Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind ein zweischneidiges Schwert. Zum einen können sie ein wirksames Mittel sein, die Stärkung der Konkurrenz im Falle des Abwanderns von Mitarbeitern zu verhindern. Zum anderen – und das wird allzu häufig vergessen – muss die Wettbewerbsenthaltung nach Vertragsende sowohl bei selbständigen Handelsvertretern als auch bei angestellten Reisenden mit einer Karenzentschädigung „erkauft“ werden. Ob sich dieser finanzielle Aufwand letztlich lohnt, ist bei Abschluss des Vertretervertrages oft noch nicht sicher abzuschätzen.

Dies bekam der Arbeitgeber in einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23.11.2004 zu spüren: Er stellte 1998 einen Verkaufsleiter ein und vereinbarte mit diesem ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot mit Karenzentschädigungspflicht. Der Verkaufsleiter erkrankte Anfang 2001 und teilte dem Arbeitgeber mit, er sei berufsunfähig. Nach der Kündigung des Arbeitsvertrages im Februar 2002 verlangte der Verkaufsleiter vom Arbeitgeber die Karenzentschädigung, obwohl er weiterhin krank war.

Das Bundesarbeitsgericht gab dem Verkaufsleiter Recht. Nach Ansicht des Gerichts sind Wettbewerbsverbote gegenseitige Verträge. Der Arbeitnehmer schuldet die Unterlassung des Wettbewerbs, der Arbeitgeber die Zahlung der Karenzentschädigung. Wettbewerbsverbote verpflichten den Arbeitnehmer nicht zu einem positiven Handeln, sondern begründen lediglich Unterlassungspflichten. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Karenzentschädigung entsteht mithin allein dadurch, dass der Arbeitnehmer den ihm verbotenen Wettbewerb unterlässt.

Darauf, ob es dem Arbeitnehmer tatsächlich möglich ist, Wettbewerb auszuüben oder nicht, kommt es nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts nicht an.

WICHTIG: Der Gesetzgeber hat lediglich für die Dauer der Verbüßung einer Freiheitsstrafe den Anspruch auf Entschädigung entfallen lassen (§ 74 c Abs. 1 Satz 3 HGB). Die Regelung ist nach Auffassung des BAG auf andere Fallgestaltungen nicht zu übertragen.

Es ist im Ergebnis also unerheblich:

  • aus welchem Grunde der Arbeitnehmer sich der Konkurrenz enthält,
  • ob für den Arbeitnehmer eine Wettbewerbsmöglichkeit überhaupt besteht oder
  • ob er überhaupt in der Lage ist, in der verbotenen Weise zu konkurrieren.

WICHTIG: Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts schützt die Vorschrift des § 75 a HGB ausreichend die Interessen des Arbeitgebers. Danach kann der Arbeitgeber vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch schriftliche Erklärung auf das Wettbewerbsverbot verzichten. Er wird dann mit Ablauf eines Jahres seit der Erklärung von der Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung frei.

In der Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht weiter klargestellt, dass die gemäß § 74 Abs. 1 HGB erforderliche Aushändigung einer vom Arbeitgeber unterzeichneten Urkunde, die die vereinbarten Bestimmungen des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots enthält, keine Wirksamkeitsvoraussetzung ist.

WICHTIG: Kann der Arbeitgeber die Aushändigung nicht beweisen, heißt das lediglich, dass das Verbot für den Arbeitnehmer unverbindlich ist.

Beruft sich hingegen der Arbeitnehmer selbst ausdrücklich auf das Verbot, um die Karenzentschädigung zu erhalten, zeigt er damit, dass er das nachvertragliche Wettbewerbsverbot als für sich bindend akzeptiert. Dann ist es unerheblich, ob eine Urkunde ausgehändigt wurde oder nicht.

TIPP: Vor der Vereinbarung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten sollte unbedingt Rechtsrat eingeholt werden. Es gelten diverse Beschränkungen und Formvorschriften, die unbedingt beachtet werden müssen. Zudem gelten für angestellte Reisende und selbständige Handelsvertreter unterschiedliche gesetzliche Zulässigkeitsmaßstäbe.