Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters im Wege der Teilklage

Handelsvertreterrecht

Das OLG Stuttgart hatte die Frage zu entscheiden, inwieweit einer Nachforderungsklage der Einwand der Rechtskraft eines im Vorprozess ergangenen Urteils zum Ausgleichsanspruch entgegensteht. In dem Vorprozess hatte der Handelsvertreter eines Verlages für Spezialzeitschriften über 2 Instanzen einen Ausgleichsanspruch in Höhe von zuletzt rund € 104.000,00 geltend gemacht. Das Berufungsgericht des Vorprozesses hatte der Klagepartei den vollen geltend gemachten Ausgleichsanspruch zugesprochen und zur Begründung insbesondere ausgeführt, dass der Klagepartei nach dem zu Grunde zu legenden Sachverhalt sogar ein Ausgleichsanspruch in Höhe von rund € 147.000,00 zustehe. Die Differenz zwischen diesen beiden Beträgen hat die Klagepartei anschließend klageweise nachgefordert.

Das OLG Stuttgart hat entschieden, dass die Rechtskraft des Urteils im Vorprozess dieser Klage nicht entgegenstehe. Die Klagepartei habe im Vorprozess eine „offene Teilklage“ erhoben. Für diese Annahme habe die Bezeichnung der Klageforderung in der Berufungsinstanz des Vorprozesses als „Mindestbetrag“ genügt. Doch selbst eine „verdeckte Teilklage“ im Vorprozess würde der Zulässigkeit der Nachforderungsklage nicht entgegenstehen. Die materielle Rechtskraft des Urteils des Vorprozesses betreffe den durch die Klage erhobenen Anspruch. Sie könne nicht über das prozessuale Begehren der Klagepartei, das den Streitgegenstand bestimmt, hinausgehen. Sofern ein bezifferter Klageantrag gestellt und über diesen entschieden wird, erfasse die Rechtskraft den geltend gemachten Anspruch nur in dieser Höhe. Auf einen nicht eingeklagten Rest der Gesamtforderung könne sich die Rechtskraft des Urteils hingegen nicht erstrecken, wenn die Klagepartei hinreichend zum Ausdruck gebracht habe, dass sie mit der bezifferten Forderung nur einen Teil des ihr zustehenden Anspruchs geltend mache. Demgemäß bedürfe es auch keines Vorbehalts eines weitergehenden, nicht zum Streitgegenstand gemachten Anspruchs, da dieser der Entscheidung des Gerichts im Vorprozess nicht unterliege.

Die nach § 89 b Abs. Satz 1 Nr. 2 HGB vorzunehmende Billigkeitskontrolle rechtfertige keine Ausnahme von diesem Grundsatz und führe insbesondere nicht dazu, dass es sich bei dem Handelsvertreterausgleichsanspruch um einen einheitlichen und damit nicht teilbaren Anspruch handele, über den nur einheitlich entschieden werden könne. Zwar bestehe in diesem Zusammenhang die Gefahr sich widersprechende Entscheidungen im Vorprozess sowie im Nachforderungsverfahren. Diese Gefahr bestehe jedoch nicht nur bei der Billigkeitskontrolle, sondern bei sämtlichen Tatbestandsvoraussetzungen des Handelsvertreterausgleichsanspruchs. Sie besteht überdies stets, wenn derselbe Anspruch im Wege verschiedener Teilklagen in mehreren Prozessen geltend gemacht wird und sei die logische Konsequenz daraus, dass gemäß § 322 Abs. 1 ZPO das Urteil des Vorprozesses lediglich insoweit in materieller Rechtskraft erwächst, als der Anspruch geltend gemacht diesen und über diesen entschieden wurde. Diese Konsequenz werde jedoch von der Rechtsordnung hingenommen.

Rechtsprechung zur Besprechung
13 U 64/14 – Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters im Wege der Teilklage