Prozessuales Aufrechnungsverbot, Gerichtsstandsvereinbarung, Treuwidrigkeit bei Zurückbehaltungsrecht wegen Buchauszugsanspruchs

Grenzüberschreitender Vertrieb

Die Vereinbarung eines ausschließlichen Gerichtsstands und Erfüllungsorts für alle Verbindlichkeiten aus dem Vertrag am Sitz einer Partei im Ausland ist als prozessuales Aufrechnungsverbot auszulegen und schließt auch die prozessuale Geltendmachung einer vorgerichtlich erklärten Aufrechnung mit einer an sich am Sitz der anderen Partei im Ausland einzuklagenden Forderung aus. Die Klägerin hatte einen unstreitigen Kaufpreisanspruch gegen den Beklagten aus einem Warenlieferungsvertrag. Der Beklagte konnte dagegen nicht einwenden, dass der Anspruch durch Aufrechnung mit Gegenforderungen aus einem Agenturvertrag mit der Klägerin erloschen sei, da die Parteien für den Agenturvertrag vereinbart hatten, dass „Gerichtsstand und Erfüllungsort für alle Verbindlichkeiten aus diesem Vertrag“ „ausschließlich“ am Sitz der Klägerin sein sollten. Diese Vereinbarung hat das Gericht als prozessuales Aufrechnungsverbot ausgelegt.

Des Weiteren hielt das Gericht die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts durch den Beklagten für treuwidrig, weil er die Erfüllung der von ihm nicht bestrittenen Forderung der Klägerin wegen eines Anspruchs auf Buchauszug verweigerte, obwohl er an der Erteilung des Buchauszugs aktuell kein Interesse hatte. Der Beklagte verfügte bereits über einen vollstreckbaren Titel gegen die Klägerin auf Erteilung des Buchauszugs und die Parteien stritten darüber, ob der erteilte Buchauszug vollständig sei, wobei der Beklagte vorerst von der Klägerin zusätzlich übergebene und für eine vorläufige Berechnung seiner Ansprüche geeignete Unterlagen akzeptiert hatte.

Rechtsprechung zur Besprechung
23 U 1848/16 – Auslegung einer Gerichtsstandsvereinbarung als prozessuales Aufrechnungsverbot und treuwidrige Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts