrauens – etwa auch im Zusammenhang mit einer möglichen Versetzung der Klägerin in den Innendienst – kann unter den vorliegenden Umständen nicht erwartet werden. Auch die im Innendienst anfallenden Tätigkeiten werden nicht unter strikter Aufsicht und Kontrolle erledigt, vielmehr geht mit der Eigenverantwortung des Angestellten das Erfordernis uneingeschränkten Vertrauens – auch im Hinblick auf die zeitliche Trennung zwischen der Erledigung privater und dienstlicher Angelegenheiten während der Arbeitszeit – einher. Nachdem dieses Vertrauen zerstört ist, besteht für die dauerhafte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses keine ausreichende Grundlage mehr.

4. Die Kündigungsfrist entspricht der tariflichen Regelung.

B. Ebenfalls unbegründet ist die Berufung der Beklagten, mit welcher diese die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die fristlosen Kündigungen vom 18.05.2004 und 22.06.2004 mit sofortiger Wirkung erstrebt.

I. In Übereinstimmung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil scheitert die, fristlose Kündigung der Beklagten vom 18.05.2004 schon an der Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB. Aus den nachstehenden Gründen zu B. II. fehlt es im Übrigen auch an einem wichtigen Grund i. S. des § 626 Abs. 1 BGB.

1. Zutreffend hat das ArbG erkannt, dass bei Ausspruch der Kündigung vom 18.05.2004 die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB bereits abgelaufen war. Auch wenn nämlich zu Gunsten der Beklagten davon ausgegangen wird, dass diese in Anbetracht der Komplexität der in der Dienstaufsichtsbeschwerde erhobenen Vorwürfe nicht zu einem vorschnellen Handeln verpflichtet war, sondern auf der Grundlage ihres jeweiligen Erkenntnisstandes die Berechtigung der erhobenen Einzelvorwürfe aufklären durfte, ohne bereits auf der Grundlage von Teil-Erkenntnissen zum Ausspruch einer Kündigung gezwungen zu sein, muss hier von einer Überschreitung der Zwei-Wochen-Frist ausgegangen werden.

Dies betrifft zum einen die verzögerte Beauftragung des Vorgesetzten mit der Beobachtung der Klägerin nach Eingang der Dienstaufsichtsbeschwerde. Auch wenn ein vorschnelles Handeln mit Außenwirkung zu Recht vermieden werden sollte, war im Hinblick auf die offensichtliche Schwere der behaupteten Pflichtverletzungen und ihre abstrakte Eignung als Grundlage einer fristlosen Kündigung jedenfalls eine aktuelle Beurteilung des Arbeitsverhaltens der Klägerin – im Hinblick auf den Vorwurf übermäßiger Privattelefonate – geboten, ohne dass hiermit die erhobenen Vorwürfe leichtfertig übernommen wurden. Für eine entsprechende Anordnung bedurfte es weder einer langwierigen Sachprüfung oder Überlegung. Zum anderen ist nicht ersichtlich, welche Aufklärungsmaßnahmen die Beklagte in der Zeit vom 21.04.2004 – Kenntnis vom Vorhandensein weiterer Telefondaten – und 07./10.05.2004 – Einholung der Zustimmung des Betriebsrats zur Auswertung dieser Daten – unternommen hat. Allein dieser Zeitraum bedeutet eine Verzögerung von mehr als zwei Wochen.

2. Auch in der Sache fehlt es an einem „wichtigen Grund“, welcher der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar macht. Dies gilt sowohl im Hinblick auf den Vorwurf übermäßig häufiger und umfangreicher Privattelefonate als auch in Bezug auf den Vorwurf, die Klägerin habe während der Arbeitszeit ohne entsprechende Korrektur der Arbeitszeiterfassung ihre private Wohnung aufgesucht.

II. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist auch nicht durch die mit Zustimmung des Integrationsamtes ausgesprochene Kündigung vom 22.06.2004 mit sofortiger Wirkung beendet worden.

1. Die Entscheidung über die Unwirksamkeit der Kündigung kann insoweit allerdings nicht auf die Versäumung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB gestützt werden. Diese Vorschrift wird nämlich im Geltungsbereich des Sonderkündigungsschutzes gem. §§ 85 ff. SGB IX durch die Regelung des § 91 Abs. 2 und V SGB IX verdrängt. Die rechtliche Prüfung, ob die zweiwöchige Antragsfrist gem. § 91 Abs. 2 SGB IX gewahrt ist, erfolgt dabei ausschließlich im Widerspruchs- und Verwaltungsgerichtsverfahren, da es sich bei behördlichen Zustimmungen um einen Verwaltungsakt handelt, welcher – vom Fall der Nichtigkeit abgesehen – auch von den Gerichten für Arbeitssachen zu beachten ist, solange er nicht aufgehoben worden ist (KR-Etzel, § 626 BGB Rdnr. 339 m.w.Nachw.). Allein die Tatsache, dass das Integrationsamt eine vollständige Prüfung der Antragsfrist unterlassen und den Standpunkt eingenommen hat, letztlich sei diese Frage von den Arbeitsgerichten zu prüfen, führt nicht zur Nichtigkeit des Zustimmungsbescheids.

2. Auch unabhängig von der Frage der Einhaltung der Antragsfrist gem. § 91 Abs. 2 SGB IX scheitert die fristlose Kündigung jedoch am Fehlen eines „wichtigen Grundes“ i. S. des § 626 Abs. 1 BGB. Weder die vorgetragenen umfangreichen Privattelefonate noch der gegen die Klägerin gerichtete Vorwurf, sie habe während ihrer Außendiensttätigkeit ihre Privatwohnung aufgesucht, ist unter den vorliegenden Umständen geeignet, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zu rechtfertigen.

a) Das gilt zunächst für den Vorwurf übermäßig häufiger und umfangreicher Privattelefonate. Wie im Zusammenhang mit der Zurückweisung der Berufung der Klägerin näher ausgeführt worden ist, kann hierauf eine Kündigung ohne vorangehende Abmahnung nicht gestützt werden. Dies gilt erst recht für die angegriffene fristlose Kündigung.

b) Aber auch soweit es den Vorwurf betrifft, die Klägerin habe während der Arbeitszeit ihre Privatwohnung aufgesucht und die hierauf entfallenden Zeiten nicht in der Arbeitszeiterfassung korrigiert, kommt diesem Verhalten nicht das Gewicht eines „wichtigen Grundes“ zu, welcher der Beklagten auch nur für die Dauer der Kündigungsfrist die Fortführung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht. Auch wenn es sich nämlich – wie im Zusammenhang mit der Zurückweisung der klägerseitigen Berufung ausgeführt worden ist – hierbei um einen erheblichen Vertrauensverstoß handelt, muss doch unter Berücksichtigung der langen Betriebszugehörigkeit, der familiären Situation der Klägerin und der beschränkten Auswirkungen des Pflichtenverstoßes auf das Arbeitsverhältnis davon ausgegangen werden, dass eine fristlose Entlassung sich als überzogen harte Reaktion darstellt. Zwar ist durch das pflichtwidrige Verhalten der Klägerin der Vertrauensbereich berührt, weshalb der Beklagten ein dauerhafter Einsatz der Klägerin im Außendienst nicht abverlangt werden kann. Demgegenüber hält die Kammer – sofern nicht überhaupt für die Dauer der Kündigungsfrist eine Entbindung von Außendiensttätigkeiten in Betracht käme – jedenfalls für den begrenzten Zeitraum der Kündigungsfrist eine verstärkte Kontrolle mittels Tagesberichten, Fahrtenbuch o. Ä. für zumutbar. Dafür, dass die Klägerin gleichwohl während der Dauer der zugebilligten Kündigungsfrist ihr pflichtwidriges Verhalten wiederholen und so die Belange der Beklagten ernsthaft gefährden oder gar weitergehende Schäden anrichten könnte, sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich.

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