Zu den Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung

Handelsvertreterrecht

Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung ist jeder tatsächliche oder rechtliche Umstand (Ereignis oder Verhalten), der bei Beachtung aller Umstände des Einzelfalles unter Berücksichtigung von Wesen und Zweck des Vertrages sowie der durch den Vertrag begründeten beiderseitigen Rechte und Pflichten dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zu dem ursprünglich vereinbarten oder durch § 89 HGB geregelten Vertragsende unzumutbar macht, weil es trotz der Beachtung des Gebotes der Vertragstreue im Hinblick auf die Umstände des Einzelfalles, Treu und Glauben sowie der Billigkeit widerspricht, den Kündigenden am Vertrag festzuhalten.

Hierbei muss ein objektiver Umstand vorliegen, der aus Sicht des Kündigenden im Zeitpunkt der Kündigungserklärung die Notwendigkeit einer sofortigen Vertragsbeendigung begründet. Dies ist bei einfachen Vertragsverletzungen regelmäßig nicht der Fall; ein gewisses Maß an Vertragsuntreue muss die betroffene Vertragspartei sanktionslos hinnehmen.

Dem Verhalten des Kündigenden nach Kenntnis von dem vermeintlichen Kündigungsgrund und seiner Reaktion darauf, lässt sich regelmäßig entnehmen, wie schwerwiegend er die Störung des Vertragsverhältnisses tatsächlich bewertet.

Die Darlegungs- und Beweislast für sämtliche, das Vorliegen eines wichtigen Grundes ausfüllenden Umstände liegt bei dem Kündigenden.

Nimmt eine Vertragspartei einen vom Vertragspartner zu beeinflussenden Umstand zum Anlass für eine außerordentliche Kündigung, ist diese grundsätzlich erst dann gerechtfertigt, wenn dem zu Kündigenden mittels einer Abmahnung die mögliche Konsequenz eines erneuten Verstoßes aufgezeigt und ihm Gelegenheit zur Änderung des beanstandeten Umstands gegeben worden ist. Dem zu Kündigenden muss durch die Abmahnung unzweideutig, unmissverständlich und ernsthaft vor Augen geführt werden, dass die genau zu bezeichnende Störung den Bestand des Vertragsverhältnisses gefährdet und abgestellt werden muss, weil er anderenfalls mit einer fristlosen Kündigung rechnen muss.

Entbehrlich ist eine Abmahnung nur dann, wenn die Kündigung auf einen Umstand gestützt wird, auf welchen der zu Kündigende keinen Einfluss nehmen oder den er in angemessener Zeit nicht abstellen kann, oder wenn der vorliegende Kündigungsgrund ausnahmsweise als unabänderlich die fristlose Kündigung rechtfertigt, weil dem Kündigenden selbst unter veränderten Umständen nach erfolgreicher Abmahnung eine Fortsetzung des Vertrages nicht mehr möglich oder zuzumuten ist, insbesondere bei einer schweren oder irreparablen Störung des Vertrauensverhältnisses wie – regelmäßig – bei strafbaren Handlungen.

Rechtsprechung zur Besprechung
16 U 45/05 – Zu den Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung