Fristlose Kündigung, Verdachtskündigung

Versicherungsvertreterrecht

Korrumpiert ein Handelsvertreter einen Angestellten des Prinzipals in der Absicht, kollusiv entgegen den Interessen des Prinzipals für sich Vergünstigungen herbeizuführen, rechtfertigt dies nach dem OLG Celle eine fristlose Kündigung. Der wichtige Kündigungsgrund liegt dabei zum einen in der bei Arbeitnehmer hervorgerufenen bzw. geförderten Bereitschaft, bei der Erfüllung von arbeitsvertraglich geschuldeten Aufgaben unberechtigte eigene Vorteile wahrzunehmen und zum anderen in der unredlich herbeigeführten Bereitschaft des Prinzipals zu geschäftlichen Beziehungen. Zeigt der Handelsvertreter eine grundsätzliche Bereitschaft, vorsätzlich gegen die Interessen des Prinzipals zu handeln, kann eine Abmahnung ein Vertrauen in die Zusammenarbeit für die Zukunft nicht wiederherstellen und ist entbehrlich. Eine fristlose Kündigung kann auch als Verdachtskündigung ausgesprochen werden. Eine solche nach dem OLG Celle vor, wenn und soweit die Kündigung damit begründet, dass gerade der Verdacht eines strafbaren bzw. vertragswidrigen Verhaltens das für die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört habe. Zur Beurteilung, ob die Verdachtskündigung zulässig und rechtmäßig war, hat das OLG Celle die vom BAG entwickelten Maßstäbe auf das Handelsvertreterrecht übertragen, da dies ebenso in besonderem Maße vom Fortbestand des Vertrauensverhältnisses der Vertragsparteien abhängig ist. Es kann somit nach dem OLG auch im Rahmen eines Handelsvertreterverhältnisses schon der dringende Verdacht eines rechts- und/oder vertragswidrigen Verhaltens dem Vertragsverhältnis die Vertrauensgrundlage entziehen und eine Fortsetzung unzumutbar machen. Zur Begründung einer fristlosen Kündigung muss der Verdacht geeignet sein, das Vertrauen in die Zusammenarbeit zu zerstören und auf konkrete Tatsachen gestützt sein. Es muss sich ferner um einen dringenden Verdacht handeln, d. h. er muss mit großer Wahrscheinlichkeit zutreffen und darf nicht auf bloßen Vermutungen beruhen. Schließlich muss der Kündigende alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen haben, dabei insbesondere dem Gekündigten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben haben. Für die Beurteilung der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung ist nicht die strafrechtliche Bewertung maßgebend, sondern der Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der mit ihm verbundene Vertrauensbruch. Entscheidungen der Strafverfolgungsbehörden haben dabei lediglich indizielle Bedeutung und ersetzen keine eigene Bewertung des befassten Gerichts. Dabei sind nicht nur die bei Kündigungsausspruch bekannten Tatsachen von Bedeutung, sondern auch später bekannt gewordene Umstände zu berücksichtigen, wenn diese zum Zeitpunkt der Kündigung objektiv vorlagen und den ursprünglichen Verdacht abschwächen oder verstärken.

Rechtsprechung zur Besprechung
11 O 286/13 – Fristlose Kündigung, Verdachtskündigung