Zum wirksamen Zustandekommen des vermittelten Versicherungsvertrags als Voraussetzung für den Wertersatzanspruch des Versicherungsvertreters, wenn der Kunde die mit ihm geschlossene Vergütungsvereinbarung widerrufen hat

III ZR 440/13 Urteil verkündet am 25. September 2014 BGH Provisionsanspruch, Versicherungsvertretervertrag

Bundesgerichtshof
Im Namen des Volkes
Urteil

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. September 2014 durch

[…]

für Recht erkannt:

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 23. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 4. September 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

[1] Die Kl. nahm die Bekl. auf Zahlung restlicher Vergütung für die Vermittlung einer fondsgebundenen Lebensversicherung bei der A. Lebensversicherung S. A. in Anspruch.[2] Bei der vermittelten Versicherung handelte es sich um eine sogenannte Nettopolice, bei der die zu zahlenden Versicherungsprämien keinen Provisionsanteil für die Vermittlung des Vertrags enthielten. Stattdessen schlossen die Parteien am 24.07.2007 eine vorformulierte „Vergütungsvereinbarung“, wonach sich die Bekl. verpflichtete, an die Kl. eine (Vermittlungs-)Vergütung in Höhe von 2.049,60 Euro in 60 Monatsraten zu je 34,16 Euro – bei einem angegebenen Barzahlungspreis von 1.892,19 Euro und einem effektiven Jahreszins von 3,36 % -zu entrichten. In Nr. 1 der Vergütungsvereinbarung wurde darauf hingewiesen, dass die Kl. „als Versicherungsvertreter von Lebensversicherungen im Auftrag der A. Lebensversicherung S. A. tätig“ sei und in dieser Eigenschaft dem Kunden die angebotene Lebensversicherung mit wählbaren Zusatzversicherungen vermittle. In Nr. 2 der Vereinbarung wurde mit Fettdruck hervorgehoben, dass der Versicherungsvermittler vom Kunden für die Vermittlung und für seine Beratungs- und sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit dem Abschluss des Versicherungsvertrags eine einmalige Vergütung erhalte, der Versicherungstarif keine Abschlusskosten enthalte und der Versicherungsvermittler deshalb von der Versicherungsgesellschaft für seine Tätigkeit keine Provision oder sonstige Vergütung bekomme. In Nr. 4 und 5 wurde mit Fettdruck darauf hingewiesen, dass der Vergütungsanspruch des Versicherungsvermittlers mit Zustandekommen des Versicherungsvertrags entstehe und der Kunde wegen der rechtlichen Unabhängigkeit der Vergütungsvereinbarung vom Versicherungsvertrag auch bei vorzeitiger Beendigung des Versicherungsvertrags zur Zahlung der Vergütung verpflichtet sei. Am Ende enthielt das verwendete Formular folgende Widerrufsbelehrung:

Widerrufsrecht

Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an: …

Widerrufsfolgen

Im Fall eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und gegebenenfalls gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben.[3] Versicherungsbeginn sollte der 01.09.2007 sein. Für die Monate September 2007 bis Februar 2008 zahlte die Bekl. insgesamt sechs Raten zu je 50 Euro, davon jeweils 34,16 Euro für die Kl. Ab März 2008 stellte sie die Zahlungen ein. Wegen der Nichtzahlung der Versicherungsprämien trotz Mahnung erklärte die A. Lebensversicherung S. A. mit Schreiben vom 16.05.2008 unter Errechnung eines Rückkaufswerts von 36,47 Euro die „Stornierung“ des Versicherungsvertrags. Nach Gesamtfälligstellung berechnete die Kl. der Bekl. eine restliche Vergütungsforderung von insgesamt 1.703,23 Euro, die sie mit der vorliegenden Klage nebst Zinsen und Kosten geltend machte. Die Bekl. focht mit Schriftsatz vom 14.04.2011 die Vergütungsvereinbarung wegen arglistiger Täuschung an und erklärte den Widerruf ihrer hierauf gerichteten Willenserklärung.[4] Die Bekl. wendete sich gegen das gültige Zustandekommen der Vergütungsvereinbarung und machte insbesondere geltend, die Vergütungsvereinbarung sei gem. § 307 BGB unwirksam. Zudem habe sie die Vereinbarung wirksam widerrufen. Eine Versicherungspolice und weitere Versicherungsunterlagen habe sie nicht erhalten. Auf einen Wertersatzanspruch könne sich die Kl. nicht mit Erfolg stützen, weil ihr mangels ordnungsgemäßer Leistung kein Wertersatz zustehe. Im Übrigen sei die Kl. ihr, der Bekl., wegen Beratungsfehlern zum Schadensersatz verpflichtet.[5] Das AG hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Berufung der Bekl. ist ohne Erfolg geblieben.[6] Die Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Entscheidungsgründe

[7] I. Das Berufungsgericht hat der Kl. den geltend gemachten Zahlungsanspruch zuerkannt und zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Die Vergütungsvereinbarung vom 24.07.2007 sei wirksam. Dem stehe insbesondere nicht § 307 BGB entgegen, weil der Versicherungsvertreter ebenso wie der Versicherungsmakler eine selbstständige Vergütungsabrede mit dem VN treffen dürfe; der VN werde hierdurch nicht unangemessen benachteiligt. Eine arglistige Täuschung vonseiten der Kl. habe die Bekl. nicht zu beweisen vermocht. Ob die Bekl. ihre auf den Abschluss der Vergütungsvereinbarung gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen habe, könne offenbleiben. Denn auch wenn dies der Fall sei, stünde der Kl. gegen die Bekl. gem. §§ 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB ein Wertersatzanspruch in gleicher Höhe zu. Die Höhe des Wertersatzes richte sich nach dem objektiven Wert der Unternehmerleistung, wobei auf die übliche bzw. angemessene Vergütung abzustellen sei. Die Kl. habe unter Vorlage eines Sachverständigengutachtens dargelegt, dass die vereinbarte Vergütung marktüblich und angemessen sei. Die Bekl. habe hierauf nur entgegnet, dass die Kl. im Rahmen der Vermittlung keine Beratungsleistung erbracht habe, was jedoch irrelevant sei. Zum objektiven Wert der Vermittlung habe sich die Bekl. nicht geäußert, sodass das Vorbringen der Kl. als zugestanden zugrunde zu legen sei.[8] II. Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.[9] 1. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Unwirksamkeit der Vergütungsvereinbarung gem. § 307 Abs. 1 und 2 BGB verneint. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision sind unbegründet.[10] a) Ob es sich bei der Vergütungsregelung um eine gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Kontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB entzogene (reine) Preisvereinbarung handelt, kann dahinstehen. Jedenfalls ist eine gegen die Gebote von Treu und Glauben verstoßende Benachteiligung des Kunden zu verneinen.[11] b) Wie der erkennende Senat im Anschluss an den I. Zivilsenat (Urteil vom 06.11.2013 – I ZR 104/12 – VersR 2014, 64) inzwischen mehrfach ausgesprochen hat (Urteile vom 12.12.2013 – III ZR 124/13 – BGHZ 199, 216 = VersR 2014, 240 und vom 05.06.2014 – III ZR 557/13 – VersR 2014, 877), kann ein Versicherungsvertreter ebenso wie ein Versicherungsmakler mit seinem Kunden wirksam vereinbaren, dass für die Vermittlung eines Lebensversicherungsvertrags mit Nettopolice (ratenweise) eine Vergütung zu zahlen ist und der Kunde auch bei einer Kündigung des Versicherungsvertrags zur Fortzahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet bleibt. Einer solchen Vereinbarung stehen weder zwingende Vorschriften des VVG noch §§ 305 c Abs. 1, 307 BGB entgegen (Senat BGHZ 199, 216 = VersR 2014, 240 Tz. 9 ff. m. w. N. und VersR 2014, 877 [878] Tz. 11 ff.). Dieser Rechtsprechung ist der IV. Zivilsenat nicht entgegengetreten (Urteil vom 12.03.2014 – IV ZR 295/13 – VersR 2014, 567 [570] Tz. 33; s. insoweit auch Reiff VersR 2014, 571 [574]).[12] aa) Auch wenn der Versicherungsvertreter anders als der Versicherungsmakler typischerweise im Lager des Versicherers steht, dessen Interessen er bei seiner Vermittlungstätigkeit im Auge zu behalten hat (vgl. § 86 Abs. 1 Halbs. 2 i. V. m. § 92 Abs. 2 HGB), ist zu berücksichtigen, dass durch das – vorliegend anwendbare – Gesetz zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts vom 19.12.2006 (BGBI I S. 3232) dem Versicherungsvermittler allgemein (also sowohl dem Versicherungsmakler als auch dem Versicherungsvertreter [vgl. § 42 a Abs. 1 VVG a. F.; jetzt § 59 Abs. 1 VVG]) umfassende Beratungs- und Dokumentationspflichten gegenüber dem VN auferlegt worden sind (§§ 42 c, 42 d VVG a. F.; jetzt §§ 61, 62 VVG). Diese Pflichten (auch) des Versicherungsvertreters sind derart zentral, dass er bei Verletzung dieser Pflichten dem VN gegenüber persönlich zum Schadensersatz verpflichtet ist (§ 42 e VVG a. F.; jetzt § 63 VVG). Angesichts dieser Normenlage wäre es wenig verständlich, wenn man es dem Versicherungsvertreter verwehren wollte, Beratungstätigkeiten – die in erheblichem Umfang schon gesetzlich vorgegeben sind – zum Gegenstand vertraglicher Entgeltvereinbarungen mit dem VN zu machen. Denn die vertraglich nochmals bekräftigten Beratungspflichten des Versicherungsvertreters unterscheiden sich – soweit sie die Frage betreffen, ob die (wahrheitsgemäß dargestellten) Eigenschaften des angebotenen Produkts den Bedürfnissen und Interessen des VN entsprechen – in ihrem Umfang und in ihrer Intensität nicht von den Pflichten des Versicherungsmaklers (BGH VersR 2014, 64 [66] Tz. 21; Senat BGHZ 199, 216 = VersR 2014, 240 Tz. 14 und VersR 2014, 877 Tz. 12).[13] bb) Die streitgegenständliche Vergütungsvereinbarung steht nicht in Widerspruch zu einem gesetzlichen Leitbild. Die Vorschriften des § 87 a Abs. 2 und des § 92 Abs. 4 HGB haben lediglich den Risikoausgleich zwischen dem Handels- bzw. Versicherungsvertreter und dem Unternehmer im Auge und betreffen nicht das Rechtsverhältnis zwischen dem VN und dem Versicherungsvermittler (Senat BGHZ 199, 216 = VersR 2014, 240 Tz. 15 und VersR 2014, 877 Tz. 13).[14] cc) Schutzwürdige Interessen des VN, die so gewichtig wären, dass selbstständigen Vergütungsvereinbarungen mit dem Versicherungsvertreter die Wirksamkeit versagt werden müsste, sind nicht ersichtlich. Insbesondere gleicht sich unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Umstand, dass sich der VN einem Provisionsanspruch des Versicherungsvertreters ausgesetzt sieht, bei regulärem Versicherungsverlauf dadurch aus, dass die vermittelte „provisionsbereinigte“ Nettopolice-Lebensversicherung als solche preisgünstiger ist als eine herkömmliche Bruttopolice-Lebensversicherung. Da der Vermittler bei der vorgenommenen Trennung zwischen Vermittlungs- und Versicherungsgeschäft nach ordnungsgemäßer Beratung bereits mit Zustandekommen des Versicherungsvertrags seine Pflichten vollständig erfüllt hat, ist es nur folgerichtig, dass eine spätere Kündigung des Versicherungsvertrags auf die Höhe seiner Vergütung keinen Einfluss hat. Andererseits ist nicht zu verkennen, dass sich der Kunde im Fall einer vorzeitigen Kündigung des Versicherungsvertrags bei einer Nettopolice deutlich schlechter stellen kann als bei einer (dem Schicksalsteilungsgrundsatz unterliegenden) Bruttopolice. Auf den Umstand, dass der Kunde bei der Nettopolice auch dann zur Zahlung der (vollen) Vergütung verpflichtet bleibt, wenn der vermittelte Versicherungsvertrag nach kurzer Zeit beendet wird, muss der Versicherungsvertreter im Rahmen seiner Beratung deshalb deutlich hinweisen. Denn er kann bei seinen Kunden nicht als allgemein bekannt voraussetzen, dass die bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise scheinbar „aufkommensneutrale“ – weil auf den ersten Blick lediglich die Art und Weise des Aufbringens der Kosten des Vertriebs der Versicherungsprodukte modifizierende – gesonderte Vergütungsvereinbarung sich im Fall einer vorzeitigen Kündigung derart nachteilig auswirken kann (Senat BGHZ 199, 216 = VersR 2014, 240 Tz. 16 und VersR 2014, 877 Tz. 14).[15] 2. Der Wirksamkeit einer die Provisionspflicht des VN gegenüber einem Versicherungsvertreter begründenden Vereinbarung stehen auch keine zwingenden, zur Nichtigkeit nach § 134 BGB führenden Vorschriften des VVG entgegen (Senat BGHZ 199, 216 = VersR 2014, 240 Tz. 17 und VersR 2014, 877 Tz. 15 f.).[16] 3. Trotz (anfänglicher) Wirksamkeit der Vergütungsvereinbarungen kann die Kl. von der Bekl. die vertraglich vereinbarte Vergütung als solche jedoch nicht beanspruchen, weil die Bekl. ihre auf den Abschluss der Vergütungsvereinbarung gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen hat.[17] a) Auf das streitgegenständliche Schuldverhältnis sind gem. Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB das BGB und die BGB-Informationspflichtenverordnung (BGB-InfoV) in der bis zum 11.06.2010 geltenden Fassung anzuwenden, weil der fragliche Vertrag im Jahr 2007 geschlossen worden ist und es sich nicht um ein unbefristetes Schuldverhältnis i. S. d. Art. 229 § 22 Abs. 3 EGBGB handelt.[18] b) D er Bekl. stand das ausgeübte Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 1 BGB a. F. zu. Da die Vergütung für die Vermittlung der fraglichen Versicherung in Teilzahlungen zu erbringen war, handelte es sich um ein Teilzahlungsgeschäft i. S. v. § 499 Abs. 2 BGB a. F. Gem. § 501 Satz 1 i. V. m. §§ 495 Abs. 1 und 355 Abs. 1 Satz 2 BGB a.F. konnte die Bekl. ihre auf Abschluss der Vergütungsvereinbarung gerichtete Willenserklärung deshalb innerhalb von zwei Wochen widerrufen. Diese Frist war zum Zeitpunkt ihrer Widerrufserklärung nicht abgelaufen. Denn der in dem verwendeten Formular enthaltene Hinweis, die Frist für den Widerruf beginne „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“, genügte nicht den Anforderungen nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. und darüber hinaus entsprach das verwendete Formular nicht in jeder Hinsicht dem Muster der Anl. 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV, sodass die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden war (vgl. dazu im Einzelnen die wortgleiche Widerrufsbelehrungen betreffenden Senatsurteile vom 01.03.2012 – IM ZR 83/11 – NZG 2012, 427 [428 f.] Tz. 14 ff.; vom 19.07.2012 – III ZR 252/11 – BGHZ 194, 150 = VersR 2012, 1310 Tz. 12 ff.; vom 18.10.2012 – III ZR 106/11 – NJW 2012, 3718 [3719] Tz. 22; vom 17.01.2013 – III ZR 145/12 – NJW-RR 2013, 885 [886] Tz. 9 ff.; BGHZ 199, 216 = VersR 2014, 240 Tz. 19 f. und VersR 2014, 877 [878 f.] Tz. 19).[19] 4. Zwar kommt, wie das Berufungsgericht zutreffend erwogen hat, statt des vertraglichen Vergütungsanspruchs ein Wertersatzanspruch der Kl. nach § 357 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB in einer die von ihr bisher vereinnahmten Beträge übersteigenden Höhe in Betracht. Jedoch kann die Kl. Wertersatz nur dann verlangen, wenn durch ihre Vermittlung der in Aussicht genommene Versicherungsvertrag zustande gekommen ist (vgl. Senat BGHZ 199, 216 = VersR 2014, 240 Tz. 23 f.).[20] a) Die Revision weist diesbezüglich darauf hin, dass die Bekl. den Erhalt jedweder Versicherungsunterlagen (Versicherungsschein, AVB und Verbraucherinformation nach § 10 a VAG in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 02.12.2004 [BGBl. I S. 3102]) bestritten habe. Hierzu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen, sodass revisionsrechtlich davon auszugehen ist, dass die Bekl. die Versicherungsunterlagen nicht erhalten hat. Danach ist die Ansicht des AG, auf diesen Punkt komme es im Hinblick auf die Regelung in § 3 AVB nicht an, weil die Bekl. die ersten Beiträge gezahlt habe, von Rechtsfehlern beeinflusst.[21] b) Nach dem für den hier maßgeblichen Zeitraum anwendbaren § 5 a VVG i. d. F. des Gesetzes vom 02.12.2004 kam ein Lebensversicherungsvertrag in dem Fall, dass der Versicherer dem VN bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10 a VAG a. F. unterlassen hat, erst dann wirksam zustande, wenn dem VN die Versicherungspolice, die AVB und die Verbraucherinformation nach § 10 a VAG a. F. zugegangen waren und der VN nicht binnen einer nachfolgenden Frist von 30 Tagen widersprach (vgl. BGH vom 07.05.2014 – IV ZR 76/11 – VersR 2014, 817 [818] Tz. 15 und vom 16.07.2014 – IV ZR 73/13 – VersR 2014, 1065 = WM 2014, 1575 [1576] Tz. 14; jeweils m.w.N.).[22] c) Demzufolge wäre der von der Kl. vermittelte Versicherungsvertrag mit der A. Lebensversicherung S. A. nicht wirksam geschlossen worden, wenn die Bekl. die Versicherungsunterlagen nicht erhalten hätte. Die Widerspruchsfrist wäre dann nicht in Gang gesetzt worden. Zwar bestimmte § 5 a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F., dass das Widerspruchsrecht des VN ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlosch. Diese Regelung war auf Lebensversicherungsverträge jedoch nicht anwendbar (BGH VersR 2014, 817 [820] Tz. 27). Darüber hinaus kommt § 5 a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. hier auch deshalb nicht zum Zuge, weil der Versicherungsvertrag bereits im Mai 2008 durch den Versicherer „storniert“ wurde, bei Ablauf der Jahresfrist somit nicht mehr (auch nicht schwebend unwirksam) bestand und daher auch nicht durch das Unterbleiben eines Widerspruchs wirksam werden konnte.[23] d) Demgegenüber kann sich die Kl. nicht mit Erfolg auf die Regelung in Nr. 4 der Vergütungsvereinbarung berufen. Hiernach kommt der Versicherungsvertrag zustande, wenn die Versicherungsgesellschaft die Annahme des Versicherungsantrags durch schriftliche Annahmeerklärung oder Zusendung des Versicherungsscheins oder durch Entgegennahme des ersten Versicherungsbeitrags (s. § 3 Allgemeine Versicherungsbedingungen …) erklärt oder der erste Beitrag auf Veranlassung der A. Lebensversicherung S. A. eingezogen wurde und der Kunde sein gesetzliches Recht auf Rücktritt von der Fondsgebundenen Lebens- und Rentenversicherung innerhalb von 30 Tagen nach Annahme des Versicherungsvertrags durch die Versicherungsgesellschaft, wie im Antragsformular unter „Belehrung über das Recht zum Rücktritt“ angegeben, nicht wahrnimmt.[24] Zweifelhaft ist bereits, ob diese Bestimmung über den Vergütungsanspruch als solchen hinaus auch für den Wertersatzanspruch nach § 357 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB Geltung beanspruchen kann. Diese Frage bedarf hier indes keiner abschließenden Klärung. Denn mit dem Hinweis auf das „gesetzliche Recht zum Rücktritt“ wird der Sache nach auf die damalige Vorschrift des § 5 a VVG a.F. Bezug genommen. Auf diese Weise wird gegenüber dem VN (Kunden) zum Ausdruck gebracht, dass der Vergütungsanspruch vom rechtlich wirksamen Zustandekommen des Versicherungsvertrags abhängig gemacht und diesbezüglich keine abweichende Regelung getroffen werden soll. Dementsprechend bestimmt Nr. 5 der Vergütungsvereinbarung, dass die Vergütung bei „Aufhebung des Versicherungsvertrags infolge eines berechtigten Rücktritts oder einer berechtigten Ausübung des Widerrufsrechts nicht geschuldet“ ist. Auf die Regelung im Versicherungsantrag i. V. m. § 3 AVB, wonach die Entgegennahme des ersten Versicherungsbeitrags für den Beginn der 30-tägigen Widerrufsfrist genügen soll, kann in diesem Zusammenhang nicht zurückgegriffen werden. Gem. § 15 a VVG a. F. darf sich der Versicherer nämlich auf eine von § 5 a VVG a. F. abweichende Vereinbarung nicht zum Nachteil des VN berufen. Erweist sich die vereinbarte Regelung demnach aber als unwirksam, so konnte sie auch nicht im Verweisungswege zum gültigen Bestandteil der Vergütungsvereinbarung zwischen den Parteien gemacht werden; die Verweisung ging insoweit gleichsam „ins Leere“.

Einem Verständnis dieser Klausel dahin, dass das „Zustandekommen“ des Versicherungsvertrags in der Vergütungsvereinbarung für die Frage, wann die vereinbarte Provision verdient ist, konstitutiv unter Abweichung von für den Versicherungsvertrag selbst geltenden zwingenden Vorschriften des VVG definiert wird, steht schon die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB entgegen. Eine Klausel solchen Inhalts wäre darüber hinaus wohl auch überraschend i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB; sie dürfte zudem (jedenfalls) eine unangemessene Benachteiligung des Kunden i. S. d. § 307 BGB darstellen.[26] e) Nach alledem besteht ein Wertersatzanspruch der Kl., nur dann, wenn der vermittelte Versicherungsvertrag unter Berücksichtigung von § 5 a VVG a.F. wirksam zustande gekommen ist. Die dafür zu beachtenden tatsächlichen Voraussetzungen hat die Kl. darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen (vgl. Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 5 a Rn. 54 b). Die hierzu erforderlichen – derzeit noch fehlenden – Feststellungen wird das I3erufungsgericht nachzuholen haben.[27] 5. Das Berufungsurteil ist sonach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO).[28] Das Berufungsgericht wird sich nach Klärung der Frage des wirksamen Zustandekommens des vermittelten Versicherungsvertrags gegebenenfalls erneut mit der Höhe des Wertersatzanspruchs der Kl. und der Erfüllung der Beratungspflichten der Kl. sowie eines hierdurch etwa begründeten Schadensersatzanspruchs der Bekl. zu befassen haben. Es wird in diesem Fall Gelegenheit haben, sich mit den diesbezüglichen Rügen der Revision auseinanderzusetzen.[29] Der Senat weist insoweit auf Folgendes hin:[30] a) Maßgeblich für die Bemessung des Wertersatzes, den der Verbraucher nach dem (wirksamen) Widerruf eines Teilzahlungsgeschäfts für bis dahin erbrachte Leistungen des Unternehmers gewähren muss, ist der objektive Wert der Leistungen, sofern dieser das vertragliche Entgelt nicht übersteigt. Hierbei ist im Ausgangspunkt, wie bei Dienstleistungen allgemein, auf die übliche oder (bei Fehlen einer solchen) auf die angemessene Vergütung abzustellen, die für eine solche Leistung zu bezahlen ist, nicht dagegen auf den konkret-individuellen Wert des Erlangten für den Schuldner. Eine Kündigung des Versicherungsvertrags hat dabei für sich genommen auf die Höhe des Wertersatzanspruchs keine Auswirkungen (s. Senat BGHZ 199, 216 = VersR 2014, 240 Tz. 22 ff. m.w.N. und VersR 2014, 877 [879] Tz. 21).[31] Soweit die Revision in Anknüpfung an den Vortrag der Bekl. in den Vorinstanzen darauf abheben möchte, dass die Leistung der Kl. mangels erfolgter Beratungstätigkeit nichts oder deutlich weniger wert gewesen sei, betrifft dies nicht den objektiven Wert der Vermittlungsleistung, sondern den Einwand der Schlechterfüllung. Ebenso wie beim Dienstvertrag (s. dazu BGH vom 15.07.2004 – IX ZR 256/03 – VersR 2005, 270 = NJW 2004, 2817 m.w.N.; vgl. auch Senat vom 12.05.2011 – III ZR 107/10 – NJWRR 2011, 1426 [1428] Tz. 28) wird auch beim Schuldverhältnis zwischen VN und Versicherungsvertreter die geschuldete Vergütung durch eine Schlechtleistung des Vermittlers nicht gekürzt. Der VN ist vielmehr darauf verwiesen, dem Vergütungsanspruch einen Schadensersatzanspruch entgegenzuhalten (§§ 242, 387 ff. BGB), wie dies die Bekl. hier auch getan hat. Dies gilt in gleicher Weise für den Wertersatzanspruch.[32] Dessen ungeachtet entspricht es der Rechtsprechung des Senats, dass bei der gebotenen typisierten und objektivierten Betrachtungsweise der Wert der von einem bloßen Versicherungsvertreter versprochenen bzw. zu erbringenden Beratungs- und Vermittlungsleistungen deutlich unter dem Wert einer Versicherungsmaklerleistung liegt (s. Senat BGHZ 199, 216 = VersR 2014, 240 Tz. 29 und VersR 2014, 877 [879] Tz. 26).[33] b) Der Versicherungsvertreter muss, wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Urteils entschieden hat, seinen Kunden im Rahmen der gem. § 42 c VVG a. F. (jetzt: § 61 VVG) geschuldeten Beratung auf die Auswirkungen des Abschlusses einer Nettopolice und hierbei insbesondere deutlich auf den Umstand hinweisen, dass, der Kunde bei der Nettopolice auch dann zur Zahlung der (vollen) Vergütung verpflichtet bleibt, wenn der vermittelte Versicherungsvertrag nach kurzer Zeit beendet wird (Senat BGHZ 199, 216 = VersR 2014, 240 Tz. 16, 27 sowie VersR 2014, 877 Tz. 14, 24; vgl. auch LG Saarbrücken VersR 2013, 759 [760 f.]). Wie diese Aufklärung im Einzelnen zu geschehen hat, hängt von dem erkennbaren Aufklärungsbedürfnis des Kunden und den sonstigen Umständen des Einzelfalls ab (Senat VersR 2014, 877 [879] Tz. 24).[34] c) Im Ansatz zutreffend ist das AG davon ausgegangen, dass grundsätzlich der den Schadensersatz begehrende Kunde (VN) darlegen und beweisen muss, dass der Versicherungsvermittler seine Beratungspflicht verletzt hat, wobei den Versicherungsvermittler allerdings eine sekundäre Darlegungslast trifft (s. etwa OLG Saarbrücken VersR 2011, 1441 [1442] und VersR 2010, 1181 [1182]; LG Saarbrücken VersR 2013, 759 [761]). Darüber hinaus können sich aus der Nichtbeachtung der Dokumentationspflicht des Versicherungsvermittlers nach §§ 42 c Abs. 1 Satz 2, 42 d VVG a. F. (jetzt: §§ 61 Abs. 2 Satz 2, 62 VVG) Beweiserleichterungen zugunsten des VN bis hin zu einer Beweislastumkehr ergeben (vgl. OLG München VersR 2012, 1292 [1293]; OLG Saarbrücken VersR 2011, 1441 [1443] und VersR 2010, 1181 [1182]; LG Saarbrücken VersR 2013, 759 [761]; s. auch Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts BT-Drucks. 16/1935S. 26).

Schlagwörter
Widerruf (5) Wertersatz (2) Versicherungsvermittler (9) Vergütungsvereinbarung (1)