Rückzahlung von Provision

9 AZR 855/98 Urteil verkündet am 14. März 2000 BAG Arbeitsrecht im Außendienst

Bundesarbeitsgericht
Im Namen des Volkes
Urteil

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 24. Juli 1998 – 7 Sa 996/97 – im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, als es die Berufung des Beklagten gegen seine Verurteilung zur Zahlung von mehr als 10. 526, 25 DM nebst 9, 25 % Zinsen seit dem 20. Juni 1996 zurückgewiesen hat.

Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Provisionen.

Der Beklagte war von 1989 bis 1991 als Verkaufs-/Abteilungsleiter angestellt. Zu seinen Aufgaben gehörte die Vermittlung von Immobilien und Kapitalanlagen. Die Vergütung ist im Anhang zum Anstellungsvertrag vom 22. März 1989 geregelt:

3. Gehalt … Als anteilige Provisionen erhält Herr K:

Einkaufsprovision (eigene Akquisition)= 15% von der Netto- Rechnungssumme
Einkaufsprovision (Tipp durch Dritte, aber volle eigene Bearbeitung)= 10% von der Netto- Rechnungssumme
Verkaufsprovision= 15% von der Netto- Rechnungssumme.

4. Sonstige Vereinbarungen. Die Abteilung „Kapitalanlagen und Gewerbe-Immobilien” wird buchhalterisch als selbständige Kostenstelle erfasst. Allen abgrenzbaren bzw. direkt durch die Abteilung veranlassten Kosten wird für administrative allgemeine Leistungen des Unternehmens (Telefon, Sekretariat, Allgemeinkosten etc.) ein Betrag von zunächst 8000 DM zugerechnet und dann dieser Gesamtbetrag den Erträgen gegenüber gestellt. Daraus resultierende Überschüsse werden somit per 31. 12. eines jeden Jahres ermittelt und zur Errechnung einer zusätzlichen Erfolgsprämie in nachfolgenden Anteilen Herrn K als Jahresabschlussprämie gezahlt.

a) Überschuss von mindestens 120000 DM bis 350000 DM = Anteil Herr K 20%

b) Überschuss von über 350000 DM = Anteil Herr K 30%

c) Überschuss ab 500000 DM = Anteil Herr K 40%

Diese Regelung findet auf alle Provisionseinnahmen Anwendung, für die Herr K eine Einkaufs- oder Verkaufsprovision erhalten hat. Scheidet Herr K – aus welchen Gründen auch immer – aus den Diensten von H-Immobilien aus, bestehen von seiner Seite keinerlei Vergütungsansprüche aus später endabgewickelten (protokollierten) Geschäfts-Anbahnungen. Im Übrigen sind sämtliche Ansprüche von Herr K aus von ihm angebahnten Geschäftsverbindungen mit den ausgezahlten und endabgerechneten Provisionen abgegolten …

Der Bekl. vermittelte im März 1990 einen Kaufvertrag über ein Grundstück. Dafür zahlte der Käufer an die Kl. 80000 DM als Maklerprovision. Die Kl. gewährte dem Bekl. je 10526,25 DM als Einkaufs- und Verkaufsprovision sowie weitere 28070 DM als Jahresabschlussprämie nach Nr. 4 des Anhangs zum Anstellungsvertrag. Nachdem im August 1990 der Käufer gegenüber dem Verkäufer die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung erklärt hatte, wies die Kl. den Bekl. im April 1992 darauf hin, dass ein gerichtliches Verfahren über die Wirksamkeit des Kaufvertrags anhängig sei und sie gegebenenfalls die ausgezahlten Provisionen zurückverlangen werde. Mit rechtskräftigem Teilurteil vom 21. 2. 1996 hat das OLG Frankfurt a.M. die Nichtigkeit des Kaufvertrags festgestellt. Auf Verlangen des Käufers zahlte die Kl. daraufhin die Maklerprovision von 80000 DM zurück und forderte am 5. 6. 1996 den Bekl. zur Rückzahlung der für das angefochtene Rechtsgeschäft erhaltenen Zahlungen von insgesamt 49122,50 DM auf. Nach erfolgloser Mahnung hat die Kl. am 2. 10. 1996 Klage auf Rückzahlung dieses Betrags erhoben. Der Bekl. hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Das ArbG hat der Klage stattgegeben. Das LAG hat die Berufung des Bekl. zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision begehrt der Bekl. weiterhin die Klageabweisung. Diese führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Bekl. ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Rückzahlung von 10526,25 DM Verkaufsprovision für die Vermittlung des angefochtenen Kaufvertrags wendet. Im Übrigen ist die Revision des Bekl. begründet.

I. Die Verurteilung des Beklagten zur Rückzahlung der Verkaufsprovision ist im Ergebnis zutreffend (§ 563 ZPO).

1. Das LAG (Hessen – 7 Sa 996/97) hat angenommen, § 87 a Abs. 2 HGB sei eine Anspruchsgrundlage für die Rückzahlung von bereits ausgezahlten Provisionen, wenn das zugrunde liegende Geschäft nachträglich weggefallen sei. Das ist unzutreffend. Die Rückzahlungspflicht nach § 87 a Abs. 2 HGB besteht nur, wenn der Angestellte bereits einen vertraglichen Anspruch auf Provision erwirbt, soweit und sobald der Arbeitgeber das vermittelte Geschäft ausführt (§ 87 a Abs. 1 Satz 1 HGB) noch bevor der Dritte Leistungen an den Arbeitgeber erbringt. Zum Schutz des insoweit vorleistungspflichtigen Arbeitgebers ist in diesem Fall der Provisionsanspruch nach § 87 a Abs. 2 HGB auflösend bedingt für den Fall der Nichtleistung durch den Dritten (BAG v. 16.2.1962 – 5 AZR 211/61, DB 62, 543 = AP HGB § 87 a Nr. 1; Baumbach/Hopt, HGB, 29. Aufl., § 87 a Rdn. 13; Staub/Brüggegmann, HGB, 4. Aufl., § 87 a Rdn. 14).

Für diesen Rückgewähranspruch fehlt es schon an einem Rechtsgrund für den Provisionsanspruch des Beklagten. Denn nach § 87 a Abs. 1 Satz 1 HGB entsteht nur dann ein Provisionsanspruch, wenn das fragliche Geschäft wirksam abgeschlossen worden ist (Vgl. MünchKommHGB von Hoyningen Huene, § 87 a Rdn. 401 Küstner, von Manteuffel, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Bd. 1, 2. Aufl., Rdn. 830). Im Fall einer wirksamen Anfechtungserklärung ist das Geschäft i. S. von § 87 a Abs. 1 Satz 1 HGB von Anfang an als nichtig anzusehen (§ 142 Abs. 1 BGB), so dass ein Provisionsanspruch nicht bestehen kann (Vgl. MünchKomm HGB von Hoyningen Huene, a.a.O.; Schlegelberger/Schröder, HGB, 5. Aufl., § 87 a Rdn. 28 a; Küstner/von Manteuffel, a.a.O. Rdn. 834). Hier ist wegen der Täuschungsanfechtung durch den Verkäufer der vermittelte Kaufvertrag als nichtig anzusehen. Damit entfallen sowohl der Rechtsgrund für die Maklercourtage als auch für die Provision.

2. Entgegen der Ansicht des LAG ist die Rückgewährvorschrift des § 87 a Abs. 2 HGB nicht entsprechend anwendbar. Ist ein Provisionsanspruch unbedingt entstanden, weil der Dritte das Geschäft ausgeführt und geleistet hat (§ 87 a Abs. 1 Satz 3 HGB), und fällt der Provisionsanspruch später wegen Anfechtung des ausgeführten Geschäfts nachträglich weg, richtet sich die Rückabwicklung einer vom Arbeitgeber nach § 87 a Abs. 1 Satz 3 HGB gezahlten Provision nach den für ungerechtfertigte Bereicherungen geltenden Regeln (§§ 812 ff. BGB).

§ 87 a Abs. 2 HGB trägt dem besonderen Schutzbedürfnis des Unternehmers Rechnung, der im Fall des § 87 a Abs. 1 Satz 1 HGB dem Handelsvertreter bereits dann die Provision leisten muss, soweit und sobald er das Geschäft selbst ausführt, ohne vom Dritten eine Leistung erhalten zu haben. Wegen dieser Vorverlagerung der Leistungspflicht des Unternehmers schließt § 87 a Abs. 2 HGB die Einrede der Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) aus (Begründung zum Regierungsentwurf BT Drucks 1/3856 S. 26; ErfK Schaub, § 87 a HGB Rdn. 11). Für die Rückabwicklung von Leistungen, die als Folge einer wirksamen Anfechtung rechtsgrundlos erbracht worden sind, bedarf es nicht dieses Schutzes. Denn hier ist kein besonderes Vorleistungsrisiko auszugleichen.

3. Der Beklagte ist verpflichtet, die von der Klägerin erhaltene Verkaufsprovision i. H. von 15 % der Nettorechnungssumme der Maklerprovision von 80.000,– DM nach § 812 Abs. 1 Satz 2 1. Alt.

Er hat von der Klägerin die Verkaufsprovision entsprechend der in Ziff. 3 des Anhangs zum Anstellungsvertrag getroffenen (Gehaltsvereinbarung i. V. mit § 87 a Abs. 1 Satz 3 HGB mit Abschluss des Kaufvertrags durch den Dritten erlangt. Der rechtliche Grund für die Leistung ist infolge der Anfechtungserklärung des Käufers weggefallen (§ 142 Abs. 1 BGB). Da mit der wirksamen Anfechtung des Kaufvertrags der Anspruch auf den Maklerlohn nach § 652 BGB wegfällt (Vgl. BGH v. 14.07.1976 – IV ZR 36/75, DB 76, 2252 und 20.02.1997 – III ZR 208/95, LM BGB § 652 Nr. 139), muss damit auch die Verkaufsprovision des bei der Vermittlung tätigen Angestellten entfallen. Das gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die vertraglich vereinbarte Verkaufsprovision auf die in Rechnung gestellte Maklerprovision bezogen ist.

4. Die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung ist unbegründet. Der von der Klägerin geltend gemachte bereicherungsrechtliche Rückzahlungsanspruch ist nicht verjährt.

Zwar verjähren Ansprüche des Arbeitgebers gegen den Angestellten auf Rückzahlung von Provisionsvorschüsse nach § 196 Abs. 1 Nr. 8 BGB in zwei Jahren (BAG v. 28.04.1972 – 3 AZR 464/71, DB 72, 2215 AP HGB § 88 Nr. 1; 05.09.1995 – 9 AZR 660/94, DB 96, 784 = AP BGB § 196 Nr. 16 = EzA BGB § 196 Nr. 9.).

Für Bereicherungsansprüche des Arbeitgebers gilt jedoch nicht die auf Gehaltsansprüche und entsprechende Vorschüsse bezogene kurze Verjährungsfrist sondern die allgemeine 30jährige Verjährung nach § 195 BGB (BAG v. 12.01.1994 – 5 AZR 597/92, DB 94, 2636 = AP BGB § 818 Nr. 3 = EzA BGB § 818 Nr. 6; 20.09.1972 – 5 AZR 197/72, BAGE 24, 434 = DB 72, 2309; vgl. für überhöhte Provisionszahlungen an Handelsvertreter auch OLG Koblenz 12.11.1987 – 6 U 965/86, DB 88, 497 und Küstner/von Manteuffel, a.a.O., Rdn. 1287 ff.).

Forderungen aus ungerechtfertigter Bereicherung unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist. Nach dem Verjährungsrecht des BGB ist für die Bestimmung der Dauer der Verjährungsfrist allein der jeweilige Anspruch maßgebend. Unerheblich ist, dass der Bereicherungsanspruch in einem tatsächlichen Zusammenhang mit Gehalts oder Provisionsansprüchen steht (Vgl. BAG v. 20.9.1972 – 5 AZR 197/72, a.a.O.).

Die dreißigjährige Verjährungsfrist ist eingehalten.

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