Nachvertragliches Wettbewerbsverbot; Bemessung der Höhe der Karenzentschädigung; Kfz Nutzung; Nutzungsvorteil; Firmenwagen; Dienstwagen; böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbes; anderweitige Karenzentschädigung

16 Sa 1684/99 Urteil verkündet am 30. März 2000 LAG Hamm Ansprüche bei und nach Vertragsende, Durchführung des Arbeitsverhältnisses

Landesarbeitsgericht Hamm
Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit
[…]

hat die 16. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 30.03.2000 […]

Tenor

für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Parteien wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 19.08.1999 – 1 Ca 391/99 – unter Zurückweisung der jeweils weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere 31.253,72 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag ab dem 07.06.1999 zu zahlen. Hinsichtlich der vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Zinsen für einen Betrag von 48.237,18 DM brutto wird das Urteil insoweit abgeändert, als Zinsen aus dem sich ergebenden

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der Karenzentschädigung aus einer nachvertraglichen Wettbewerbsabrede.

Der Kläger war vom 01.01.1987 bis 30.06.1998 als leitender kaufmännischer Angestellter bei der Beklagten beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lag der schriftliche Arbeitsvertrag vorm 22.10.1986 (Bl. 33 – 39 d.A.) zugrunde, der um die schriftliche Wettbewerbsabrede vom 22.10.1986 (Bl. 40 d.A.) ergänzt war. Nach Ziff. 7 dieses Arbeitsvertrags erhielt der Kläger ein Gesamtjahresbruttogehalt, das zuletzt 160.000,– DM betrug und in gleichmäßigen Beträgen von 13.333,– DM monatlich ausbezahlt wurde. Nach Ziff. 11 des Arbeitsvertrags stellte die Beklagte dem Kläger einen Firmen Pkw zur Verfügung, den der Kläger auch privat nutzen konnte. Der geldwerte Vorteil dieser Leistung wurde auf der Grundlage steuerrechtlicher Bestimmungen bis einschließlich der Gehaltsabrechnung für Mai 1998 mit 991,07 DM ausgewiesen. In der Gehaltsabrechnung für Juni 1998 waren 396,43 DM angegeben. Außerdem erhielt der Kläger in den Gehaltsabrechnungen als Sonderzahlungen bezeichnete jährliche Leistungen, die jeweils mit dem Dezembergehalt ausgezahlt wurden und im Jahre 1995 15.000,– DM, in den Jahren 1996 und 1997 20.000,– DM betrugen. Der Kläger nahm darüber hinaus an einer von der Beklagten für ihre Arbeitnehmer abgeschlossenen Gruppenunfallversicherung teil, deren geldwerter Vorteil jeweils im Januar eines Jahres mit 339,48 DM versteuert wurde. Im Februar 1997 erhielt der Kläger ein Jubiläumsgeld in Höhe von 500,– DM, im April 1997 eine Zahlung zum Geburtstag in Höhe von 150,– DM. Im August 1996 wurde dem Kläger nicht genommener Urlaub mit einem Betrag von 9.221,52 DM abgegolten. Außerdem hatte der Kläger im Dezember 1996 sowie im Dezember 1997 Spesen in Höhe von 18,– DM bzw. 18,40 DM zu versteuern.

Ab dem 01.07.1998 stand der Kläger in einem Arbeitsverhältnis zu der Firma L., in dem er ein Gehalt in Höhe von 17.000,– DM bezog. Es war bis zum 15.06.2010 fest geschlossen. Am 10.09.1998 wurde es von der Firma L. fristlos gekündigt und zugleich der Arbeitsvertrag angefochten. Im Rahmen gerichtlicher Auseinandersetzungen vereinbarte der Kläger mit der Firma L. am 08.10.1998, dass das Arbeitsverhältnis wegen fehlgeschlagener Arbeitsaufnahme auf arbeitgeberseitige Veranlassung mit dem 31.07.1998 beendet worden sei. Ihm wurde in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSchG eine Abfindung in Höhe von 100.000,– DM gezahlt, die in Höhe von 50.000,– DM am 15.10.1998, 25.000,– DM am 15.11.1998 und weiteren 25.000,– DM am 15.12.1998 fällig war. Das Arbeitsentgelt in Höhe von 17.000,– DM für August 1998 sowie anteiliges Arbeitsentgelt in Höhe von 6.233,– DM für September 1998 wurde an den Kläger nicht ausgezahlt.

Durch Urteil vom 19.08.1999 hat das Arbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung von 48.237,18 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 07.06.1999 verurteilt und im übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Karenzentschädigung sei auf der Grundlage des Gesamtjahresbruttoeinkommens 1997 in Höhe von 192.948,72 DM zu berechnen, woraus sich eine monatliche Karenzentschädigung von 8.039,53 DM ergebe. Auf die vom Kläger für den Zeitraum August bis Dezember 1998 begehrte Karenzentschädigung sei jedoch die von der Firma L. gezahlte Abfindung in Höhe von 100.000,– DM als Einkommen anzurechnen. Wegen der festgelegten Fälligkeitstermine hat das Arbeitsgericht für die Monate August bis Dezember 1998 jeweils 20.000,– DM als Einkommen angenommen. Dies liege deutlich über 110 % der bisherigen Vergütung.

Gegen dieses, ihm am 01.09.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.09.1999 Berufung eingelegt und diese am 22.10.1999 begründet. Der Beklagten ist das Urteil am 31.08.1999 zugestellt worden, sie hat die Berufung am 29.09.1999 eingelegt und diese am 21.10.1999 begründet.

Der Kläger ist der Ansicht, der geldwerte Vorteil der Überlassung des Dienstfahrzeuges zur privaten Nutzung sei nach den Tabellen von Sanden/Küppersbusch zu berechnen und habe einen jährlichen Wert von 45.625,– DM. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die von der Firma L. gezahlte Abfindung nicht auf die Karenzentschädigung anzurechnen. Anrechenbar seien nur solche Einkünfte aus einem neuen Arbeitsverhältnis, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Verwertung der Arbeitskraft stünden. Im übrigen hält er die vom Arbeitsgericht vorgenommene Berechnung für zutreffend.

Der Kläger, der das Urteil des Arbeitsgerichts nicht angreift, soweit ihm Karenzentschädigung für Juli 1998 abgesprochen wurde, berechnet für die Zeit vom 01.08.1998 bis 30.06.1999 seine Forderung auf der Grundlage einer monatlichen Karenzentschädigung von 9.445,04 DM mit 103.895,44 DM. Hierauf lässt er sich den ausgeurteilten Betrag von 48.237,18 DM anrechnen, woraus sich der im Berufungsverfahren weiter verfolgte Anspruch von 55.658,26 DM ergibt.

Die Beklagte hält die vom Arbeitsgericht vorgenommene Berechnung der Karenzentschädigung auf der Grundlage des Jahresbruttoeinkommens von 1997 für unzutreffend. Nach dem letzten abgerechneten Monat, dem Juni 1998, habe der Kläger ein monatliches Festgehalt von 13.729,43 DM brutto bezogen. Unter Berücksichtigung der in den letzten 36 Monaten gezahlten wechselnden Vergütungsbestandteile ergebe sich ein weiterer Betrag von 1.527,78 DM. Die Karenzentschädigung betrage somit insgesamt 7.628,61 DM, so dass die monatliche Differenz zu der vom Arbeitsgericht angenommenen Karenzentschädigung von 8.039,83 DM 410,92 DM betrage und für sechs Monate 2.465,52 DM ausmache. Sie hätte mithin nur zur Zahlung von 45.771,66 DM verurteilt werden dürfen. Außerdem greift die Beklagte die Entscheidung des Arbeitsgerichts insoweit an, als dieses sie zur Zahlung von Zinsen von der Bruttokarenzentschädigung und nicht von dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag verurteilt habe.

Der Kläger beantragt:
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 19.08.1999 – 1 Ca 391/99 – wird abgeändert.

2. Die Beklagte und Berufungsbeklagte wird verurteilt, an den Kläger über die bereits ausgeurteilten 48.237,18 DM brutto hinaus weitere 55.658,26 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 07.06.1998 zu zahlen.

3. Die Berufung (Anschlussberufung) der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 19.08.1999 abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit die Beklagte zur Zahlung von mehr als 45.721,66 DM brutto nebst Zinsen und Zinsen aus dem Bruttobetrag und nicht aus dem sich aus dem Bruttobetrag ergebenden Nettobetrag verurteilt wurde,
sowie
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Entscheidung des BAG vom 27.05.1999, wonach der geldwerte Vorteil der Privatnutzung eines Dienst Pkws sich aus der steuerlichen Bewertung der Privatnutzung ergebe. Zu Recht habe das Arbeitsgericht auch die Auffassung vertreten, dass sich der Kläger für den Zeitraum August bis Dezember 1998 die Abfindung von 100.000,– DM als Einkommen anrechnen lassen müsse. Im gerichtlichen Vergleich sei die im Anstellungsvertrag mit dem Kläger fehlende ordentliche Kündigungsfrist finanziell bewertet und im Abfindungsbetrag ausgedrückt worden. Das Arbeitsgericht habe einen Kündigungsendtermin zum 31.12.1998 für angemessen gehalten.
Das Gericht hat die Akten des Arbeitsgerichts Herford – 1 Ga 19/98 – und – 1 Ca 1247/98 – beigezogen. Sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die von beiden Parteien zulässig eingelegten Berufungen sind teilweise begründet.

I. Die nach den §§ 74 Abs. 2, 74 b HGB zu berechnende Karenzentschädigung beträgt monatlich 7.949,09 DM brutto. Soweit das Arbeitsgericht einen darüber hinaus gehenden Betrag angenommen hat, ist die Berufung der Beklagten erfolgreich.

1. Für die Berechnung der Karenzentschädigung ist gemäß den §§ 74 Abs. 2, 74 b Abs. 1 HGB zunächst von den festen Bezügen des Klägers auszugehen, wobei auf die im letzten Bezugszeitraum vor Vertragsbeendigung fällig gewordene feste Vergütung maßgeblich ist (allgemeine Meinung, vgl. v. Hoyningen Huene in MK HGB, § 74 b Rdnr. 14; Heymann/Henssier, HGB, 2. Aufl., § 74 b Rdnr. 2; Konzen/Weber in GK HGB [Stand: 01.01.1995], § 74 b Rdnr. 15; Bauer/Diller, Wettbewerbsverbot, 2. Aufl. Rdnr. 257, 258). Zugrundezulegen ist also zunächst das monatliche Festgehalt in Höhe von 13.333,– DM.

Zu den festen Bezügen gehören jedoch auch die dem Arbeitgeber regelmäßig gewährten Sachleistungen, im Entscheidungsfall also der geldwerte Vorteil, den der Kläger dadurch erlangt hat, dass er seinen Dienst Pkw auch privat nutzen konnte. Dieser geldwerte Vorteil ist entsprechend der steuerlichen Bewertung mit 991,07 DM anzusetzen.
Zwar weist die letzte Gehaltsabrechnung des Kläger vor Beendigung seines Arbeitsverhältnisses von Juni 1998 den Wert der privaten Nutzung lediglich mit 396,43 DM aus. Hierauf ist jedoch nicht abzustellen. Die Beklagte hat die Berechnung in dieser Höhe vorgenommen, weil der Kläger sein Dienstfahrzeug vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses Ende Mai oder Anfang Juni genaue Angaben der Parteien fehlen zurückgegeben hat. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Nach § 74 Abs. 2 HGB schuldet die Beklagte Karenzentschädigung in Höhe der Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen. Nach Nr. 11 des Arbeitsvertrags der Parteien war die Beklagte jedoch zur Gestellung eines Pkw, auch zur privaten Nutzung, verpflichtet. Hierbei handelt es sich um eine Hauptleistungspflicht aus dem Arbeitsverhältnis, die eine zusätzliche Gegenleistung für geschuldete Arbeitsleistung darstellt (ständige Rechtssprechung des BAG, Urteil vom 27.05.1999 – 8 AZR 415/98 – EZA § 249 BGB Nr. 24 m.w.N.). Auch wenn der Kläger der Beklagten sein Firmenfahrzeug vor Ablauf der Kündigungsfrist zur Verfügung gestellt hat, weil er es für eine private Nutzung nicht mehr benötigte, so mag dies zwar der Beklagten entgegengekommen sein. An dem vertraglich begründeten Anspruch auf Gestellung des Pkw, der für die Berechnung der Karenzentschädigung allein maßgeblich ist, ändert dies jedoch nichts. Es kommt nicht darauf an, ob der Kläger die ihm zustehenden Ansprüche auch realisiert hat (vgl. Bauer/Diller, a.a.O., Rdnr. 256). Als geldwerter Vorteil ist demnach der Betrag von 991,07 DM zugrunde zu legen.

Die vom Kläger dem gegenüber beanspruchte Bewertung der Sachleistung auf der Grundlage der Tabellen von Sanden/Küppersbusch, die einen monatlichen Betrag von 3.802,08 DM ausmachen, kann dieser nicht verlangen. Das Gericht folgt insoweit der zu Schadensersatzansprüchen bei Entziehung eines auch zur privaten Nutzung überlassenen Dienstfahrzeuges ergangenen Rechtssprechung des BAG (BAG a.a.O.). Die dort herausgearbeiteten Grundsätze sind auch für die Bewertung der Sachleistung im Rahmen der Berechnung einer Karenzentschädigung nach § 74 Abs. 2 HGB maßgebend. Auch für die Berechnung der Karenzentschädigung gilt, dass der Gebrauchsvorteil eines zur privaten Nutzung überlassenen Dienst Pkws spezifisch arbeitsvertraglich zu bestimmen ist und von den für das Verkehrsunfallrecht maßgeblichen Tabellen abweicht. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, seinen Dienst Pkw in erster Linie und unter Zurückstellung privater Interessen für dienstliche Zwecke einzusetzen. Nur soweit diese dienstliche Zwecksetzung Spielräume für die private Nutzung lässt, ist ihm eine solche überhaupt möglich. So darf der Arbeitnehmer sein Dienstfahrzeug dann nicht z. B. einem Familienmitglied zur Erledigung privater Zwecke überlassen, wenn er es selbst zur dienstlichen Nutzung benötigt. Bei einem Privatfahrzeug wäre dies ohne weiteres möglich. Der Arbeitgeber könnte – bei Fehlen entsprechender Absprachen – nicht verlagen, dass der Arbeitnehmer sein Privatfahrzeug für dienstliche Zwecke einsetzt, sondern müsste andere Möglichkeiten zur Verfügung stellen. Der Wert der Sachleistung des Arbeitgebers entspricht damit nicht dem Wert eines uneingeschränkt zur Verfügung stehenden privaten Pkws.
Auch die vom Kläger hilfsweise herangezogenen ADAC Tabellen, die nach seiner Berechnung zu einem monatlichen geldwerten Vorteil in Höhe von 1.350,– DM führen würden, kommen nicht zur Anwendung. Nach diesen Tabellen werden die Kosten auf der Grundlage einer einheitlichen Nutzung berechnet. Dies ist aber bei einem auch zur privaten Nutzung überlassenen Dienstfahrzeug nicht der Fall. Im Entscheidungsfall kommt hinzu, dass der Kläger die Bezinkosten für Privatfahrten selbst zu tragen hat. Da die ADAC Tabelle auf Vollkosten basiert, wäre auch insoweit ein Abschlag vorzunehmen (Bauer/Diller, a.a.O., Rdnr. 254), den der Kläger jedoch nicht berechnet hat.

Die festen Monatsbezüge des Klägers betragen demnach 14.324,07 DM (13.333,– DM + 991,07 DM).

2. Nach § 74 b Abs. 2 HGB sind die wechselnden Bezüge des Klägers bei der Berechnung der Karenzentschädigung nach dem Durchschnitt der letzten drei Jahren in Ansatz zu bringen. Auch hierbei ist auf die letzten drei Jahren vor dem Ausschreiben des Arbeitnehmers abzustellen, nicht auf die letzten drei Kalenderjahre.
An wechselnden Bezügen hat der Kläger eine Sonderzahlung erhalten, die in den Jahren 1996 und 1997 insgesamt 20.000,– DM, im Jahre 1995 15.000,– DM betrug. Wie zwischen den Parteien unstreitig ist, errechnet sich hieraus ein monatlicher Betrag von 1.527,77 DM. Zu den zu berücksichtigenden wechselnden Bezügen gehört weiter das dem Kläger im Jahre 1996 zusätzlich gezahlte Entgelt zum Jubiläum und zum Geburtstag in einer Gesamthöhe von 650, DM (Bauer/Diller, a.a.O., Nr. 268). Diese auf 36 Monate zu verteilende Zuwendung ist monatlich mit 18,05 DM zu berücksichtigen. Außerdem ist dem Kläger die Teilnahme an der von der Beklagten abgeschlossenen Gruppenunfallversicherung jährlich als geldwerter Vorteil mit 339,48 DM zugute gekommen. Es handelt sich hierbei um eine Versicherung, aus der der Kläger im Falle eines Unfalls, sei es ein dienstlicher, sei es ein privater, Leistungen erhalten hätte. Diese vom Kläger versteuerte Leistung stellt als Sachbezug einen Teil der Vergütung des Klägers dar. Sie ist mit 28,29 DM bei der Berechnung der Karenzentschädigung in Ansatz zu bringen.

Nicht zu berücksichtigen sind die dem Kläger in den letzten drei Jahren gezahlten Spesen. Dies ergibt sich aus § 74 b Abs. 3 HGB, wonach Bezüge zum Ersatz besonderer Auslagen außer Ansatz bleiben.

Auch die Abgeltung des dem Kläger nicht in Natur gewährten Urlaubs bleibt bei der Berechnung der Karenzentschädigung außer Betracht. Die Urlaubsabgeltung ist Ersatz für den nicht verwirklichten Anspruch auf Freistellung von der Arbeitspflicht. Es handelt sich um einen an die urlaubsrechtlichen Vorgaben gebundenen Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrages (ErfK Dörner, 250 BUrlG § 7 Rdnr. 96). Die in Verstoß gegen das Bundesurlaubsgesetz gewährte Urlaubsabgeltung gehört jedoch nicht zu den zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen im Sinne des § 74 Abs. 2 HGB.

Die für die Berechnung der Karenzentschädigung maßgebliche Vergütung des Klägers beträgt demnach 15.898,18 DM, die hälftige Karenzentschädigung 7.949,09 DM.

Nach § 74 c Abs. 1 HGB muss sich der Arbeitnehmer auf die fällige Karenzentschädigung anrechnen lassen, was er während des Zeitraums, für den die Entschädigung gezahlt wird, durch anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt, soweit die Entschädigung unter Hinterzurechnung dieses Betrages seine zuletzt bezogene Vergütung um mehr als ein Zehntel übersteigt. Wie bei der Ermittlung der monatlichen Entschädigung muss auch bei der Ermittlung der anrechenbaren Beträge eine Umrechnung des Erwerbs auf Monatszeiträume erfolgen. Angerechnet wird nicht der gesamte, während des Verbotszeitraums erzielte Erwerb auf die gesamte Karenzentschädigung, sondern der jeweilige Monatserwerb auf die monatliche Entschädigung (vgl. Weber/Konzen, GK HGB, a.a.O., § 74 c Rdnr. 12; Heimann/Henssler, a.a.O., § 74 c Rdnr. 14). Der Kläger hat bei der Firma L. anrechenbare Einkünfte erzielt.

1. Auf den Karenzentschädigungsanspruch des Klägers für August 1998 ist die ihm nach seinem Arbeitsvertrag mit der Firma L. zustehende Vergütung in vollem Umfang anzurechnen. Diese betrug 17.000,– DM monatlich. Zwar bleibt sie damit unter der Anrechnungsgrenze von 110 % der bei der Beklagten bezogenen maßgeblichen Vergütung von 15.898,18 DM, woraus sich 17.487,99 DM ergeben. Jedoch stand dem Kläger bei der Firma L. ebenfalls ein Firmenfahrzeug auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Es handelte sich um einen […]. Der geldwerte Vorteil für die Überlassung dieses Fahrzeugs zur privaten Nutzung übersteigt den Betrag von 487,99 DM.

Nicht anrechenbar ist dagegen der anteilige Gehaltsanspruch des Klägers gegen die Firma L. im September 1998 bis zum Zugang der fristlosen Kündigung am 11.09.1998. Dieser beträgt 6.233,– DM und übersteigt damit nicht den Anrechnungsbetrag nach § 74 c Abs. 2 HGB. Wegen der oben dargestellten monatlichen Berechnungsweise findet eine zeitanteilige Umrechnung nicht statt.

Einer Anrechnung der dem Kläger gegen die Firma L. für August 1998 zustehenden Vergütungsansprüche steht der gerichtliche Vergleich vom 08.10.1998, der die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.07.1998 vorsieht, nicht entgegen. Sowohl die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Firma L. als auch die erklärte Anfechtung konnten rechtliche Wirksamkeit erst mit Zugang der Erklärungen am 11.09.1998 erlangen. Der Gehaltsanspruch gegen die Firma L. für August 1998 war also bereits entstanden. Wenn der Kläger im Nachhinein durch den Abschluss eines die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorverlegenden Vergleichs auf seine Vergütungsansprüche verzichtet hat, so ändert dies an der Anrechenbarkeit dieser Ansprüche auf die Karenzentschädigung nichts. Der Kläger hatte den Arbeitsentgeltanspruch gegen die Firma L. bereits erworben, er hat ihn im Ergebnis allerdings nicht realisiert. Für nicht realisierte Einkünfte gilt grundsätzlich, dass sie auf die Karenzentschädigung nicht anrechenbar sind (vgl. Schlegelberger/Schröder, HGB, 5. Aufl., § 74 c Rdnr. 3; Bauer/Diller, a.a.O., Rdnr. 548). Es stand jedoch nicht im Belieben des Klägers, durch die Ausgestaltung des Vergleichs mit der Fa. L. seine Karenzentschädigungsansprüche gegen die Beklagte zu erhöhen. Sein Verzicht auf Arbeitsentgeltansprüche gegen die Firma L. stellt vielmehr ein „böswilliges Unterlassen“ anderweitigen Erwerbs im Sinne des § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB dar. Hierfür kommt es auf eine Schädigungsabsicht des Klägers nicht an. Ausreichend ist, dass er die nachteiligen Auswirkungen seines Vergleichs auf die Ansprüche gegen die Beklagte erkennt (vgl. BAG v. 23.01.1997 – 3 AZR 253/66 – AP Nr. 1 zu § 74 c HGB). Letzteres ist ohne weiteres der Fall, denn die Nachteile für die Beklagte folgen zwingend aus dem Inhalt des Vergleichs.

2. Für die Zeit vom 01.09.1998 bis 30.06.1997 steht dem Kläger die monatliche Karenzentschädigung dagegen in ungekürzter Höhe zu. Die von der Firma L. gezahlte Abfindung ist auf diesen Anspruch für keinen Monat anrechenbar.

§ 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB sieht die Anrechnung der vom Arbeitnehmer durch die anderweitige Verwertung seiner Arbeitskraft erzielten Einkünfte vor. Gegenstand der Vorschrift sind nur Einnahmen aus mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses erst möglich gewordenem Tätigwerden des Handlungsgehilfen, die Einkünfte müssen also darauf beruhen, dass der Arbeitnehmer seine freigewordene Arbeitskraft verwertet (Konzen/Weber, GK HGB, a.a.O., § 74 c Rdnr. 3; Bauer/Diller, a.a.O., Rdnr. 527; vgl. auch BAG vom 20.04.1967, AP Nr. 20 zu § 1070 HGB).

Abfindungen stellen kein Entgelt für die erbrachte Arbeitsleistung dar, sie werden vielmehr als Ausgleich für den Verlust des sozialen Besitzstandes bezahlt. Die Karenzentschädigung soll dem Arbeitnehmer dagegen den Lebensstandard sichern, den er sich aufgrund seiner vorausgegangenen Tätigkeit erarbeitet hatte. Sie soll den Nachteil ausgleichen, den der Arbeitnehmer durch die Beschränkung in der Verwendung der Arbeitskraft erleidet (BAG v. 09.01.1990 – 3 AZR 110/88 – AP Nr. 59 zu § 74 HGB). Eine für den Verlust des sozialen Besitzstandes zugesagte Abfindung ist demgemäss auch keine Karenzentschädigung (BAG v. 03.05.1994 – 9 AZR 606/92 – AP Nr. 65 zu § 74 HGB). In die Berechnung der Höhe einer Karenzentschädigung werden Abfindungen ebenfalls nicht einbezogen (Bauer/Diller; a.a.O., Rdnr. 246). Im Zusammenhang mit der Anrechnung von Leistungen aus einem späteren Arbeitsverhältnis wird die Frage, ob eine solche für Abfindungen stattfindet, zwar in der Literatur nicht erörtert. Geht man jedoch mit dem BAG (Urt. v. 09.01.1990. a.a.O.) davon aus, dass solche Vergütungsbestandteile, die in die Berechnung einer Karenzentschädigung einzubeziehen sind, auch bei der Anrechnung zu berücksichtigen sind, so scheiden später gezahlte Abfindungen aus. Für Karenzentschädigungen, die aufgrund eines nachfolgenden Arbeitsverhältnisses durch einen anderen Arbeitgeber gezahlt werden, wird dementsprechend in der Literatur angenommen, dass diese nicht anrechenbar sind, weil sie nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Verwertung der Arbeitskraft stehen (Bauer/Diller, a.a.O., Rdnr. 522; Konzen/Weber, GK HGB, a.a.O., § 74 c Rdnr. 3).

Auch im Entscheidungsfall ist davon auszugehen, dass die von der Firma L. an den Kläger gezahlte Abfindung eine Entschädigung für den Verlust des sozialen Besitzstandes durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses darstellt. Zwar bestand das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Kündigung bzw. Anfechtung noch nicht einmal 3 Monate, der soziale Besitzstand des Klägers beruhte also nicht auf der bereits zurückgelegten Betriebszugehörigkeit. Er folgte jedoch aus der Auflösung des mit der Firma L. abgeschlossenen Arbeitsvertrags. Dieser hatte eine Laufzeit bis zum 15.06.2010. Für die Zeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses war das ordentliche Kündigungsrecht ausgeschlossen, so dass der Kläger gegenüber der Firma L. einen erhöhten sozialen Besitzstand besaß. Eine Abfindung in Höhe von 100.000,– DM war bei einem monatlichen Gehalt von 17.000,– DM für die Aufgabe des sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden sozialen Besitzstandes angemessen.

III. Der Anspruch des Klägers auf Verzinsung seiner Forderung gemäß §§ 288, 291 BGB ist nach dem sich aus dem Bruttobetrag ergebenden Nettobetrag vorzunehmen.

Die Kammer folgt der bisherigen Rechtssprechung des BAG in dieser Frage. Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung kann danach der Zinsanspruch nur an dem Geldbetrag anknüpfen, der durch die Vollstreckung dem Gläubiger tatsächlich zufließen kann. In diesem Sinne handelt es sich bei dem Nettobetrag um die dem Arbeitnehmer zustehende Hauptschuld, die zu verzinsen ist (BAG v. 20.04.1983 – 4 AZR 497/80 – BAGE 42, 244, 258; BAG v. 13.02.1985 – 4 AZR 295/83 – EZA Nr. 5 zu § 611 BGB Nettolohn, Lohnsteuer).

Zu einer Änderung dieser Rechtssprechung ist es durch die Anrufung des großen Senats bislang noch nicht gekommen (vgl. BAG Beschl. v. 18.01.2000 – 9 AZR 122/95 (B) – DB 00, 624).

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Das Gericht weicht von der bisherigen Rechtssprechung des BAG zur Verzinsung von Bruttolohnforderungen nicht ab. Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Zwar ist die Frage, ob von einem späteren Arbeitgeber gezahlte Abfindungen auf die Karenzentschädigung anrechenbar sind, soweit ersichtlich, bislang nicht entschieden. Sie ergibt sich jedoch aus einer konsequenten Anwendung der für die Verrechnung von Einkünften auf Karenzzentschädigung maßgeblichen Grundsätze.

Schlagwörter
Nutzungsvorteil (1) nachvertragliches Wettbewerbsverbot (8) Kfz-Nutzung (1) Karenzentschädigung (8) Firmenwagen (1) Dienstwagen (2) böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbes (1)