Zum Ausgleichsanspruch eines im Strukturvertrieb tätigen Versicherungsvertreters

Versicherungsvertreterrecht

Auch in den Fällen, in denen die Parteien eines Versicherungsvertretervertrages nicht vereinbart haben, dass ein möglicher Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters bei Vertragsbeendigung nach den von der Versicherungswirtschaft entwickelten „Grundsätzen“ errechnet wird und auch vor dem Hintergrund, dass diese „Grundsätze“ nur unverbindliche Empfehlungen darstellen, enthalten sie aber wichtige Erfahrungswerte, die vom Gericht der Schätzung des nach § 89 b HGB angemessenen Ausgleichsanspruchs gem. § 287 ZPO zugrunde gelegt werden können.

Für den Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters sind auch nach den „Grundsätzen“ nur solche Vergütungen zu berücksichtigen, die ein Entgelt für die Vermittlung und die werbende Tätigkeit des Versicherungsvertreters darstellen. Ebenfalls ausgleichspflichtig können insoweit Vergütungen sein, die sich als Beteiligungen eines Hauptvertreters am Vermittlungserfolg des ihm unterstellten Untervertreters darstellen. Ob es sich dabei um eine erfolgsbezogene Superprovision oder eine tätigkeitsbezogene Verwaltungsprovision handelt, ist durch Auslegung der Provisionsvereinbarungen zu ermitteln. Dabei kommt es nicht darauf an, dass es sich um die Beteiligung an dem Vermittlungserfolg eines vom Hauptvertreter selbst geworbenen Mitarbeiters handelt.

Provisionen, die aus Bestandsübertragungen herrühren, die weniger als 10 Jahre zurückliegen, sind im Rahmen der Grundsätze nicht zu berücksichtigen. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn es sich um Folgeprovisionen aus Versicherungsverträgen handelt, die von unterstrukturierten Mitarbeitern des Handelsvertreters vermittelt worden waren und die nach deren Ausscheiden auf den Hauptvertreter übergegangen sind. In diesem Fall handelt es sich nicht um nicht ausgleichspflichtige übertragene Bestände, weil der Handelsvertreter am Vermittlungserfolg des ihm unterstellten Untervertreters beteiligt war.

Grundsätzlich setzt aber die Zahlung eines Ausgleichs voraus, dass der Vertreter die Versicherungsverträge, für die er abgefunden wird bzw. werden will, unangetastet lässt. Ein späteres Abwandern von Kunden beeinträchtigt den Ausgleichsanspruch allerdings nicht, weil für die Bemessung des Ausgleichsanspruchs auf den Zeitpunkt der Vertragsbeendigung abzustellen ist.

Rechtsprechung zur Besprechung
8 O 75/01 – Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters; Buchauszug des Versicherungsvertreters; „Strukturvertrieb“; „Leitungsvergütung“; „Maklercourtagen“; „Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs“