Zur Zulässigkeit von Einstandsvereinbarungen
16 U 66/02 Urteil verkündet am 24. Januar 2003 OLG Düsseldorf Einstands-, Abwälzungs- und NachfolgevereinbarungenOberlandesgericht Düsseldorf
Im Namen des Volkes
Urteil
[…]
Tatbestand
Der Kläger war in der Zeit vom 01.06.2000 bis zum 28.02.2001 für die Beklagte als Handelsvertreter tätig. Die Parteien hatten einen schriftlichen Handelsvertretervertrag abgeschlossen, durch welchen die Beklagte den Kläger zum Bezirkshandelsvertreter für Gebiete in Süddeutschland (Postleitzahlgebiete 8 bis 87789 und 9 bis 9799) bestellte.
Nr. 6 des Vertrages enthielt folgende Bestimmung:
a) Für die Übertragung der Vertretungsrechte für das dem Handelsvertreter im Rahmen dieses Vertrages zur Bearbeitung übertragene Vertragsgebiet schuldet der Handelsvertreter dem Unternehmen einen Betrag i.H.v. 43.778,38 DM zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer. Das Entgelt ist auf der Grundlage des provisionspflichtigen Umsatzes des Unternehmens mit den gebietsansässigen Kunden in den vorangegangenen Saisons (Frühjahr/Sommer 2000 bis Herbst/Winter 2000) i.H.v. 437.783,75 DM (Frühjahr/Sommer 279.553,25 DM und Herbst/Winter 158.230,50 DM) ermittelt und von den Parteien einvernehmlich festgelegt worden. Der Kundenstamm und der mit ihm getätigte Umsatz ist in der Anlage 3 zu diesem Vertrag im einzelnen aufgeführt. Die beiliegende Kundenliste ist die Basis für einen Ausgleichsanspruch nach Beendigung der Zusammenarbeit.
b) Der Unternehmer schuldet (muss offensichtlich heißen: stundet) dem Handelsvertreter den in Absatz 1 genannten Betrag bis zu diesem Tag, an dem das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien endet.
c) Der Unternehmer ist berechtigt, den bei Vertragsbeendigung fälligen Einstandsbetrag mit einem zu diesem Zeitpunkt ggf. entstehenden Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters zu verrechnen.
In einer Zusatzvereinbarung zum Handelsvertretervertrag hatten die Parteien vereinbart, dass die Beklagte für die Monate Juni, Juli und August 2000 als Zuschuss für die monatlich laufenden Kosten eine Zahlung von 2.000,– DM/Monat gewährt. Des weiteren werde eine Provisionsvorauszahlung auf die bestätigten Vororderaufträge für die Saisons Frühjahr/Sommer 2001 und Herbst/Winter 2001 i. H. v. 80 % geleistet. Die restlichen 20 % würden bei Rechnungsstellung ausgezahlt.
Bei Beendigung des Vertragsverhältnisses innerhalb des ersten Jahres würden Vorauszahlungen mit anstehenden Provisionszahlungen verrechnet.
Der Kläger hat Stufenklage erhoben auf Buchauszug und Restprovision. Nach mehrfacher Antragsänderung hat er in der letzten mündlichen Verhandlung die Anträge gestellt, die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft zu erteilen in Form eines Buchauszugs über sämtliche in den ihm zugewiesenen Postleitzahlgebieten abgeschlossenen Geschäfte, die Beklagte zu verurteilen, nach Vorlage des Buchauszugs die Angaben an Eides statt zu versichern und den sich aus dem Buchauszug ergebenden Betrag an ihn zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und Widerklage erhoben auf Zahlung von 46.024,11 DM mit Zinsen. Sie hat vorgetragen:
Dem Kläger stehe eine Gesamtprovision von 4.102,42 DM zuzüglich Mehrwertsteuer = 4.758,81 DM zu, über die sie anliegend Abrechnung erteile. In dieser Höhe werde die Aufrechnung erklärt mit einem fälligen Gegenanspruch in gleicher Höhe aus einem erststelligen Teilbetrag gem. Ziffer 6 des Handelsvertretervertrages, wonach der Kläger bei Vertragsbeendigung eine Zahlung von 43.778,38 DM zuzüglich Mehrwertsteuer, insgesamt also 50.782,92 DM für die Übertragung des Vertragsgebiets schulde. Der Restbetrag werde zum Gegenstand der Widerklage gemacht.
Die Vereinbarung einer Einstandszahlung sei nicht sittenwidrig. Sie unterliege nicht der Inhaltskontrolle, das folge aus § 8 AGBG. Die Vereinbarung enthalte den Preis für die Übertragung der Vertreterrechte im Vertragsgebiet. Der Übernahmepreis sei ausführlicher Verhandlungsgegenstand der Parteien und dann Gegenstand einer Individualabrede geworden. Das folge aus dem Wortlaut der Nr. 6 des Vertrags. Außerdem sei die Vereinbarung von einem Kaufmann unterzeichnet worden. Sie verstoße auch nicht gegen § 89 b Abs. 4 HGB.
Demgegenüber hat der Kläger vorgetragen: Nach dem Handelsvertretervertrag schulde er zwar eine Einstandszahlung. Diese sei nach dem Vertretervertrag jedoch nur mit einem Ausgleichsanspruch zu verrechnen, nicht mit etwaigen Provisionszahlungen. Im Übrigen sei die Regelung im Handelsvertretervertrag unwirksam. Die Einstandszahlung sei ausschließlich zu dem Zweck vereinbart worden, einen möglicherweise entstehenden Handelsvertreterausgleichsanspruch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses zu kompensieren. Das folge insb. aus Absatz c) der Vereinbarung. Ihm stünden im Gegenzug für die Verpflichtung zur Zahlung des Einstandsbetrages auch keine besonderen Vorteile zu. Ein Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen Einstandszahlung und einem wirtschaftlichen Vorteil des Klägers bestehe nicht. Es sei in keiner Weise zu rechtfertigen, dass er für seine Tätigkeit Provisionen i. H. v. 5.000,– DM erhalten solle, im Gegenzug aber dafür 50.000,– DM zahlen solle.
Die Aufrechnung mit dem Anspruch auf Einstandszahlung gegen seinen Provisionsanspruch sei sittenwidrig. Es sei richtig, dass er für die Monate Juni bis August 2000 einen Zuschuss von 2.000,– DM zu den laufenden Kosten erhalten habe. Dieser Zuschuss sei nicht auf die Provision zu verrechnen. Nach dem Inhalt der Ergänzungsvereinbarung seien lediglich Vorauszahlungen mit anstehenden Provisionszahlungen zu verrechnen. Die Zuschüsse seien als Anschubfinanzierung für die Anlaufkosten gedacht gewesen. Hätte die Beklagte die Verrechnung auch dieser Zahlungen mit Provisionszahlungen gewollt, hätte dies vereinbart werden müssen. Dies sei nicht geschehen.
Durch das angefochtene Teilurteil hat das LG die Klage bezüglich des Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszugs und die Widerklage abgewiesen. Die Beklagte habe keinen Zahlungsanspruch gegen den Kläger. Die Vereinbarung einer Einstandszahlung verstoße gegen § 89 b Abs. 4 HGB und sei gem. § 134 BGB nichtig, weil sie der Umgehung des Ausgleichsanspruchs diene.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten mit dem Antrag, abändernd den Kläger auf die Widerklage zu verurteilen, an die Beklagte 23.531,75 Euro mit 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz zu zahlen.
Sie macht geltend, die Vereinbarung einer Einstandszahlung in einem Handelsvertretervertrag würde von der Rechtsprechung allgemein als zulässig angesehen. Die hier vereinbarte Einstandszahlung sei unabhängig und losgelöst von früheren Vertragsbeziehungen der Beklagten zu Handelsvertretern vereinbart worden und habe sich nach dem Wert gerichtet, welchen die Vertretung für den Kläger als neuen Handelsvertreter gehabt habe. Die Zahlung sei Gegenleistung des Klägers für die ihm von ihr verschaffte Chance gewesen, den übertragenen Bezirk provisionsmäßig zu nutzen. Sie sei auf der Grundlage der zuletzt erzielten Umsätze ermittelt worden. Zu beanstanden sei auch nicht, dass die Parteien eine Stundung der Einstandszahlung bis zur Vertragsbeendigung und eine anschließende Aufrechnung mit einem möglichen Ausgleichsanspruch vereinbart hätten. Gegen eine solche Regelung bestünden keine Bedenken. Ein unangemessen hoher Übernahmepreis sei nicht vereinbart worden. Die vorzeitige Beendigung des Vertrages sei auf Veranlassung des Klägers und nicht auf Veranlassung der Beklagten geschehen.
Der Kläger bittet um Zurückweisung der Berufung. Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens trägt er vor:
Unabhängig davon, ob man die Auffassung vertrete, er habe das ihm „geschuldete“ Übernahmeentgelt gleichsam auch für den Vorteil zu zahlen, später ausgleichsrechtlich an den Altkunden beteiligt zu werden, könne die Widerklage keinen Erfolg haben. Zwar wäre dann eine Umgehung des § 89 b Abs. 4 HGB nicht in gleicher Weise offenkundig wie bei einer Nichterstreckung des Ausgleichsanspruchs auf Altkunden der Beklagten. Trotzdem könne man nicht davon ausgehen, dass die Parteien zu seinen Lasten ein bei Vertragsbeendigung fälliges Übernahmeentgelt rechtswirksam vereinbart hätten. Werde ein solches Entgelt bis zur Vertragsbeendigung gestundet, spreche prima facie bereits vieles für den Versuch des Prinzipals, den Ausgleichsanspruchs des Handelsvertreters zu unterlaufen. Sei die gestundete Einstandszahlung unangemessen hoch, so liege darin eine Umgehung des Ausschlussverbots. Da der Vertrag nicht auf eine bestimmte Mindestdauer geschlossen worden, sondern für die Beklagte im Rahmen der gesetzlichen Kündigungsfristen ordentlich kündbar gewesen sei, sei es letztlich vom Belieben des Prinzipals abhängig gewesen, ob er überhaupt Gelegenheit erhalte, das vereinbarte Übernahmeentgelt zu verdienen. Eine Beibehaltung der früheren Umsätze unterstellt, hätte er im gesamten ersten Vertragsjahr gleichsam nur für die Amortisation des Übernahmeentgelts gearbeitet. Ein nach Vertragsjahren gestaffeltes Übernahmeentgelt hätten sie unstreitig nicht vereinbart.
Aber selbst wenn die Beklagte berechtigt sei, ihm ein Übertragungsentgelt gem. Ziffer 6 des Handelsvertretervertrages vom 19.05.2000 abzuverlangen, so stünde dieser Forderung ein Ausgleichsanspruch des Klägers gegenüber, mit dem er hilfsweise aufrechne: dem Ausgleichsbegehren stehe nicht schon § 89 b Abs. 3 Satz 1 HGB entgegen. Zwar habe er in erster Instanz irrtümlich vortragen lassen, das Vertragsverhältnis sei durch seine Kündigung zum 28.02.2001 beendet worden. Tatsächlich habe allerdings nicht er, sondern habe vielmehr die Beklagte ihm mit Schreiben vom 24.11.2000, und zwar mit sofortiger Wirkung gekündigt. Diese fristlose Kündigung sei unberechtigt gewesen, denn er habe nichts weiter getan, als über seinen örtlichen Anwalt den damals fälligen Provisionsanspruch einzufordern, nachdem mehrere persönliche Telefonate und Schreiben des Klägers zuvor ohne Reaktion geblieben seien. Die Beklagte habe dieses anwaltliche Aufforderungsschreiben zum Anlass genommen, ohne Abmahnung kurzer Hand fristlos zu kündigen, was er mit Schreiben vom 04.12.2000 zurückgewiesen habe. Dabei habe er das Kündigungsverlangen zutreffend dahin ausgelegt, die Beklagte wolle hilfsweise ordentlich zum 28.02.2001 kündigen. Diese ordentliche Kündigung habe er akzeptiert und habe aus Rechtsgründen auch hinnehmen müssen.
Gegenüber seinem Ausgleichsbegehren könne die Beklagte auch nicht einwenden, er habe seinen Anspruch erstmals im Rahmen dieses Schriftsatzes und damit nicht binnen Jahresfrist geltend gemacht. Das Vertragsverhältnis der Parteien habe nach ordentlicher Unternehmerkündigung mit Ablauf des 28.02.2001 geendet. Bereits mit Anwaltsschreiben vom 09.04.2001 habe er seinen Ausgleichsanspruch bei der Beklagten angemeldet. Dass dies „rein vorsorglich“ für den Fall geschehen sei, dass das Gericht die Widerklageforderung für gerechtfertigt halte, ändere nichts daran, dass die Ausschlussfrist des § 89 b Abs. 4 HGB gewahrt sei. Dem Grunde nach sei der Ausgleichsanspruch gegeben, die Voraussetzungen des § 89 b Abs. 1 lägen vor. Zwar habe er infolge der sehr schnellen Kündigung keine Gelegenheit mehr gehabt, nachhaltig wirkliche Neukunden für die Beklagte dauerhaft zu werben. Wenn man allerdings die von ihm übernommenen Altkunden ausgleichsrechtlich wie Neukunden behandelt hätte, habe die Beklagte jedenfalls seit dem 28.02.2001 erhebliche Vorteile in Gestalt fortdauernder Umsätze mit diesen Kunden. Diesem Unternehmervorteil stehe der Provisionsnachteil des Klägers gegenüber, der bei Fortsetzung des Vertrages mit den Altkunden Provisionen verdient hätte, die ihm nach und wegen der Kündigung der Beklagten entgangen seien. Er gehe vorläufig davon aus, dass sich sein Ausgleichsanspruch der Höhe nach jedenfalls auf jene 46.024,11 DM belaufe, welche die Beklagte für sich als restliches Übernahmeentgelt in Anspruch nehme. Die genaue Höhe werde erst feststehen, wenn die Beklagte die Richtigkeit und Vollständigkeit der bislang eingeräumten Umsätze eidesstattlich versichert habe, worüber das LG noch zu entscheiden habe. Unter 12/8 der bislang eingeräumten Umsätze liege der Ausgleichsanspruch des Klägers nicht.
Dem ist die Beklagte noch entgegengetreten, indem sie der erstmals in zweiter Instanz erklärten Aufrechnung widersprochen hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf den Inhalt der angegriffenen Entscheidung sowie das Protokoll der Senatssitzung mit den in der Sitzung erteilten rechtlichen Hinweisen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten hat vorläufig Erfolg, sie führt aus den mit den Parteien in der Senatssitzung erörterten Gründen zur Aufhebung des angefochtenen Teilurteils, soweit über die Widerklage entschieden worden ist und in diesem Umfang zur Zurückverweisung der Sache an das LG.
I. Das LG durfte über die Widerklage der Beklagten, die den Anspruch der Beklagten auf Zahlung des in Nr. 6c) des Handelsvertretervertrages vereinbarten Einstands zum Gegenstand hat, nicht durch Teilurteil gem. § 301 ZPO entscheiden.
Nach st. Rspr. des BGH darf ein Teilurteil nach § 301 ZPO nicht ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen – auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht – besteht (vgl. nur: BGH v. 22.02.2002 – V ZR 296/00, BGHReport 02, 569 = NJW 02, 1806; v. 05.06.2002 – XII ZR 194/00, BGHReport 02, 829 = MDR 02, 1068; v. 05.12.2000 – VI ZR 275/99, BGHReport 01, 96 = NJW 01, 760; v. 04.10.2000 – VIII ZR 109/99, MDR 01, 105 = NJW 01, 155; v. 13.10.2000 – V ZR 356/99, MDR 01, 165 = NJW 01, 78; NJW 00, 958; NJW 97, 2184; v. 26.09.1996 – X ZR 48/95, MDR 97, 593 = NJW 97, 453).
So liegt der Fall hier: Die Beklagte macht mit ihrer Widerklage die in Nr. 6a des Handelsvertretervertrages vom 19.05.2000 vertraglich vereinbarte Einstandszahlung für die Übertragung der Vertretungsrechte in dem früheren Vertragsgebiet des Klägers geltend, und zwar nur i. H. e. Teilbetrages von 46.024,11 DM mit Zinsen. Mit dem Differenzbetrag zur vertraglichen Einstandssumme von insgesamt 50.782,92 DM brutto also mit 4.758,81 DM hat sie ggü. dem von ihr zugestandenen Restprovisionsanspruch des Klägers in dieser Höhe hilfsweise die Aufrechnung erklärt (Bl 28, 48 GA).
Über einen Teil eines einheitlichen Anspruchs, dessen Grund – wie hier – streitig ist, darf indessen nur dann durch Teilurteil entschieden werden, wenn zugleich sichergestellt ist, dass nicht die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen durch das Teilurteil einerseits und durch das Schlussurteil andererseits besteht. So kann ein Teil eines einheitlichen Anspruchs nur dann zugesprochen werden, wenn zugleich ein Grundurteil ergeht (vgl. nur: § 301 Abs. 1 Satz 2 ZPO; BGH v. 26.04.1989 – IVb ZR 48/88, BGHZ 107, 236, 242 = MDR 89, 895). Eine negative Entscheidung über die hilfsweise zur Aufrechnung gestellte restliche Einstandsforderung durch Grundurteil schied für das LG hingegen von vornherein schon deshalb aus, weil eine Vorabentscheidung über den Grund eines Anspruchs nur im bejahenden Sinne erfolgen kann (§ 304 ZPO).
II. Das landgerichtliche Teilurteil ist wegen dieses Verfahrensfehlers aufzuheben und die Sache an das LG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung gem. § 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO n.F. zurückzuverweisen.
Der Mangel des Teilurteils kann in der Berufungsinstanz nicht etwa durch eine Zwischenfeststellung zum Grund der Einstandsforderung (siehe hierzu nur: Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 301 Rz. 13; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 525 Rz. 8) geheilt werden. Der Rechtsstreit ist hinsichtlich der Widerklageforderung noch nicht entscheidungsreif. Der Kläger hat in zweiter Instanz ggü. diesem Anspruch die Aufrechnung mit einem ihm in selber Höhe zustehenden Ausgleichsanspruch erklärt. Da dieser zur Aufrechnung gestellte Anspruch – wie nachstehend ausgeführt werden wird – weiterer Aufklärung bedarf, die Parteien insbesondere noch Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag erhalten müssen, ist der Rechtsstreit an das LG zurückzuverweisen. Der Senat sieht keinen Anlass, den noch in erster Instanz anhängig gebliebenen Teil der Stufenklage „hochzuziehen“, da es nicht seine Aufgabe ist, die tatsächlichen Grundlagen für die Zahlungsansprüche des Klägers zu schaffen, mit denen sich das LG noch gar nicht befasst hat.
III. Das angefochtene Urteil ist auch worauf für die weitere Verhandlung vorsorglich hinzuweisen ist – materiellrechtlich fehlerhaft: Dass der Beklagten der vertraglich vereinbarte Anspruch auf Zahlung der Einstandssumme für die Übertragung der Vertretungsrecht im früheren Vertragsgebiet des Klägers nicht zusteht, lässt sich nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand nicht feststellen.
1. Auf seine Vereinbarkeit mit dem AGB Gesetz in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (Artikel 229 § 5 EGBGB) ist die streitgegenständliche Regelung schon deshalb nicht zu überprüfen, weil der Kläger nicht ausgeführt hat, dass sie eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung i. S. d. § 1 Abs. 1 AGBG ist, welche die Beklagte bei Abschluss des Vertrages gestellt hat. Unabhängig davon spricht nichts dafür, dass – wie nachstehend ausgeführt werden wird – das gesetzliche Leitbild der Risikoverteilung im Handelsvertreterrecht durch die getroffene Vereinbarung unangemessen verschoben worden ist (§ 9 AGBG).
2. Ebenso wenig hat der Kläger bislang aufzeigen können, dass die streitgegenständliche Regelung gemäß § 138 BGB nichtig ist.
Der Handelsvertreter kann sich verpflichten, einen Einstand für die Übernahme einer Handelsvertretung zu zahlen. Diese Zahlung stellt die Gegenleistung für die ihm vom Unternehmer verschaffte Chance dar, in dem übertragenen Bezirk Provisionseinnahmen zu erzielen. In diesem Zusammenhang ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine Zahlungsverpflichtung des Handelsvertreters im Zusammenhang mit der Vertragsübernahme dann zulässig ist, wenn ihr gewichtige Vorteile gegenüberstehen, etwa eine besonders lange Vertragsdauer, eine besonders hohe Provision oder die Bestimmung, dass der Altkundenstamm ausgleichsrechtlich als vom Handelsvertreter selbst geworben anerkannt wird (vgl. nur: OLG Düsseldorf v. 07.07.2000 – 16 U 186/99, OLGReport Düsseldorf 01, 317; OLG München v. 08.10.1996 – 29 U 2209/96, OLGReport München 97, 76; Ebenroth/Boujong/Joost, HGB, § 89 b Rz. 11, 141a).
Die Auslegung des Vertrages spricht auch hier dafür, dass die Parteien eine solche Neukundenregelung getroffen haben.
In Nr. 6a des Handelsvertretervertrages haben die Parteien eine Einstandszahlung i. H. v. insgesamt 43.778,38 DM netto vereinbart, wobei sie diese auf der Grundlage der Umsätze im Vertragsgebiet mit Altkunden in dem dem Vertragsschluss vorausgegangenen Jahr und den daraus erzielten Provisionen ermittelt haben. Des weiteren haben sie ausdrücklich festgehalten, dass die Liste dieser Kunden Basis für den zu ermittelnden Ausgleichsanspruch des Klägers nach Beendigung der Zusammenarbeit sein soll. Der Vertragstext spricht also – entgegen der Auffassung des LG – dafür, dass die vom Vorgänger des Klägers geworbenen Kunden ausgleichsrechtlich als seine Neukunden behandelt werden sollen. Dass die Parteien konkret etwas anderes vereinbart haben, macht der Kläger auch auf den Hinweis des Senatsvorsitzenden in der prozessleitenden Verfügung nicht geltend (Bl. 121 GA). Insbesondere kann er nicht aufzeigen, dass er für die von ihm geschuldete Einstandszahlung seinerzeit keinen angemessenen Gegenwert erhalten hat, also der Übernahmepreis unangemessen hoch ist.
3. Auch lässt sich nicht feststellen, dass die streitgegenständliche Regelung gegen § 89 b Abs. 4 Satz 1 HGB verstößt und daher gem. § 134 BGB nichtig ist.
Durch die Stundung der Einstandszahlung bis zum Vertragsende und die vereinbarte Verrechnung mit einem Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters werden die Belange des Handelsvertreters – und insbesondere sein Ausgleichsanspruch – grundsätzlich nicht nachteilig berührt.
Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn eine überhöhte und sachlich nicht gerechtfertigte Einstandszahlung vereinbart wird und infolge der Stundungs- und Verrechnungsabrede dem Handelsvertreter ein Teil des ihm kraft Gesetzes zustehenden Ausgleichsanspruchs vorenthalten würde. Ein solcher Sachverhalt ist bisher weder schlüssig vorgetragen noch ersichtlich.
4. Ob die Einstandszahlung nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage gemäß § 242 BGB entfällt oder zu mindern ist, weil das Vertragsverhältnis kürzer dauerte als die Parteien bei Vertragsschluss vorausgesetzt haben, wird davon abhängen, ob der Vertrag vor vollständiger Amortisation der Abstandszahlung endete (OLG Düsseldorf v. 07.07.2000 – 16 U 186/99, OLGReport Düsseldorf 01, 317, 318). Dies wird erst dann zu beurteilen sein, wenn feststeht, welche der Vorteile der Kläger – in Form von Provisionen und Ausgleichsanspruch – aus dem Vertragsverhältnis gezogen hat.
Auch für diese Beurteilung wird also der vom Kläger hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Ausgleichsanspruch gem. § 89 b HGB, zu dessen Voraussetzungen und Höhe er noch ergänzend wird vortragen müssen, maßgeblich sein.
Dass der Ausgleichsanspruch nach § 89 b Abs. 3 Nr. 1 HGB ausgeschlossen ist, weil der Kläger das Vertragsverhältnis gekündigt hat, lässt sich derzeit nicht feststellen. Er hat in der Berufungsinstanz unter Vorlage von Urkunden dargelegt, dass die Beklagte unter dem 24.11.2000 ihm ggü. eine – unberechtigte – fristlose Kündigung ausgesprochen hat, welche er als ordentliche Kündigung zum 28.02.2001 akzeptiert hat (Bl. 125 f. GA). Dem ist die Beklagte bislang nicht entgegengetreten. Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass der Anspruch nicht innerhalb der Ausschlussfrist von einem Jahr nach Beendigung des Vertragsverhältnisses gem. § 89 b Abs. 4 Satz 2 HGB geltend gemacht worden ist. Das Vertragsverhältnis ist zum 28.02.2001 beendet worden, der Kläger hat einen ihm zustehenden Ausgleichsanspruch mit Schriftsatz vom 09.04.2001 (Bl. 33 GA) vorsorglich angemeldet.
IV. Dem LG ist auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens vorzubehalten, wobei der Senat die Gerichtsgebühren für das Berufungsverfahren gem. § 8 Abs. 1 GKG niedergeschlagen hat.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Beschwer beträgt für beide Parteien 23.532, Euro.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 ZPO in der gem. § 26 Nr. 8 EGZPO seit dem 01.01.2002 geltenden Fassung liegen nicht vor. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung wirft der Rechtsstreit nicht auf, auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.