Kein Anspruch auf Weiterbelieferung mit Original-Ersatzteilen und Original-Verbrauchsmaterialien nach Beendigung des Handelsvertretervertrages

Handelsvertreterrecht

Nach Veräußerung aller Geschäftsanteile an eine Wettbewerberin des beklagten Unternehmens hat der klagende Handelsvertreter fristlos gekündigt und für die Dauer von zwei Jahren nach Vertragsende die Belieferung mit Original-Ersatzteilen und Verbrauchsmaterialien beansprucht. Das Landgericht Dortmund hat dem Antrag des Handelsvertreters für die Dauer von sechs Monaten stattgegeben (Urteil vom 06.06.2013). Das OLG Düsseldorf hingegen hat einen nachvertraglichen Belieferungsanspruch verneint. Nicht ohne Grund seien aus dem Grundsatz von Treu und Glauben bislang allein Neben- und Schutzpflichten, aber kein Anspruch auf die Vertragsleistung abgeleitet worden. Im Streitfalle scheide ein vertraglicher Belieferungsanspruch überdies aus, weil der Handelsvertreter weder schutzbedürftig noch schutzwürdig sei. Er selbst habe den Vertrag mit dem Unternehmen gekündigt und sich hierdurch des Anspruchs auf die Vertragsleistungen freiwillig begeben, die er nunmehr begehrt. Auch einen kartellrechtlichen Belieferungsanspruch hat der Senat verneint. Selbst wenn das beklagte Unternehmen auf dem Markt eine beherrschende Stellung einnehme oder es zumindest ein marktstarkes Unternehmen i.S.v. § 20 Abs. 1 Satz 1 GWB sei, verstoße es durch die Ablehnung der Belieferung des Handelsvertreters nicht gegen das kartellrechtliche Behinderungs- und Diskriminierungsverbot. Eine unbillige Behinderung des Handelsvertreters liege nicht vor. Diese beurteile sich auf Grundlage einer umfassenden Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Dabei gelte der Grundsatz, dass niemand – auch nicht der Marktbeherrscher – verpflichtet sei, einen Wettbewerber zum eigenen Schaden zu fördern. Mit den Ersatzteillieferungen zum Zwecke von Reparaturen und Wartungen, einer Weiterbelieferung mit Verbrauchsmaterialien sowie der verlangten Ermächtigung zur Durchführung von Reparatur- und Wartungsarbeiten an den Geräten des beklagten Unternehmens wäre dieses gezwungen, zu seinen eigenem Nachteil dem Handelsvertreter Wettbewerbsvorteile im Neugeschäft mit den Konkurrenzmaschinen seines neuen Inhabers zu verschaffen. Genauso wie der Handelsvertreter unter seinem neuen Inhaber den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen durfte, um nicht einen Konkurrenten beim Absatz seiner Produkte fördern zu müssen, darf auch das beklagte Unternehmen nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses jedwede Unterstützung des ehemaligen Handelsvertreters ablehnen, um nicht einen Wettbewerber zum eigenen Nachteil zu unterstützen. Das beklagte Unternehmen verstoße durch seine Weigerungshaltung auch nicht gegen das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot. Hinsichtlich der mittlerweile sechs Jahre zurückliegenden Fälle sei der Vorwurf schon in zeitlicher Hinsicht nicht mehr zu begründen. Die Verurteilung zur Belieferung auf der einen Seite und die freiwillige Weiterbelieferung eines ausgeschiedenen Handelsvertreters auf der anderen Seite sind unterschiedliche Sachverhalte. Sie unterfallen von vornherein nicht dem kartellrechtlichen Diskriminierungsverbot. Gleiches gilt für die von der Beklagten in einem Prozessvergleich zugesagte Weiterbelieferung eines Handelsvertreters.

Rechtsprechung zur Besprechung
VI-U [Kart] 36/13 – Kein Anspruch auf Weiterbelieferung mit Original-Ersatzteilen und Original-Verbrauchsmaterialien nach Beendigung des Handelsvertretervertrages