Eine bekannte und in der Praxis häufig wiederkehrende Problematik ist, was bei der Vereinbarung der entgeltlichen Übernahme von Kunden oder Beständen durch Handels- Versicherungs- oder Bausparkassenvertreter zu berücksichtigen ist, um bei einer – mitunter frühzeitigen – Vertragsbeendigung unnötige rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden (vgl. auch Rechtstipp November/ Dezember 2003).

Begriff der Einstandszahlung
Nach der Rechtsprechung ist es grundsätzlich zulässig, wenn sich der Unternehmer von einem neuen Vertreter eine Zahlung für den von ihm übernommenen, bereits vorhandenen Kundenstamm versprechen lässt. Häufig geschieht dies in Form der Vereinbarung einer sogenannten „Einstandszahlung“. Darin verpflichtet sich der Vertreter bei Übernahme einer Vertretung zur Zahlung eines Einstandes, ohne dass eine Verbindung zwischen dieser Verpflichtung und derjenigen des Unternehmers zur Leistung einer Ausgleichszahlung besteht. Anders als dies beispielsweise bei Abwälzungsvereinbarungen der Fall ist, steht eine Einstandszahlung in keinem inneren Zusammenhang zum Ausgleichsanspruch, den der Unternehmer an den Vertretervorgänger zu zahlen hat.

Zulässigkeitsgrenzen
Die Zulässigkeit von Einstandsvereinbarungen findet jedoch dort ihre Grenze, wo sie sich mit den gesetzlichen Regelungen nicht mehr vereinbaren lässt. Wo diese Grenze verläuft, ist Gegenstand einer Reihe – mitunter gegenläufiger – gerichtlicher Entscheidungen.

Wird eine Einstandszahlung vereinbart, stellen sich im Wesentlichen folgende Fragen:

  • Steht der Umfang der Einstandszahlung allein im Ermessen der Parteien?
  • Erfordert eine zulässige Einstandsvereinbarung eine Neukundenklausel?
  • Wie wirkt sich eine nur kurze Zusammenarbeit auf die Einstandszahlungsverpflichtung aus?

Aktuelle Rechtsprechung
Dazu sind in jüngerer Vergangenheit einige weitere aktuelle Entscheidungen der Oberlandesgerichte ergangen, über die im Folgenden ein kurzer Überblick gegeben werden soll.

– OLG Düsseldorf, Urteil v. 24.01.2003
Das Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigt mit dieser Entscheidung, dass es grundsätzlich für die Zulässigkeit einer Einstandsvereinbarung spricht, wenn und soweit der Zahlung des Einstandsbetrages durch den Vertreter gewichtige Vorteile gegenüberstehen. Als mögliches Beispiel für einen solchen gewichtigen Vorteil nennt das Gericht die Vereinbarung einer Neukundenklausel.

– OLG Celle, Urteil vom 13.12.2001
Wie dieser Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle vom 13.12.2001 zu entnehmen ist, verhindert jedoch auch die Vereinbarung einer Neukundenklausel die Unwirksamkeit einer Einstandsvereinbarung ebenso wenig zwingend wie die Gewährung eines Alleinvertriebsrechts.

Der erkennende Senat hat hier einer Einstandsvereinbarung die Wirksamkeit versagt, nach der ein Vertreter eine Summe von DM 200.000,00 bei einer vom Vertretervorgänger zuvor erwirtschafteten Jahresdurchschnittsprovision von DM 212.000,00 zu zahlen hatte.

Das Oberlandesgericht ist der Auffassung, dass dann, wenn die durchschnittliche Jahresprovision des Vertretervorgängers nur unwesentlich höher liegt als der zu zahlende Einstandsbetrag, die Parteien von vornherein davon ausgegangen sind, dass ein möglicher späterer Ausgleichsanspruch des neuen Vertreters allenfalls in dieser Größenordnung entstehen werde. Da dies zur Folge hätte, dass der Vertreter im Falle der Wirksamkeit der Einstandsvereinbarung bei der zu erwartenden Geschäftsentwicklung regelmäßig nicht in den Genuss eines etwaigen Ausgleichsanspruchs käme, soll die Regelung – so das Gericht – gegen § 89 b Abs. 4 Satz 1 HGB verstoßen. Danach sind vor Vertragsende getroffene Vereinbarungen zwischen dem Unternehmen und dem Vertreter unwirksam, wenn der Ausgleichsanspruch dadurch bereits im Voraus ausgeschlossen wird. Folge der Unwirksamkeit ist, dass der Vertreter bereits geleistete Einstandszahlungen vom Unternehmen zurückfordern kann.

Die Vereinbarung einer Neukundenklausel oder eines Alleinvertriebsrechts soll der Unwirksamkeit hier schon deshalb nicht entgegenstehen, da es auch für den Unternehmer in gleicher Weise vorteilhaft ist, wenn der neu eintretende Handelsvertreter einen festen Kundenstamm übernimmt. Damit könne das Altkundengeschäft nahtlos fortgesetzt und entsprechende Umsätze erwirtschaftet werden.

– OLG Celle, Urteil vom 14.12.2000
Im Grundsatz hat der Senat mit der Entscheidung vom 13.12.2001 seine frühere Entscheidung vom 14.12.2000 bestätigt. Auch hier hatte das Oberlandesgericht einer Einstandsvereinbarung bereits ihre Wirksamkeit deshalb versagt, da der Vertreter für die Übernahme der Vertretung ein Einstandsgeld in Höhe einer Jahresprovision aus dem bisherigen Umsatz zu zahlen hatte.

Allerdings begründet das Oberlandesgericht dieses Ergebnis hier nicht mit einem Verstoß gegen § 89 b Abs. 4 Satz 1 HGB. Vielmehr sei eine solche Vereinbarung gemäß § 138 BGB sittenwidrig. Denn der vom Vertreter zu zahlende Einstandsbetrag sei schon deshalb unangemessen hoch, da dies praktisch heißen würde, dass er bei gehaltenen Umsätzen ein Jahr lang umsonst für den Unternehmer arbeiten müsse. Dadurch sei er im Übrigen auch aus wirtschaftlichen Gründen in seiner Entscheidungsfreiheit eingeschränkt, eine etwa unbefriedigende Tätigkeit für den Unternehmer frühzeitig – also noch bevor er seine Einstandszahlung durch seine Tätigkeit für sich amortisieren konnte – zu beenden.

Unabhängig von der Frage der Wirksamkeit der Einstandsvereinbarung stellt das Oberlandesgericht zudem klar, dass der Unternehmer im Falle einer vorzeitigen Vertragsbeendigung den durch die vereinbarten Provisionseinbehalte noch nicht getilgten Teil der Einstandszahlung vom Vertreter nicht mehr fordern kann.

– OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.07.2000
Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts Celle argumentiert das Oberlandesgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 07.07.2000. Danach bestehen nämlich grundsätzlich keine Bedenken gegen eine vereinbarte Einstandszahlung, wenn in dem vom neuen Vertreter übernommenen Gebiet ein durchschnittlicher, jährlicher Provisionsverdienst in gleicher Höhe möglich ist und der Vertrag nicht von vornherein eine unangemessen kurze Laufzeit vorsieht.

Allerdings sieht das Oberlandesgericht in einer Einstandsvereinbarung ein Kündigungserschwernis, wenn durch die Vereinbarung das Recht auf eine fristlose Kündigung durch den Vertreter beschränkt bzw. ausgeschlossen wird und der Einstandszahlung keine gewichtigen Vorteile für den Vertreter gegenüberstehen. In dem zu entscheidenden Fall hat das Gericht ein Kündigungserschwernis darin gesehen, dass der Unternehmer bis zum Erreichen der vollen vereinbarten Einstandssumme 20 % der vom Vertreter verdienten Provision einbehalten durfte und ihm für den Fall einer vom Vertreter ausgesprochenen vorzeitigen Kündigung gleichwohl der dann noch offene Restbetrag zustehen sollte. Bei einer derartigen Verpflichtung bestehe nämlich die Gefahr, dass der Vertreter die Kündigung allein im Hinblick auf die noch ausstehende Zahlungspflicht unterlässt. Deshalb soll eine Einstandsvereinbarung in einem solchen Fall unwirksam sein.

Aber auch nach dem Oberlandesgericht Düsseldorf besteht unabhängig von der Wirksamkeit der Einstandsvereinbarung zumindest keine weitere Zahlungsverpflichtung des Vertreters betreffend des zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung noch nicht getilgten Teils einer vereinbarten Einstandszahlung.
Im Gegenteil: Vielmehr ist immer zu prüfen, ob der Vertreter aufgrund fehlender Gelegenheit zur Amortisierung der Einstandszahlungen auch – zumindest teilweise – bereits geleistete Zahlungen vom Unternehmen zurückfordern kann.

Tipp: Vor dem Hintergrund der sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung nicht einheitlichen Rechtsprechung empfiehlt es sich sowohl für den Unternehmer als auch für den Vertreter frühzeitig, d.h. bereits vor Abschluss der Einstandsvereinbarung, rechtlichen Rat einzuholen. Nur dann, wenn eine derartige Vereinbarung die Interessen beider Vertragspartner angemessen berücksichtigt, kann die Gefahr, dass es im Falle der Vertragsbeendigung zu langwierigen Streitigkeiten um die Einstandszahlung kommt, auf ein Minimum reduziert werden.